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Veröffentlicht am 13.12.2023

Eine würdige Fortsetzung der Trilogie

Rosewater – der Aufstand
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Auch im zweiten Teil der Wormwood-Trilogie überzeugt Tade Thompson mit kreativen Ideen zu einer Sci-Fi-, Fisrst-Contact- Geschichte verortet im Nigeria von 2067.

Ein Jahr nach den Geschehnissen des ersten ...

Auch im zweiten Teil der Wormwood-Trilogie überzeugt Tade Thompson mit kreativen Ideen zu einer Sci-Fi-, Fisrst-Contact- Geschichte verortet im Nigeria von 2067.

Ein Jahr nach den Geschehnissen des ersten Buches treffen wir Kaaro aber vor allem auch seine Partnerin Aminat, ehemalige Chefin Femi sowie weitere Protagonisten wieder, um sie bei ihren Abenteuern rund um die außerirdische Entität Wormwood und die darum entstandene Stadt Rosewater zu begleiten. Diesmal ist das große Thema des Romans, dass das auf den ersten Blick friedliche Alien von einer mit eingeschleppten Pflanzenart bedroht wird und gleichzeitig die Stadt in Chaos versinkt, als der Bürgermeister Jack Jacques (in diesem Band mit anderen Charakteren aus dem ersten Band ins Zentrum gerückt) die Unabhängigkeit von Rosewater von Nigeria erklärt und ein blutiger Bürgerkrieg ausbricht. Nebenbei lernen wir noch ein neues außerirdisches Wesen besser kennen.

Wir man erkennen kann, spielt auch in diesem Buch von Thompson die Politik und die Entwicklung von Slums zu anerkannten Städten oder gar unabhängigen Stadtstaaten in Afrika eine Rolle. Ebenso wie er erneut die Zerstörung unserer Erde über das Vehikel der von ihrem Planeten flüchtenden Aliens in die Geschichte einwebt. Dies zwar weniger subtil, sondern schon recht plakativ, aber egal. Man kann es nicht oft genug betonen, dass wir unseren schönen Planet zerstören.

Die Erzählperspektive wird in der vorliegenden Fortsetzung aufgebrochen. Sind wir im ersten Band noch ausschließlich Kaaro gefolgt, bekommen wir nun sehr viele Protagonisten und deren Sichtweisen auf das Geschehen präsentiert. Das funktioniert insofern gut, als man die Personen größtenteils schon aus dem ersten Band kennt. Nur einige wenige tauchen komplett neu auf.

Diese Perspektivwechsel machen das Buch, neben dem gewohnt zackigen Plot, sehr spannend, führen aber gegen Ende des Buches zu einer gefühlt zu schnellen Abfolge von verschiedenen Entscheidungen und Ereignissen, wodurch die Übersichtlichkeit der Geschehnisse und Nachvollziehbarkeit auf menschlicher Ebene eingeschränkt werden. Ein langsameres Erzähltempo hätte dem Roman zum Ende hin sehr gut getan.

Trotzdem kann ich nicht klagen. Es handelt sich um ein sehr spannendes Science Ficiton-Abenteuer mit Niveau, ebenso wie der erste Band, welcher mich jedoch vollumfänglicher überzeugen konnte. Nun heißt es warten auf den dritten Band, welcher erst in einem Jahr erscheinen wird… Ich bleibe auf jeden Fall dem Autor und seiner ungewöhnlichen Geschichte treu.

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Veröffentlicht am 13.12.2023

Das große Desaster im Kleinen erzählt

Was es braucht in der Nacht
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Laurent Petitmangin, selbst in Lothringen in eine Bahnarbeiterfamilie hineingeboren, schafft in seinem gesellschaftskritischen Roman „Was es braucht in der Nacht“ den Spagat zwischen einer ganz persönlichen ...

Laurent Petitmangin, selbst in Lothringen in eine Bahnarbeiterfamilie hineingeboren, schafft in seinem gesellschaftskritischen Roman „Was es braucht in der Nacht“ den Spagat zwischen einer ganz persönlichen Familiengeschichte und den großen gesellschaftspolitischen Fragen unserer Zeit.

Mit dem Vater von Fus und Gillou, setzt er einen abgearbeiteten Ich-Erzähler auf die Spitze dieses massiven, problembelasteten Eisbergs von Familie, die nur noch aus den genannten drei Männern und einigen Wahlverwandten besteht. Denn „die Mutti“ ist an Krebs verstorben, als die Jungs noch Kinder waren, und dies hat einen Riss in der Familie hinterlassen, den der Vater nicht mehr fähig ist, aus eigener Kraft zu kitten. Fus rutscht in die rechte Szene im Dunstkreis des Front National ab, welcher gerade in ländlichen, früheren Arbeiterregionen, immer mehr Aufschwung bekommt. Es entsteht eine Abwärtsspirale, die die Familie in den Abgrund zu reißen droht.

Bereits auf den ersten Seiten dieses großartig entworfenen und feinfühlig erzählten Romans wird klar, dass Petitmangin nicht nur eine rein schicksalhafte Familiengeschichte mit den groben Worten eines Bahnarbeiters erzählen möchte, sondern in seinen Sätze auch tonnenschwere Aussagen über den Zustand des immer hoffnungsloser werdenden Arbeitermilieus einbringt. Er benötigt für tiefgründige Überlegungen nur wenige Pinselstriche, um diese glaubwürdig und nachvollziehbar zu zeichnen. Mit seinen 160 Seiten ist dieser Roman auf das Allernötigste aber eben auch das Allerwichtigste reduziert. Fast jeder Satz kann herausgenommen und auf seine Deutungsmöglichkeiten hin überprüft werden. Die Erzählung, welche noch relativ ruhig beginnt, nimmt gerade im letzten Drittel des Buches stark an Fahrt auf und spannend mündet alles in gleich mehreren Katastrophen, mich erst einmal auf der letzten Seite sprachlos zurückgelassen haben.

Was braucht es, um einen Menschen und die Menschen, die ihn lieben, in den Abgrund zu reißen? Welche Verwicklungen des Schicksals, aber auch welche politischen Fehlentscheidungen und wirtschaftliche Folgen bringen die Menschen ganzer Landstriche ins Wanken und führen sie in die Arme von extremistischen Gruppierungen? Was hätte es gebraucht, um einen Menschen von seinen unumkehrbaren Taten abzuhalten, ihn in eine andere Richtung zu lenken? Wie geht eine Familie und im Speziellen ein Vater damit um, wenn ein geliebter Mensch abdriftet und was wäre eigentlich die „richtige“ Art damit umzugehen? All diese und noch viele weitere Fragen wirft der vorliegende Roman von Laurent Petitmangin auf. Beantwortet bekommen wird sie kaum oder gar nicht, doch allein für die Beschäftigung mit ihnen, das Durchdeklinieren der Möglichkeiten, lohnt sich die Lektüre dieses Romans doppelt und dreifach.

Meines Erachtens äußerst authentisch beschreibt der Autor den Kampf oder auch eben nicht vorhandenen Kampf des Vaters um seine Söhne; mit Worten und Gedankengängen des Ich-Erzählers, die einem Mann aus dem Arbeitermilieu angepasst sind. Allein ein Kritikpunkt meinerseits steckt in genau diesen Worten: die Wahl der beiden Übersetzer den Begriff „la moman“ (siehe Original) mit „die Mutti“ zu übersetzen. Meinetwegen hätten sie die französische Formulierung gänzlich im Text belassen können, aber diese sehr spezielle Verniedlichung des Begriffs, den der Vater durchgängig für seine verstorbene Ehefrau verwendet, schmerzt bei jedem Lesen und reißt aus dem ansonsten intensiven Lesefluss dieser düster-gedrückten Atmosphäre heraus.

Da dies jedoch mein einziger, kleiner Kritikpunkt an dieser ansonsten wirklich mitreißenden wie auch vieldeutigen Geschichte ist, kann ich eine Lektüre nur aus ganzem Herzen empfehlen, denn diese Geschichte einer Radikalisierung und die Auswirkungen auf die Familienmitglieder ist etwas Universelles, was nicht nur in Lothringen in Frankreich, sondern genauso auch in Deutschland, den USA, Italien oder Brasilien so stattfinden kann und derzeit weltweit auch stattfindet.

Somit komme ich auf 4,5 Sterne, die ich gern auf 5 Sterne zugunsten dieses grandios entworfenen Romans aufrunde.

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Veröffentlicht am 13.12.2023

Genialer Irrsinn

Aibohphobia
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Etwas über diesen Geniestreich von Kurt Fleisch zu schreiben, stellt sich gar nicht so einfach dar wie gedacht. Denn inhaltlich ist fast jedes Wort zu viel gesagt, wenn man versuchen würde, den „Plot“ ...

Etwas über diesen Geniestreich von Kurt Fleisch zu schreiben, stellt sich gar nicht so einfach dar wie gedacht. Denn inhaltlich ist fast jedes Wort zu viel gesagt, wenn man versuchen würde, den „Plot“ des Romans „Aibohphobia“ zusammenzufassen. Eine Handlung gibt es im eigentlichen Sinne nämlich nicht. Vielmehr handelt es sich um den groteskesten Briefroman, den man sich vorstellen kann – oder vielleicht auch gar nicht vorstellen kann, bevor man ihn nicht selbst gelesen hat.

Ein gewisser Herr H. schreibt in seiner Funktion als Psychiater Briefe an seinen Patienten Herrn S. Aber ist Herr S. hier wirklich der geistesgestörte Patient oder ist vielleicht doch alles ganz anders?

Die Briefe von Herrn H. sind wirklich zum Schreien komisch. Bitterböse werden Behandlungsmethoden der Psychiatrie aufs Korn genommen und genauso unglaublich klug eingesetzt, um Verwirrung zu stiften. Das gesamte Buch ist geprägt von wildem, assoziativem Schreiben, welches nur ansatzweise mit Begriffen wie abgedreht, kafkaesk und bizarr beschrieben werden kann. Darauf müssen sich potentielle Leser:innen einlassen können. Wer das kann und möchte, wird mit wirklich genialem Irrsinn, einem geschickt eingefädelten Konzept und vielen versteckten Querverweisen, die es zu entdecken gilt, belohnt.

Was es mit dem Titel des Buches „Aibohphobia“ auf sich hat, welche eine Angst vor Palindromen meint, also Wörtern, die man vorwärts und rückwärts gleich lesen kann, wird im Laufe der Lektüre immer klarer und regt definitiv dazu an, das Buch nach Beenden gleich noch einmal zu lesen.

Das Buch bekommt eine klare Empfehlung für alle Mutigen, die sich an diese Groteske herantrauen. Wer es nicht selbst zu lesen wagt, kann es aber zumindest getrost an Personen im Bekanntenkreis verschenken, die am Anfang ihrer Berufsbezeichnung ein „Psych…“ stehen haben, denn diese werden sich sicherlich göttlich während der Lektüre amüsieren.

Darüber hinaus ist das Buch wirklich mal wieder - wie von Kremayr & Scheriau gewohnt - ein richtiger Hingucker geworden. Selten sieht man im Gesamtkonzept so liebevoll gestaltete Bücher, wie die dieses Verlags!

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Veröffentlicht am 13.12.2023

Un roman solide

Roman d’amour
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Der häufig in höchsten Tönen gelobte Roman von Sylvie Schenk „Roman d‘amour“ über das Wesen und die Tücken des Verliebtseins kann durchaus mit seiner ineinander verwobenen, verschachtelten Geschichte teilweise ...

Der häufig in höchsten Tönen gelobte Roman von Sylvie Schenk „Roman d‘amour“ über das Wesen und die Tücken des Verliebtseins kann durchaus mit seiner ineinander verwobenen, verschachtelten Geschichte teilweise fesseln, hinterlässt jedoch keinen bleibenden Eindruck.

Eine Autorin schreibt 20 Jahre nach der größten Liebe ihres Lebens einen Roman, in welchem sie Anleihen aus ihrem eigenen Leben und der besagten Liebesgeschichte heranzieht. „Autofiktional“ würde man dies wohl derzeit bezeichnen. Nun wird sie zu einer Literaturpreisverleihung eingeladen und erklärt sich im Vorfeld zu einem Interview bereit. Der knapp 130 Seiten dünne Roman spielt nun während dieses Interviews, kehrt in Gedanken der Autorin Charlotte jedoch immer wieder in ihre eigene Vergangenheit und den Plot ihres Romans zurück. So verweben sich zunehmend die drei Erzählebenen und warten mit einem großen Finale auf.

Der Roman ist im Stil durchaus treffsicher von Schenk geschrieben. Geschickt führt sie von einem Erzählstrang zum nächsten und hält die verschiedenen Auswüchse der Verliebtheit und damit zusammenhängende Komplikationen fest. Und trotzdem konnte die Autorin mich nicht über den Lektürezeitraum hinaus an ihr Buch und dessen Themen fesseln. Ein solides Werk, welches sich aufmerksam aber doch insgesamt recht zügig lesen lässt.

Es handelt sich hier um einen solide konstruierten Roman, einfühlsam geschrieben, der jedoch auch schnell wieder in Vergessenheit gerät.

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Veröffentlicht am 13.12.2023

Die (nicht ganz) unerschütterliche Wahrheit der Zeugen Jehovas

Kein Teil der Welt
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Die Autorin Stefanie de Velasco wagt sich an eine Thematik, die vielen sicherlich zu heiß wäre, um darüber kritisch zu schreiben: Das Aufwachsen in der Weltuntergangssekte der Zeugen Jehovas. Für sie ist ...

Die Autorin Stefanie de Velasco wagt sich an eine Thematik, die vielen sicherlich zu heiß wäre, um darüber kritisch zu schreiben: Das Aufwachsen in der Weltuntergangssekte der Zeugen Jehovas. Für sie ist dieses Thema jedoch sehr nah, denn sie selbst lebte bis zum Alter von 15 Jahren in der Gemeinschaft und verließ diese dann im Jugendalter.

Dass de Velasco weiß, wovon sie schreibt, merkt man diesem Buch deutlich an. Mithilfe der Lebensgeschichte der jugendlichen Protagonistin Esther, welche im Rheinland geboren wurde und später direkt nach der Wende mit den Eltern in die fiktive ostdeutsche Stadt Peterswalde geht, um dort einen neuen Königreichssaal und damit auch eine neue Gemeinde von Jehovas Zeugen aufzubauen, erklärt de Valasco detailliert die Lehren und Gebräuche dieser sehr speziellen Glaubensgemeinschaft. Eine simple Erzählung dieses Aufwachsens wäre sicherlich schon interessant genug für einen Roman, die Autorin baut jedoch noch ein schicksalhaftes Ereignis, um welches sich Esthers Gedanken und letztlich ihr gesamtes Leben in Peterswalde herum bewegen. Stück für Stück erfahren wir, was am früheren Wohnort und in der dortigen Gemeinde vorgefallen ist, was Esthers Leben nachhaltig verändert hat. So springt die Ich-Erzählerin immer wieder gedanklich in die Vergangenheit, um diesem Trauma nachzuspüren.

Dieses Buch bietet in seiner süffigen, spannenden Erzählweise die Möglichkeit, einen Blick hinter die Kulissen der Menschen zu werfen, die viele Personen sicherlich nur aus der Fußgängerzone von Innenstädten kennen, wie sie unauffällig gekleidet mit ihren Traktaten dastehen und geduldig lächelnd darauf warten, neue Gläubige akquirieren zu können. Der Titel des Romans „Kein Teil der Welt“ kann nach der Lektüre nicht nur so verstanden werden, dass die Mitglieder der Zeugen Jehovas nicht nur nicht in unserer Gesellschaft angekommen sind, sondern auch sich selbst als keinen Teil „der Welt“ ansehen. Denn „die Welt“ beschreibt alles außerhalb der Gemeinschaft und dieses Alles ist von Satan beseelt. Dieses Alles wird nach dem Harmagedon (der Apokalypse, dem Weltuntergang) nicht ins Paradies kommen, so wie Jehovas Zeugen, die „die Wahrheit“ kennen und zwar nur sie. So leben diese Menschen zwar unter uns, haben vielleicht weltliche Berufe, bleiben jedoch selbstgewählt stets unter einer Glasglocke, wie das Cover des Buches eindrücklich widerspiegelt.

Mit der mitreißenden Geschichte hat es de Velasco geschafft, dass ich mich eingehend mit dieser Glaubensgemeinschaft/Sekte beschäftigt habe und die Thematik noch lange und intensiv in mir nachhallt. Die Autorin beschwört außerdem die Atmosphäre nicht nur hinter den Mauern der Gemeinschaft sondern auch des fiktiven Ortes im Osten Deutschlands kurz nach der Wende, das viel beschriebene Vakuum und die Orientierungslosigkeit der Menschen, herauf. Der Roman ist solide geschrieben, hat aber kleinere Längen im Mittelteil sowie für mich nicht deutbare, einzelne, kurze Kapiteleinschübe, die eine nicht greifbare fantastische Geschichte, unabhängig vom eigentlichen Romangeschehen, erzählen. Was es damit auf sich hat, bleibt mir bis zum Schluss verschlossen. Ich konnte hier keinerlei Bezug zum eigentlichen Roman herstellen. Diesen gibt es bestimmt, aber er erscheint mir dann doch zu stark verborgen.

Insgesamt handelt es sich hier um einen spannenden Roman über die Kindheit und Jugend bei den Zeugen Jehovas, der nicht nur eine interessante Grundthematik behandelt, sondern auch im Kleinen die persönliche Geschichte Esthers mitfühlend erzählt.

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