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Veröffentlicht am 15.09.2016

Erwin ermittelt fern der Heimat

Erwin, Enten & Entsetzen
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"Erwin, Enten & Entsetzen“ von Thomas Krüger ist der dritte Band einer Serie bei dem der Westfale Erwin Düsedieker und seine Laufenten Lothar und Lisbeth, und inzwischen auch deren Sohn Alfred, bei den ...

"Erwin, Enten & Entsetzen“ von Thomas Krüger ist der dritte Band einer Serie bei dem der Westfale Erwin Düsedieker und seine Laufenten Lothar und Lisbeth, und inzwischen auch deren Sohn Alfred, bei den Ermittlungen zu dem jeweils vorliegenden Kriminalfall behilflich sind. Diesmal führt die Aufklärung des Falls den in Gummistiefeln durch seine Welt stiefelnden Endfünfziger Erwin an die See, die für ihn ungeheure 500 km entfernt im Norden liegt. Obwohl ich die beiden ersten beiden Bücher der Reihe nicht gelesen habe, konnte ich der Handlung mühelos folgen.

Erwins knapp über 70 Jahre alte Freundin Lina ist auf die Insel Oddinsee gefahren, um dort ihre Schwester Therese zu besuchen. Nach einem ersten Brief bricht der Kontakt ab. Erwin macht sich große Sorgen. Wenig später wird in der Tageszeitung von einem weiblichen Leichenfund auf der Insel berichtet. Die Tote starb an den Verletzungen eines Pfeils. Er überredet seine Nachbarin Hilde wie auch seinen Freund Arno dazu, ihn nach Oddinsee zu begleiten. Mit dabei sind auch die Laufenten. Vor Ort steigert sich seine Sorge um Lina noch, weil niemand im Haus von Therese anwesend ist. Auch die Feriengäste aus den nebenliegenden Wohnungen haben nichts gesehen und gehört. Nur ungern dringt Erwin in Linas Reich, ihrem Schlafzimmer, ein. Dort findet er Notizen, die für ihn keinen Sinn ergeben. Aber sein gesunder Menschenverstand und seine Freunde bringen eins ums andere im Laufe der Zeit zusammen. Derweil geschehen weitere Morde und die Zeit scheint den Freunden bis zur Aufklärung des Falls davonzurennen.

Bisher ist Erwin nie über die Gegend des fiktiven Bramschebeck in Westfalen hinausgekommen. Doch vor allem durch das Lesen von Büchern ist er zwar der unerfahrene, aber kenntnisreiche Landwirt vom Dorf. Es fällt es ihm zwar schwer, sich auf die Reise zu machen, aber vor allem seine durchsetzungsfreudige Nachbarin Hilde unterstützt ihn dabei tatenreich. Das Zusammenspiel der drei ungewöhnlichen Charaktere Erwin, Hilde und Arno verursacht manch amüsante Situation. Einen wesentlichen Anteil daran haben die Dialoge in westfälischer Mundart zwischen den Dreien. Erwin ist ein Sympathieträger ohne Gleichen. Seine selbstreflektierende, um seine Naivität wissende Art konnte mich für sich einnehmen. Für seine Freunde ist er bereit bis über den Rand seiner Welt hinaus zu gehen. Ich fand es gut, dass die Laufenten respektvoll als Tiere behandelt und nicht zu Ermittlern Sondergleichen aufgebaut wurden.

Der Krimi ist aus der Perspektive eines allwissenden Erzählers geschrieben. Auf diese Weise erfährt der Leser teilweise wesentlich mehr, als Erwin in der jeweiligen Szene gerade wissen kann, ohne ihm jedoch bei der Aufklärung des Falls je vorauszueilen. Die Ermittlungen führen hinein in die Welt der Mythologie, in der Erwin und Lina sich durch gemeinsames Lesen auskennen. Der Sprachstil, in der Thomas Krüger schreibt, ist geprägt von kurzen Sätzen und Gedankenausflügen von Erwin mit Liebe zu Details. Teilweise wirkt der Text jenseits der Dialoge sogar lyrisch.

Zur besseren Orientierung erhält der Leser beim Aufklappen des Covers eine Landkarte der Insel Oddinsee mit bemerkenswerter Silhouette. In der Klappe der Rückseite des Buchs findet sich als kleine Zugabe ein Sonett vom Autor.

Gerade weil die Zeit den Ermittlern davonläuft, während die Mordserie nicht abreißt, bleibt die Spannung erhalten. Kurz vor Schluss gibt es ein groß inszeniertes Finale und schließlich noch einmal eine unerwartete Wendung.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mehr als nur eine Rezeptsammmlung

Französisch kochen mit Aurélie
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Die Französin Aurélie Bastian, die mit ihrer Familie seit fast 10 Jahren in Deutschland lebt, stellt in ihrem Buch 'Französisch kochen mit Aurélie' ihre Lieblingsrezepte der französischen Küche vor. Sie ...

Die Französin Aurélie Bastian, die mit ihrer Familie seit fast 10 Jahren in Deutschland lebt, stellt in ihrem Buch 'Französisch kochen mit Aurélie' ihre Lieblingsrezepte der französischen Küche vor. Sie hat es sich vor allem zur Aufgabe gemacht, in ihren Rezepten deutsche Produkte zu verwenden, die dennoch zum typisch französischen Geschmack des Gerichts führen. Die Autorin liebt es im Familienkreis oder mit Freunden gemeinsam zu essen. Ihre Rezepte sind durchgehend alltagstauglich. Neben den Rezepten zeichnet sich die Autorin auch für die Texte und die Fotos verantwortlich.

Dem Vorwort der Autorin ist ein Inhaltsverzeichnis zum schnelleren Auffinden der Gerichte vorangestellt. Es finden sich Rezepte zu Vorspeisen, kleinen Speisen, Gerichte zu Geflügel, anderem Fleisch, Fisch und Gemüse sowie Anleitungen dazu, ein Dessert herzustellen. Jedes Kapitel im Buch wird von einer Einleitungsseite mit Bildern begleitet die typisch französische Lebensart oder Orte zeigen. Zu jedem Gericht gibt es ein großformatiges Foto bei dem die Speise appetitlich angerichtet ist und die förmlich zum Nachkochen einlädt. Daneben enthält das Buch aber auch bei einigen schwierigeren Zubereitungen oder auch um ein perfektes französisches Baguette zu backen, Schritt für Schritt-Anleitungen mit begleitenden kleineren Bildern. In allem spiegelt sich die Begeisterung der Autorin für die Küche ihrer Heimat wieder.

Jedes Rezept wird mit einer kleinen Plauderei, die ich sehr schätze, eingeleitet. Die Autorin erzählt darin, woher sie das Gericht kennt, zu welchem Anlass sie das Rezept besonders gerne zubereitet oder sie gibt an dieser Stelle schon Anmerkungen zur Zubereitung. Weitere kleine Hinweise auf Variationen, noch mehr Tipps und Informationen zu den zu verwendenden Lebensmitteln erhält der Leser vor der Anleitung. Und zu jedem Rezept steht in einem Rahmen auf schwarzem Hintergrund eine zusätzliche nützliche persönliche Anmerkung. Die Zutaten sind am Rand vollständig aufgelistet. Personenanzahl und Kochzeit vervollständigen die Auflistung. Wird der Backofen zur Zubereitung genutzt ist eine Gradangabe für Ober- und Unterhitze und/oder Umluft aufgeführt. Es ist also alles Bestens beschrieben, so dass nicht nur fortgeschrittene Köche sondern auch Kochanfänger mit diesem Buch leckere Gerichte der französischen Küche zubereiten können.

Schließlich hat die Autorin häufige Fragen und ihre Antworten darauf zusammengetragen, die sich beim Kochen der französischen Speisen ergeben. Sie finden sich im Anschluss an die Rezepte und werden durch die Erklärung einiger fachlichen Begriffe ergänzt. Den Abschluss des Buchs bilden ein paar übersichtliche Tabellen zu Gar- und Bratzeiten sowie die Unterscheidung einiger Arten von Lebensmittel. Selbstverständlich erhält der Leser auf den letzten Seiten ein Verzeichnis der Rezepte einerseits nach Kapiteln, andererseits nach Alphabet wobei sinnvollerweise hier noch die deutschen und die französischen Bezeichnungen der Gerichte gesondert aufgelistet werden.

Insgesamt gesehen ist das Buch ein perfekter Begleiter zur Zubereitung von Gerichten der französischen Küche. Es blieb während der von mir ausprobierten Rezepte keine Frage offen. Der Anspruch, den Aurélie Bastian selber an ihr Buch stellt, nämlich mehr als nur eine reine Rezeptsammlung zu sein, wurde meiner Meinung nach erfüllt. Das Buch ist rundum gelungen. Was aber ganz besonders wichtig für mich ist: alle bisher ausprobierten Rezepte, Quiche lorraine, Poulet aux pommes et au cidre und schließlich Mousse au chocolait (ganz einfach und superlecker) haben mir und meiner Familie sehr gut geschmeckt, weitere werden sicherlich folgen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Gelungener Psychothriller mit gelungenem Thema

Eisige Schwestern
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Vor einem Jahr ist etwas Schreckliches geschehen. Eines der eineiigen sechsjährigen Zwillinge der Familie Moorcroft ist vom Balkon im Haus der Großeltern gefallen und an den Folgen des Sturzes gestorben. ...

Vor einem Jahr ist etwas Schreckliches geschehen. Eines der eineiigen sechsjährigen Zwillinge der Familie Moorcroft ist vom Balkon im Haus der Großeltern gefallen und an den Folgen des Sturzes gestorben. Das ist der Hintergrund des Psychothrillers „Eisige Schwestern“ von S.K. Tremayne. Das tragische Ereignis, das inzwischen ein Jahr zurückliegt, hat den Eltern sehr viel abverlangt. Der Umzug auf eine einsame Insel der schottischen Hybriden, die der Großmutter des Vaters, dem Architekten Angus Moorcroft gehörte, soll ein neuer Anfang für die kleine Familie sein.

Schon seit geraumer Zeit zeigt der verstörte überlebende Zwilling seltsame Veränderungen. Hand in Hand ist sie mit ihrer Schwester gegangen, in der Zeit vor dem Unfall gerne gleich gekleidet wie auf dem Cover. Aufgrund ihrer eisblauen Augen und dem weißblonden Haar hatten sie den Kosenamen „Eisige Schwestern“. Sie bildeten eine Einheit, haben sich oft in ihrer eigenen Zwillingssprache unterhalten und die Scherze des jeweils anderen nahtlos fortgesetzt.

Doch charakterlich gab es kleine Unterschiede. Und nun verhält sich Kristie nicht mehr wie sie selbst, lacht wie Lydia, ist ruhig wie Lydia und irgendwann behauptet sie Lydia zu sein. Sarah weiß, dass sie ihre Kinder vom Äußeren her nicht unterscheiden konnte, sondern nur an ihren ganz eigenen Verhaltensweisen. Doch jetzt ist sie total verwirrt, denn sie fragt sich, welchen Zwilling denn tatsächlich gestorben ist und welchen sie demzufolge vor sich hat. Auch ihr Mann ist ihr keine Hilfe. Sie beobachtet ihre Tochter umso intensiver, desto beharrlicher diese behauptet, der eigentlich verstorbene Zwilling zu sein. Sarahs nervliche Anspannung nimmt zu, Kleinigkeiten werden zum Stein des Anstoßes und irgendwo liegt in ihr ein verdrängter Gedanke verborgen, der für sie nicht richtig fassbar wird, von dem sie aber selber spürt, dass er das tragische Geschehen erklären könnte.

Die Geschichte baut im Laufe der Zeit eine zunehmend beklemmende Spannung auf. Auch die trostlose Umgebung der einsamen Insel trägt dazu einen Teil bei. Die beiden Protagonisten Angus und Sarah konnten mir leider nicht richtig sympathisch werden, weil immer mehr ihrer kleinen Geheimnisse ans Licht kommen, die Schatten auf ihre Ehe werfen. Das äußere gute Verhältnis deckt unausgesprochene Konflikte zu.
Die meisten Kapitel sind in der Ich-Form aus der Sicht von Sarah erzählt. Scheinbar belanglosen Schilderungen aus ihrem Alltag werden unterbrochen von ihren Gedanken nach der Suche einer Lösung zum Feststellen der Identität ihrer Tochter, während Kristies Verhalten - oder ist es Lydias – immer auffälliger wird. Sie beginnt ihre Rolle als Mutter zu hinterfragen. Hilflos muss sie mit ansehen, wie ihre Tochter sich immer mehr zurückzieht und anscheinend selber nicht mehr weiß wer sie ist. Gleichzeitig fokussiert die Geschichte auch immer mal wieder Angus, allerdings aus einer allwissenden Erzählerperspektive. Dadurch erhält der Leser einige Male einen unterschiedlichen Blick und verschiedene Ansichten auf die gleiche Situation. Es wird ihm dadurch bis zum Schluss aber nicht leichter gemacht sich selbst eine Meinung über den Unfallhergang zu bilden. Das Ende überrascht, auch weil ein Schuss Mystik in die Szenerie eingefügt ist.

Ein gelungener Psychothriller, mit einem ungewöhnlichen Thema dem ich 4,5 Sterne gebe und den Lesern des Genres gerne empfehle.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Roman mit ganz eigenem Charme

Die erstaunliche Wirkung von Glück
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Ein bescheidenes Glück nennt Dorothea Brunkhorst, genannt Dorle, seit etwa einem halben Jahr ihr Eigen. Eine Souterrain-Wohnung, in der früher die Concierge des Mehrfamilienhauses wohnte, und eine Heimarbeit ...

Ein bescheidenes Glück nennt Dorothea Brunkhorst, genannt Dorle, seit etwa einem halben Jahr ihr Eigen. Eine Souterrain-Wohnung, in der früher die Concierge des Mehrfamilienhauses wohnte, und eine Heimarbeit bei der sie Kristalle für eine Kronleuchtermanufaktur zusammensteckt sind die Zutaten dafür und geben ihr eine gewisse Sicherheit im Leben. Sie hatte eine schwere Kindheit, wurde von ihrem Vater geschlagen und war später im Kinderheim. Joe, der Fahrer der Manufaktur, hat ihr nicht nur den Job besorgt sondern auch die Wohnung. Weil sie kontaktscheu ist und Berührungsängste hat, bleibt sie vorwiegend allein zu Hause. Im Gebäude wohnen nur ältere Menschen, denen sie aber gerne behilflich ist. Allerdings sieht mehr als einer von ihnen Dorle als die Hausmeisterin an und stellt Forderungen an sie entsprechende Dienste kostenlos zu verrichten. Die im Kontakt mit Menschen unsichere Dorle steht im Konflikt zwischen helfen wollen und ihrem Selbstwertgefühl. Bis schließlich die 84jährige lebenslustige, im Dachgeschoss des Hauses lebende Annegret Sonne findet, dass Dorle sich so wie sie selbst dem Leben öffnen soll. Doch das ist nicht so einfach, denn diese lehnt Ratschläge grundsätzlich ab. Da bedarf es schon eines kleinen Tricks um Dorle einen Schritt weiter auf ihr Glück zuzuführen.

Als Leser dürfen wir nun Dorle begleiten, wie sie als Ersatz für die sich auf Reise begebende Frau Sonne einspringt, deren Termine wahrnimmt sowie ihre Freunde trifft. Dorle betätigt sich in Bereichen, die sie so bisher noch nicht kennengelernt hat. Sie darf in der Abwesenheit von Frau Sonne deren Wohnung benutzen und erhält zusätzlich einen großzügigen Obulus. Die zunächst naiv wirkende Dorle zeigt im Laufe der Zeit, dass sie durchaus in der Lage ist, sich ihre eigene Meinung zu bilden, doch sie zu äußern bleibt schwierig für sie.

Nur durch kurze Andeutungen der Autorin nimmt der Leser wahr, dass Dorle in ihrer Kindheit Schaden genommen hat. Auf ihre eigene Art versucht sie sich von diesen Erlebnissen zu distanzieren und bleibt aufmerksam, um nicht erneut an Körper und Seele verwundet zu werden. Schnell konnte sie mir sympathisch werden und ich hatte Verständnis für ihr Verhalten. Susann Rehlein schildert uns ideenreiche Aufgaben, die Frau Sonne an ihren Schützling stellt. An zwei Stellen, an denen Dorle glaubt an einem Wendepunkt angekommen zu sein, wird der Erzählfluss von der Autorin unterbrochen, die sich direkt mit einem kurzen Statement an den Leser wendet. Das fand ich ungewöhnlich und es hat mir gefallen.

Die Charaktere im Buch, von denen alle bis auf Joe über reichlichst Lebenserfahrung aufgrund ihres Alters verfügen, sind schrullig und kontrastreich. Nicht jeder meint es gut mit Dorle, einige handeln gedankenlos, andere üben konstruktive Kritik mit der die Protagonistin lernen muss, zurecht zu kommen. Erwähnenswert ist vor allem Frau Schräubchen, die allein schon durch ihr Äußeres auffällt und ihr Herz auf der Zunge trägt, dabei aber in ihren Handlungen den Leser überrascht. Die Erzählung entwickelt ihren ganz eigenen Charme, manchmal möchte man selbst die Protagonistin in den Arm nehmen, manchmal aber auch wachrütteln und Mut zum Handeln zu sprechen.

„Die erstaunliche Wirkung von Glück“ ist ein Roman, der dazu auffordert Neues auszuprobieren, sich von den Verletzungen in der Vergangenheit zu lösen und Stück für Stück Fähigkeiten zu entdecken, die Freude machen - nicht nur sich selbst, sondern auch jemand anderem. Ich kann das Buch jedem zum Lesen empfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ungewöhnlicher Hintergrund, unterhaltsamer Roman

Das Fossil
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Die fossilen Überreste eines Archeopteryx bilden den Rahmen für den nach ihm benannten Roman „Das Fossil“ von Monika Bittl. Auf dem Cover abgebildet ist das sogenannte Berliner Exemplar dieses taubengroßen ...

Die fossilen Überreste eines Archeopteryx bilden den Rahmen für den nach ihm benannten Roman „Das Fossil“ von Monika Bittl. Auf dem Cover abgebildet ist das sogenannte Berliner Exemplar dieses taubengroßen Urvogels, eine Steinplatte die innerhalb einer Familie von Generation zu Generation über mehr als 150 Jahren weitergegeben wird. Im Laufe der Zeit bekommt sie den Ruf Unglück zu bringen, obwohl doch auch einiges Gutes aus ihr hervorgeht.

Im Prolog erzählt der Urvogel, wie es zu seiner Versteinerung kam und das er nun in der Gegenwart bei einem Mitglied der Familie, in dessen Besitz das Relikt vor ungefähr 150 Jahren gelangt ist, im Krankenhaus ausharrt. Gefunden wurde dieser Archeopteryx Mitte des 19. Jahrhundert vom Vater von Babette, einem Steinbrucharbeiter. Sie leben in einem kleinen bayrischen Dorf in dem es einen Arzt gibt der Fossilien sammelt und dabei nach einem Beweis für die Lehre Darwins sucht. Die 17jährige Babette zeichnet die Versteinerungen für ihn auf Papier ab.

Eines Tages kommt ein Engländer mit Interesse an den Steinplatten in den kleinen bayrischen Ort und Babette bändelt mit ihm an. Als dieser über Nacht zurück in seine Heimat aufbricht ohne sie mitzunehmen, weiß sie noch nicht, dass sie von ihm schwanger ist. Den Grund für dieses Geschehen gibt sie dem Fossil, daher vergräbt sie die Platte im Garten. Der feiste Müllersohn macht ihr schon lange den Hof und ist ihr Ausweg aus der Misere. Babetts Erstgeborener Paul sieht seinem Vater ähnlich und hat es in der Familie sehr schwer. Seine Mutter schenkt dem Herangewachsenen das ausgegrabene Fossil zum Verkauf, um damit seine Ausbildung zu finanzieren. Auch er wird von einem Unglück getroffen, so wie die nächsten Besitzer in der Familie bis in die Gegenwart.

Die Einführung nahm meiner Meinung nach schon zu viel vom Ende der Geschichte vorweg. Zu den Ausführungen in diesem Teil über die Schönheit im Leben konnte ich zunächst keinen Zusammenhang zur erwarteten Geschichte sehen. Die anfängliche Schwierigkeit, in den Roman hineinzufinden, legte sich nach den ersten Seiten. Die Erzählung schreitet über die Jahre zügig voran. Mit Babette begegnet der Leser einer recht naiven Person in Liebesdingen. Ihr Talent fürs Zeichnen entwickelt sich aus ihrer Liebe für Details und dem genauen Beobachten ihrer Umgebung. Teilweise verliert sie dabei sogar den Bezug zur Realität. Genau wie sie träumen die nachfolgenden Fossilbesitzer von einem besseren Leben, auch außerhalb des kleinen Dorfs.

Die Idee, dass die Steinplatte der jeweilige Auslöser für Unglücksfälle innerhalb der Familie ist, wird von Generation zu Generation weitergegeben. Obwohl dieser Umstand den Rahmen der Handlung bildet ist er letztlich für den Verlauf nicht entscheidend. Die Erzählung beleuchtet das Leben der verschiedenen Charaktere unterschiedlich lange. Interessant ist es, die Lebensgeschichte einiger Personen über sehr lange Zeit hinweg verfolgen zu können, da sie ja im Umfeld der Kinder und Kindeskinder verbleibt.

Der Schreibstil lässt sich flüssig und gut lesen. In den Dialogen lässt Monika Bittl die Handelnden auch schon mal im bayrischen Dialekt reden. Alles bleibt aber gut verständlich, passt aber sehr gut zur Geschichte und ihrer Umgebung. Ein Fossil als Hintergrund für eine Familiengeschichte zu wählen ist ungewöhnlich und hat mir gut gefallen. Insgesamt fühlte ich mich vom Roman gut unterhalten und vergebe unter Berücksichtigung der oben bereits erwähnten Punkte, die mich störten, 3,5 Sterne.