Bedrückende Spannung von Anfang bis Ende
In der düsteren, von Grau dominierten Provinzstadt Ostrog entspinnt sich ein makabres Rätsel. Irgendetwas scheint die jungen Bewohner des örtlichen Waisenhauses zu einem jähen Ende zu treiben – einer nach ...
In der düsteren, von Grau dominierten Provinzstadt Ostrog entspinnt sich ein makabres Rätsel. Irgendetwas scheint die jungen Bewohner des örtlichen Waisenhauses zu einem jähen Ende zu treiben – einer nach dem anderen nehmen sich die Kinder das Leben, und die Stimmung in der Stadt kippt ins Panische. Als die Ermittlungen ins Stocken geraten, wird der erfahrene, wenn auch etwas abgeklärte Kommissar Alexander Koslow hinzugezogen.
Alexander Koslow hat derweil selbst mit einigen privaten Problemen, wie seiner gescheiterten Ehe zu kämpfen. Die Grausamkeit des Falles geht ihm sehr nahe. Während er sich in die Abgründe der Ermittlungen stürzt, taucht immer wieder die Figur des sonderbaren Petja auf. Ein Außenseiter, ein Schattenmann, der von der lokalen Polizei als Hauptverdächtiger ins Visier genommen wird. Doch je tiefer Koslow gräbt, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Schuld und Unschuld.
Sasha Filipenko entführt uns in eine Welt, die von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit geprägt ist. Die Waisenhauskinder sind schutzlos und verloren – sie werden zu Symbolen einer Gesellschaft, die ihre Schwächsten im Stich lässt. Koslows Ermittlungen führen ihn in die dunklen Winkel der russischen Bürokratie, wo Korruption und Gleichgültigkeit herrschen. Er deckt ein System auf, das von oben bis unten verrottet ist und in dem die Stimme der Kinder völlig untergeht.
Besonders gefallen hat mir die Art und Weise, wie der Autor die Gesellschaft kritisch unter die Lupe nimmt. Er scheut nicht davor zurück, die Schattenseiten seines Landes aufzudecken. Ob es um die Zustände in den Waisenhäusern, um die Mängel des Rechtssystems oder um die politische Landschaft geht – der Autor lässt kein Auge verschließen.
Für mich persönlich war die Geschichte mehr als nur ein Krimi. Sie ist ein beklemmender Roman, der uns die Frage stellt, wie weit eine Gesellschaft gehen muss, bevor sie aufwacht und handelt. Der Ermittler, der anfangs noch distanziert wirkt, entwickelt im Laufe der Ermittlungen ein tiefes Mitgefühl für die Opfer. Er wird zum Sprachrohr derjenigen, die keine Stimme haben.
Insgesamt war „Der Schatten einer offenen Tür“ ein beklemmendes Leseerlebnis. Die Länge von 272 Seiten habe ich als sehr angenehm empfunden und konnte den Roman in einem Rutsch beenden. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für alle, die gerne düstere Krimis lesen.