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Veröffentlicht am 15.06.2021

Berührender und mitreißender Roman über zwei Frauen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, deren Schicksal sie zusammenführt.

Die Verlorenen
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Beschreibung

Bess Bright wächst in ärmlichen Verhältnissen im Hafenbezirk von London auf und verdingt sich bereits früh als Krabbenmädchen. Als sie ungewollt schwanger wird, ist sie dazu gezwungen ihr ...

Beschreibung

Bess Bright wächst in ärmlichen Verhältnissen im Hafenbezirk von London auf und verdingt sich bereits früh als Krabbenmädchen. Als sie ungewollt schwanger wird, ist sie dazu gezwungen ihr Baby direkt nach der Geburt in einem Waisenhaus abzugeben, da weder sie noch ihre Familie die Mittel haben, ein weiteres Mäulchen zu stopfen. Bess ist fest entschlossen ihre Tochter Clara abzuholen, sobald sie über das nötige Geld verfügt. Doch als es nach sechs langen Jahren so weit ist, muss sie erfahren, dass ihre Tochter schon längst abgeholt wurde, laut den Unterlagen von ihr selbst…

Meine Meinung

Historische Romane, besonders wenn diese im 18. Jahrhundert und in London spielen, üben eine unheimliche Faszination auf mich aus. Stacey Halls Roman »Die Verlorenen« trägt sich in London um 1754 zu und ist alleine durch die ansprechende Gestaltung von Cover, Vorsatzpapier und Abdruck einer Karte des Settings eine wahre Augenweide, doch auch inhaltlich konnte mich die Geschichte fesseln.

Die Handlung wird aus zwei Perspektiven erzählt, zum einen von der jungen Bess Bright, die sich als Krabbenmädchen in ärmlichen Verhältnissen durchschlagen muss und zum anderen von der gut betuchten Witwe Alexandra Callard, die bereits früh und auf grausame Art und Weise ihre Eltern verlor und seither geprägt durch die Vergangenheit mit ihrem Schicksal hadert. Es stehen sich also zwei starke Charaktere aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten gegenüber, die beide ihr Päckchen zu tragen haben.

Einfühlsam beschreibt Stacey Halls die Umstände der beiden Frauen, sodass man von der ersten Seite an mit den Protagonistinnen mitfiebert und gebannt die Handlung verfolgt, die zu Weilen wie ein Krimi daherkommt. Besonders berührend und schockierend zugleich, traf mich die Szene als Bess kurz nach der Geburt mit ihrem Vater im Foundling Hospital bei der Verlosung teilnehmen, und beobachtet von den Sponsoren des Waisenhauses, um die Aufnahme der kleinen Clara fürchten müssen. Diese Einrichtung sowie das Vorgehen mit der Auslosung gab es tatsächlich, was der Geschichte natürlich einen zusätzlichen Pluspunkt in Sachen Authentizität einbringt.

Stacey Halls betrachtet in ihrem Roman in erster Linie die Umstände und Lebensbedingungen der ärmeren Bevölkerungsschicht und rückt Bessies Not als junge Mutter ohne Ehemann in den Fokus. Verloren ist aber nicht nur Bessie, sondern auch Alexandra, die sich durch ihre Ängste einen eigenen goldenen Käfig geschaffen hat, in dem sie ebenso gefangen ist wie Bessie in ihrer Armut und Verzweiflung.

Als beide Welten aufeinanderprallen entspinnt sich eine spannende Kombination bei der Gegensätze und Parallelen im direkten Kontrast stehen. Am liebsten mochte ich die Kapitel aus Bessies Perspektive, denn mir haben ihre einfachen und dennoch reflektierten Gedanken sehr gut gefallen. Ein kleiner Kritikpunkt ist allerdings, dass die restliche Besetzung für meinen Geschmack etwas zu blass bleibt.

Fazit

»Die Verlorenen« ist ein berührender und mitreißender Roman über zwei Frauen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, deren Schicksal sie zusammenführt. Einmal mit dem Lesen begonnen, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen, also ein absolut lesenswerter Pageturner!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 24.03.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Action, Humor und ein wunderbarer Plottwist.

Captain Marvel - Neustart
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Meine Meinung

Mit »Eine für alle, alle für eine« und »Sternenfinsternis« hat Kelly Thompson zwei lesenswerte Comics der »Captain Marvel« Neustart Serie vorgelegt, doch kann sie auch die dadurch entstandenen ...

Meine Meinung

Mit »Eine für alle, alle für eine« und »Sternenfinsternis« hat Kelly Thompson zwei lesenswerte Comics der »Captain Marvel« Neustart Serie vorgelegt, doch kann sie auch die dadurch entstandenen hohen Erwartungen mit ihrem dritten Streich erfüllen?

In »Avengers-Jagd« gibt es mehr Action und intensivere Kämpfe als in den vorherigen Ausgaben und Carol steckt in einem schicken neuen Anzug. Doch halt, der heiße schwarz-rote Fetzen zwingt Captain Marvel dazu Jagd auf ihre eigenen Kolleg*innen der Avengers zu machen. Doch Captain Marvel wäre nicht Captain Marvel, wenn sie da nicht einen Plan in der Hinterhand hätte.

Kelly Thompson beschert uns in der dritten Ausgabe eine unabhängig lesbare Geschichte mit ausgiebigen und filmreifen Kampfszenen, in denen sich Captain Marvel in Einzelgefechten gegen Thor, Iron Man, Black Panther, She-Hulk und Captain America stellt. Diese eindrucksvollen Szenen werden von Lee Garbett in bewegungsreiche Bilder gegossen, die mit kräftigen Farben bestechen.

Im Vergleich zu den ersten beiden »Captain Marvel« Comics von Kelly Thompson liegt hier der Fokus deutlich auf rasanter Superhelden-Action, dabei geht leider die Erforschung der Hintergründe von Carol Denvers etwas verloren. Gezeigt bekommt man hier dafür auf jeden Fall wie hart die Superheldin zuschlagen kann und wie lange ihre Superhelden-Freunde gegen sie durchhalten können.

Fazit

Action, Humor und ein wunderbarer Plottwist – doch im rasanten Getümmel geht der Tiefgang der vorherigen Ausgaben etwas verloren.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 23.03.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Diese gelungene Comicadaption von Wells Klassiker brilliert mit den detailverliebten Illustrationen von Gabriel Rodríguez

Die Insel des Dr. Moreau
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Meine Meinung

Die berühmte Geschichte »Die Insel des Dr. Moreau« zählt zu den Klassikern der Science-Fiction und wurde dementsprechend häufig in diversen Medienformaten adaptiert und ist längst in das ...

Meine Meinung

Die berühmte Geschichte »Die Insel des Dr. Moreau« zählt zu den Klassikern der Science-Fiction und wurde dementsprechend häufig in diversen Medienformaten adaptiert und ist längst in das Gut der Popkultur eingegangen. Allerdings habe ich mir bisher weder die Romanvorlage von Wells noch eine filmische Adaption zu Gemüte geführt und konnte mich somit dieser monströsen Story unvoreingenommen mit Ted Adams und Gabriel Rodríguez Comicinterpretation nähern.

Im Vorwort wird von Christian Endres auf die populäre Geschichte, die zur nahenden Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert mit dem wissenschaftlichen Fortschritt und Experimente an Brisanz gewann und heute immer noch brandaktuell erscheint, ein und verrät die Umwandlung des eigentlichen Hauptprotagonisten Edward in eine Akteurin.

Die Rahmenhandlung ist schnell zusammengefasst, nach einem Schiffbruch auf dem Pazifik landet die Biologin Ellie Pendrick auf einer Insel bei Dr. Moreau und seinem permanent alkoholisierten Handlanger Montgomery. Schnell begreift Ellie, dass sich auf der Insel etwas Unnatürliches abspielt und sie stößt auf die Werke des verrückten Doktors, der mit seinem medizinischen Geschick ungeheuerliche Tier-Mensch-Monster erschaffen hat. Doch die Wesen leiden und Ellie möchte nichts sehnlicher, als dem Schmerz ein Ende zu bereiten.

In rasantem Tempo entwickelt sich die Story zu einem kleinen Horror-Trip, genährt durch die Auswüchse der uneingeschränkten Machtausübung und Nutzung medizinischer Möglichkeiten, der einen erschauern lässt. Allerdings fühlt man sich stellenweise zu schnell durch die Handlung getrieben, sodass sich die Tiefe der Materie nicht richtig entfalten kann. Die oftmals über eine ganze Doppelseite verteilten Panels und die erstklassigen Illustrationen von Gabriel Rodríguez sind eine Augenweide und machen den Comic alleine dadurch absolut lesenswert!

Der eigentliche Comic umfasst mit 50 Seiten gerade einmal die Hälfte dieser schicken Hardcover-Ausgabe, die restlichen Seiten wurden mit den Originalzeichnungen von Gabriel Rodríguez gefüllt, die seine blauen Bleistiftzeichnungen vor der Kolorierung durch Nelson Dániel zeigen und einen näheren Einblick in seine künstlerische Arbeit liefern und es gibt noch ein interessantes Gespräch zwischen Adams und Rodríguez, bei dem man mehr über ihre Zusammenarbeit und die Herangehensweise an dieses Projekt erfährt.

Fazit

Diese gelungene Comicadaption von Wells Klassiker brilliert mit den detailverliebten Illustrationen von Gabriel Rodríguez und macht Lust zum Roman zu greifen.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 22.03.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Ein kluger und irrsinnig wichtiger Roman über Rassismus und Identität, mit Gefühl und Charme erzählt.

Identitti
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Beschreibung

Nivedita ist sechsundzwanzig Jahre alt und studiert in Düsseldorf bei Prof. Dr. Saraswati Postcolonial Studies. Endlich scheint für Nivedita, die selbst eine Person of Colour ist, alles Sinn ...

Beschreibung

Nivedita ist sechsundzwanzig Jahre alt und studiert in Düsseldorf bei Prof. Dr. Saraswati Postcolonial Studies. Endlich scheint für Nivedita, die selbst eine Person of Colour ist, alles Sinn zu ergeben. Doch als herauskommt, dass Saraswati weiß ist und sich ein Skandal inklusive Shitstorm in den sozialen Medien losbricht, ist Nivedita am Boden zerstört. Sie will Antworten und holt sich diese direkt bei ihrer ehemaligen Professorin.

Meine Meinung

Mithu Sanyal legt nach ihren erfolgreichen Sachbüchern »Vulva. Das unsichtbare Geschlecht« und »Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens« mit »Identitti« ihren ersten Roman vor und wagt sich sogleich auf ein heißes Brett um die gesellschaftlichen Debatten über Rassismus und Identitätspolitik.

Auch, wenn man selbst keine Person of Colour ist, fällt es leicht Mithu Sanyal zu folgen, die Probleme zu verstehen, die Nivedita alleine aufgrund ihrer Herkunft, polnische Mutter und indischer Vater, seit frühester Kindheit begleiten. Ausgrenzung wird schmerzlich bewusst gemacht, als die achtjährige Nivedita bei einem Besuch ihrer Cousine Priti in England von den anderen Kindern als »Coconut« – außen braun und innen weiß – verlacht wird.

Sanyal versteht es die gesellschaftlichen Begriffe von Race, Hautfarbe und dem historischen Erbe aus der Kolonialzeit aufzubrechen und an den wirklich wichtigen Fragen zu rühren. Das alles auf eine aufrüttelnde Art und Weise, die die Gehirnwindungen in einer wilden Karussellfahrt ordentlich durchspülen.

Anhand der Demontage von Niveditas Professorin Saraswati, die sich durch eine Hormonbehandlung die Identität einer Person of Colour übergestülpt hat, bricht ein Sturm über der jungen Frau zusammen, denn was ist, wenn wir uns von den verhärteten Betrachtungen lösen müssen und Identität als genauso wandelbar wie das Geschlecht ansehen sollten? Schließlich sind wir unter unserer Haut, egal welche Farbe diese trägt, doch alle gleich.

»Identitti« wäre allerdings nicht halb so unterhaltsam, wenn die skurrilen Zwiegespräche zwischen Nivedita und ihrer imaginären Gesprächspartnerin Kali, einer indischen Göttin mit mehreren Armen, die die Köpfe ihrer Feinde als Gürtel trägt, beigemengt worden wären. Diese Intermezzos sind erfrischend und lockern die aufgeheizte Geschichte spürbar auf. Interessant ist natürlich auch, dass Nivedita sich gerade Kali erwählt hat, die in der indischen Mythologie als todbringende Macht bekannt ist.

Fazit

Ein kluger und irrsinnig wichtiger Roman über Rassismus und Identität, mit Gefühl und Charme erzählt.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 21.03.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Ein politisches sowie gesellschaftliches Märchen, dass unter die Haut geht!

Farm der Tiere
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Beschreibung

Auf einer Farm des alkoholkranken Mr. Jones leiden die Tiere unter dessen Gewalttätigkeit. Doch eines Tages zetteln die Schweine eine Rebellion an und jagen die menschlichen Unterdrücker ...

Beschreibung

Auf einer Farm des alkoholkranken Mr. Jones leiden die Tiere unter dessen Gewalttätigkeit. Doch eines Tages zetteln die Schweine eine Rebellion an und jagen die menschlichen Unterdrücker vom Hof. Die Befreiung der Tiere ist nur von kurzer Dauer, denn die Schweine ergreifen schon bald immer mehr Macht und werden selbst zu Unterdrückern, den Menschen immer ähnlicher, sodass eine neue Ära der Diktatur anbricht.

Meine Meinung

Zu Klassikern, die man unbedingt einmal gelesen haben sollte, zählt auf jeden Fall George Orwells »Farm der Tiere«, welche zu Beginn des Jahres in einer Neuübersetzung von Lutz-W. Wolff und einem Vorwort von Ilija Trojanow erschienen ist. Ich habe mir den Roman in der Hörbuchfassung, gesprochen von Christoph Maria Herbst zu Gemüte geführt.

Nachdem ungewöhnlichen Vorwort von Ilija Trojanow, in dem er ein fiktives Zwiegespräch mit einem Nachfahren des Esels Benjamin führt, beginnt auch schon Orwells knackige Fabel über Diktatur, Faschismus und Unterdrückung. Vor seiner Erstveröffentlichung im Jahre 1945 hatte Orwell Probleme seinen politikkritischen Roman aufgrund der aktuellen Brisanz des Themas zu publizieren. Heute zählt Farm der Tiere jedoch zu den wichtigsten Werken der Weltliteratur.

Die tierischen Protagonisten des Romans weißen Parallelen zu politischen Machtinhabern der damaligen Zeit auf, können aber auch plakativ für Archetypen einer Diktatur stehen. Eber Napoleon ist die führende Figur einer Diktatur, die schnüffelnde Hunde sind das Überwachungsorgan, das kluge Schwein Schneeball steht für die Revolutionäre, das workaholic Pferd Boxer und der duldsame Esel Benjamin mimen die folgsame Arbeiterklasse und die dümmlichen Schafe stellen die für die Manipulationen des Regimes empfänglich Bevölkerung dar.

Christoph Maria Herbst zählt mittlerweile zu meinen liebsten Hörbuchsprechern, da er mich auch bei diesem Klassiker mit seiner akustischen Interpretation direkt in die Geschichte zieht.

Fazit

Dieser fabelhafte Klassiker über eine tierische Revolution und eine gnadenlose Tierherrschaft fesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Ein politisches sowie gesellschaftliches Märchen, dass unter die Haut geht!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 20.03.2021