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My Wish - Breite deine Flügel ausDer erste Band der Wish-Reihe war für mich gleichzeitig auch das erste Buch der Autorin Audrey Carlan, obwohl ich natürlich bereits von ihrer Calendar-Girl-Reihe gehört hatte. Aufgrund des Klappentextes ...
Der erste Band der Wish-Reihe war für mich gleichzeitig auch das erste Buch der Autorin Audrey Carlan, obwohl ich natürlich bereits von ihrer Calendar-Girl-Reihe gehört hatte. Aufgrund des Klappentextes freute ich mich auf einen sündig heißen Liebesroman vor der atemberaubend schönen Kulisse Colorados, und war besonders gespannt darauf, wie die indigenen Wurzeln der weiblichen Hauptfigur in die Geschichte eingeflochten werden würden. Vorab kann ich festhalten, dass mich das im November 2021 beim HEYNE Verlag erschienene Buch zwar sehr gut unterhalten hat und ja, stellenweise auch begeistern konnte, es jedoch einige Punkte gab, die mich gewaltig mit den Augen rollen ließen, weshalb ich (trotz der interessanten Grundidee) keine 5 Sterne vergeben konnte.
Bezüglich des Inhalts verweise ich an dieser Stelle direkt auf den Klappentext, da dieser (– im Vergleich zu vielen anderen Werken heutzutage, deren Klappentexte leider irreführend sind –) die Story wunderbar zusammenfasst, möchte allerdings nachfolgend auf einige Aspekte eingehen, die mir aus unterschiedlichen Gründen in Erinnerung geblieben sind und die Grundlage für meine Bewertung bilden.
Klappentext:
Suda Kaye Ross genießt ihr Leben in vollen Zügen. Seit zehn Jahren reist sie um die Welt – sie ist frei. Genau das hat sich ihre verstorbene Mutter Catori für sie gewünscht. Doch an ihrem 28. Geburtstag erhält Suda Kaye einen Brief, der sie zurück in ihren Heimatort Pueblo führt, zurück zu ihrer Schwester Evie. Und zurück zu Camden. Nie hat Suda Kaye die Nacht mit ihm vergessen. Nun flammen die Gefühle für ihn wieder auf. Doch Camden scheint über sie hinweg zu sein und ist mittlerweile verlobt. Suda Kaye muss herausfinden, was sie sich für ihr Leben wünscht, und stellt dabei fest, dass die aufregendste Reise ihres Lebens noch vor ihr liegt.
Zu Suda Kaye fallen mir viele Begriffe ein: Freigeist, Neuzeit-Hippie, Nomadin, Weltenbummlerin. Aber vor allem: rastlos. Die junge Frau ist in den vergangenen Jahren rundum den Globus getingelt, hatte hier und dort lose Techtelmechtel, war jedoch nie mit dem Herzen dabei und ständig auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer, amourös sowie reisetechnisch. Ihr flatterhafter Lebensstil wurde bisher vom Erbe ihrer Mutter finanziert, welches sich nun langsam dem Ende neigt. Es war mir schleierhaft, wie sie ihr Leben mit einem wundervollen Mann wie Camden, der sie über alles liebte, einfach so hinter sich lassen konnte, nur weil sie lieber herumreisen wollte als verheiratet zu sein. Sicherlich hätte man Kompromisse finden können zwecks ihrer Träume, zumal Camden ein sehr einfühlsamer, verständnisvoller Mann ist, der sie gewiss nicht zum Leben als Heimchen am Herd verdonnert hätte. Doch kaum hält Suda Kaye den Brief ihrer Mutter in den Händen, in dem ihr geraten wird, hinaus in die Welt zu ziehen (und der, im wahrsten Sinne des Wortes, ein Freibrief für sie wird, um mal eben alle Zelte daheim abzubrechen) ist sie auf und davon. Sie wertet das geschriebene Wort ihrer verstorbenen Mutter als bedeutsames Zeichen, zumal sie die Sehnsucht nach fremden Orten in sich selbst zu spüren scheint. Ich habe mit Suda Kaye wahrlich gehadert. Sie ist kein böser Mensch, aber trotz ihrer lockeren Art und ihres Sinns für Humor wirkte sie unterm Strich naiv, rücksichtslos, verloren und weltfremd auf mich. Wieso? – Sie hat nie Konsequenzen für ihr Handeln getragen, hatte kein Interesse an Verpflichtungen, verließ sich stets darauf, dass ihr Konto gut gefüllt war und dass ihre vernünftige Schwester Evie, die immer daheim in Colorado auf sie warten würde, schon irgendwie eine Lösung parat hätte, falls mal der Schuh drückt. Gegenüber ihrer großen Liebe (und seiner reizenden Familie, die nach Catoris Tod wie selbstverständlich für sie und Evie da gewesen war) hatte sie nicht einmal den Anstand, sich angemessen zu verabschieden, sondern speiste ihn vor ihrer heimlichen Abreise noch mit Halbwahrheiten ab, um sich eine Liebesnacht mit ihm als eigenes Abschiedsgeschenk zu sichern. Für mich lag ihr Verhalten darin begründet, dass ihre Mutter ihr vorgelebt hatte, dass man geliebte Menschen problemlos zurücklassen kann, wenn einen das Reisefieber packt.
Natürlich kann man sich selbst für seine ach-so-tolle Unabhängigkeit auf die Schulter klopfen und sich einreden, dass das eigene Verhalten schlichtweg auf Freiheitsliebe und Fernweh beruht, dass man nur wirklich lebendig ist, wenn man unterwegs ist. …anstatt der Tatsache ins Auge zu sehen, dass man einfach ein egoistischer Mensch ist. Catori "war nie richtig sesshaft geworden. Sie war immer mit einem Fuß schon wieder zur Tür hinaus, ständig offen für neue Erfahrungen. […] Fernweh strömte aus jeder einzelnen Pore. Nichts konnte sie zurückhalten. Weder ihr Ehemann […] noch ihre beiden Töchter." …und Suda Kaye eifert ihr nach. Bei poetisch anmutenden Formulierungen wie dieser, wirkt der Gedanke in der Theorie gar nicht schlimm. In der Realität ist das eine andere Sache. Sorry, aber ich sehe keinen Sinn darin, Kinder (jawohl, mehrere!) in die Welt zu setzen, wenn man keine Lust auf ein gemeinsames Leben mit ihnen hat, ihnen keine Stabilität bieten kann, die so wichtig ist für die Bildung ihres Selbstwertgefühls, und allenfalls hin und wieder auf Stippvisite mit ein paar Geschenken im Gepäck vorbeischaut. Das ist für mich weder fair noch das Verhalten einer Mutter; da retten auch ein paar lieb gemeinte Briefchen nichts. Dass Suda Kaye blind alle Anweisungen Catoris befolgt (ob sie nun anhand deren Adressbuches durch die Welt bummelt oder heimkehrt – Mama sagt und Suda Kaye folgt), machte mich wütend. Null eigenständiges Denken. Da war mir Evie mit ihrer besonnenen, vernünftigen Art tausendmal lieber. Sie war für mich die angenehmste Figur des Romans, ich mochte sie total gerne.
ACHTUNG, SPOILER
Mich störte es, dass Suda Kaye nach ihrer Rückkehr alles in den Schoß fiel. Finanzielle Mittel für ihr Karriereprojekt - ohne sonderliche Anstrengung oder Erfahrung? Check. Der Ex ist noch immer verrückt nach ihr, obwohl sie ihn wie den letzten Dreck behandelt hat? Check. Ein weiterer Hottie macht ihr den Hof? Check. Von allen Leuten bekommt sie immer wieder gesagt, wie wunderschön und einzigartig sie doch sei? Check. Die Neue vom Ex ist ein verlogenes Biest und rein zufällig gelingt es Suda Kaye und Evie, sie zu überführen? Check.
Der Schreibstil war zwar bildreich und flüssig, aber leider auch ohne Tiefgang und furchtbar over the top, zum Teil beinahe schon kindisch. Ganz schrecklich fand ich die extrem flache, übertrieben stereotypische Beschreibung der bösen, bösen "Barbie Brittney". Camdens Verlobte ist eine durchgestylte, blonde Beautyqueen in Pink, die ständig mit ihrer schrillen "Quengelstimme" "kreischt", vorzugsweise nach "Schatzi", und im Gegenzug "Mausi" genannt werden möchte. Als Camden einen allergischen Schock erleidet, bei dem er fast stirbt (- "»Du bist allergisch gegen Ananas? Ich liebe Ananas. Sie sind so gesund.«" -), ist ihre größte Sorge, dass zwei ihrer "zuckerwattefarbigen" Nägel "verschmiert" sind. "Sie zieht einen Schmollmund, indem sie ihre riesige, silikongefüllte Unterlippe vorschiebt und Cam eine ihrer Hände zeigt." - Oh, und natürlich stammt sie aus reichem Elternhause. Ich dachte nur: Ernsthaft? Selbst als Parodie wäre das nicht mehr witzig zu lesen gewesen. Dann die ganzen Spitznamen ("Süße" hier, "Baby" da – und wenn ich noch einmal irgendwo "Rehauge" lese..! –) oder die Tatsache, dass permanent jemand einen Schmollmund zieht…es war zu viel des Guten und schlicht unglaubwürdig. Selbst die ihr bis dato unbekannte Bürgermeisterin plaudert mit Suda Kaye spontan über die sexuellen Vibes, die angeblich zwischen ihr und Camden herrschen. Einfach nur cringeworthy. Der Dirty Talk des Paares selbst hat mich nicht gestört, ich habe nichts gegen heiße Szenen in einem Liebesroman. Hier waren sie stimmungsvoll ausgearbeitet, wild und leidenschaftlich. Feinfühlige Leser/innen könnten die betreffenden Passagen aufgrund der recht derben Wortwahl eventuell als too much empfinden.
Großartig gefallen hat mir das Setting. Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst mal in Colorado gelebt habe und eine Schwäche für diesen U.S. Bundesstaat habe, aber ich spürte die flirrende, trockene Hitze beim Lesen, die man aufgrund des wunderschönen, in warmen Farben gehaltenen Covers erahnen kann, und genoss ebenfalls die Eindrücke vom Ausflug ins Reservat. Insgesamt hätte ich mir einen größeren Anteil an Reservatsszenen erhofft, gerne mit dem sympathischen, in sich ruhenden Tahsuda (Toko). Der Aspekt des indigenen Erbes kam mir einen Tick zu kurz.
Fazit: Auch wenn der Roman mich nicht 100%ig überzeugen konnte, werde ich wohl Band 2 lesen, denn ich bin gespannt auf Evies Geschichte.