Okayish
More than a StarWas für ein catchy Klappentext! Beim Stichwort K-Pop kam mir direkt die international gefeierte Popband BTS in den Sinn, deren Hits sich auch hierzulande immer größerer Beliebtheit erfreuen. Ansonsten ...
Was für ein catchy Klappentext! Beim Stichwort K-Pop kam mir direkt die international gefeierte Popband BTS in den Sinn, deren Hits sich auch hierzulande immer größerer Beliebtheit erfreuen. Ansonsten war mir über das südkoreanische Musikphänomen K-Pop bisher relativ wenig bis nichts bekannt, daher wollte ich dieses Buch unbedingt lesen.
Und nun sitze ich hier und feile seit Tagen an meiner Rezension, die mir unheimlich schwerfällt, weil ich mir bei jedem Kritikpunkt denke: Hoffentlich habe ich meine Meinung nachvollziehbar genug formuliert.
Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr etwas versucht, von dem ihr wisst, dass ihr es aufgrund eurer Kenntnisse eigentlich hinbekommen solltet, und dann klappt es zunächst doch nicht oder ihr seid nicht 100%ig zufrieden mit dem Ergebnis? Wenn ihr z.B. regelmäßig kocht, dann ein neues Kochrezept ausprobiert, und beim Kosten merkt, dass irgendeine Zutat fehlt, irgendein Gewürz nicht passt, ihr aber nicht sicher seid, wo genau das Problem liegt? Mir ging es ähnlich mit der Einschätzung des Schreibstils der Autorin – sie hat auf jeden Fall Talent, aber auf mich wirkte es so, als würde sie ihren Stil gerade erst finden, an der Oberfläche kratzen von dem, was eigentlich möglich wäre.
Was ich mir gewünscht hätte:
A) Mehr Seoul-Atmosphäre - bzw. ein Südkorea-Flair, das über die Essenskultur hinausgeht. Wo wir schon dabei sind: Ebenfalls gefreut hätte ich mich über mehr allgemeines K-Pop-Hintergrundwissen, immerhin war dies der Hauptgrund, weshalb ich diesen Roman ursprünglich lesen wollte. (Nicht, dass ich je Nein sagen würde zu einer guten Romance, aber hier waren tatsächlich K-Pop und das Setting das Zugpferd gewesen.) Kurzum: Mehr Location und Musik, weniger Kochen/Essen.
B) Mehr Charaktertiefe bzw. greifbarere Figuren. Welche Eigenschaften zeichnen die weibliche Hauptfigur Madison als Menschen aus? - Wenn man von ihrer Schwärmerei für die K-Pop-Band Ambition (bzw. für deren bestaussehendstes Mitglied Wooyeong) mal absieht, was bleibt dann noch übrig? Ja, sie ist unheimlich nervös und unbeholfen in der Gegenwart ihres Idols, und weiter? Müsste ich Madison jemandem beschreiben, könnte ich nur sagen: "Na, die eine Amerikanerin eben. Die so krass auf diesen Typen aus der Band steht."
Ich bin nicht dagegen, dass man für einen Star schwärmt – doch in den seltensten Fällen hat diese Person dann tatsächlich all die umwerfenden Eigenschaften, die man ihm/ihr in seiner Fantasie angedichtet hat. Madison schwärmt z.B. von der Ruhe, die Wooyeongs Augen ausstrahlen, davon, wie solide er wirkt – obwohl sie ihn nur aus Tanzvideos und Interviews kennt. Reine Äußerlichkeiten. Ich kann mir nicht helfen, sie ist ein nettes junges Mädchen, wirkte in ihrem Verhalten und Denken allerdings naiv und oberflächlich: "Ich schwärmte wahnsinnig für ihn. […] Er war einfach nur unglaublich scharf und hatte ein Gesicht, nach dem sich jede Frau in der Menge umdrehen würde. […] Menschen wie er konnten nicht real sein."
Und er? Wooyeong erschien mir nur aufrichtig begeistert und lebendig, wenn es um die koreanische Küche ging. Bei diesem Thema blühte er regelrecht auf. Außerdem (- Achtung, unpopular opinion in 3, 2, 1): Sein Verhalten (so traumhaft es aus Madisons Sicht gewesen sein mag, für ihr großes Idol the chosen one zu sein), empfand ich anfangs als ziemlich egoistisch und rücksichtslos seinen Bandkollegen gegenüber. Ich konnte Dyeongs Wut vollkommen nachvollziehen. - "»Warum, denkst du, hat Chin-hyuk mit seiner Freundin Schluss gemacht, bevor unser Debütalbum veröffentlicht wurde? Warum, denkst du, dass Tai und ich so vielen netten, süßen Mädchen einen Korb geben, mit denen wir liebend gern auf ein Date gehen würden, es aber nicht können? Denkst du nicht, du solltest dasselbe tun?«" In anderen Worten: Alle Bandmitglieder haben persönliche Opfer gebracht, tun es noch immer – um Erfolg zu haben. Und Wooyeong hat mal eben beschlossen: 'Nö, Erfolg und Fame sind ganz nice, aber für mich gelten ab sofort keine Regeln mehr - dieses Mädchen, das ich gerade mal seit ein paar TAGEN (!) kenne, ist es mir wert, meine Karriere und die meiner Kollegen (!) zu riskieren.' Charming.
C) Mehr Feeling – oder meinetwegen zumindest Herzlichkeit. Ein bisschen Wärme, die beim Lesen auf mich überschwappt. Irgendwas. Obwohl die magischen 3 Worte gefühlt nach einem Wimpernschlag erfolgen, fehlten mir die dazugehörigen Emotionen, die übermütige erste Verknalltheit, das Herzklopfen, die knisternde Romantik. Einzig die Tatsache, wie megamegamega-toll Madison Wooyeong findet, kam glaubwürdig rüber (da dieses Thema schließlich auch konsequent immer wieder … und wieder … wiederholt wurde). Ums kurz zu machen: Seit einigen Jahren schmachtet sie ihn aus der Ferne an. Hardcore. Nun trifft sie ihn und - Boom! Sie ist vollkommen überwältigt, weil er tatsächlich so megamegamega-toll aussieht wie auf dem Bildschirm und ihr obendrein seine E-Mail-Adresse in die Hand drückt.
D) Mehr Handlungsgeschehen. Damit sage ich nicht, dass es langweilig war, und wer mich kennt, weiß, dass ich wahrlich kein Fan von übermäßigem, überzogenem Drama bin (im Gegenteil) - aber come on, ein bisschen mehr Spielraum in puncto Probleme bzw. Problemlösung hätte ich toll gefunden (- irgendetwas anderes als nur die Tatsache, dass Wooyeongs Bandmitglieder und Management nicht gerade in Freudenjubel ausbrechen hinsichtlich seines Techtelmechtels mit einem Fan).
Was hat mir gefallen? Die Story-Idee hatte viel Potenzial und das farbenfrohe Cover passt (soweit ich das als Neuling auf diesem Gebiet beurteilen kann) ideal zur K-Pop-Kultur. Zudem spürte ich, dass die Autorin sich durchaus mit der Korean Cuisine auskennt. Für zukünftige Auflagen des Werkes fände ich ein Register mit den zahlreichen Fremdbegriffen eine coole Ergänzung.
𝗙𝗮𝘇𝗶𝘁: 2.5 ✰ ✰
Mmmh, okayish. Mir persönlich war es (im Hinblick auf Figurenzeichnung, Emotionen und Plot) leider zu seicht sowie schreibstiltechnisch zu unausgereift. Ich erwarte nicht, dass bei jedem Werk alles passt, dann gäbe es ja ausschließlich Highlights (wäre das nicht wundervoll?), doch damit ein Roman mich überzeugt, muss mich zumindest einer der Punkte Schreibstil, Setting, Figuren und Handlung rundum begeistern.
Ich kann dennoch eine eingeschränkte Leseempfehlung aussprechen - nämlich für Jugendliche, die einen locker-cuten Read für zwischendurch suchen, wenig Drama wollen und absolute K-Pop-Fans sind. Erkennt ihr euch wieder? Dann voilà, hier ist DAS Buch für euch!