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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.11.2022

Ein beängstigendes Leseerlebnis voller Grauen und Mystik vor dem Hintergrund des 19. Jahrhunderts erzählt.

Das Korsett
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Beschreibung

Nach dem Tod ihrer Mutter widmet sich Dorothea Truelove mit Hingabe gemeinnütziger Arbeit, verfolgt dabei jedoch auch ihren eigenen Wissensdurst, denn sie geht der Erforschung der Phrenologie ...

Beschreibung

Nach dem Tod ihrer Mutter widmet sich Dorothea Truelove mit Hingabe gemeinnütziger Arbeit, verfolgt dabei jedoch auch ihren eigenen Wissensdurst, denn sie geht der Erforschung der Phrenologie nach und lässt keine Gelegenheit aus, um im Oakgate-Frauengefängnis ihre Beobachtungen zu machen. Die Theorie der Phrenologie besagt, dass die spezielle Formung des Schädels eine Aussage über die Eigenschaften der Person geben kann. Doch trifft dies auch auf die sechzehnjährige Ruth Butterham zu, die wegen Mordes einsitzt?

Meine Meinung

Zuerst eine viktorianische Geistergeschichte (»Die stillen Gefährten«), nun also ein viktorianischer Thriller. Laura Purcell entführt ihre Leserinnen und Leser wieder in das 19. Jahrhundert und spielt mit den starken gesellschaftlichen Differenzen, die in ihren Hauptprotagonistinnen Dorothea und Ruth versinnbildlicht werden.

Während Dorothea in eine angesehene Familie hineingeboren wurde, wo sie als ledige Frau mit ihren fünfundzwanzig Jahren bald zu einer alten Jungfer herangereift sein wird und sich zudem, unschicklicher weise, brennend für die Wissenschaft der Phrenologie interessiert. Die Probleme wirken im Kontrast zu Ruths entbehrungsreichem Leben in Armut fast schon skurril lächerlich. Eines verbindet jedoch die beiden unterschiedlichen Frauen, sie sind Gefangene in dem engen Käfig der Weiblichkeit.

Die Komposition aus zwei Perspektiven, die Gegenwart und Vergangenheit vereinen, ist unheimlich spannend gestrickt und erzeugt einen regelrechten Lesesog. Allerdings konnte mich Laura Purcell mit Ruths Geschichte weitaus mehr in den Bann ziehen. Ihr Leben führt die schrecklichen Auswirkungen von Armut deutlich vor Augen und zudem ist es gespickt von einer schauderhaften Dramatik, die mich mehr als einmal gruseln ließ.

Die Familiengeschichte von Ruth und ihrem stark verwurzelten Glauben daran, dass ihre Gefühle und Wünsche in ihre Näharbeiten übergehen und sie dadurch zu einer Mörderin wurde, hat mich mitgenommen. Die vermeintlich übernatürliche Komponenten wird mit Gewalt und geschickten Psychospielchen unterstrichen, die im Haushalt der Metyards, wo Ruth als Näherin die Schulden ihrer Familie abarbeiten muss und wie eine Sklavin gehalten wird, auf ihren Höhepunkt zusteuern. Definitiv nichts für zarte Gemüter!

Im Handlungsstrang über Dorotheas Leben fällt die Entwicklung nicht so reizvoll aus, auch wenn ich zunächst ihre Leidenschaft für die Lehren der Phrenologie als äußerst interessant empfand, so ist das Schädelvermessen im Laufe der Handlung zu einer Randnotiz verblasst. Die zerreißende Frage um den Glauben an die Wissenschaft oder den Glauben an das Übernatürliche wird jedoch bis zuletzt auf einem hohen Spannungsniveau gehalten.

Mit »Das Korsett« legt Laura Purcell eine Geschichte voller Nervenkitzel vor, die mit der Wahrnehmung und dem Verstand spielt und dabei eine schauderhafte Atmosphäre versprüht.

Fazit

Ein beängstigendes Leseerlebnis voller Grauen und Mystik vor dem Hintergrund des 19. Jahrhunderts erzählt.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 29.03.2022

Veröffentlicht am 11.11.2022

Jennifer Saint muss den Vergleich mit Madeline Miller nicht scheuen.

Ich, Ariadne
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Beschreibung

Als Tochter des kretischen Königs Minos wuchs Ariadne nicht nur mit den griechischen Sagen auf, sondern auch mit dem monströsen Minotaurus als Bruder. Ihr machthungriger Vater fordert jedes ...

Beschreibung

Als Tochter des kretischen Königs Minos wuchs Ariadne nicht nur mit den griechischen Sagen auf, sondern auch mit dem monströsen Minotaurus als Bruder. Ihr machthungriger Vater fordert jedes Jahr für den Minotaurus vierzehn Jugendliche als Opfer von Athen. Ariadne verfolgt das Geschehen mit Schrecken, bis sie sich eines Tages in Theseus, den Prinzen von Athen, verliebt, der dem Ungeheuer ein Ende bereiten will. Mit ihrer Hilfe gelingt Theseus die Heldentat und gemeinsam segeln sie in eine Zukunft in Athen, doch bei einem kurzen Aufenthalt auf der Insel Naxos begeht Theseus Verrat und lässt Ariadne alleine zurück…

Meine Meinung

Die Faszination der griechischen Mythologie erlebt seit Jahren eine Renaissance, sei es in der Jugendliteratur, der Comic-Welt, aber auch bei den Romanen für Erwachsene, bei denen auch weibliche Nebenrollen mit einer feministischen Betrachtungsweise in den Vordergrund gestellt werden (wie es z. B. Madeline Miller bravourös in »Ich bin Circe« bewiesen hat).

Jennifer Saint reiht sich mit ihrem Roman »Ich, Ariadne« in diese Riege ein, denn sie erzählt den griechischen Mythos um den Minotaurus von Kreta und seinen Bezwinger Theseus aus der Perspektive der Ariadne, die keine unwichtige Rolle in dieser Geschichte einnimmt und es somit verdient hat in den Vordergrund zu treten, auf eine moderne Weise neu.

Der berühmte Heldenepos entfaltet aus der weiblichen Sicht eine vollkommen andere Dynamik, denn hier stehen nicht die Heldentaten, Kriegsführung und Machthaberreien der Herrscher im Vordergrund, sondern die Auswirkungen dessen auf die Frauen und Familie. Früh lernt Ariadne durch Erzählungen diverser Sagen, dass oftmals die Frauen für die Verfehlungen der Männer von den Göttern bestraft wurden. Dieses Schicksal möchte sie auf keinen Fall teilen, zumindest schwört sie sich das, bis sie sich selbst von Theseus verraten sieht und hinter den Glanz seines Heldentums blickt.

Nicht nur Ariadnes Schicksal wird von Jennifer Saint in den Fokus gerückt, sondern auch das schwere Los ihrer Mutter Pasiphae, die anstatt ihres Gatten Minos von den Göttern bestraft wird und Ariadnes Schwester Phädra erhalten eine Bühne. Die Botschaft von Jennifer Saint ist klar, jedoch hätte ich mir gewünscht, dass die Kluft zwischen den leidtragenden Frauen und den fehlgeleiteten Männern nicht so stark schwarz-weiß dargestellt worden wäre. Ein ausgleichender Protagonist hätte der Geschichte sicherlich gutgetan und die auffallend „gewollte“ Nuance verhindert.

Der Vergleich zu Madeline Millers »Ich bin Circe« drängt sich optisch sowie thematisch auf, jedoch zieht hierbei »Ich, Ariadne« direkt den Kürzeren. Losgelöst von dieser Gegenüberstellung ist Jennifer Saints Roman eine gelungene Neuinterpretation einer Erzählung aus der griechischen Mythologie, in der Umsetzung bleibt die Geschichte jedoch distanziert, wo Miller Nähe schafft und zum mitfiebern bewegt und oberflächlich, wo ›Circe‹ Tiefe und Nachdruck erhält.

»Ich, Ariadne« ist ein absolut lesenswerter Roman für alle, die gerne in eine leicht zugängliche Geschichte aus der griechischen Mythologie abtauchen wollen und dabei offen für eine andere Perspektive, abseits des Heldentums sind.

Fazit

Jennifer Saint muss den Vergleich mit Madeline Miller nicht scheuen, lädt sie doch dazu ein, die althergebrachten Mythen der griechischen Sagen neu zu überdenken.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 27.03.2022

Veröffentlicht am 11.11.2022

Ein würdiger Abschluss mit Emotionen, ungeahnten Wendungen und einem packenden Showdown.

Die Krone der Dunkelheit
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Lavarus wird von einer vernichtenden Macht bedroht. Während Prinzessin Freya in eine Zwangsehe hineingetrieben wurde, sind Fae-Prinz Kheeran und Wächterin Ceylan nur knapp einem Attentat ...

Beschreibung

Lavarus wird von einer vernichtenden Macht bedroht. Während Prinzessin Freya in eine Zwangsehe hineingetrieben wurde, sind Fae-Prinz Kheeran und Wächterin Ceylan nur knapp einem Attentat entkommen. Im Reich der Menschen, wie auch im Land der Fae spitzt sich die politische Lage zu und die schützende Mauer zwischen den Ländern gerät ins Wanken. Werden Freya, Kheeran und ihre Freunde den Untergang von ganz Lavarus noch stoppen können?

Meine Meinung

Die ursprünglich auf eine Tetralogie ausgelegte Reihe um »Die Krone der Dunkelheit« wurde in einem dritten Band mit dem Titel »Götterdämmerung« von Laura Kneidl zu Ende gebracht. Auf 800 Seiten erwartet die Leserinnen und Leser ein packender High-Fantasy-Roman, bei dem die Entwicklung der Figuren und die abschließende Verwebung aller Handlungsfäden im Vordergrund stehen.

Seit Veröffentlichung des letzten Bandes der Reihe sind zwei Jahre vergangen, daher war es sehr hilfreich, dass vor Beginn der eigentlichen Geschichte die bisherigen Ereignisse noch einmal kurz zusammengefasst wurden und somit die Erinnerungen wieder wachgerüttelt wurden. Dadurch gelingt ein nahtloser Einstieg in den finalen Abschlussband, der zum überwiegenden Teil wieder aus den unterschiedlichen Perspektiven der Hauptprotagonisten: Freya, Larkin, Kheeran, Ceylan, Leigh, Weylin und Elroy besteht, aber auch mit Sequenzen aus der Perspektive der Gegenspieler Valeska und Cernunnos.

Laura Kneidl ist es gelungen, eine mitreißende Geschichte in einer phantastischen Welt anzusiedeln, bei der die Charakterentwicklungen und das dynamische Zusammenspiel vor einem brenzligen politischen Hintergrund im Fokus stehen. Besonders der Weg des Fae-Prinzen Kheeran hat mich fasziniert an den Seiten kleben lassen, denn er entwickelt sich im Laufe dieses Abschlussbandes zu einem waschechten Anführer, der auch in ausweglosen Situationen einen kühlen Kopf für das Wichtigste bewahrt.

Zwischendurch schleichen sich durch Wiederholungen zwar kleinere Längen ein und das Finale ist für meinen Geschmack etwas zu sehr Wolke Sieben, aber ansonsten habe ich den atemberaubenden Showdown wirklich sehr genossen.

Fazit

Ein würdiger Abschluss mit Emotionen, ungeahnten Wendungen und einem packenden Showdown.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 25.03.2022

Veröffentlicht am 11.11.2022

Ein durchdringender Roman über das ukrainische Geschäft mit dem Kinderwunsch, brillant erzählt und spannend wie ein Thriller.

Hundepark
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In einem Hundepark in Helsinki sitzt Olenka auf einer Bank und beobachtet heimlich eine Familie, doch sie bleibt nicht unbemerkt, denn neben ihr lässt sich eine Frau nieder, die ihr durchaus ...

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In einem Hundepark in Helsinki sitzt Olenka auf einer Bank und beobachtet heimlich eine Familie, doch sie bleibt nicht unbemerkt, denn neben ihr lässt sich eine Frau nieder, die ihr durchaus bekannt ist. Daria stammt aus Olenkas Vergangenheit, einst waren sie Freundinnen, doch nun befürchtet Olenka die Rache des Mädchens, dessen Leben sie einst zerstörte. Eines vereint die Frauen jedoch immer noch, ihre Kinder im Park, die von ihrer Existenz nichts ahnen…

Meine Meinung

Der Markt mit der Leihmutterschaft in der Ukraine kommt reichen europäischen Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch zupass. Doch wie geht es den Frauen, die vom lukrativen Business mit den Eizellenspenden ausgebeutet werden? Welch gefährliche Lebensverhältnisse prägen sie? Diesen Fragen geht Sofi Oskanen in ihrem erschütternden Roman »Hundepark« nach.

Olenka war selbst Spenderin, hat sich mit ihrem zielstrebigen Pragmatismus in der Karriereleiter jedoch schnell nach oben gekämpft und dennoch alles verloren. Vor ihrer Vergangenheit in der Ukraine ist Olenka mit falschen Papieren nach Finnland geflohen, wo sie sich als Putzfrau durchschlägt, doch schon bald holen sie die Ereignisse ein.

In geschickt gewählten Sequenzen lässt Sofi Oksanen die Puzzleteilchen aus der Vergangenheit der 1990er und frühen 2000er Jahre ins Blickfeld der Leserinnen und Leser geraten und zusammen mit dem gegenwärtigen Erzählstrang aus dem Jahre 2016 ergibt sich nach und nach ein brisantes Bild mit nervenaufreibenden Thriller-Vibes. Spannung und emotional ergreifende Achterbahnfahrt inbegriffen.

Der brillante Erzählstil von Sofi Oksanen beeindruckt und fordert heraus, eine Geschichte zum hineindenken und mitfiebern. Auch wenn man sich über eine lange Zeit die Frage stellt, wem Olenka als Ich-Erzählerin ihre Story erzählt – schließlich fällt auch dieses Puzzlestück an seinen Platz.

Erschüttert hat mich das Geschäft der osteuropäischen Fruchtbarkeitsindustrie, welches für die ukrainischen Frauen Fluch und Segen zugleich bedeutet und in Olenka versinnbildlicht wird. Die Armut und Perspektivlosigkeit treiben Olenka auf diesen Pfad, nachdem sie einen Modeljob in den Sand setzte und ihre Familie vor einer Abhängigkeit der Opium-Bosse schützen will. Sie ist eine der Frauen, die aus ihrer Not heraus die dargebotene Möglichkeit annehmen. Daria zählt auch zu diesen Frauen, doch sie konnte sich nicht aus den Fängen der Eizellspenderinnen-Maschinerie befreien. Zwei Frauen, körperlich wie auch psychisch ausgebeutet von einem unmoralischen System.

»Hundepark« ist keine leichte Lektüre, es fordert den Leser heraus, sich den politischen und soziokulturellen Unterschieden zwischen Ost und West zu stellen. Ein brisanter Thriller, der gerne noch etwas ausführlicher zum Thema Leihmutterschaft hätte ausfallen dürfen. Mein Interesse bezüglich der östlichen Gesellschaft konnte Sofi Oksanen jedoch wecken, sodass ich gerne noch mehr aus diesem Bereich lesen möchte.

Fazit

Ein durchdringender Roman über das ukrainische Geschäft mit dem Kinderwunsch, brillant erzählt und spannend wie ein Thriller.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 24.03.2022

Veröffentlicht am 11.11.2022

Faszinierendes Comic-Kino!

Daidalos 2
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Meine Meinung

Im zweiten Teil der autobiographisch angehauchten Comic-Reihe »Daidalos« von Charles Burns wird die Geschichte um den eigenbrötlerischen Kreativling Brian Milner und seine Freundesclique ...

Meine Meinung

Im zweiten Teil der autobiographisch angehauchten Comic-Reihe »Daidalos« von Charles Burns wird die Geschichte um den eigenbrötlerischen Kreativling Brian Milner und seine Freundesclique weitergesponnen.

Die überbordende Fantasie des Hauptprotagonisten nimmt in der Fortsetzung der Story einen großen Raum ein und geht in einen nahtlosen Tanz zwischen „Realität“ und abgefahrenen „Träumereien“ über.

Die Rahmenhandlung lässt sich rasch zusammenfassen: Brian Milner beschäftigt sich viel mit seinen Ideen zum nächsten selbst produzierten Splatter-Film und nach einem Abend mit der hübschen Laurie und seinen Freunden steht ein Wochenende in einer einsamen Berghütte an, die sie für ihren neuen Filmdreh nutzen möchten. Für Brian steckt hinter dem Projekt jedoch nicht nur der Spaß und hinzukommt ein brodelnder Hormoncocktail der jungen Leute, die für Spannungen und eine aufgeheizte Atmosphäre sorgen.

Ein klares Ziel lässt sich allerdings noch nicht erkennen und etwas mehr Nachdruck in der Handlungsentwicklung hätte dem Werk sicherlich auch gut getan. Dennoch bin ich fasziniert von Charles Burns geradlinigen, prägnanten und illusionistischen Bildern, die sich mit ihrer Farbgewalt regelrecht ins Gedächtnis einbrennen.

Fazit

Der Hormoncocktail einer Clique junger Erwachsener schwimmt mit den Inspirationen zu einem Splatter-Film in ein abstraktes Traum- und Gedankenwerk über. Faszinierendes Comic-Kino!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 23.03.2022