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FranziskaBo96

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.07.2024

Eve in Hollywood

Eve
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Die kleine, aber feine Novelle "Eve" erzählt von Evelyn Ross, ihrer Ankunft in Los Angeles 1938 und wie sie ihren Weg in Hollywood findet.

Fans von Amor Towles kennt die Figur vielleicht schon aus seinem ...

Die kleine, aber feine Novelle "Eve" erzählt von Evelyn Ross, ihrer Ankunft in Los Angeles 1938 und wie sie ihren Weg in Hollywood findet.

Fans von Amor Towles kennt die Figur vielleicht schon aus seinem Debütroman "Eine Frage der Höflichkeit" - das ich leider noch nicht gelesen habe. Es handelt sich bei "Eve" also um eine Art Fortsetzung, was im offiziellen Klappentext an keiner Stelle erwähnt wird. Außerdem finde ich wichtig zu erwähnen, dass die englische Originalfassung bereits 2013, also vor seinen anderen Bestsellern, erschienen ist. Tatsächlich würde ich sagen, dass man das Buch auch ohne Vorkenntnisse lesen kann (wie ich es gemacht habe), trotzdem hatte ich schon das Gefühl, dass ich davon profitiert hätte, wenn ich Evelyns Figur bereits gekannt und gewusst hätte, was sie so besonders macht.

Denn tatsächlich hatte ich im ersten Drittel echt meine Probleme. Es werden ein Haufen Figuren eingeführt, die erstmal nur sehr vage miteinander verbunden sind. Lange war mir nicht so richtig klar, wohin die Handlung führt und so herrschte bei mir auch erstmal viel Verwirrung vor. Tatsächlich dachte ich auch darüber nach, das Buch abzubrechen.

Dieses Gefühl drehte sich aber um 180 Grad ab dem zweiten Drittel, als ein Krimi-Element eingeführt wird. Die cleveren und teilweise witzigen Wendungen und Perspektiven, die ich an Amor Towles Geschichten liebe, sind hier wieder komplett vorhanden und konnten mich mal wieder so richtig begeistern. Auch wenn man merkt, dass sein Schreibstil noch nicht ganz so perfektioniert war, wie bei seinen Hits "Ein Gentleman in Moskau" und "Lincoln Highway" verwandelte sich auch dieses Buch dann langsam in einen absoluten Pageturner.

4 Sterne sind vielleicht etwas großzügig dafür, wie viel Kritik ich für den Beginn des Buches habe, trotzdem drücke ich für den Spaß, den ich gegen Ende damit hatte, heute mal alle Augen zu.

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Veröffentlicht am 07.07.2024

Allein über die Grenze

Solito
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In "Solito" erzählt Javier Zamora autobiografisch über seine illegale Immigration von El Salvador 1999. Aus Sicht des damals Neunjährigen erleben wir dubiose Schlepper, gefährliche Nächte in der Wüste ...

In "Solito" erzählt Javier Zamora autobiografisch über seine illegale Immigration von El Salvador 1999. Aus Sicht des damals Neunjährigen erleben wir dubiose Schlepper, gefährliche Nächte in der Wüste und Ungewissheit in mexikanischen Motels.

Dieses Buch fair zu rezensieren, fällt mir unheimlich schwer. Ich halte die Thematik und Javier Zamoras eigene Geschichte unheimlich wichtig und finde es toll, dass sie erzählt wird und auch so viel Aufmerksamkeit bekommt. Gerade im Angesicht der Flüchtlingsdebatten sowohl in den USA als auch in Europa, zeigt dieses Buch extrem gut, welche persönlichen Schicksale hinter diesem "Problem" stecken und dass wir diese Komponente bei der Diskussion auch vielleicht immer wieder vergessen.

Andererseits hat mir der Schreibstil vor allem zu Beginn unheimlich zu schaffen gemacht. Zamora versucht die Geschichte so zu erzählen, wie er es mit neun gemacht hätte. Das umfasst nicht nur Beschreibungen, die auf den erwachsenen Leser ziemlich unrelevant, absurd und manchmal auch unnötig ekelerregend wirken, sondern auch regelmäßige Einschübe von spanischen Wörtern oder auch ganzen Sätzen. Während ich verstehe, welche stilistische Funktion dieses Element haben soll, war das für mich, die kaum Spanisch kann, ziemlich störend. Zwar gab es auch ein Glossar am Ende des Buches, aber das Nachschlagen war ich irgendwann leid, ich denke, hier wären Fußnoten vielleicht eine bessere Idee gewesen.

Dass die Geschichte zeitweise repetitiv und vielleicht auch ein bisschen langweilig ist, kann man dem Autor nicht vorwerfen, schließlich ist es ja seine Lebensgeschichte bzw. ist das bei vielen Flüchtlingsschicksalen halt einfach der Fall. Trotzdem hätte man das glaube ich anders lösen können, indem man z.B. bestimmte Episoden gekürzt oder weggelassen hätte. Allgemein finde ich, dass das Buch mit 100 Seiten weniger auch gut ausgekommen wäre.

Nichtsdestotrotz finde ich, dass Zamoras Geschichte wichtig ist und ein guter Beitrag zu aktuellen Diskussionen leisten kann, auch wenn ich die Umsetzung an manchen Stellen etwas schwierig fand.

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Veröffentlicht am 07.07.2024

Die Traumata der Eltern

In den Augen meiner Mutter
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Als Georgie noch ein Kind war, verließ ihre Mutter Nancy die Familie ohne große Erklärung und ohne Anhaltspunkt, wohin sie verschwunden ist. 20 Jahre ohne Kontakt später ist Georgie selbst schwanger und ...

Als Georgie noch ein Kind war, verließ ihre Mutter Nancy die Familie ohne große Erklärung und ohne Anhaltspunkt, wohin sie verschwunden ist. 20 Jahre ohne Kontakt später ist Georgie selbst schwanger und bekommt das erste Mal seit langem einen Tipp über Nancys Aufenthaltsort. Gemeinsam mit ihrem Bruder Dan begibt sie sich auf einen Roadtrip nach Schottland, während wir außerdem mehr über Nancy und ihr Sichtweise auf die Dinge erfahren.

"In den Augen meiner Mutter" ist eine wirklich berührende Geschichte über Mütter und ihre Kinder und zeigt, dass die Geschichten, die in unseren Familien erzählt werden, nicht immer so abgelaufen sind, wie wir es denken. Vor allem aus Nancys Sicht wird unheimlich gut über psychische Krankheiten, Minderwertigkeitskomplexe und sexueller Missbrauch geschrieben, sodass man auch wirklich im Laufe des Buches Entscheidungen nachvollziehen kann, die anfangs total verantwortungslos scheinen. Ich rechne dem Buch sehr hoch an, dass es schafft, diese wichtigen Thematiken zu verarbeiten.

Leider war mir der Schreibstil an vielen Stellen ein bisschen drüber. Damit meine ich nicht (wie manch andere), dass ich denke, dass die beschriebenen Ereignisse unrealistisch sind. Ich hätte mir nur an vielen Stellen doch etwas mehr Ernsthaftigkeit gewünscht. Stattdessen ist es vor allem gegen Ende total in einen Kitsch abgedriftet, den die Story überhaupt nicht nötig hatte und die wichtigen Themen etwas untergraben hat.

Trotz allem finde ich das Buch empfehlenswert, mit einem angemesseneren Schreibstil hätte das hier durchaus ein 5-Sterne-Buch werden können.

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Veröffentlicht am 23.06.2024

Der Glanz längst vergangener Zeiten

Die Perserinnen
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Im Iran der 70er Jahre lebten die Valiats als eine der bedeutendsten Familien des Landes in Saus und Braus. So geht es scheinbar auch erstmal weiter, als ein Großteil von ihnen aufgrund der Revolution ...

Im Iran der 70er Jahre lebten die Valiats als eine der bedeutendsten Familien des Landes in Saus und Braus. So geht es scheinbar auch erstmal weiter, als ein Großteil von ihnen aufgrund der Revolution in den Iran flüchten müssen. Doch ein eskalierendes Familientreffen in Aspen 30 Jahre später reißt alte Wunden wieder auf. Aus Sicht mehrerer Frauen der Familie erfahren wir nun, wie die Valiats zwischen glanzvoller Tradition und westlicher Zukunft das 21. Jahrhundert navigieren.

Zu Beginn konnte mich "Die Perserinnen" total überzeugen. Ich habe mich ehrlich gesagt noch nie intensiv mit der Iranischen Revolution auseinandergesetzt, aber die Sichtweise dieser reichen Exilfamilie Jahrzehnte später hat mir extrem gut gefallen. Vor allem in der zentralen Figur Shirin wird unheimlich gut deutlich, wie traditionelle Familienwerte, westliche Ideologie und das Mindset von Wohlhabenden dabei aufeinandertreffen. Einschübe von Verwandten, die im Iran geblieben sind und dort ein sehr anderes Leben führen, bildeten dazu einen passenden Kontrast.

Leider hatte ich so ein bisschen das Gefühl, dass das Buch im weiteren Verlauf an Richtung verlor. Ich hatte lange Zeit Schwierigkeiten, die verschiedenen Frauen auseinanderzuhalten und bei einigen von ihnen waren mir ihre Probleme schlichtweg egal. Am Ende war mir nicht so richtig bewusst, welchen Punkt die Autorin mit dem allen machen wollte.

Ich hatte an einigen Stellen den Eindruck, dass mir die Lektüre sicher besser gefallen hätte, wenn ich mehr Wissen über den Iran und vor allem die Iranische Revolution hätte. Ob man das jetzt dem Buch vorwerfen kann, ist sicher streitbar, aber es ist sicherlich erwähnenswert.

Leider konnte mich "Die Perserinnen" nicht so sehr überzeugen, wie es der Beginn des Buches versprach. Wer sich aber für die Iranische Gesellschaft interessiert, könnte vielleicht mehr aus diesem Werk ziehen.

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Veröffentlicht am 16.06.2024

Krisen über Krisen

Wellness
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Als sich Jack und Elizabeth 1993 kennenlernen, scheint ihre Liebesgeschichte beinahe märchenhaft. Die zwei kommen aus ganz unterschiedlichen Welten, denen sie beide versuchen, in der Kunstszene Chicagos ...

Als sich Jack und Elizabeth 1993 kennenlernen, scheint ihre Liebesgeschichte beinahe märchenhaft. Die zwei kommen aus ganz unterschiedlichen Welten, denen sie beide versuchen, in der Kunstszene Chicagos zu entfliehen und verlieben sich schnell ineinander. Doch 20 Jahre später, nach Heirat, Kind und einer Investition in eine Eigentumswohnung, bröckelt es gewaltig. Das einst so glückliche Paar sieht sich jetzt mit Vergangenheit und Gegenwart konfrontiert und muss für sich die Frage beantworten, ob ihre Ehe diese Krise(n) überleben kann.

Ich bin sonst eigentlich immer der Überzeugung, dass (für mich) kein Buch mehr als 600 Seiten hat, ohne langwierig und träge zu werden. Entsprechend vorsichtig ging ich die knapp 700 Seiten von "Wellness" an. Umso mehr freut es mich, dass sich das Buch in die bisher doch sehr kurze Liste der Ausnahmen dieser Regel einfinden kann.

Mir ist bewusst, dass die Zusammenfassung, die ich eingangs gegeben habe, sicherlich etwas dürftig ist, aber es ist wirklich sehr schwer, prägnant auszudrücken, worum es in diesem Buch geht - aber ich glaube, genau das hat mir hier auch so gut gefallen. Es bildet so wunderbar das moderne Leben und seine Probleme ab, vor allem Technologie ist ein wiederkehrendes Thema, aber das Elternsein, die Beziehung zu unseren Eltern und unseren Vorfahren, Kunst, Geschichten und so vieles mehr. Dabei wirkte die Erzählung aber auch nie überladen und ich hatte nie Probleme, dem roten Faden zu folgen - wirklich ein literarisches Kunststück.

Auch mit der Struktur experimentiert der Autor immer wieder mal, was mir auch sehr gut gefallen hat. Dieses Buch hat mich einfach super bei der Stange gehalten, was wie bereits erwähnt, bei der Länge schon wirklich schwierig bei mir ist.

Von mir bekommt "Wellness" eine große Empfehlung!

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