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FreydisNehelenia

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Nachtzug zum Ich

Nachtzug nach Lissabon
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Raimund Gregorius trifft auf dem Weg zur Arbeit auf eine geheimnisvolle Portugiesin und wenig später eine lebensverändernde Entscheidung: Er verlässt die Schule, den Ort seines Wirkens, an der er als Altphilologe ...

Raimund Gregorius trifft auf dem Weg zur Arbeit auf eine geheimnisvolle Portugiesin und wenig später eine lebensverändernde Entscheidung: Er verlässt die Schule, den Ort seines Wirkens, an der er als Altphilologe unterrichtet hat, um einen anderen Lebensweg einzuschlagen. Als er schließlich wenig später in einer Buchhandlung des Buch eines portugiesischen Meister der Worte findet, steigt er in den Zug nach Lissabon und begibt sich auf dessen Spuren. Und auch auf jene zu sich selbst.

Den Kern dieses Romanes ist das Leben und Wirken von Amadeu Prado, einem Arzt und Widerstandskämpfer aus Lissabon, dessen Texte von philosophischer Schönheit und Wahrheit nur so strotzen. Stück für Stück begibt man sich mit Gregorius zu den Wurzeln Prados, erfährt Einzelheiten und Eindrücke aus Sicht der Menschen, die Prado vor seinem Tod kannten und ein Stück seines Lebens mit ihm gingen.

Eigentlich kaum zu glauben, das Pascal Mercier die gesamte Geschichte erfunden haben soll, denn er schreibt so, als hätte es all die Protagonisten in Lissabon wirklich gegeben. Ein unglaubliches, wunderschönes und sehr tiefgründiges Buch und ein Meilenstein der Literatur!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zu manchen Zeiten ist das Schwarz-Weiß-Denken einfach unangebracht

Priscilla
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... so wie in der Besatzungszeit der Deutschen in Frankreich, damals im Zweiten Weltkrieg. Manche gingen in die Resistance, andere kollaborierten mit den Nazis und manche passten sich den Gegebenheiten ...

... so wie in der Besatzungszeit der Deutschen in Frankreich, damals im Zweiten Weltkrieg. Manche gingen in die Resistance, andere kollaborierten mit den Nazis und manche passten sich den Gegebenheiten an, so wie Nicholas Shakespeares Tante Priscilla. Ursprünglich kam Sie aus England, die Ehe ihrer Eltern war zerrüttet und hat nie wirklich funktioniert, ihre Mutter enthielt Priscilla ihrem Vater nach der Trennung vor, nahm Sie mit nach Frankreich, wo diese aufwuchs und die erste Hälfte ihres Lebens verbrachte. Und trotz ihrer Schönheit, ihrer besten Freundin,vielen Verehrer, Beschützer und ihrer Ehen, vermittelte diese Biographie mir den Eindruck, dass sie oft auf sich allein gestellt war und schwerwiegende Entscheidungen treffen musste, die viele Konsequenzen nach sich zogen.

Eine ungewöhnliche Biografie, eine ungewöhnliche Geschichte, eine ungewöhnliche Frau: Priscilla.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine schöne Geschichte mit einem unmöglichen Ende

Ein unmögliches Leben
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Ich muss sagen, die Beschreibung zu diesem Buch klang recht interessant und die Geschichte war auch nicht von schlechten Eltern. Da hatte sich Andrew Sean Greer eine wirklich spannende Story ausgedacht. ...

Ich muss sagen, die Beschreibung zu diesem Buch klang recht interessant und die Geschichte war auch nicht von schlechten Eltern. Da hatte sich Andrew Sean Greer eine wirklich spannende Story ausgedacht. Drei Frauen, die eigentlich ein und die Selbe sind, nur in einer jeweils anderen Zeit leben, müssen sich mit dem Tod eines geliebten Menschen und der Affäre ihres Lebensgefährten bzw. Mann auseinandersetzen. Beides reißt ihnen den Boden unter den Füßen weg und sie brauchen psychologische Hilfe. Da diese aber nicht anschlägt, schlägt der behandelnde Arzt Elektroschocktherapien vor. Diese bewirken, dass jeweils die Greta von 1985 mit der von 1918 tauscht und die Greta von 1918 mit der von 1941. Alle drei bringen jeweils das Leben der anderen in Ordnung oder eher durcheinander.

Die Geschichte hat mir soweit gefallen, allerdings war ich der Ansicht, dass das Ende mehr als merkwürdig war, soll als hätte der Autor keine Lust mehr gehabt oder sollte das Buch schnell zu Ende bringen, sodass es in den Druck gehen kann. Leider irgendwie halbherzig.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Von der Liebe zwischen zwei Persönlichkeiten und dem Kampf für die Arbeiterklasse

Als wir unsterblich waren
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Schon, als ich das erste Kapitel von Alex als Leseprobe erhalten habe, wusste ich, das Buch willst du lesen. Auch, wenn dieses Kapitel mit dem Mauerfall begann und sozusagen das Ende der DDR einläutete ...

Schon, als ich das erste Kapitel von Alex als Leseprobe erhalten habe, wusste ich, das Buch willst du lesen. Auch, wenn dieses Kapitel mit dem Mauerfall begann und sozusagen das Ende der DDR einläutete (einer geschichtlichen Epoche, der ich leider absolut nichts abgewinnen kann), so hat mich der eingängige, fließende Schreibstil von Charlotte Roth sofort in die Geschichte hineingezogen. Dem Cover nach konnte ich mir schon denken, dass es um weitaus mehr geht, als das Ende der DDR und ich wurde mit einer Geschichte belohnt, die mich absolut ansprach, allein vom geschichtlichen Hintergrund. Das Charlotte Roth die Entstehung und Entwicklung der SPD mit einfließen lassen hat, war zusätzlich nochmal interessant. Ich dachte mir nur, wenn die Partei so geblieben wäre, wie sie es mit August Bebel, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Hugo Haase als führenden Größen war, nämlich eine Partei, die für das Recht der Arbeiter kämpft (und nicht, so wie heute, meiner Meinung nach, die Arbeiter verrät), dann hätte man vielleicht die Machtergreifung Hitlers verhindern können. Aber in den Verlauf der Geschichte spielen nun einmal so viele Faktoren ein, völlig unerwartete Faktoren, das man heute zu Tage schwer sagen kann, was wäre gewesen, wenn.

Auch die Geschichte zwischen Paula und Clemens fand ich sehr schön. Zwei Personen, die sich unglaublich lieben, jedoch vom Lauf der Geschichte auseinander gerissen werden, sodass zum Schluss jeder mit seinen Überzeugungen und Idealen für sich allein steht. Irgendwo sehr traurig und dennoch verständlich.

Ein wunderschöner Roman, dem es an Nichts fehlt, eine wunderbare Geschichte, die man immer wieder lesen kann. Dieses Buch kann ich nur empfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schicksale, mit denen die Frauen damals leben lernen mussten

Abgesang
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Drei Frauen, die mit den Folgen des ersten Weltkrieges leben müssen: Evelyn, die ihren Geliebten Fraser verloren hat und deren aus dem Krieg heimgekehrter Bruder ein dunkles Geheimnis mit sich trägt. Ada, ...

Drei Frauen, die mit den Folgen des ersten Weltkrieges leben müssen: Evelyn, die ihren Geliebten Fraser verloren hat und deren aus dem Krieg heimgekehrter Bruder ein dunkles Geheimnis mit sich trägt. Ada, die nicht glauben will, dass ihr Sohn Michael tot ist und darüber vergisst, dass sie nicht nur Mutter, sondern auch Ehefrau ist. Hettie, deren Bruder mit einem psychischen Schaden aus dem Krieg heimgekehrt ist und nicht mehr arbeiten kann, sodass sie ihren halben Wochenlohn mit ihm und ihrer Mutter teilen muss. Alle drei Frauen sind durch das Schicksal miteinander verbunden, nur ahnen sie das nicht. Das wird erst offensichtlich, je weiter man in "Abgesang" abtaucht.

Ich fand das Buch sehr gut, habe es innerhalb von 3 Tagen durchgelesen und kann es jedem empfehlen, der sich für die Thematik des Ersten Weltkrieges und dessen Auswirkungen interessiert. Je mehr ich mich mit dem 1. Weltkrieg beschäftige, desto mehr muss ich feststellen, dass er doch schlimmer war, als ich es mir immer vorgestellt habe. Da ist es fast eine Schande, wie wenig sie uns davon im Geschichtsunterricht beigebracht haben, dass uns eingetrichtert worden ist, der 2. Weltkrieg und das 3. Reich waren viel schlimmer. Der 1. Weltkrieg war durch die Entwicklung der Waffentechnik und das grausame Abschlachten in Verdun, Ypern und an der Somme für seine Zeit der grausamste Krieg überhaupt. Und dass man nach so einem Erlebnis noch mit offenen Armen den Zweiten Weltkrieg begrüßt hat, will mir einfach nicht in den Kopf.

Ich weiß nicht, was in den Generationen vor uns vorgegangen ist, ich weiß bloß eines: Das die Leidtragenden des Ersten Weltkrieges nicht die Politiker waren, die es erst dazu haben kommen lassen, nicht der Kaiser, der schließlich zur Abdankung gezwungen wurde und auch nicht die Generäle, die ihre Soldaten in den sicheren Tod geschickt haben. Es waren vorallem die einfachen Soldaten, die gekämpft haben, verletzt worden und gestorben sind, ihre Familien, die daran zerbrochen sind, die vielen Menschen in Deutschland, die sowieso nichts hatten und denen durch das Entziehen der Lebensmittel, die an die Front gingen, nicht einmal mehr etwas zu Essen blieb, es waren Tiere, die durch den Krieg getrieben wurden und schließlich unter panischen Lauten starben. Die Bilder des Künstlers Otto Dix empfand ich immer als gruselig, als sie zeigen die Realität des Ersten Weltkrieges.

Und "Abgesang" erzählt die andere Seite der Geschichte, die der Frauen, für die es trotz schwerwiegender Verluste irgendwie weitergehen musste, die aber nie vergessen haben.