Kreative Details
Dark Ivy – Wenn ich falleDer Auftakt des Dark-Academia-Duetts war mein erstes Buch aus der Feder von Spiegel-Bestseller-Autorin Nikola Hotel - und mein Gesamteindruck lautet: Ich hab es geliebt! Aber: Es gibt ein ABER. (…nämlich ...
Der Auftakt des Dark-Academia-Duetts war mein erstes Buch aus der Feder von Spiegel-Bestseller-Autorin Nikola Hotel - und mein Gesamteindruck lautet: Ich hab es geliebt! Aber: Es gibt ein ABER. (…nämlich ein paar winzige Elemente, die einzeln für sich betrachtet überhaupt nicht ins Gewicht fallen würden, in der Gesamtheit jedoch dafür sorgten, dass ich diese ruhige, wirklich wunderschön erzählte College-Romance nicht als absolutes Herzensbuch kategorisieren kann.)
Die Aufmachung des Werkes ist ein Träumchen! Blackout Poetry hatte ich zuvor noch nicht gekannt und fand dieses Element nicht nur plottechnisch sehr passend, sondern auch im Hinblick auf die Buchgestaltung ideal gewählt - neben dem hübschen Efeu-Farbschnitt ist es dieses besondere Detail, was den Roman optisch und inhaltlich einzigartig macht. Auch die Textnachrichten fügten sich harmonisch in den Erzähltext ein und waren an sinnvollen Stellen der Handlung platziert.
Das Setting - die renommierte Woodford Academy auf Ivy Island - hatte ich gut vor Augen, allerdings hätte ich mir noch intensivere, atmosphärischere Beschreibungen des Campus-Geländes und der Insel gewünscht. Wenn im Laufe der Handlung z.B. immer mal wieder etwas Location-Flair eingestreut worden wäre, hätte mir das besser gefallen als die Anhäufung kurzer beschreibender Passagen, die lediglich zu Beginn erfolgte (zum Aussehen der einzelnen Uni-Gebäude, Edens Zimmer, etc.). Mit der Bezeichnung Dark Academia verbinde ich etwas Mysteriöses, Gefährliches, Dunkles - nichts davon ist hier der Fall, es handelt sich um einen regulären New-Adult-Roman, wie er an jeder Uni spielen könnte. Ich möchte betonen: Das ist KEINE negative Kritik, sondern lediglich eine neutrale Feststellung.
Beide Hauptfiguren mochte ich gerne, fand den charismatischen William anziehend und faszinierend, und Eden (aus deren Perspektive in der ICH-Form erzählt wird) sympathisch und liebenswert - für beide gilt: zu 99%. Denn es gab eine bestimmte Szene, in der sowohl ER als auch SIE mich heftig enttäuscht haben. - Wie kommen sie dazu, die Trauer eines anderen Menschen zu belächeln? Bzw. sich anzumaßen, einschätzen und urteilen zu können, wer um wen in welchem Maße zu trauern hat?! Geht’s noch?! Wenn jemand ein geliebtes Haustier verliert, ist diese Trauer dann 'weniger' bedeutend als die um einen Menschen? Heißt das, die Trauer um z.B. einen Freund wiegt weniger als die um einen Verwandten? Und die um einen Cousin z.B. weniger als die um eine Mutter? Wisst ihr, was ich meine? Die betreffende Szene sollte wahrscheinlich ein witziges Handlungselement sein, über das man schmunzelt, und einen Moment darstellen, der Will und Eden verbindet. Zumindest Letzteres war bei mir der Fall, denn ich fand sie in dieser Szene beide gleichermaßen herzlos. (Zum Vergleich: Wäre ich auf einem Date und mein Gegenüber würde solch einen abstoßenden Charakterzug offenbaren bzw. einen entsprechenden Kommentar fallen lassen, wäre das der Moment, an dem ich wortlos aufstehe und gehe - auf Nimmerwiedersehen!)
Edens und Wills Verhalten hatte etwas Herablassendes, was das eigentliche, so viel positivere Wesen ihres Charakters für mich unschön verfärbte. Gerade von Eden-ich-will-unbedingt-Freunde-finden-und-mag-es-nicht-wenn-Leute-Vorurteile-haben hätte ich mehr Empathie erwartet. Wenn jemand schon den Mut aufbringt, sich anderen (fremden!) Menschen gegenüber zu öffnen und zuzugeben 'ich habe einen schmerzlichen Verlust erlitten', dann steht es in meinen Augen NIEMANDEM zu, ein abschätzendes Urteil über die 'angemessene Intensität' dieser Trauer zu fällen (und sich obendrein um Zustimmung heischend umzugucken, ob noch jemand anderes dieses Eingeständnis ins Lächerliche ziehen möchte).
Dies wiegt umso schwerer, wenn man bedenkt, dass im restlichen Verlauf der Handlung immer wieder Rücksichtnahme auf die Gefühle anderer sowie Sexual Consent betont wird. To be fair: Zumindest hinterfragt Eden des Öfteren selbstkritisch ihre Ansichten, erkennt, dass sie generell dazu neigt, voller Vorurteile zu sein, und entwickelt sich weiter. Zudem darf man nicht vergessen, dass die Figuren allesamt noch sehr jung sind.
Besonders gut gefiel mir, dass die für an U.S. Universitäten spielenden Romane inzwischen wohl obligatorisch gewordenen Trendthemen (Stichwort: weiße Männer und Abriss von Südstaaten-Statuen) hier tatsächlich ernsthaft und sinnvoll diskutiert wurden. (Im Gegensatz zu zig anderen NA-Büchern, deren Charakteren diesbezüglich lediglich eine knappe Aussage, meist kritischer Art, ohne weitere Erklärung oder Backgroundinfo in den Mund gelegt wird.) Bravo, genau so sollte es sein - Jugendliche unterschiedlicher Herkunft tauschen sich zivilisiert untereinander aus. Da sollten sich viele reale (Uni-)Grüppchen mal ein Beispiel dran nehmen. With that being said hoffe ich jedoch, dass die (ein klein wenig moralisch belehrend wirkenden) Passagen nun für den Rahmen dieser Dilogie als ausreichend erachtet werden können und sich in Band 2 nicht wiederholen/fortsetzen werden, das wäre mir dann doch too much.
Das Knistern zwischen Eden und Will war von Anfang an stark, es las sich soooo schön!! Außerdem habe ich die Intensität geliebt, mit der Edens Verhältnis zu ihrem Dad sowie ihre Trauer um Lark beschrieben wurden. Ein weiteres Highlight waren all die besonderen Worte, die ich dank Eden kennenlernen durfte, ich sage nur: Petrichor. - Love it!! Überhaupt steckte die Handlung voller kreativer Details.
𝗙𝗮𝘇𝗶𝘁: starke 4 ½ ✰ ✰ ✰ ✰
Band 2, «Dark Ivy – Halt mich fest», erscheint (leider erst) im April 2023 - und das nach solch einem gemeinen Cliffhanger! Ich freue mich riesig auf die Fortsetzung und bin sehr, sehr angetan von Nikola Hotels herrlichem Schreibstil. Eindeutige Empfehlung für alle New-Adult-Fans!