Blick ins ländliche Kärnten
Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletschtMit diesem ungewöhnlich langen Titel ist Julia Josts (*1982) Debütroman auf der Shortlist des österreichischen Buchpreiseses 2024 gelandet. In wenigen Wochen wird sich herausstellen, ob es zum Debütpreis ...
Mit diesem ungewöhnlich langen Titel ist Julia Josts (*1982) Debütroman auf der Shortlist des österreichischen Buchpreiseses 2024 gelandet. In wenigen Wochen wird sich herausstellen, ob es zum Debütpreis 2024 reichen wird. Als Vielleserin interessierte mich natürlich, wovon dieses Buch handelt.
Zuerst habe ich mich allerdings gefragt, wo eigentlich die in diesem ewig langen Titel erwähnten Karawanken liegen. Das Internet präsentierte mir beeindruckende Bilder von dem Gebirgszug an der Grenze zwischen Österreich und Slowenien. Beim Lesen kam später klar heraus, dass die Geschichte in Kärnten spielt.
Die ersten Seiten begeisterten mich ob der bildhaften Sprache: „Man sieht Jagdhunde im Dreisprung über den frisch gepflügten Acker einem Fasan nachsabbern“ oder „du vernimmst das heilige Trommeln eines Spechts und siehst ein Rehkitz auf seinen Stelzenbeinen hechten“ sowie „Bienen mäandern unter dem Gewicht der Blütenstaublast über die Felder wie Betrunkene“. Doch die Begeisterung ließ bald nach: Der Roman besteht aus vielen verschiedenen Geschichtchen, die einem Mädchen durch den Kopf gehen, das unter einem Lastwagen heraus dem Umzug seiner Familie zuschaut.
Diese Erinnerungen sind wie die Bergsilhouette: Mal in leuchtendem Licht, mal im dunklen Tal. Durch die beliebig angeordneten Episoden ergeben sie keinen Roman, in den man sich fallen lassen könnte. Die Autorin erzählt in dieser Welt zwischen Beichtstuhl und Stammtisch von menschlichen Abgründen und von einem Mädchen, das viel lieber ein Junge wäre. Seine Mutter strebt nach mehr, nicht erst, seit der Vater durch einen unerwarteten Deal zu viel Geld gekommen ist. Sie kauft alles ein, was ihr gefällt, so dass der Platz im ererbten Hof nicht mehr ausreicht und dieser Umzug nötig geworden ist.
Das Buch zu lesen war für mich harte Arbeit. Nicht nur, weil die Sprache oft nicht zu der Elfjährigen passt, die als Erzählerin fungiert. Sondern auch, weil unter anderem bis zum Umfallen gesoffen wird, um Widrigkeiten zu vergessen. Zum Glück lockern Seiten, die einen zum Schmunzeln bringen, die Schwere auch mal auf.
Die Personenbeschreibungen sind gelungen und ein Unfall, bei dem ein Kind ums Leben kam, bleibt im Gedächtnis. Doch vieles andere verschwindet in den Tiefen des Vergessens, trotz des lebendig erzählten Dorflebens.
Im Nachhinein kann ich für mich sagen, dass mir stringent erzählte Romane, ohne so viele Umwege und Nebengassen, besser gefallen. Aber vielleicht soll das zeigen, dass sich Literatur weiterentwickelt – ohne Rücksicht auf die Leser.
Fazit: Das Buch zu lesen hat mir wenig Freude geschenkt.