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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.03.2019

Inspirierende Erfolgsstory für alle, die 'mehr' wollen

Ein Koffer voller Wollen
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Auf sehr anschauliche Weise gewährt uns Nelly Kostadinova in diesem Sachbuch einen Einblick in ihre persönliche Erfolgsstory. Ihr ist das gelungen, wovon viele Menschen nur träumen können: sie lebt ihren ...

Auf sehr anschauliche Weise gewährt uns Nelly Kostadinova in diesem Sachbuch einen Einblick in ihre persönliche Erfolgsstory. Ihr ist das gelungen, wovon viele Menschen nur träumen können: sie lebt ihren Traum von der beruflichen Selbständigkeit und setzt sich regelmäßig neue Ziele, nimmt neue Herausforderungen in Angriff. Stillstand kommt für sie nicht infrage.

Obwohl sie in ihrer Heimat Bulgarien bereits eine etablierte Größe im Journalismus war, beschloss Nelly nach der Wende im Jahr 1989 einen Neuanfang in Deutschland zu wagen – ohne überhaupt der deutschen Sprache mächtig zu sein und mit nur 50,- DM in der Tasche. Mit Witz, Charme und jeder Menge Mut und Eigeninitiative stellt sie – oftmals intuitiv – die richtigen Weichen und arbeitet kontinuierlich am Aufbau ihres eigenen Unternehmens. Heute ist ihre Übersetzungsfirma "Lingua World" weltweit eine feste Größe, erwirtschaftet Millionenbeträge und erfreut sich stetigen Wachstums.

"Ein Koffer voller Wollen" ist nicht einfach 'nur' ein Business-Ratgeber über die Dos und Don’ts der Geschäftswelt (obwohl durchaus sehr aufschlussreiche Informationen über internationale Konventionen - von Visitenkarten bis hin zum Dress Code -, Marketingstrategien, etc. enthalten sind), sondern liest sich aufgrund der schelmischen Anekdoten der Autorin zeitweise auch wie ein Roman, in dem es für die Superheldin scheinbar keine Limits gibt. Über Nellys Tatendrang habe ich nur staunen können. Ihre Geschichte beweist, dass man zum Erfolg mehr braucht als einfach 'nur' Glück, die richtige Idee zur richtigen Zeit zu haben: vor allem muss man den Hintern hochkriegen, wollen, fordern, träumen, wagen. "Mut" heißt das Zauberwort – und den hat Frau Kostadinova im Überfluss.

Alle Kapitel sind mit originellen (Unter-)Überschriften versehen und geben bereits vorab einen Einblick in das fröhliche, lebensbejahende Wesen der Autorin. Die quirlige Nelly muss man einfach mögen und bewundern! Gerne hätte ich noch mehr über ihren privaten Hintergrund erfahren, z.B. wie sich ihre positive (!) Workaholic-Einstellung mit dem Familienleben vereinbaren lässt. Hinsichtlich des Schreibstils hat mich die gelungene Balance zwischen sachlicher Informationspräsentation und herzlicher Erzählweise sehr beeindruckt; somit war auch Raum für feine Zwischentöne und Gedankenanstöße, die noch lange nach dem Lesen nachwirken.

Für alle Leser/innen, die an zusätzlicher Literatur zu den geschilderten Ideen und Konzepten interessiert sind, gibt es ein großzügiges Literatur- und Quellenverzeichnis.

Fazit: Von nix kommt nix – man braucht tatsächlich seinen eigenen "Koffer voller Wollen", wenn man erfolgreich sein möchte. Und dieses Sachbuch ist die perfekte Inspiration!

Veröffentlicht am 24.03.2019

Lesegenuss pur!

Das Haus hinter den Magnolienblüten
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Dieser wundervolle Roman der amerikanischen Bestsellerautorin Pam Hillman nimmt uns mit auf eine Reise in die amerikanischen Südstaaten des 18. Jahrhunderts. Zwar wird das Werk, das im Brunnen Verlag erschienen ...

Dieser wundervolle Roman der amerikanischen Bestsellerautorin Pam Hillman nimmt uns mit auf eine Reise in die amerikanischen Südstaaten des 18. Jahrhunderts. Zwar wird das Werk, das im Brunnen Verlag erschienen ist, als christlicher Roman eingestuft, doch die Referenzen nehmen nicht Überhand - keine seitenlangen Bibeltexte, sondern vielmehr kleine Details oder persönliche Gedanken und Wünsche, die die Figuren an Gott richten.

Die Autorin, einst selbst im ländlichen Mississippi aufgewachsen, versteht es nicht nur gekonnt, den auf der Breeze Hill-Plantage vorherrschenden Südstaatenflair einzufangen, sondern zeigt auch die Schattenseiten der Metropole Natchez auf: das sogenannte 'Juwel Mississippi’s' bietet zwar allerlei geschäftliche Möglichkeiten als Handelsmekka, doch auch hier machen Armut, Sklavenhandel und Sittenverfall nicht Halt. Als die drei irischen Schwestern Kiera, Amelia und Megan nach dem Tod ihrer Eltern in Amerika ankommen, erwartet sie ein böses Erwachen – sie wurden unter falschen Versprechungen dorthin geschickt und sollen nun in einem heruntergekommenen Freudenhaus ihren Dienst ableisten. Einzig dem beherzten Eingreifen einiger anderer Mitreisender (u. A. dem Iren Quinn O’Shea, der ebenfalls mit seinen zwei jüngeren Geschwistern unterwegs ist) können die jungen Damen aus dem Bordell befreit werden – jedoch zu einem hohen Preis. Noch dazu schwört der zwielichtige Kriminelle Pierre Le Bonne, der sich um sein Eigentum betrogen sieht, Rache…und er ist bekannt dafür, dass er über Leichen geht.

Kiera, die älteste der drei Schwestern, war mir von Anfang an sehr sympathisch aufgrund ihrer aufrichtigen, bodenständigen Art. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie in jungen Jahren die Mutterrolle für Amelia und Megan übernommen hat, ihre Stärke und vor allem ihr freundliches Wesen haben mich sehr beeindruckt. Egal, was das Leben für Schicksalsschläge bereithält, nie verliert sie die Hoffnung oder ihren Glauben. Auch Quinn O’Shea ist ein ausgesprochen angenehmer Charakter, in den man sich als Leser wunderbar hineinversetzen kann. Beinahe hätten die Nebenfiguren Connor und Isabella Kiera und Quinn den Rang abgelaufen, so tiefgründig und berührend sind auch sie dargestellt – ich war selig, als ich während des Lesens entdeckte, dass es auch zu ihnen einen Roman geben wird!

Der Schreibstil ist fesselnd und besticht mit einer Mischung aus Spannung und humorvollen Elementen, ergreifenden Szenen und bildreichen Beschreibungen der Szenerie. Es fühlt sich an, als würde man einen Film schauen, so sehr zogen die Worte mich in den Bann! Insbesondere die Dialoge zwischen Kiera und Quinn, ihre zarte Annäherung, aber auch die Gespräche zwischen Connor und seiner Frau sind herrlich glaubwürdig und liebenswert gestaltet worden.

Fazit: Liebe, Spannung, Humor, historische Hintergründe und viele feine Zwischentöne – ein rundum gelungenes Werk!

Veröffentlicht am 04.03.2019

Negativität überwiegt leider

Café Engel
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Wie sehr hatte ich diesem Buch entgegengefiebert! – Erhoffte ich mir doch eine Familiengeschichte vor dem historischen Hintergrund des Zweiten Weltkriegs; Mutter und Tochter, die um die Existenz ihres ...

Wie sehr hatte ich diesem Buch entgegengefiebert! – Erhoffte ich mir doch eine Familiengeschichte vor dem historischen Hintergrund des Zweiten Weltkriegs; Mutter und Tochter, die um die Existenz ihres kleinen Künstler-Cafés kämpfen und dem Elend die Stirn bieten; eine geheimnisvolle, bildschöne Cousine aus Ostpreußen, die nach ihrer Flucht plötzlich auf der Bildfläche erscheint und für Verwirrung sorgt – all das in Kombination mit dramatischen Kriegserlebnissen, den üblichen Irrungen und Wirrungen der Liebe und möglichst vielen spannenden Hintergrundinformationen dazu, wie die (vom Nazi-Regime verfolgten) Künstler/innen dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte erlebt haben… Leider hat mich dieses Werk relativ enttäuscht zurückgelassen und rein gar nicht fesseln, geschweige denn emotional berühren können. Schlimmer noch, gegen Mitte der Geschichte musste ich mich regelrecht zum Weiterlesen aufraffen (- was bei mir eine absolute Seltenheit ist; ich liebe es, zu lesen und insbesondere das Genre der historischen (Frauen-)Romane ist meine Leidenschaft -). Letztendlich überwogen die Neugier (darauf, wie die bis dahin unbefriedigenden Handlungsstränge wohl aufgelöst werden würden) und die Hoffnung (darauf, dass eine unerwartete Wendung doch noch dazu führen würde, mir die Figuren näherzubringen). Nach Abschluss des Romans musste ich allerdings feststellen, dass mir die Charaktere nach wie vor größtenteils unsympathisch, im Idealfall gleichgültig waren.

Ich horchte also in mich hinein. Was war schiefgelaufen? (Immerhin hatte ich dieses vielversprechende Buch, dessen wunderschönes Cover mich verzaubert hatte, so gerne mögen wollen.) Die Leseprobe hatte mich durch eine einnehmende Leichtigkeit beeindruckt: ein flüssiger Schreibstil, detaillierte, bildreiche Beschreibungen, die gekonnt die Atmosphäre des Café Engel einfangen und Optimismus pur – trotz Vorboten des Krieges. Ein wundervoller Start in die Handlung! Man lernt die sympathische Familie Koch kennen, die das besagte Café - Treffpunkt der Wiesbadener Schickeria – bewirtschaftet und ist gespannt, was das Schicksal für sie und ihre Freunde bereithalten wird. Diese Leichtigkeit ist im Laufe der Geschichte leider völlig abhandengekommen. Natürlich ist mir bewusst, dass während eines Krieges nicht die Glücksgefühle überwiegen, sondern dass sich tragische Szenen abspielen. Jedoch habe ich schon weitaus schwerwiegendere Kriegsberichte gelesen (in denen z.B. der harte Lazarett-Alltag einer Kriegskrankenschwester geschildert wurde; Amputationsbeschreibungen inklusive), die auch von schlimmen Verlusten handelten und dennoch keineswegs gänzlich in Negativität versanken, sondern stets das Gute hervorhoben, die Hoffnung, die Freude am Leben. Hier hingegen hatte ich das Gefühl einer dunklen Wolke, die während des Lesens permanent über meinem Kopf hing.

Viele der Figuren unterlaufen eine Wandlung in ihrem Wesen, die alles andere als positiv ist. Gerade Julia, eine Jüdin, die von der Familie Koch vor den Nazis versteckt wird, hätte ich aufgrund ihrer grenzenlosen Selbstwertunterwanderung und Naivität, die mich kochen hat lassen vor Wut, am liebsten schütteln wollen. Sie ist nicht der einzige Charakter, über den ich mich maßlos aufgeregt habe. Ob unerklärliche und wenig authentische 180-Grad-Wendungen, oder schlichtweg unangenehme Charakterzüge – gegen Ende waren mir die meisten Figuren egal.

Dieser Roman besteht aus unverhältnismäßig vielen verschiedenen Perspektiven, die abwechselnd in Kapitel unterteilt sind. Einerseits erhält man als Leser somit einen Einblick die Gedanken einer Vielzahl von Figuren. Bei mir war es allerdings so, dass ich aufgrund der großen Menge an Erzählperspektiven (- die dazu noch in verschiedene Zeitebenen unterteilt sind, was anfangs ein wenig verwirrend war -) von jeder Figur ein wenig, aber von keiner genügend Tiefe wahrgenommen habe. Dieser Eindruck zog sich durch die gesamte Handlung und so blieb die emotionale Distanz bis zur letzten Seite bestehen, leider. Den krönenden Abschluss bildet dann ein Ausklang, der wie mit dem Vorschlaghammer erzwungen scheint – als müsse man schnell zu einem Rundum-Ende gelangen.

Bleibt der Schreibstil auch weiterhin flüssig, wird er doch seines ursprünglichen Optimismus beraubt und ist bestenfalls als neutral zu beschreiben. Mit dem Wortlaut des Klappentextes, auf den die Autoren oftmals kaum Einfluss haben, bin ich nicht einverstanden, da er meines Erachtens irreführend ist. Die Zeitspanne, in der Hilde und Luisa sich endlich begegnen ist relativ kurz, unmittelbar vor dem Ende des Werkes. Der Roman endet also genau dort, wo er laut Beschreibung seinen Hauptfokus hätte haben sollen. Ehrlich gesagt, werde ich die Folgeromane dieser Trilogie mit ziemlicher Sicherheit nicht lesen.

Fazit: Schade, schade. Dieses Werk hat leider all das, was viele Nicht-Leser von historischen Romanen mit diesem Genre assoziieren: unnahbare Figuren, zu denen man keinen Bezug aufbauen kann, verwirrende Zeitsprünge, und eine ermüdende Langatmigkeit, die das Werk unnötig in die Länge zieht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Authentizität
  • Figuren
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 26.02.2019

Berührende Liebeserklärung an das Meer

Nächte, in denen Sturm aufzieht
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Dieses mitreißende und in jeglicher Hinsicht inspirierende Werk der Bestsellerautorin Jojo Moyes ist mehr als 'nur' ein Liebesroman. Es veranschaulicht die innige Bindung zwischen Mutter und Kind, lässt ...

Dieses mitreißende und in jeglicher Hinsicht inspirierende Werk der Bestsellerautorin Jojo Moyes ist mehr als 'nur' ein Liebesroman. Es veranschaulicht die innige Bindung zwischen Mutter und Kind, lässt uns die Sehnsucht nach einem Neubeginn nachvollziehen, zelebriert den Zusammenhalt von Menschen, von Familien, Freunden, Kollegen oder gar ganzen Gemeinden, die einander Halt geben. Es ist ein eindringlicher Appell, ein Loblied auf die Schönheit und beeindruckende Vielfalt unserer Natur, die wir Menschen viel zu oft als selbstverständlich betrachten. Es ist auch eine Geschichte über Verlust und Trauer, über Machtlosigkeit und Angst – und dennoch überwiegt auf wundersame Weise ein Gefühl des unerschütterlichen, lebensbejahenden Optimismus. Das Buch rüttelt wach, regt zum Nachdenken an und weckt den Ansporn, sich mehr für den Schutz der Natur einzusetzen.

Liza McCullen und ihre kleine Tochter Hannah haben die Hölle auf Erden erlebt, doch nun scheinen sie im Paradies angekommen zu sein; die Flucht aus London hat sie um die ganze Welt geführt und ihrer beider Leben gerettet. Im abgeschiedenen und von unberührter Natur umgebenen kleinen Fischerörtchen Silver Bay, einer Postkartenidylle in New South Wales an der Ostküste Australiens, werden sie von Lizas Tante Kathleen mit offenen Armen empfangen und finden Stück für Stück ins Leben zurück. Besonders Hannah blüht regelrecht auf unter der liebevollen Fürsorge Kathleens und liebt ihr neues Zuhause; auch Liza erkennt, dass sie draußen auf dem Meer, wo sie Wal- und Delfinbeobachtungstouren für die gelegentlich eintrudelnden Touristen anbietet, endlich zur Ruhe kommen kann. Doch den anderen Bewohnern der Gemeinde gegenüber bleibt sie lieber auf Distanz; die Angst 'entdeckt' zu werden ist ihr ständiger Begleiter. Kein Wunder also, dass der gutaussehende britische Tourist Mike Dormer, der mit seinen schicken Businessanzügen so gar nicht in das malerische Bild von Silver Bay passt, ihr ein Dorn im Auge ist. Was will er hier? Tatsächlich verbirgt Mike etwas, das nicht nur Lizas Leben in Gefahr bringen könnte…

Dieses war mein erstes Buch von Jojo Moyes – und was für ein fulminanter Auftakt es war! Ich hatte ja schon viel über die Schreibkünste der Autorin gehört, darüber, wie es ihr gelingt, große Emotionen in ihren Lesern zu wecken und Geschichten zu erschaffen, die dauerhaft berühren. Und ich kann nur sagen: selten war ein Lob so berechtigt und angebracht. Ich bin während des Lesens so eingetaucht in die Story, dass ich alles um mich herum vergessen und die ganze Nacht durchgelesen habe.

Der fesselnde, einladende Schreibstil strotzt nur so vor bildreichen, detaillierten Beschreibungen, die sofort Bilder im Kopf entstehen lassen. Authentizität heißt das Schlüsselwort – sowohl in den Dialogen der wunderbar intensiv und vielschichtig ausgearbeiteten Figuren als auch im Hinblick auf die gründliche Recherche zum Alltag an Bord eines Whale Watching-Bootes wird deutlich, dass Jojo Moyes viel Herzblut in dieses Buch gesteckt hat. Man fühlt sich sofort heimisch in Silver Bay und die besondere Atmosphäre des Küstenstädtchens, die die Autorin im Interview mit dem Rowohlt Verlag als eine "eigenartige Mischung von Geborgenheit und Einengung" bezeichnet hat, ist gekonnt eingefangen worden. Die Thematik Umweltschutz, insbesondere der Schutz der Meere, ist eine wichtige, tragende Komponente der Handlung; Wale, die sanften, anmutigen Riesen des Ozeans, ebenso wie die verspielten, lebensfrohen Delfine werden so persönlich und liebevoll beschrieben, dass speziell eine herzzerreißende Szene mich so zum Weinen gebracht hat, dass ich beim Lesen kurz pausieren musste. Das Werk sensibilisiert die Leser für die Schönheit unserer Welt und hat bei mir den Wunsch geweckt, mich weiter über Meeressäuger zu informieren.

Erzählt wird aus mehreren Perspektiven, wobei die jeweilige Perspektive stets ein Kapitel umfasst und daher alles sehr übersichtlich strukturiert und jederzeit nachvollziehbar ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Romanen, in denen mehrere Erzählperspektiven oft dazu führen, dass man von jeder Figur ein wenig, aber nie genug erfährt, um eine Bindung aufbauen zu können, werden hier alle Charaktere (- wie unterschiedlich sie auch sein mögen -) derart anschaulich in ihrem Denken und Fühlen geschildert, dass man automatisch mit ihnen mitfiebert. Es ist das erste Mal, dass ich mich völlig selbstverständlich in die Perspektive eines männlichen Hauptcharakters habe hineinversetzen können.

In die Handlung eingeflochten ist alles, was man sich von einem guten Buch wünschen kann: Dramatik, wunderschöne Landschaftsbeschreibungen, Geheimnisse, Weisheit, Herzklopfen und eine unerwartete Wendung, die mir den Atem geraubt hat.

Nicht nur der Buchtitel ist sehr treffend an die Handlung angelehnt; auch das durch Hochglanzprägung verzierte Cover besticht durch die Weite der Natur, die sich vor der Silhouette der abgebildeten Frau majestätisch ausbreitet, übertroffen nur noch von der zauberhaft harmonischen Farbkombination des Himmels, die zum Träumen verleitet.

Fazit: Eine wundervolle Alltagsflucht, die uns im Anschluss die Welt mit anderen Augen sehen lässt. Eine unbedingte Leseempfehlung für alle Fans von emotionalen Frauenromanen.

Veröffentlicht am 23.02.2019

Anspruchsvoller Roman über die Bedeutung von Heimat und Vergangenheitsbewältigung

Was uns erinnern lässt
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Kati Naumann hat ein wichtiges Kapitel deutsch-deutscher Geschichte aufgegriffen, indem sie mit dem Schicksal der (fiktiven) Familie Dressel nicht nur das alltägliche Leben im Grenzgebiet des geteilten ...

Kati Naumann hat ein wichtiges Kapitel deutsch-deutscher Geschichte aufgegriffen, indem sie mit dem Schicksal der (fiktiven) Familie Dressel nicht nur das alltägliche Leben im Grenzgebiet des geteilten Deutschland, sondern auch das Thema Zwangsumsiedlung zu elementaren Komponenten ihres Werkes gemacht hat. Behutsam und mit sehr persönlichem Bezug bringt die Autorin den Lesern Hintergrundinformationen näher, die auch Jahre nach der Wiedervereinigung einem Großteil der Bevölkerung sicherlich nicht bekannt sind oder deren Ausmaß vielen Menschen nicht bewusst ist. Dieses bewegende Werk zeichnet sich nicht nur durch ein unglaubliches Maß an Authentizität (– sowohl in Ausarbeitung der Figuren, Glaubwürdigkeit der Dialoge als auch des Lokalkolorits –) aus, sondern besticht zudem durch die unheimlich intensive Recherche, die der Story zugrunde liegt. Private Erinnerungen der Autorin sind ebenso in die fiktive Handlung eingewoben worden wie die Erlebnisse von Zeitzeugen. Bereits im vorangestellten Autoreninterview wird deutlich, wieviel Herzblut in die Aufarbeitung dieses Themas, das lange Zeit als Tabu galt, geflossen ist. – Die im Sperrgebiet lebenden Menschen wurden besonders stark von der DDR-Regierung überwacht: viele von ihnen haben nicht nur jahrelang unter Schikanen gelitten, sie haben auch unverschuldet ihr Zuhause verloren, wurden zwangsumgesiedelt.

Hinsichtlich der Handlung spricht die Inhaltsangabe des Verlags für sich. Ich möchte nur so viel ergänzen: In diesem Roman, der zeitweise an Spannung jedem Krimi Konkurrenz machen könnte, steckt weitaus mehr als die Begegnung zweier Frauen (Milla und Christine), die sich gemeinsam daran machen, ein altes Familienrätsel aufzuklären, langersehnte Antworten zu finden, ein Unrecht anzuprangern und Frieden zu schließen – sei es mit der Vergangenheit oder ihren aktuellen Lebensumständen. Wir lesen von starken Frauen, Selbstfindung, der Sehnsucht nach Heimat, dem Wunsch nach Verbundenheit, der Wichtigkeit von Familie…zu einem Großteil vor dem Setting des Rennsteigs im Thüringer Wald, wo einst das mondäne Hotel Waldeshöh der ganze Stolz der Familie Dressel war. Auch die Frage nach dem Einfluss von Social Media auf unsere Selbstwahrnehmung wird angerissen. Erleben wir nur noch, um online darüber zu berichten? Definieren wir uns darüber, wie andere Menschen (– Fremde? –) uns wahrnehmen?

Erzählt wird aus mehreren Perspektiven und in verschiedenen Zeitebenen, die vom Jahr 1945 bis zur Gegenwart reichen. Ein großes Lob möchte ich der Autorin dafür aussprechen, wie es ihr gelungen ist, derlei unterschiedliche Handlungsstränge gekonnt abwechselnd aneinanderzureihen, dass sie nicht nur ein stimmiges Gesamtbild ergeben und einen tiefen Einblick in den Charakter der Figuren ermöglichen, sondern auch die Spannung konstant aufrechterhalten. Alle Kapitel bauen logisch aufeinander auf und die Handlung ist zu jeder Zeit verständlich; saubere Cuts zwischen den Handlungssträngen &/oder Erzählperspektiven verhindern jegliche Gefahr, den Überblick zu verlieren. Ich habe besonders die optimistische, durch und durch sympathische Figur Johanna als Inspiration empfunden und bewundere die Intensität, mit der die Autorin auch die Nebenfiguren so lebensnah beschrieben hat, dass man als Leser/in meint, Teil der betreffenden Familie zu sein. Der flüssige, mitreißende Schreibstil tut sein Übriges dazu, dass man das Buch am liebsten in einem Rutsch durchlesen möchte.

Das in kühlen Grautönen gehaltene Cover wirkt sehr nostalgisch und erinnert durch die geringe Farbintensität an eine ausgeblichene Fotografie, an eine Erinnerung (was gestalterisch sehr treffend in Bezug auf den Buchtitel ist). Die junge Frau in der Abbildung sieht nachdenklich aus; sie ist umgeben von Natur, scheint jedoch trotz der sie umgebenden Schönheit des Waldes bedrückt. Woran mag sie wohl denken?

Fazit: Dieser anspruchsvolle, emotionale Roman wirkt lange nach und sollte Pflichtlektüre für jeden Geschichtsunterricht mit DDR-Thematik werden. Ich habe mich nicht nur sehr gut unterhalten gefühlt, sondern auch etwas dazugelernt. Verdiente 5 Sterne, Bravo!