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Veröffentlicht am 27.10.2020

Ein immerwährender Maskenball

Ein Himmel aus Lavendel
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Emery führt im venezianisch anmutenden Avize ein Leben als Taschendiebin, um ihre Familie zu ernähren. Dabei hilft ihr ihre Gabe, sich wie ein Phönix in Flammen auszulösen und außerhalb der Stadt neu zu ...

Emery führt im venezianisch anmutenden Avize ein Leben als Taschendiebin, um ihre Familie zu ernähren. Dabei hilft ihr ihre Gabe, sich wie ein Phönix in Flammen auszulösen und außerhalb der Stadt neu zu entstehen. Doch diese Gabe ist zugleich ein Fluch: Mit jeder Wiederauferstehung verwandelt sie sich ein wenig mehr.



Ein absolutes Lob verdient das Setting in diesem Buch! Avize ist ein venezianisch anmutender Stadtstaat, der zusammen mit einigen weiteren das Land Unarmon bildet. Jeder Teilstaat hat eine spezielle Blume, die ihn repräsentiert - bei Avize ist es Lavendel. Die Bewohner tragen stets Masken, die sie in der Öffentlichkeit niemals abnehmen. Die Stadt ist durchzogen von Kanälen, auf denen Gondeln fahren. Leider geht all das aus dem Klappentext nicht hervor, sonst hätte ich mich viel früher für dieses Buch interessiert. Alles ist so plastisch beschrieben, dass man sich vorstellen kann, man wäre selbst dort.
Emery als Hauptcharakter hat mir auch gut gefallen. Einerseits ist sie sehr stur, schlagfertig und aufbrausend, andererseits hegt sie sehr zärtliche Gefühle und auch Verantwortungsbewusstsein gegenüber ihrer jüngeren Schwester. Die enge Beziehung zwischen den beiden ist gut dargesetllt und wirklich spürbar. Außerdem kann Emery nicht lesen, was sie noch interessanter gemacht hat.


Bei allen hatte ich früher oder später Gedanken wie "Warum hat er/sie das nicht gleich gesagt?", aber hier zeigt sich wunderbar die Gesellschaft von Avize. Alle verstecken sich hinter ihren Masken und sprechen eben in der Regel nicht miteinander über persönliche Angelegenheiten. Und genau das führt mitunter zu Problemen.

Mir sind leider ein paar Fragen offen geblieben und mit dem Ende werde ich nicht so warm. Aber ich werde den nächsten Teil auf jeden Fall auch lesen, vielleicht beantwortet sich dann ja der Rest. Avize ist auf jeden Fall noch einen Besuch wert.

Die Handlung ist gut ausbalanciert, das Ende hat mich hingegen leider nicht überzeugen können. Dennoch - oder vielleicht gerade deswegen - bin ich auf die Fortsetzung gespannt.

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Die Memoiren des Todes

Knochenjob!
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In diesem Buch erzählt uns der Tod (der hier unter dem Pseudonym Sarah Adler schreibt), warum ihm sein Job auf die Nerven geht. Kratzige Umhänge, garstige Kollegen und undankbare Klienten trüben seine ...

In diesem Buch erzählt uns der Tod (der hier unter dem Pseudonym Sarah Adler schreibt), warum ihm sein Job auf die Nerven geht. Kratzige Umhänge, garstige Kollegen und undankbare Klienten trüben seine Stimmung und er versucht händeringend etwas an seiner Situation zu ändern. Nebenbei plaudert er etwas aus dem Nähkästchen, über die Evolution und das Universum. Sozusagen seine Biographie.


Die Sprache ist sehr locker gehalten, so als würde der Tod gerade mit einem beim Kaffee plaudern, dadurch ist das Buch sehr flockig zu lesen. Trotzdem hat es gleichzeitig auch eine gewisse melancholische Schwingung.


Tod kommt gerne von Hölzchen auf Stöckchen, erzählt gerne Anekdoten aus seinem Leben und braucht deswegen manchmal etwas, um auf den Punkt zu kommen. Zwar haben all diese Nebenschauplätze auch ihren Reiz und sind durchaus unterhaltsam, allerdings ist der Handlungsfortschritt bzw. das Handlungstempo dadurch natürlich sehr langsam und manchmal verliert sich der rote Faden zwischendurch, um dann irgendwann später plötzlich wieder aufzutauchen. Das hatte zur Folge, dass ich nie viel von diesem Buch am Stück lesen konnte, weil mir dann die Konzentration abgesackt ist. Phasenweise war es mir etwas zu langatmig.


Mir hat das Buch sehr gefallen, da Sprache, Atmosphäre und die innovativen Ideen hinter dem Buch sehr gut zusammenwirken.


Der Humor hat mir sehr gefallen und auch die originelle Idee verdient auf jeden Fall einen Daumen nach oben. Tod ist ein sympathischer Typ mit großartigem Hang zu trockenem Humor, der dabei aber auch immer wieder einfach wahre Dinge ausspricht.

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Lesenswerter Augenzeugenbericht

Phi Phi Island
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Dies ist der Augenzeugenbericht des Autors, der hier sein Erleben des Tsunamis am 26. Dezember 2004 niedergeschrieben hat. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt mit seiner Familie als Urlauber auf der thailändischen ...

Dies ist der Augenzeugenbericht des Autors, der hier sein Erleben des Tsunamis am 26. Dezember 2004 niedergeschrieben hat. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt mit seiner Familie als Urlauber auf der thailändischen Insel Koh Phi Phi. Ein Jahr später kehrte er mit seiner Frau nochmals auf die Insel zurück, um das Geschehene besser verarbeiten zu können.


Das Cover ist schlicht gehalten in Hellblau in wässirgem Farbverlauf und passt meiner Ansicht nach sehr gut zum Buch.


Dieser Bericht verursacht Gänsehaut! Ich erinnere mich noch, wie damals die Bilder des Tsunamis um die Welt gingen. Das Fernsehen zeigte Amateuraufnahmen von Menschen, die schreiend davonlaufen, als eine Welle auf das Ufer trifft und bricht. Ganz so war es auf Koh Phi Phi nicht. Die Insel ist sehr flach, sodass die Welle hier nicht gebrochen, sondern einfach darüber hinweggeschwappt ist. Das Wasser ist einfach aus dem Nichts gekommen, auf den Strand gelaufen und dann immer weiter gestiegen. Ich erinnere mich ebenfalls, dass damals ein Lehrer in der Schule meinte, auf diesen flachen Inseln wäre zwar alles ein wenig feucht geworden, aber mehr sei nicht passiert. Er sollte dringend dieses Buch lesen.

Die meisten Gebäude auf der Insel wurden einfach vom Wasser weggeschwemmt, es gab unzählige Tote und Verletzte und noch mehr Vermisste. Erst die Todesangst, dann die eigenen Verletzungen und anderen Verletzten um einen herum, der Anblick all der Leichen und später der Verwesungsgestank dazu und all die Verwüstung müssen bei allen, die das überlebt haben, ein Trauma hinterlassen haben. Kein Wunder also, dass der gewöhnliche Alltag für alle zunächst eine Herausforderung darstellte.

Der Autor vermischt jeweils die Berichte während des Unglücks und seinem erneuten Besuch ein Jahr später. Manchmal fand ich das etwas verwirrend, es passt aber gut, weil meistens von einem konkreten Ort, den der Autor während der zweiten Reise wiedererkennt, auf die Erinnerung während des Tsunamis rückgeblendet wird.

Die Wörter in diesem Buch sind durchgehend ausschließlich kleingeschrieben, was mich anfangs irritiert hat. Man erhält jedoch im Verlauf des Buches eine Erklärung dafür und ich fand es eine ausgesprochen passende Entscheidung.


Ich tue mich ja immer schwer damit, persönliche Erlebnisse zu bewerten. Auf jeden Fall hat so ein Bericht eine ganz andere Kraft, als sämtliche Fernsehberichte es je haben könnten und von all diesem Elend, das hier geschildert wird, hat man damals nicht ansatzweise einen Eindruck gewinnen können. Auf jeden Fall eine empfehlendswerte Aufarbeitung des Themas!

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Tiefes Eintauchen

Was ich euch nicht erzählte
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Lydia ist tot. Aber wie kam es dazu? Die Lees sind auf den ersten Blick eine ganz normale, amerikanische Familie, bestehend aus dem Vater, der von chinesischen Einwanderern abstammt, der Mutter und ihren ...

Lydia ist tot. Aber wie kam es dazu? Die Lees sind auf den ersten Blick eine ganz normale, amerikanische Familie, bestehend aus dem Vater, der von chinesischen Einwanderern abstammt, der Mutter und ihren drei - nun nur noch zwei - Kindern. Nach und nach blicken wir immer tiefer hinter diese Fassade. Es gibt so vieles, das niemals ausgesprochen wurde, so vieles, das falsch verstanden wurde, weil man nicht miteinander geredet hat. Und während man immer tiefer in die Familie eintaucht, wird das Bild immer klarer.


Das Cover versteht man erst richtig, wenn man das Buch gelesen hat. Nun finde es aber wahnsinnig toll, denn nach dem Lesen weiß man genau, welcher Ort das ist und durch wessen Augen man hier blickt.
Vorher hat es mich optisch auch schon sehr angesprochen, weil es so schlicht ist aber durch die ungewöhnliche Perspektive heraussticht. Außerdem ziehen mich Cover mit Pflanzen an, ich weiß auch nicht wieso.


Ich gebe zu, ich hatte eigentlich eine andere Geschichte erwartet. Es gibt keinen Klappentext, lediglich drei Zitate aus englischsprachigen Zeitungen und ich hatte die Lebensbeichte einer Mörderin erwartet. Stattdessen fand ich aber eine mit sehr viel Liebe zum Detail und sehr viel Gefühl ausgestaltete, äußerst verschachtelte Familiengeschichte, die mich sehr begeistert hat.

Ich liebe multiperspektivische Bücher, die aber keine klar getrennten Handlungsstränge, sondern fließende Übergänge haben. Wir begleiten mal den einen, mal den anderen und sehen dabei so viele Dinge, die die Familienmitglieder voneinander nicht wissen. Sehr eindrucksvoll zeigt uns die Autorin, wie all diese unausgesprochenen Dinge schließlich zu massiven Mauern werden, die die Familienmitglieder voneinander separieren, sodass wir letztlich eine Familie haben, in der jeder irgendwie alleine und auf sich gestellt ist.
Dieses Buch zeigt, was geschehen kann, wenn man nicht offen zueinander ist. Ein Thema, das mich auch privat oft beschäftigt, da ich sehr ehrlich und direkt bin und häufig Probleme damit habe, dass die Mehrheit der Leute es nicht ist.

Hier gibt es den Vater, dessen Eltern aus China eingewandert sind und der sein Leben lang darunter gelitten hat, überall immer nur "der Chinese" zu sein und der so gerne einfach wäre, wie alle anderen. Die Mutter, die früher Ärztin werden wollte und so gerne anders als alle anderen Frauen geworden wäre. Lydia, die stets versucht es beiden Eltern recht zu machen und durch diese gegensätzlichen Anforderungen förmlich zerrissen wird. Für ihren Vater versucht sie das beliebte Mädchen zu sein, für ihre Mutter die überdurchschnittliche Wissenschaftlerin. Nath, der ältere Bruder, interessiert sich dabei viel mehr für all das, was die Mutter so begeistert, doch das sieht sie überhaupt nicht, weil sie so sehr auf Lydia fixiert ist. Gleichzeitig braucht Lydia ihren Bruder, um all dem Druck überhaupt standhalten zu können. Und dann ist da noch Hannah, das jüngste Kind, das von keinem in der Familie wirklich zur Kenntnis genommen wird, obwohl sie sich so sehr nach Liebe sehnt.
Das war natürlich nur ein grober Umriss. Die ganze Familiengeschichte ist sehr verschachtelt, ebenso wie die Handlung. Man kann sich in jeden Einzelnen ehrlich gut hineinfühlen!

Celeste Ng hat zudem einen wunderbaren Schreibstil, der mit vielen ungewöhnlichen, aber sehr poetischen, malerischen Metaphern daherkommt.


Dies ist eins dieser Bücher, die sich beim Lesen zusammensetzen, wie ein Puzzle. Ich könnte jetzt noch seitenweise darüber schreiben, aber am besten lest ihr es einfach selbst! Es ist fantastisch!

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Veröffentlicht am 27.10.2020

"Athabasca ist näher, als du glaubst."

Das Mondmädchen
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Dieses Buch ist eine Quasi-Autobiographie der Autorin, allerdings in Form eines Märchens für Kinder. Sie beschreibt hier die Flucht ihrer Familie aus dem Iran. Im Buch erleben wir diese Geschichte aus ...

Dieses Buch ist eine Quasi-Autobiographie der Autorin, allerdings in Form eines Märchens für Kinder. Sie beschreibt hier die Flucht ihrer Familie aus dem Iran. Im Buch erleben wir diese Geschichte aus den Augen der kleinen Mahtab, die Katzen liebt und immer wieder in ihre Fantasiewelt Athabasca reist.


Ich fand es sehr beeindruckend, die Geschichte der Flucht aus den Augen eines Kindes zu lesen. Trotzdem habe ich das Gefühl, das andere Buch der Autorin ("33 Bogen und ein Teehaus"), das eine "richtige" Biographie ist, auch noch lesen zu müssen, um bestimmte Teile dieses Buches verstehen zu können. Dies hier ist eben eher ein Märchen für Kinder, und ich bin erwachsen und interessiere mich für die Hintergründe.^^
Nichtsdestotrotz ist es ein wunderschönes Buch und gleichzeitig sehr traurig und trotz dessen, dass es ein Märchen ist, so sehr nachvollziehbar. Manche Stellen haben mir beim Lesen richtig wehgetan. Vielleicht, weil ich mit Flüchtlingskindern in meiner Nachbarschaft aufgewachsen bin und daher schon mehrere solcher Schicksale aus meinem direkten Umfeld kennen gelernt habe.
Faszinierend fand ich auch, wie Kinder es doch immer wieder schaffen, unter den widrigsten Umständen etwas zu finden, woran sie Freude haben können, und seien es auch nur die Tauben auf dem Dach.

Ein wundervolles Buch, das mich sehr berührt hat. Ich denke außerdem, dass es sehr gut geeignet ist, um Kinder an das Thema "Flüchtlinge" heranzuführen, das ja gerade aktuell wieder stark an Bedeutung gewonnen hat. Denn was könnte ihnen das besser erklären, als der Bericht eines Kindes? Ich freue mich sehr für die Autorin und ihre Familie, dass sie es hierher geschafft haben.

Außerdem habe ich mich sehr gefreut, die Autorin und ihren Bruder letztes Jahr auf der FBM treffen zu dürfen. Seit ich die Menschen hinter diesem Buch kurz kennen gelernt habe, bedeutet es mir noch mehr. :)

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