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Veröffentlicht am 10.02.2023

"Es heißt, für jeden gibt es den einen Menschen..."

Ein letzter erster Augenblick
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Letztens habe ich von "Blind Dates" mit Büchern gehört - eine perfekte Beschreibung meiner aktuellen Lesevorliebe. Ich möchte überrascht werden, mag das Unerwartete..."Ein letzter erster Augenblick" fällt ...

Letztens habe ich von "Blind Dates" mit Büchern gehört - eine perfekte Beschreibung meiner aktuellen Lesevorliebe. Ich möchte überrascht werden, mag das Unerwartete..."Ein letzter erster Augenblick" fällt in diese Kategorie. Als Rezensionsexemplar erhalten, war ich sowohl gegenüber der Handlung als auch der mir unbekannten Autorin unvoreingenommen. Als Schauplatz dient die (fiktive) Kleinstadt Eversford in England. Die Geschichte ist in 4 Teile gegliedert und erstreckt sich über knapp 500 Seiten.

Inhalt:
"Fast schon mein gesamtes Leben habe ich prophetische Träume. Klare, lebensechte Visionen, die mich aus dem Schlaf reißen. Sie zeigen mir, was passieren wird, Tage, Wochen, Jahre später. Und die Betroffenen sind immer Menschen, die ich liebe."

Joel ist ein Mittdreißiger, dessen Leben seit früher Kindheit von seinen Träumen bestimmt wird. Früher war er passionierter Tierarzt und hält sich jetzt als Hundesitter für ehemalige Kunden über Wasser. Seine Gabe ist Fluch und Segen zugleich: er erhält Einblicke in schöne, bevorstehende Ereignisse, aber auch Krankheiten, Schmerz und Unglück sind ihm nicht unbekannt. Joel steht permanent unter Strom und sein Alltag ist davon bestimmt, Schlimmes zu vermeiden. Auf sein Umfeld wirkt sein Verhalten befremdlich und so zieht er sich immer mehr zurück.

Eines Tages begegnet er Callie: sie ist studierte Ökologin, führt aber nach einem Schicksalsschlag ein Café. Insgeheim träumt sie jedoch von Vogelbeobachtungen in Chile statt Kaffeekochen. Als Callie mit ihrem Hund Murphy unwissend in Joel's Haus zieht, nimmt das Schicksal seinen Lauf...

Meinung:
Kürzlich wurde in einem Interview die Frage gestellt, ob man lieber den Zeitpunkt ODER den Grund seines eigenen Todes erfahren würde... Die Geschichte hat mich dahingehend nachdenklich gestimmt und meine Meinung differenziert. Ich würde das Buch daher nicht als kurzweilige Unterhaltung empfehlen.

Hervorheben möchte ich den schönen Schreibstil bzw. die angenehme Übersetzung! Ebenfalls bin ich ein Fan von Ich-Erzählern - aufgrund der Wechsel zwischen Joel und Callie muss man jedoch aufpassen, wessen Perspektive gerade geschildert wird. Ich konnte mich - vielleicht aufgrund der gleichen Altersgruppe - leicht mit den Protagonisten identifizieren. Der Punktabzug ergibt sich für mich aus einigen weniger nachvollziehbaren Entscheidungen bzw. Ungereimtheiten. Außerdem hat der letzte Teil etwas distanziert auf mich gewirkt und einen Bruch zu den ersten 3 Teilen dargestellt.

In einer anderen Rezension wurde bemängelt, dass der Klappentext zu viel von der Handlung Preis geben würde. Ich habe ihn daher erst nachträglich gelesen und kann dem nicht zustimmen. Anmerken möchte ich noch, das der Originaltitel - "The sight of you" - für mich besser zum Inhalt passt...

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Veröffentlicht am 10.02.2023

"Gebäude lassen sich abtragen und neu aufbauen, Erinnerungen nicht" - DTV

Raumfahrer
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Um möglichst unvoreingenommen an ein neues Buch heranzugehen, lese ich vorher keine Rezensionen oder informiere mich anderweitig darüber. Bei „Raumfahrer“ war ich besonders gespannt, da ich mir das Buch ...

Um möglichst unvoreingenommen an ein neues Buch heranzugehen, lese ich vorher keine Rezensionen oder informiere mich anderweitig darüber. Bei „Raumfahrer“ war ich besonders gespannt, da ich mir das Buch nicht selbst ausgesucht habe. Der Klappentext hat insofern mein Interesse geweckt, dass ich ebenfalls noch zu DDR-Zeiten geboren wurde und aus Sachsen stamme. Bedenkt man das Alter des Autors beeindruckt mich die gewählte Thematik umso mehr.

Im Verlauf der Handlung begleitet der Leser die sächsischen Familien Nowak und Kern von der DDR bis in die Gegenwart.

Wendekind Jan Nowak arbeitet in einem Krankenhaus, welches in Kürze geschlossen wird. Nach einer merkwürdigen Begegnung mit einem Patienten begibt er sich auf die Suche nach seiner Identität und landet dabei unvermeidlich in der Vergangenheit... Was hat mit den Unterlagen aus dem Nachlass von Günter Kern auf sich?

Lukas Rietzschels Schreibstil würde ich als prosaisch und nachdrücklich beschreiben. Nostalgie kommt auf, der Zeitgeist ist spürbar - wobei die teils anstrengenden Zeitsprünge die volle Aufmerksamkeit des Lesers erfordern. Dabei mag ich Geschichten deren Handlung auf unterschiedlichen Zeitebenen spielt. Vor allem der fehlende Handlungszeitpunkt sowie die Verwendung unterschiedlicher Namen für gleiche Figuren erschweren die Orientierung. (In einem Kapitel erfährt man vom Tod einer Figur, direkt anschließend agiert diese wieder zu einem früheren Zeitpunkt.) Gerade zu Beginn fällt es schwer den verschiedenen Erzählsträngen zu folgen und ich habe mich nach knapp 100 gefragt, wo das überhaupt hinführen soll. So viel sei verraten: zu einem unvorhersehbaren und für mich überraschenden Ende. (Meine Vermutungen gingen in eine andere Richtung)

Was es mit dem Titel auf sich hat, wird im letzten Drittel des Romans aufgelöst. Für mich schlüssig und treffend. Parallelen zu den DDR-Schilderungen aus meinem Umfeld sind auf jeden Fall erkennbar.

Die Hauptfiguren werden überwiegend grob charakterisiert, wirken daher teilweise distanziert und wenig greifbar, was im Gegensatz zu recht detailgetreuen Schilderungen und der Verwendung lokaler Begrifflichkeiten steht. Mich hat das Buch leider nicht erreicht, obwohl die Spannung im letzten Drittel steigt. Für mich blieben allerdings einige Fragen ungeklärt...

Das Buch beruht lose auf wahren Begebenheiten und wurde unterstützt von Günter Kern.

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Veröffentlicht am 10.02.2023

...Schicksal…

Das kleine Chalet in der Schweiz
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Obwohl ich großer Fan der Autorin bin und letztes Jahr in der Schweiz war, habe ich mehrere Anläufe für den neusten Teil der Romantic-Escapes-Reihe gebraucht. Kaum war ich jedoch über die erste Seite hinaus, ...

Obwohl ich großer Fan der Autorin bin und letztes Jahr in der Schweiz war, habe ich mehrere Anläufe für den neusten Teil der Romantic-Escapes-Reihe gebraucht. Kaum war ich jedoch über die erste Seite hinaus, waren die Anlaufschwierigkeiten auch schon vergessen...

Dem Klappentext gibt es nur wenig hinzufügen. Ein unerwarteter Geldsegen ebnet Engländerin Mina (und ihrer Schwester Hannah) den Weg für einen Neuanfang. Sie hat jedoch keine Ahnung, was sie mit ihrem Leben anfangen will… Ein Besuch bei ihrer Patentante in der Schweiz soll für Klarheit sorgen, beschert ihr jedoch eine schicksalhafte Begegnung – oder doch nicht?

3 Teile, 26 Kapitel, knapp 400 Seiten sorgen erneut für kurzweilige Unterhaltung. Ich hege wahrlich keine Leidenschaft für Wintersport, fand die Schilderungen samt Schauplatz und Zeitpunkt (Februar) jedoch äußerst passend. Die Protagonisten sind glaubhaft charakterisiert und - bis auf eine Ausnahme - sehr sympathisch. Die obligatorische Gruppe findet sich diesmal in Amelie's Chalet als zentralem Anlaufpunkt wieder. Julie Caplin überrascht einfach immer wieder mit neuen Ideen für Handlung und Figuren. (Vor allem das Ende hat es mir diesmal angetan!) Kulinarik-Fans kommen voll auf ihre Kosten. Alles in allem eine schöne Fortsetzung der Reihe, welche jedoch nicht an meinen Überraschungshit aus Kopenhagen heranreicht. Gespannt bin ich trotzdem wie es Mina’s Schwester Hannah als Nächstes in Irland ergehen wird… Hinweis: es handelt sich nicht um ein Weihnachtsbuch!

PS Und wer es noch nicht wusste: chocolate = happiness :)

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Veröffentlicht am 10.02.2023

Wie viel kann ein Mensch ertragen?

Der Gesang der Berge
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»Die Herausforderungen, die das vietnamesische Volk im Lauf der Geschichte meistern musste, sind so groß wie die höchsten Berge. Wenn du zu nah davorstehst, kannst du ihre Gipfel nicht sehen. Doch wenn ...

»Die Herausforderungen, die das vietnamesische Volk im Lauf der Geschichte meistern musste, sind so groß wie die höchsten Berge. Wenn du zu nah davorstehst, kannst du ihre Gipfel nicht sehen. Doch wenn du von den Strömungen des Lebens zurücktrittst, wirst du alles überblicken«

Ein treffendes Zitat, welches dem ergreifenden Einstieg in den Roman vorangestellt wurde und einen Ausblick gibt, was den Leser auf den folgenden 400 Seiten erwartet: eine Reise in die Vergangenheit - von der französische Besatzung sowie die japanische Invasion, über die große Hungersnot, Landreform und den Vietnam-Krieg - bis in die Gegenwart.

Dem prophezeiten Schicksal von Huong's Großmutter Dieu Lan folgt ein hartes Leben voller Entbehrung und Enttäuschung, aber auch voller Freude und Zusammenhalt. Die Tragik der Familie steht beispielhaft für die vielen Schicksale Vietnams, welche die Autorin bei ihren Recherchen zusammengetragen hat. Ich finde die Aufarbeitung der Geschehnisse, mit dem Leben Dieu Lan’s als “rotem Faden“, sehr gut umgesetzt. Sie ist fehlbar und menschlich. Allerdings ist es schwer sich vorzustellen, dass eine Familie von wirklich allen Schrecken und Tragödien des Landes heimgesucht wurde. Für mich hätte das Buch gern etwas umfangreicher ausfallen dürfen. Einige Themen wurden leider nur angerissen. Hier hätte ich mir ein wenig mehr Tiefe gewünscht.

Den Schreibstil würde ich als angenehm, jedoch nachdrücklich bezeichnen. Er erinnert mich an „Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens. Als Leser ist man mitten im Geschehen dabei, was verhindert, dass man das Buch einfach nur "nebenbei" liest. Da es im Verlauf des Romans verschiedene Ich-Erzähler gibt, sorgen die den Kapiteln vorangestellten Jahreszahlen für Orientierung. Den beigefügten Stammbaum erachte ich ebenfalls als sehr hilfreich, um die ungewohnten Namen leichter einordnen zu können. Wer sich mit dem Vietnamesischen schwer tut, dem sei gesagt, dass sich Wörter & Redewendungen in der Landessprache durch das gesamte Buch ziehen. Die vietnamesischen Weisheiten zeigen Analogien zu bekannten deutschen Sprichwörtern. Für mich sind sie eine Bereicherung, da sich jeder damit identifizieren und aus den jeweiligen Situationen etwas für sich mitnehmen kann. Die Anzahl der Protagonisten ist überschaubar und gut zu überblicken. Auch die Gestaltung des Covers finde ich äußerst ansprechend und passend.

Nachdem ich das Land 2019 bereisen durfte, war ich natürlich besonders auf die Schauplätze gespannt und freute mich über die Einblicke in den vietnamesischen Alltag und das Familienleben. Die geschichtlichen Hintergründe waren mir teilweise bekannt, jedoch konnte ich durch die personifizierten Schicksale die Zusammenhänge besser verstehen und in einen größeren historischen Kontext setzen. Vorkenntnisse sind für die Lektüre nicht erforderlich, aber sich bei der ein oder anderen Thematik von Vorteil. (Hinweis: Nachdem ich das Kriegsopfermuseum in Ho-Chi-Minh-Stadt (ehemals Saigon) besichtigt habe, empfand ich die Beschreibungen im Buch eher als zurückhaltend - nichtsdestotrotz sollten sich Zartbesaitete auf einige Grausamkeiten einstellen.)

Abschließen möchte ich meine Rezension mit einem weiteren Zitat, welches die Grundaussage dieses wichtigen Buches zusammenfasst: »Das Wissen [über die Zukunft] ist nutzlos... Die Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, haben einen Sinn. Diejenigen, die sie meistern und anderen gegenüber freundlich bleiben...werden alles überstehen, was das Schicksal ihnen zumutet.«

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Veröffentlicht am 10.02.2023

Bis wir uns wiedersehen

Das Buch der verschollenen Namen
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»Dieser religiöse Text«, hat Kühn dem Reporter erzählt, »ist mein Lieblingsbuch unter den zahlreichen Geheimnissen, die in unseren Regalen schlummern. 1732 in Paris erschienen, ist es ein sehr seltenes ...

»Dieser religiöse Text«, hat Kühn dem Reporter erzählt, »ist mein Lieblingsbuch unter den zahlreichen Geheimnissen, die in unseren Regalen schlummern. 1732 in Paris erschienen, ist es ein sehr seltenes Buch, aber das ist nicht, was es so außergewöhnlich macht. Es ist einzigartig, weil wir darin ein faszinierendes Rätsel finden: eine Art Code. Wem hat es gehört? Was hat der Code zu bedeuten? Wie kamen die Deutschen während des Kriegs in seinen Besitz? Das sind die Fragen, die mich verfolgen.«

Im Jahr 2005 begegnet der Leser einer resoluten und überaus rüstigen Eva Abrams. Mit 86 Jahren arbeitet sie noch immer in einer nahe gelegenen Bibliothek und scheut auch vor einer spontanen Reise nach Berlin nicht zurück, nachdem sie in einer Zeitung ihr verloren geglaubten Buch aus Kriegszeiten entdeckt hat. Ihre Familie betrachtet sie als "Heimchen am Herd", da Eva ihnen ihre Vergangenheit verschwiegen hat...

Frankreich 1942: die jüdische Eva Traube, Tochter polnischer Einwanderer, strebt im Alter von 23 Jahren einen Doktortitel in englischer Literatur an. Als ihr Vater mitten im der Nacht von der deutschen Polizei abgeholt wird, ist es an Eva, ihre Mutter und sich selbst zu retten. Doch dann trifft sie Rémy...

Ich freue mich immer auf die Bücher von Kristin Harmel (vor allem jene, die auf zwei Zeitebenen spielen). Spätestens seit "Heute fängt der Himmel an" zählt sie zu meinen Lieblingsautoren und ich greife bei Neuerscheinungen quasi blind zu. Obwohl ich wenig Lust auf einen weiteren Abstecher ins besetzte Frankreich hatte, wurde ich schnell eines Besseren belehrt. In jeder Geschichte der Autorin findet sich etwas Neues, Unerwartetes.

Eva war mir vom ersten Moment an sympathisch und ich habe sie gern auf ihrem Lebensweg begleitet. Die Protagonisten sind glaubwürdig und gut charakterisiert, allerdings konnte ich das fordernde Verhalten von Eva's Mutter nicht immer nachvollziehen und empfand dies als recht anstrengend. Das Ende hätte hingegen gern ein wenig ausführlicher sein dürfen.

Interessant fand ich außerdem die "stillen Helden": ein hochaktuelles Thema - wenn auch in anderem Kontext unserer Gesellschaft - welchem für mein Dafürhalten zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.

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