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Veröffentlicht am 13.11.2016

Eine Geschichte über und für das Leben

Vom Ende der Einsamkeit
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Drei Geschwister werden von einem zum nächsten Moment zu Vollwaisen. Liz, Marty und Jules Moreau verlieren ihre Eltern aufgrund eines Autounfalls. Zunächst wohnen sie bei ihrer Tante, aber dort werden ...

Drei Geschwister werden von einem zum nächsten Moment zu Vollwaisen. Liz, Marty und Jules Moreau verlieren ihre Eltern aufgrund eines Autounfalls. Zunächst wohnen sie bei ihrer Tante, aber dort werden sie nicht bleiben, sondern ziehen wegen der Schulpflicht auf ein Internat. Liz ist reif und rebellisch, Marty lebt eher introvertiert in seinem Kokon und Jules ist eher der schüchterne stille Beobachter seiner Welt und der seiner Geschwister. Während der Schuljahre auf dem Internat lernt Jules Alva kennen, denn sie wirkt ebenso sonderbar wie Jules. Beide gelten eher als Außenseiter aufgrund ihres Verhaltens. Als beide das Abitur abgeschlossen haben, verlieren sie sich für einige Jahre aus den Augen bis eines Tages Jules eine E-Mail von Alva erhält. Auch Alvas Leben hatte sich in den letzten Jahren verändert. Sie zog nach dem Abitur nach Russland, um dort zu studieren und heiratete später einen wesentlich älteren Mann – einen Schriftsteller. Jules und Alva begegnen sich nach diesen langen kontaktlosen Jahren wieder, und stellen fest, dass sich nicht viel bei ihnen verändert hat, so als ob sie sich gestern noch begegnet wären. Aber dennoch lernen sie sich nach dieser langen Zeit intensiver kennen.
Der Jungautor Benedict Wells kann Emotionen und zwischenmenschliche Begegnungen auf einer Art und Weise beschreiben, dass das eigene Leben und das Alltägliche um einen herum vergessen lassen. Jules Moreau stellt den jüngsten Bruder der Geschwister dar, der aus seiner Ich-Perspektive erzählt. Während der ganzen Geschichte erlebt man die Entwicklungen, die Gefühlswelt und menschlichen Begegnungen von Jules relativ nah, so dass man einen Sog beim Lesen erlebt. Man fühlt mit, man trauert mit und wünscht ihm in manchen Situationen das Glück auf Erden. Immer wieder muss Jules Verluste und Enttäuschungen erleben, aber er wird letztendlich belohnt für schöne und unvergessene Momente in seinem Leben. Jules Leben ist für ihn eine Bereicherung, und weil der Autor die Leserschaft an Jules Leben teilhaben lässt, und somit wird die Geschichte zu einer Bereicherung für die Leserschaft. Jules Schwester Liz dagegen zeigt immer wieder, dass sie mit sich und dem Leben unzufrieden ist, und nicht wirklich enge Beziehungen aufbauen will oder kann. Ihr Leben zeigt häufig problematische Phasen. Marty stellt bereits als Schüler den Nerd der, der sich in seinem Zimmer verkriecht und am Computer sitzt und gerne tüftelt. Von den drei Geschwistern sticht Marty positiv heraus, weil er sich vom Einsiedler zum Familienmenschen und erfolgreichen Wissenschaftler entwickelt hat.
Diese Geschichte vergisst man nicht so schnell, weil sie berührt und nachdenklich stimmt. Mir gefiel diese Geschichte trotz der traurigen und melancholischen Elemente. Benedict Wells gelang es, eine gewisse Unnahbarkeit zwischen den Figuren zu schaffen, aber dennoch das Unausgesprochene emotional wirken zu lassen. Dieser Roman hat mich überzeugt, so dass ich die anderen Geschichten von Benedict Wells lesen muss. Dieser Roman gilt als Jahresfavorit von den Büchern, die ich im Jahr 2016 gelesen habe.

Veröffentlicht am 24.10.2016

Verstörender und psychologischer Profiling-Thriller

Am Abgrund seiner Seele
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Andrea Jahnke verlor in Deutschland bei einem Unfall ihre Eltern und ihren Bruder. Nichts hält sie mehr in Deutschland. Deshalb entschloss sie sich, in England – an der University of East Anglia in Norwich ...

Andrea Jahnke verlor in Deutschland bei einem Unfall ihre Eltern und ihren Bruder. Nichts hält sie mehr in Deutschland. Deshalb entschloss sie sich, in England – an der University of East Anglia in Norwich – ein Psychologie-Studium zu beginnen. Mittlerweile interessiert sie sich für das Profiling. Schon sehr bald werden ihre ersten Erkenntnisse zum Profling ihr zu Nutze kommen. Ein Serien-Vergewaltiger schaut sich junge Studentinnen aus, die er zunächst ausspäht, sie dann lockt und in Parkanlagen drangsaliert und anschließend vergewaltigt. Als einem Abend Andrea einen Hilfeschrei hört, schreitet sie ein. Das Opfer ist die Studentin und junge Alleinerziehende Caroline. Andrea konnte den Vergewaltiger sehen. Im letzten Moment rettete sie Caroline vor dem Schlimmsten. Aber aufgrund des Intervenierens von Andrea fühlt sich der Vergewaltiger noch mehr motiviert. Und er geht einen Schritt weiter. Er vergewaltigt, foltert und ermordet weitere Studentinnen. Alle Frauen werden in der Nähe oder am Fluss tot aufgefunden. Die örtliche Polizei zieht Andrea mit hinzu. Aber bald bekommt Andrea es mit der Angst zu tun, als der Vergewaltiger sich ihr immer mehr nähert. Es bleibt ihr nichts anderes übrig als zu ihrem Freund Gregory Thornton zu ziehen.
Die deutsche Autorin Dania Dicken schreibt schon seit längerer Zeit Bücher, aber dieser Thriller ist ein Auftakt zu einer neuen Reihe der Autorin – die Hauptprotagonistin ist eine angehende Profilerin. Andrea studiert Psychologie mit dem Ziel, später als Profilerin bei der Polizei zu arbeiten. In diesen Thriller kommt man in Sachen Liebesgeschichte ebenso auf die Kosten. Denn zwischen Andrea und Gregory entwickelt sich eine zärtliche und rücksichtsvolle Liebesbeziehung, die allerdings zwischenzeitlich aufgrund der Umstände der zunehmenden Bedrohung des Vergewaltigers auf eine harte Probe gestellt wird. Mit diesem Thriller spricht Dania Dicken meiner Meinung nach die weibliche Leserschaft an, weil die Hauptprotagonistin eine Frau ist. Aber in ihrem ersten Band dieser neuen Reihe stehen junge Frauen im Mittelpunkt, was meine Meinung noch mehr verstärkt, denn eine Frau kann sich noch mehr in das Leid der Opfer hineinversetzen. Beim Lesen empfand ich schon authentische Züge in den Erzählabschnitten. Umso spannender liest sich der Thriller, und man leidet mit den Opfern mit. Ebenso auch für Andrea – die eine Studentin mit Stärke, Willenskraft und Mut darstellt, und dennoch hin und wieder Selbstzweifel hat.
Ein super gelungener Auftakt zu einer neuen Thriller-Reihe, auf die ich schon sehr gespannt bin. Und kann es kaum abwarten die nächsten Bände zu lesen. Ein moderner Thriller von einer jungen Autorin mit jungen erfrischenden Protagonisten in einer deutsch-britischen Atmosphäre.

Veröffentlicht am 03.10.2016

Einfühlsame und gegensätzliche Charaktere in einer Lovestory

Mittelmeersplitter
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Annika lernt an ihrer Schule den in sich gekehrten Levian kennen. Levian gilt als Außenseiter, weil er bei den Mitschülern und Mitschülerinnen unnahbar und schweigsam wirkt. Doch Annika wagt es, sich Levian ...

Annika lernt an ihrer Schule den in sich gekehrten Levian kennen. Levian gilt als Außenseiter, weil er bei den Mitschülern und Mitschülerinnen unnahbar und schweigsam wirkt. Doch Annika wagt es, sich Levian zu nähern und spricht ihn an. Sie versucht seine Schweigsamkeit zu brechen. Nachdem beide sich näher gekommen sind, lernt Annika Levian anders kennen als er nach außen wirkt. Er offenbart ihr eine verständnisvolle und zärtliche Seite von ihm. Aber manchmal zeigt Levian die andere Seite der Medaille, indem er in manchen Situationen Annika mit bösen Blicken und jähzornigen Ausbrüchen konfrontiert. Annika kann sich daraus keinen Reim machen. Beide erleben mehr oder weniger einen unbeschwerten Sommer. Nachdem Annika Levians Familie besser kennengelernt hat, und sie Levians bedingungslose Liebe prüfen will, muss sie sich endlich ihrem langgehütetem Geheimnis stellen.
Theresa Sperling wurde bisher in der Poetry Slam Community bekannt. Mit diesem Debütroman begeht die Autorin ein neues Terrain. Beide Hauptprotagonisten zeigen ihre Stärken und Schwächen auf, die ihnen gegenüber gegensätzlich erscheinen. Denn Levian kann jähzornig, aber auch wiederum zärtlich mitfühlend sein. Annika dagegen genießt die ihr zugewendete Zärtlichkeit und Einfühlsamkeit, aber sie verschließt sich gegenüber Levian aufgrund eines Geheimnisses. Man erfährt relativ spät in dem Roman, welches Geheimnis Annika mit sich trägt. Die Leserschaft bekommt Andeutungen über das Geheimnis, und somit stellt man beim Lesen Vermutungen auf. Aufgrund der italienischen Leichtigkeit und der angenehmen Figuren kann man in diesen Roman abtauchen und mitfühlen. Auffällig sind die fantasievollen Buchkapitelüberschriften, die man als Jugendsprache gelten lassen könnte.
In diesen Roman konnte ich regelrecht abtauchen aufgrund der beiden Protagonisten Annika und Levian. Eine schöne Geschichte als Sommer- oder Urlaubslektüre. Und das Buchcover gefällt mir unheimlich gut. Auf jeden Fall bekommt man von dem Dolce-Vita-Flair Fernweh. Meiner Meinung nach könnte dieser Roman auch als Jugendroman gelten. Bisher las ich noch keine Poetry Slam Texte, und somit war mir Theresa Sperling bisher unbekannt geblieben. Nach diesem Debüt hoffe ich, dass man in Zukunft noch mehr Bücher von der Autorin lesen darf.

Veröffentlicht am 29.09.2016

Ein Roman über Freundschaften

Rosen, Tulpen, Nelken
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In dieser Geschichte steht die dreißigjährige Physikerin Sophie Lensing im Mittelpunkt. Ihre Mutter starb als sie gerade einmal sechs Jahre alt gewesen ist. Nach deren Tod wuchs Sophie bei ihrem Vater ...

In dieser Geschichte steht die dreißigjährige Physikerin Sophie Lensing im Mittelpunkt. Ihre Mutter starb als sie gerade einmal sechs Jahre alt gewesen ist. Nach deren Tod wuchs Sophie bei ihrem Vater Mark und dessen Frau Rosie auf, zu denen sie bis heute ein enges Verhältnis pflegt. Eines Tages findet Rosie in einem Karton im Keller ein Poesiealbum mit vielen Gedichten und Sprüchen. Es stellt sich heraus, dass dieses Poesiealbum einst Sophies Mutter Angelika gehörte. Sophie weckt die Neugier und liest die Namen unter den Sprüchen, wobei sie keinen der Namen kennt. Bisher kannte Sophie ihre Mutter Angelika nur aus ihren eigenen Erinnerungen und den Erzählungen ihres Vaters. Sophie recherchiert zunächst die damaligen Freundinnen ihrer Mutter, stellt fest, dass nur wenige Freundinnen von damals aufzufinden sind. Somit begibt sich Sophie auf eine Reise mit ihren Freundinnen Sandra und Vanessa, die sie seit ihrem Studium kennt, um die damaligen Freundinnen ihrer Mutter zu finden. Übrig geblieben sind aus der Jugend- und Studienzeit damals die Freundinnen Marita und Romana sowie die Brieffreundin Jenny, die damals in der DDR lebte. Sophie lernt die Vergangenheit und die Höhen und Tiefen ihrer Mutter kennen, die nicht immer schöne Facetten darstellen.
Die deutsche Autorin Heike Wanner versteht es davon, wenn sie über Verhältnisse zwischen Mütter und Töchter sowie Mädchen-Frauen-Freundschaften Geschichten schreibt. Da Sophie ihre Mutter Angelika früh verlor, kannte sie bisher nur wenig über ihre Mutter und deren Vergangenheit – vor allem als Angelika ein Teenager war. Durch Erzählungen und Briefe zwischen Sophies Vater Mark, seiner Frau Rosie sowie die damaligen Freundinnen von Angelika bildet sich eine Biografie über Angelika. Sophie lernt somit mehr über ihre Mutter und über sich selbst als Tochter und junge Frau kennen. Mit einer bildhaften und retro-perspektivischen Sprache gelingt der Autorin eine Geschichte, die jeder anderen Frau damals in den 1970er und 1980er Jahren hätte passieren können. Männer spielen in diesem Roman auch eine Rolle, aber eher eine Nebenrolle. Sophie, ihre Freundinnen, ihre Mutter und deren damaligen Freundinnen bilden die zentralen Figuren in diesem Roman.
Diesen Roman habe ich inhaliert, weil er in seiner Sprache nachvollziehbar und angenehme emotional erzählt wird. Mir schien die Geschichte weder kitschig noch zu überladen von Emotionen. Eine Geschichte, die es sicherlich in der einen oder anderen Art und Weise in einer Familie XY passiert sein könnte. Ein unterhaltsamer Roman für entspannte Tage.

Veröffentlicht am 26.09.2016

Regional verorteter Thriller

SchattenGier
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In der Regel werden Otto-Normal-Verbraucher Opfer von brutalen Überfällen. Aber in dieser Geschichte verschwindet ein Kriminalbeamter von der örtlichen Polizeidienststelle in der Schaumburg-Lippischen ...

In der Regel werden Otto-Normal-Verbraucher Opfer von brutalen Überfällen. Aber in dieser Geschichte verschwindet ein Kriminalbeamter von der örtlichen Polizeidienststelle in der Schaumburg-Lippischen Region. An einem Samstagvormittag sind die beiden Polizeikommissare Wolf Hetzer und Peter Kruse zum Sport in einer örtlichen Sportstätte verabredet. Leider wartet Peter Kruse vergebens auf seinen Kollegen. Den Abend zuvor verbrachte Wolf Hetzer bei seinem langjährigen Freund und Kollegen Thomas Büthe in Hannover. Zuletzt wurde Wolf Hetzer von Büthes Kollegin Sandra Völker nach einer Party gesehen, auf der auch Thomas Büthe gewesen ist. Wenige Tage später liefert der Notarzt einen Mann in das Klinikum im westfälischen Minden ein. Das Gesicht des bisher unbekannten Mannes weist mehrere Verletzungen und Blessuren auf. Nur mit einem Jutesack bekleidet wurde er von einer Prostituierten in der Nähe eines Kurortes nahe Hannover aufgefunden. Als die Kollegen Peter Kruse, Wolfs Sohn Niklas – der ebenfalls Polizist ist – und die Rechtsmedizinerin Nadja Kruse den Mann im Krankenhaus besuchen, stellen sie fest, dass es ihr Kollege Wolf Hetzer ist. Wo war Wolf die vergangenen Tage? Welche Person richtete Wolf so brutal zu? Und wo ist die Hannoveraner Kollegin Sandra Völker, die bisher immer noch vermisst wird. Die Kriminalkommissare aus Schaumburg und Hannover stehen vor einem Rätsel. Nach und nach setzt sich ein Puzzle zusammen.
Die deutsche Autorin Nané Lénard (Künstlername) schrieb schon einige Kriminalromane und Thriller, die in der niedersächsischen Region im Weserbergland handeln. Der aktuelle Thriller „Schattengier“ ist ihr achter Thriller mit den beiden Ermittlern Wolf Hetzer und Peter Kruse. Die Autorin versteht etwas davon, wenn es um regionale Verortungen, Brutalität und Perversität in fiktiver Erzählform geht. Man merkt, dass sie fachliche Betreuung an ihrer Seite stehen hat. Wolf Hetzer ist einmal nicht der Ermittler, sondern wird zum Opfer von Verstrickungen. Sein Kollege Peter Kruse muss Verkettungen und Verwirrungen von Ereignissen ermitteln, um seinen Kollegen und ganz besonders das Motiv der Tat zu finden. Die Kollegin Sandra Völker vom LKA Hannover, die ebenfalls verschwunden ist, spielt bei den Ermittlungen eine bedeutsame Rolle.
Den einen oder anderen Fleck im Weserbergland – süd-westlich von Hannover – geht man schon recht gut. Bei manchen Szenen im Buch konnte ich die Region nachempfinden. Bei einer Szene in einer Sportstätte musste ich so schmunzeln, weil sie mir so bekannt ist. Trotz mancher brutaler – teilweise folterartige - Beschreibungen (zumindest lassen sich Bilder im Kopf erahnen, was passiert sein könnte), bettet die Autorin humorvolle Momente mit in die Geschichte ein. Dieser Thriller ist spannend und temporeich erzählt und nicht für zartbesaitete Leser und Leserinnen.