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Veröffentlicht am 22.02.2018

Spannend und hintergründig - mehr als nur ein Thriller

Aisha
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Vizekriminalkommissar Axel Steen wird überraschenderweise an den Tatort eines außergewöhnlich brutalen Mordes gerufen, hatte man ihm doch nach seiner Rekonvaleszenz nur harmlose Fälle zugeteilt. ...

Vizekriminalkommissar Axel Steen wird überraschenderweise an den Tatort eines außergewöhnlich brutalen Mordes gerufen, hatte man ihm doch nach seiner Rekonvaleszenz nur harmlose Fälle zugeteilt. Ein ehemaliger Kollege des dänischen Geheimdienstes PET wurde gefoltert, seine Augenlider wurden bei lebendigem Leibe entfernt und anschließend getötet. Kurze Zeit später entdecken Steen und der ihm zugeteilte PET-Beamte Khalid einen weiteren toten Kollegen. Steen vermutet den Auslöser der Verbrechen in einem 4 Jahre alten Antiterroreinsatz des PET an dem beide Kollegen beteiligt waren. Aber er wird ausgebremst vom Leiter der PET Jens Jessen, seiner Freundin Henriette, auch PET Beamtin, sowie von seinem neuen Partner.
Natürlich ermittelt er auf eigene Faust weiter. Er wird rückfällig in alte Strukturen, gefährdet das Leben seiner Familie und spürt dem Schicksal von Aisha nach.

Dies ist der vierte Band der Steen-Reihe, aber mein Erster.
Axel Steens Vorleben wird immer wieder reflektiert, so dass auch ein Serienanfänger die Hintergründe nachvollziehen kann. Der Thriller ist durchweg spannend, wird in zwei Zeitebenen erzählt und in jeder fieberte ich dem Fortgang entgegen.

Neben dem äußerst brutalen und kniffeligen Fall reißt er viele wichtige und aktuelle Themen an und legt den Finger in die offenen Wunden, zum Beispiel die Antiterrorpraktiken der USA und ihre Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten anderer Nationen, Rassismus im Allgemeinen und gegen Moslems im Besonderen, Karrierechancen von Frauen, die immer besser, härter, taffer und flexibler als ihre Kollegen sein müssen.

Der Thriller ist gut strukturiert und logisch aufgebaut. Als Leser hat man immer wieder Information an die Hand bekommen, so dass man munter mitermitteln konnte. Auch bei mir wechselten die Verdächtigen, obwohl der letztlich Verdächtige immer wieder im Spot beleuchtet wurde.

Einige wenige Schwächen, Steens zu lange Befindlichkeitsbeschreibung oder auch bei der Entführung der Kinder, da empfand ich Emmas Einsatz als übertrieben und unrealistisch, haben aber meine Begeisterung nicht getrübt.

Für die Fortsetzung der Reihe ist auch gesorgt. Der Fall konnte nicht in jeder Hinsicht gelöst werden. Einige Fragen blieben noch offen und ich freue jetzt schon auf Steens Strategie und Reaktion.

Veröffentlicht am 19.10.2017

Spannend aber auch irritierend

Schmidt ist tot
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Schmidt Patrick, wie er sich gerne vorstellt, erhält am frühen Morgen ein verwirrendes Telefongespräch von einem Herrn Müller von der Wiener Kriminalpolizei. Ihm wird in wenigen dünnen Worten mitgeteilt, ...

Schmidt Patrick, wie er sich gerne vorstellt, erhält am frühen Morgen ein verwirrendes Telefongespräch von einem Herrn Müller von der Wiener Kriminalpolizei. Ihm wird in wenigen dünnen Worten mitgeteilt, dass sein Bruder René Schmidt verstorben sei. Patrick möge nach Wien kommen. Nach mehreren Rückfragen erfährt Patrick, dass sein Bruder als Terrorist verdächtigt, verhaftet wurde und in der Haft Selbstmord begangen hat. Obwohl Patrick die ganze Affäre immer noch für einen Scherz seines Bruders hält, begibt er sich nach Wien um der Sache auf den Grund zu gehen. In Wien geschehen seltsame Dinge und Patrick fühlt sich verfolgt.
Wer ist die Frau auf der Beerdigung? Ist René jemand, der Selbstmord begeht? Fragen, die es zu beantworten gilt.

Ich habe mich etwas schwer getan mit diesem Roman. Die besondere Art der Erzählweise und der Dialoge war mir bereits in der Leseprobe aufgefallen. Die Denk- und Handlungsweise von Patrick sorgt nicht gerade für ein furioses Tempo, hat aber auch einen besonderen Charme. Trotzdem verspürte ich immer wieder Ungeduld aufwallen und hatte das Gefühl von Patricks Gedankengänge eingelullt zu werden.
Die Handlung geht in winzigen Schritten, die auch stets von Rückblendungen zu gemeinsamen Erlebnissen der Brüder unterbrochen wird, voran. Trotzdem gelingt es dem Autor die Situation um Patrick immer geheimnisvoller und bedrohlicher werden zu lassen. Im letzten Drittel überschlagen sich die Ereignisse und der Roman entwickelt sich zu einem richtigen Krimi. Mir erschien das Ende allerdings etwas übertrieben.
Versöhnt hat mich dann etwas der Prolog am Ende des Romans sowie der Epilog, der in eine positive Richtung blicken ließ.

Veröffentlicht am 30.09.2017

Düstere Vergangenheit

Nachts am Brenner
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Commissario Grauner und sein neapolitanischer Kollege Ispettore Saltapepe haben es mit einen mysteriösen Fall zu tun, in dem sie anfänglich keine Zusammenhänge finden können. Zwei alte Männer, Mitglieder ...

Commissario Grauner und sein neapolitanischer Kollege Ispettore Saltapepe haben es mit einen mysteriösen Fall zu tun, in dem sie anfänglich keine Zusammenhänge finden können. Zwei alte Männer, Mitglieder einer Kartenspielgruppe, die ihr Leben gelebt haben, werden auf brutale Weise nach einander ermordet. Sind die anderen beiden Mitglieder der Gruppe, die täglich zusammen sitzen, auch gefährdet? Ist etwas in der Vergangenheit dieser Männer passiert, das den Beiden jetzt zum Verhängnis wurde? Sind die veränderten Strukturen und Lebensbedingungen am Brenner die Ursache?
Grauner befürchtet aufgrund einer am Tatort gefundenen Visitenkarte, dass auch der nie geklärte Mord an seinen Eltern etwas mit diesen Verbrechen zu tun hat. Eine zermürbende und die Seele belastendende Ermittlungsarbeit beginnt.

Schon das Cover gibt einen Einblick in die Stimmung dieses Krimis. Ich habe selten einen Krimi mit so viel Lokalkolorit gelesen. Lenz Koppelstätter versteht es meisterlich die Seele und Gedankenwelt der Südtiroler insbesondere der Einheimischen vom Brenner aufzufächern. Die Sehnsüchte und Vorstellung des aus Neapel stammenden Kollegen Saltapepe zeigen deutlich den Unterschied zu den anderen Regionen Italiens.
Für mich als Niederrheinerin waren die Karten am Anfang und Ende des Buches besonders hilfreich und interessant. Die vielen Informationen über die ehemalige Grenzstation und die strukturellen Veränderungen nach dem Öffnen der Grenzen und den Autobahnbau waren für mich völlig neu und haben zum besseren Verständnis der heutigen Situation geführt.

Dieser Krimi aus Südtirol ist tiefgründig und vielschichtig. Die Spannung, die sich nach den beiden brutalen Morden aufbaut verliert nie an Intensität, weil nach jeder Sackgassenspur eine neue Spur, ein neuer Hinweis in Erscheinung tritt. Die Qualen, die Grauner während seiner privaten Ermittlungen erleiden muss, machen das Erspüren neuer Schlussfolgerungen immer dringlicher. Die Figur des etwas eigensinnigen Ermittlers Grauner ist ganz genau gezeichnet. Man hat das Gefühl die Person vor sich zu sehen und zu hören.

Es hat Spaß gemacht diesen Krimi zu lesen. Es war mein erster Krimi von Lenz Koppelstätter, aber bestimmt nicht mein letzter.

Veröffentlicht am 21.09.2017

Dunkel, Gefährlich, Erbarmungslos

SOG
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Der zweite Fall für Kommissar Huldar und Kinderpsychologin Freyja. Zunächst geht es um einen „Dummen-Jungen-Streich“. In einer Zeitkapsel wird ein Aufsatz mit Mordankündigungen gefunden. Steckt mehr dahinter? ...

Der zweite Fall für Kommissar Huldar und Kinderpsychologin Freyja. Zunächst geht es um einen „Dummen-Jungen-Streich“. In einer Zeitkapsel wird ein Aufsatz mit Mordankündigungen gefunden. Steckt mehr dahinter? Kommissar Huldar geht der Sache auf den Grund. In der Folge macht die Mordkommission grausame Funde. Abgetrennte Hände, eine Leiche mit kuriosem Auffindungsszenarium, abgetrennt Füße, niemand hat etwas gesehen und niemand sieht Zusammenhänge.
Wird Kommissar Huldar einen Weg durch dieses Chaos finden, nachdem er nach seinem letzten Fall degradiert wurde?

Dunkel, gefährlich, erbarmungslos, genauso kommt dieser Thriller daher.
Zunächst wird die Hintergrundgeschichte von Kommissar Hulda und Kinderpsychologin Freyja weiter beleuchtet, aber schon bald holt den verunsicherten Huldar das grausame Szenarium ein. In mühevoller Kleinarbeit kommt er Stück für Stück den Zusammenhängen auf die Spur. Neben den grausamen Verbrechen, die immer mehr zu Tage treten, wird viel von der erfolglosen und zermürbenden Ermittlungsarbeit sichtbar gemacht. Es zeigt sich schnell, dass Kommissar Huldar zwar nicht der geborene Chef in der Mordkommission ist, aber dass er flexibel in seinen Ermittlungen ist und dadurch Zusammenhänge erkennt, die andere nicht wahrhaben wollen. Während er akribisch jede Spur verfolgt, stolpert er tollpatschig durch seine Privatleben. Immer wieder wird im Kontrast zu den grausamen Verbrechen die emotionale Gedankenwelt von Huldar und Freyja eingeblendet. Wobei die Dramatik ihrer Beziehung unbedeutend anmutet in Hinblick auf die zu ermittelnden Grausamkeiten, aber sie lassen den Leser kurz durchatmen bei den zu lesenden Abscheulichkeiten.

Der Thriller ist spannend bis zur letzten Seite. Die Sprache ist einfach und gut zu lesen.
Die Lösung beziehungsweise Täterermittlung ist logisch und nachvollziehbar aufgebaut.
Manche Szenen waren zu hart und brutal für mich, aber das eigentlich brutale war nicht die Beschreibungen der Autorin, sondern das Kopfkino, was sie auslösten.

Yrsa Sigurdardóttir hat hier einen liebenswerten, aber auch stahlharten Ermittler geschaffen, der sicher noch viele Fälle mit der Kinderpsychologin lösen wird.

Veröffentlicht am 20.08.2017

Brutal und blutig, aber spannend

Die Fährte des Wolfes
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Ein neuer Ermittler ist geschaffen, Zack Herry, ein mutiger und ehrgeiziger Polizist, das jüngste Mitglied der Sondereinheit in Stockholm. Er ist ein Mann mit zwei Gesichtern. Einerseits ist er ein genialer ...

Ein neuer Ermittler ist geschaffen, Zack Herry, ein mutiger und ehrgeiziger Polizist, das jüngste Mitglied der Sondereinheit in Stockholm. Er ist ein Mann mit zwei Gesichtern. Einerseits ist er ein genialer Ermittler, der sich mit großem Einsatz und zielstrebig gegen Kriminelle einsetzt. Andererseits ist er zerrissen und unsicher. Er hat den gewaltsamen Tod seiner Mutter, die ebenfalls Polizistin war, nicht verarbeitet und hofft, nach nunmehr 20 Jahren das Verbrechen aufklären zu können. Seine Zerrissenheit und Unruhe treiben ihn nachts in die illegalen Clubs, wo er Kokain konsumiert und sich die Seele aus dem Leib tanzt. Als er am frühen Morgen an einen Tatort gerufen wird, hat er nach durchtanzter Nacht mit reichlichem Kokainkonsum keine Minute geschlafen. Es fällt ihm schwer sich auf die vier Leichen bestialisch ermordeter Thailänderinnen zu konzentrieren. Er ist müde, verunsichert und rechnet jeden Augenblick mit der Entlarvung seines Doppellebens.
Trotz intensiven Ermittlungen haben Zack und das Team der Sondereinheit Schwierigkeiten die wahre Identität der Frauen festzustellen. Auch ist lange Zeit nicht klar, ob es sich um einen Einzeltäter, einen Frauenhasser oder um einen Bandenkrieg in der Prostitutionsszene handelt. Die Zeit drängt.

Was für ein hammerharter Thriller! Manche Szenen waren einfach zu brutal für mich, dass ich doch immer weitergelesen habe, liegt an den flüssigen Schreibstil und die klare Sprache. Es wurde nicht unnötig brutal beschrieben, sondern eher nüchtern und sachlich.
Mit Zack wurde eine Hauptfigur geschaffen, die sicher keinen Vergleich mit Lisbeth Salander und Harry Hole scheuen braucht. Ein Vergleich, den schon Le Monde gesehen hat. Er ist so unberechenbar, dass man beim Lesen manchmal zweifelt ob er noch die richtige Richtung einschlagen kann. Er wird mehr und mehr zum Helden indem er sein Leben aufs Spiel setzt und sich kopfüber in Situationen stürzt, die er eigentlich nicht alleine bewältigen kann. Das Team ist nach bewährtem System aufgebaut. Vier Ermittler machen die „Fußarbeit“, suchen Verdächtige auf, führen Verhöre, schießen sich, wenn es sein muss, den Weg frei und werden von einer IT-Spezialistin geführt und mit Informationen gefüttert. Die Spannung wird bei jeder Sackgasse und neuen Spur immer hoch gehalten, ein Verdienst der Autoren. Das Buch entwickelt sich schnell zum Pageturner und man kann es kaum zur Seite legen. Aber auch wenn man das Buch zur Seite legt, lässt den Leser die Geschichte nicht los. Auch der Schluss des Buches ist nicht derart gestaltet, dass mich das Thema losließ. Das Buch lässt mich betroffen, nachdenklich und grübelnd zurück.
Zack und seine Partnerin im Team sind vielschichtig beschrieben worden mit diversen Rückblicken in ihre Vergangenheit sodass der Leser sie gut kennenlernt. Ich schließe daraus, dass es wohl eine Serie um Zack und dieses Team geben wird. Auf die Fortsetzung freue ich mich schon jetzt.