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Veröffentlicht am 27.01.2023

Dubliner Flair, viel Whiskey-Wissen und ein bisschen Spannung

Ein Schuss Whiskey
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„Ein Schuss Whiskey“ von Carsten Sebastian Henn ist ein interessantes Konglomerat aus Whiskey-Seminar, Dublin-Reiseführer und Krimi für literarisch Anspruchsvolle.

Worum geht es?
Janus, ein deutscher ...

„Ein Schuss Whiskey“ von Carsten Sebastian Henn ist ein interessantes Konglomerat aus Whiskey-Seminar, Dublin-Reiseführer und Krimi für literarisch Anspruchsvolle.

Worum geht es?
Janus, ein deutscher Krimiautor, den es der Inspiration wegen nach Dublin, die Stadt der großen irischen Literaten, verschlagen hat, wird nach einer ausgiebigen Zechtour Zeuge eines Mordes. Rätselhafterweise taucht nirgends eine Leiche auf. Es lässt ihm keine Ruhe und gemeinsam mit seiner Mitbewohnerin Tessa beginnt er zu recherchieren. Sie stoßen auf die seltsame „Drunken Poets Society“. Bald erkennen sie: Whiskey spielt eine wesentliche Rolle.

Das Buch ist nach „Der Gin des Lebens“ und „Rum oder Ehre“ der dritte Teil der Trilogie über Hochprozentiges. Jeder dieser Romane ist in sich abgeschlossen, mit anderen Protagonisten. Für mich war es der erste Krimi des Autors; ich kannte bislang nur „Der Buchspazierer“, eines meiner Lieblingsbücher. Leider konnte mich dieser Whiskey-Krimi nicht genauso begeistern.

Der erste Eindruck, wenn man das Buch zur Hand nimmt, ist beeindruckend. Es fühlt sich sehr angenehm an, ist speziell durch den erhabenen Druck von Titel und Autorennamen. Das Foto stimmt auf die Thematik wunderbar ein. Die im Innenumschlag befindlichen Karten von Irland und Dublin mit den Standorten der Destillerien geben einen ausgezeichneten Ein- und Überblick in die Bedeutung der Whiskey-Produktion bzw. die Aktionsorte der Handlung.

Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge. Sogar die Überschriften der Kapitel – Zitate bedeutender Persönlichkeiten zum Thema Whiskey – unterstreichen das Hauptthema dieses Buches, nämlich Whiskey. Die Krimihandlung wird mehrmals (optisch markant auf grauem Hintergrund gedruckt) mit Auszügen aus der Homepage der „Drunken Poets Society“ unterbrochen, die umfassende Information über die Geschichte von Whiskey, dessen Herstellung, Rezepte für Cocktails und Speisen u.a. bieten. Es wird quasi ein Whiskey-Seminar mitgeliefert.

Sehr atmosphärisch sind die Beschreibungen des Autors der irischen Lebensweise, der Stimmung in den Pubs und der diversen Sehenswürdigkeiten Dublins und der Umgebung. Die Profession des Autors als Restaurantkritiker und Weinjournalist verdeutlicht sich immer wieder in blumig beschriebenen Geschmacksnuancen des Whiskeys.

Auch der literarische Aspekt gehört zu Dublin, der „Stadt der trinkenden Dichter und dichtenden Trinker“, unweigerlich dazu. Kenner der irischen Literaturszene finden die Krimihandlung infolge der verwobenen Zitate und Hinweise auf diverse Werke sicher reizvoller als ich, die da nicht beschlagen ist.

Die verschiedenen Handlungsebenen bzw. Perspektiven dienen der Abwechslung, doch der Roman im Roman und das Audiotagebuch des Mörders, wodurch man dessen Gedanken erfährt, verwirren anfangs, weil sich der rote Faden der Story erst später offenbart. Dadurch kam ich nicht mit Anhieb in die Geschichte hinein. Letztlich entwickelte sich durch einen Wettlauf gegen die Zeit und einen spektakulären Showdown doch noch Spannung.

Im Mittelpunkt steht eigentlich Janus, der unter einer Schreibblockade leidende Autor. Mein Problem war, dass ich mit ihm und Tessa, seiner Mitbewohnerin, nicht richtig warm wurde. Sie waren sympathisch, aber emotionell farblos gezeichnet. Dass sie in einander verliebt sind, war kaum zu spüren. Ich habe Janus auch nicht wirklich abgenommen, dass er all diese Handlungen setzt, was Mut und Verwandlungsfähigkeit anbelangt. Die „Drunken Poets Society“, die sich aus sehr unterschiedlichen urigen Typen zusammensetzt, ist recht anschaulich und gut vorstellbar beschrieben.

Bei „Ein Schuss Whiskey“ genoss ich vor allem das Irland-Flair - meine Lust hinzureisen, wurde neuerlich entfacht; ich fand das umfassende Wissen rund um Whiskey beeindruckend und lehrreich, vermisste allerdings anfangs Spannung und konnte mich generell mit den Protagonisten nicht richtig anfreunden. Nichtsdestotrotz ist das Buch infolge der skurril anmutenden Handlung und dem sachbuchartigen Schwerpunkt ein Krimi der besonderen Art, der vor allem Irlandfans und Whiskeykenner beglücken wird.

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Veröffentlicht am 22.01.2023

Keine schwere Zeit ist vorbei, nur weil sie vergangen ist. (Zitat S. 233)

Wodka mit Grasgeschmack
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„Wodka mit Grasgeschmack“ von Markus Mittmann ist – was man aufgrund des Titels wohl nicht vermuten würde – ein Buch, das zum Nachdenken anregt, trotz Tiefe Humorvolles in sich trägt. Für mich entpuppte ...

„Wodka mit Grasgeschmack“ von Markus Mittmann ist – was man aufgrund des Titels wohl nicht vermuten würde – ein Buch, das zum Nachdenken anregt, trotz Tiefe Humorvolles in sich trägt. Für mich entpuppte sich der Roman als das erste Lese-Highlight des Jahres.

Worum geht es?
Zwei Söhne fahren mit ihren Eltern, die nach dem Ersten Weltkrieg aus Schlesien vertrieben wurden, nach Polen, um deren Heimatorte zu besuchen. Viele schmerzhafte Erinnerungen kommen hoch, und die Söhne erfahren Erlebnisse der Eltern, von denen diese noch nie erzählt haben.

Das Cover ist ansprechend, wirkt frisch und fröhlich. Man würde nie vermuten, welche Ernsthaftigkeit sich dahinter verbirgt. Wobei der Klappentext schon mehr erahnen lässt. Das Buch erschien 2019 und spielt in der nicht näher datierten Gegenwart. Die Kapitel sind angenehm kurz gehalten, mit Überschriften versehen, nicht nur passend zum Inhalt, sondern auch den poetischen Schreibstil unterstreichend. Zwei Komponenten machen diesen Roman zu etwas ganz Besonderem: die bildhafte Erzählweise des Autors und die Thematik, die einen einfach berührt und nachdenklich stimmt.

Markus Mittmann verfügt über eine phänomenale Beobachtungsgabe, einen ausgezeichneten Blick für Details und beschreibt sehr poetisch und atmosphärisch. In einzigartiger Weise verbindet er bei dieser ungewöhnlichen Fahrt die alltäglichen Reiseeindrücke mit den nach und nach aufkommenden Erinnerungsfetzen der Eltern. Da ist einerseits die Leichtigkeit, die Banalität der Vorkommnisse, die bei einem Ausflug, einem Urlaubsaufenthalt geschehen – man sagt Belanglosigkeiten, tankt, geht essen, probiert landläufige Kost, besichtigt Sehenswürdigkeiten, erfährt so manches über die schlesische Kultur, und andererseits tauchen aus dem Unterbewusstsein des Elternpaares erschütternde, grauenhafte und beklemmende Szenen auf, die wiederum zu tiefgründigen Überlegungen führen, inwieweit das Erlebte auch die Nachkommen prägt.

Anfangs irritierten mich die Zeitsprünge ein wenig. Bis ich erkannte, wie authentisch diese Szenen sind. Auch in der Realität vermischen sich die Eindrücke der Gegenwart, wenn man z.B. während einer Autofahrt aus dem Fenster blickt, mit den Gedanken, denen man nachhängt. Nach wenigen Seiten hat man das Gefühl, mit in diesem VW Beetle zu sitzen, so lebensnah und lebendig sind die Schilderungen. Unwahrscheinlich detailreich und gefühlsstark. Als der Protagonist einen Keks kostete, meinte ich, selber zu spüren, wie zart und köstlich dieser schmeckte. Und das ist nur eine von zahlreichen Stellen in diesem Buch. Es schwingt auch stets ein wenig Tristesse mit hinein, die Trauer um Vergängliches. Das wird sichtbar an zerstörten Städten, die zwar wieder hergestellt wurden, aber deren seinerzeitige Pracht dennoch verloren ging.

Je näher die Familie dem Ziel kommt, desto fühlbarer werden die Emotionen, von denen sie gerüttelt werden. Alles fließt ineinander. Es ist nie zu traurig. Es wechseln erschütternde Szenen, die Gänsehaut verursachen, mit Szenen der Gegenwart, mit Szenen, die Hoffnung aufkeimen lassen, wo Menschlichkeit zutage tritt. Der gastfreundliche Empfang der jetzigen Bewohner des seinerzeitigen Elternhauses des Vaters gab dem Buch auch den Titel „Wodka mit Grasgeschmack“. Unzählige Sätze haben mich beeindruckt. Aber DER Kernsatz für mich war: «Es gibt keine Nationalitäten! Es gibt nur Menschen und einen Himmel über diesen Menschen».

Die Charaktere sind in ihrer Verschiedenheit sehr gut dargestellt. Vater und Mutter reagieren ganz unterschiedlich auf die Konfrontation mit ihrer Vergangenheit. Der Vater wesentlich emotioneller als die Mutter, deren Überlebensstrategie es war, stets nur nach vorne zu blicken. Bei beiden kommen Erinnerungen hoch, die sie jahrzehntelang verdrängt hatten. Es ist eine schmerzhafte Reise. Verlorenes Glück der Kindheit, Grauen der Flucht, unmenschliche Behandlung, Hunger, Armut, Kälte. Wie die Eltern, so gehen auch die Söhne mit der Situation anders um. Während der eine mit schnoddrigen Bemerkungen den Coolen mimt, stellt der zweite Fragen, beobachtet die Reaktionen seiner Eltern genau und versucht, sich das Gesehene einzuprägen. Er erkennt, dass die Erlebnisse der Vorfahren sich auf die Nachkommen auswirken, dass es wichtig ist, seine Wurzeln zu kennen. Demgemäß bindet er nach der Reise auch seinen Sohn in die Recherchen über die Vergangenheit mit ein.

„Wodka mit Grasgeschmack“ hat mich von Anfang an gepackt, schon allein der Erzählstil hat mich so sehr begeistert. Je mehr ich las, desto faszinierter war ich von der Art und Weise, wie diese doch traurige Thematik mit Leichtigkeit und Humor verpackt wurde. In mir wird dieser Roman noch lange nachhallen, hat mich viel über die eigenen Großeltern und Eltern nachdenken lassen. Sie haben, wie so viele ihrer Generation, nicht viel erzählt. Und leben nicht mehr. Abgesehen von den eigenen Wurzeln, kam man bei dieser Lektüre auch nicht umhin, an den Krieg in der Ukraine zu denken, wo Tausende und Abertausende zurzeit auch vertrieben werden, eine zerstörte Heimat verlassen müssen. Für jeden Krieg wo auch immer passt dieses Zitat: „Wie kann eigentlich jemand vom Gewinnen eines Krieges sprechen? Gewalt kommt immer zurück, trifft jeden und fragt nicht nach Schuld. Es gibt nur Opfer. Und nicht Deutsche, Polen oder Russen erlebten den Krieg, sondern Menschen mit gleichen Empfindungen. Die Welt von Ängsten, Trauer oder Wut kannte auch damals keine Grenzen. In allem lag die Zerstörung. Nur Leid und Verlust.“ (S. 219).

Eine unbedingte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 09.01.2023

Auflösung folgt ...

Canaria Mortal
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„Canaria Mortal“ von Daniel Verano ist der Auftakt für eine auf Gran Canaria spielende Krimireihe.

Klappentext:
Felix Faber hat genug von Deutschland. Er wandert nach Gran Canaria aus und heuert bei einer ...

„Canaria Mortal“ von Daniel Verano ist der Auftakt für eine auf Gran Canaria spielende Krimireihe.

Klappentext:
Felix Faber hat genug von Deutschland. Er wandert nach Gran Canaria aus und heuert bei einer aufstrebenden Zeitung in Las Palmas an. Sein Start verläuft vielversprechend. Als kurze Zeit später auf dem Roque Nublo, einem der höchsten Berge der Insel, eine Leiche gefunden wird, stellt Faber eigene Ermittlungen an. Dabei bekommt er es nicht nur mit der taffen Ermittlerin Ana Montero zu tun, sondern lernt auch die dunklen Seiten der Touristeninsel kennen.

Der erste Eindruck ist das Cover, eine wunderschöne südliche Abendstimmung, sehr ansprechend, ein Eyecatcher. Der Schreibstil liest sich flüssig, diverse spanische Ausdrücke unterstreichen die Region. Allerdings vermisste ich ein Glossar mit jeweiliger Übersetzung; nicht alles ist für jemanden, der die Sprache nicht spricht, wirklich eindeutig verständlich. Das Buch gliedert sich in vier Teile und rund 50 angenehm kurze Kapitel. Hinsichtlich des Layouts fand ich es eigenartig, dass die Titelseiten der vier Abschnitte links, also auf der Blattrückseite gedruckt sind. Das Buch erschien 2022. Die Handlung spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart.

Obwohl sich der Autor zahlreicher Spannungselemente bedient – mehrere Handlungsstränge sorgen für Komplexität, Szenen- und Perspektivenwechsel und immer wieder eingesetzte Cliffhanger machen neugierig, mysteriöse Vorgänge und mehrere Verdächtige animieren zum Miträtseln – entwickelt sich die Handlung eher zäh, die Spannung steigert sich erst im letzten Drittel des Romans und selbst da prickelte es für mich nicht richtig. Mir fehlte Atmosphäre, Dramatik, die Protagonisten geraten nicht in wirklich brenzlige Situationen. Der Erzählstil ist eher nüchtern, wenig emotionell. Aber meisten irritierte mich das Ende. Denn meiner Meinung nach sollten auch bei einer Krimireihe die einzelnen Bände für sich abgeschlossen sein, der jeweilige Fall schlüssig gelöst sein. Durchwegs akzeptabel erscheint mir noch, dass die Jagd nach dem Hintermann, nach demjenigen, der die kriminellen Fäden zieht, sich auf Folgebände weiterzieht, aber ein Ende, wonach der im Zentrum der Ermittlungen stehende Mordfall nicht eindeutig gelöst und der tatsächliche Mörder nicht gefasst wird, lässt jedenfalls mich als Leserin unbefriedigt zurück.

Was die Charaktere anbelangt, so empfand ich es eher nur als ein oberflächliches Kennenlernen, ich vermisste noch Facetten und fühlbare Emotionen. Hier liegt noch reichlich Entwicklungspotential für Folgebände. Der im Mittelpunkt der Handlung stehende Journalist Felix Faber wirkte auf mich zu farblos, keineswegs wie ein tatkräftiger, wagemutiger Mensch. Sein Auftreten empfand ich vielfach als zu zaghaft, zu wenig selbstbewusst. Im krassen Gegensatz zu seinem laienhaften Gehabe stehen seine Spionageaktionen. Nervenstärke wie die eines Profis, unter Zeitdruck nach Passwörtern zu suchen und fremde PCs zu knacken, traute ich ihm einfach nicht zu. Die Kommissarin neigt wiederum zu unvorsichtigen Alleingängen und dienstlichen Überschreitungen, was mir ebenfalls nicht sehr realistisch erschien.

Am eindrucksvollsten fand ich das Urlaubsfeeling, das durch Schilderungen von Strand und Meer, Sonnenschein und kulinarische Genüsse vermittelt wird. Man bekommt richtig Reiselust.

„Canaria Mortal“ hat mich leider etwas enttäuscht, sowohl von der Spannung her als auch hinsichtlich der Protagonisten, mit denen ich nicht richtig warm wurde. Insbesondere störte mich, dass der Roman nicht in sich abgeschlossen ist, viele Fragen offen blieben.

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Veröffentlicht am 05.01.2023

Tod im Fußballstadion

Letztes Heimspiel
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„Letztes Heimspiel“ von Mona Frick ist der zweite Band der Kurzkrimi-Reihe rund um Oberkommissar Schäfer.

Worum geht es?
Und wieder findet ausgerechnet das Ehepaar Bromstetter eine Leiche. Im Fußballstadion. ...

„Letztes Heimspiel“ von Mona Frick ist der zweite Band der Kurzkrimi-Reihe rund um Oberkommissar Schäfer.

Worum geht es?
Und wieder findet ausgerechnet das Ehepaar Bromstetter eine Leiche. Im Fußballstadion. Oberkommissar Schäfer und sein Kollege Florian stoßen bei den Ermittlungen auf Hooligans und einen Bundesliga-Skandal aus den Siebzigern.

Ich stieg seinerzeit bei einer Leserunde mit Band 7 in die Serie ein, habe seither alle Folgebände gelesen, und vor kurzem begonnen, die Vorgängerbände nachzulesen.

Es ist ein nur knapp 80 Seiten umfassender Kurzkrimi. Der brennende Fußball am Cover passt stimmig zum Titel. Die Geschichte ist in mehrere Abschnitte unterteilt. Das Buch erschien erstmals bereits 2013, spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart.

Die Handlung knüpft an jene des ersten Bandes an. Dem Kriminalfall kann man selbstverständlich ohne Vorkenntnis problemlos folgen, dennoch sind einige Hinweise, die sich auf die erste Begegnung von Bromstetter und Schäfer beziehen, verständlicher, kennt man die Vorgeschichte. Zudem verfügt man dann auch über zusätzliche Informationen zu den Protagonisten.

Der Schreibstil ist flüssig, der schwäbische Dialekt des Oberkommissars bringt einen humorvollen Touch in die Handlung. Die Autorin vermag mit kurzen und prägnanten Worten nicht nur bildhafte Beschreibungen von Personen, sondern auch von Stimmungen zu vermitteln: ob es die aufgeheizte Atmosphäre der Hooligans beim Fußballmatch ist, oder das panische Tohuwabohu, das durch einen Feueralarm im Hotel entsteht. Für tiefgehende Charaktere bleibt in einem Kurzkrimi zu wenig Raum. Dennoch sind Wesenszüge und Eigenarten erkennbar bzw. auch die Motivation der Täter.

Die Szenen- und Perspektivenwechsel zwischen Ermittlungsarbeit und Tätersicht gestalten die Handlung abwechslungsreich, vermitteln Spannung und geben Einblick in die Hintergründe der Tat.

Diese Reihe ist ideal für zwischendurch, für unterwegs oder bei längerer Wartezeit. Es sind Wohlfühlkrimis mit sympathischen Protagonisten, humorvoll und spannend zugleich.

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Veröffentlicht am 03.01.2023

Gedankenwelt von Mördern

Der Nordseeritzer
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„Der Nordseeritzer“ von Drea Summer ist ein packender Krimi, der vielversprechende Auftakt zu einer neuen Sylt-Krimi-Reihe.

Worum geht es?
Kriminalkommissar Jan Graf wird Augenzeuge, wie ein Mann von ...

„Der Nordseeritzer“ von Drea Summer ist ein packender Krimi, der vielversprechende Auftakt zu einer neuen Sylt-Krimi-Reihe.

Worum geht es?
Kriminalkommissar Jan Graf wird Augenzeuge, wie ein Mann von einer Klippe springt, unter mysteriösen Umständen und wie es scheint, nicht freiwillig. Im Zuge der Ermittlungen stoßen er und seine Partnerin Kriminalkommissarin Stefanie Teufel auf einen Kindermörder, den Nordseeritzer, der kürzlich aus jahrzehntelanger Haft entlassen wurde. Es besteht zu befürchten, dass er weitere Kinder tötet. Aber die beiden müssen sich noch mit weiteren Vorfällen auf Sylt beschäftigen.

Bereits das Cover stimmt auf die Geschehnisse ein – ein bedrohliches Messer blitzt aus Düsternis hervor, darunter der Sandstrand von Sylt. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und die Autorin versteht es meisterlich, Atmosphäre zu vermitteln. Die Kapitel sind kurz, mit Orts- und Zeitangaben übertitelt. Das Buch erschien 2022. Die Handlung spielt in der Gegenwart, vermutlich im Sommer 2021. Corona wird nicht erwähnt.

Dadurch, dass mehrere Handlungsstränge parallel laufen, durch stetige Szenen- und Perspektivenwechsel und einige Rückblenden ist die Handlung sehr abwechslungs- und temporeich. Zudem enden zahlreiche Kapitel mit einem Cliffhanger, was die Spannung noch zusätzlich befeuert. Man ist sofort mitten im Geschehen, mitten in den Ermittlungen, aber auch im Kopf der Täter. Beobachtet einen Auftragskiller bei seinen Vorbereitungen und bei der Ausführung seiner Taten, ebenso ist man bezüglich der Vorhaben des entlassenen, angeblich geheilten Kindermörders alarmiert. Die Mörderjagd gestaltet sich zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Es überstürzen sich die Ereignisse, immer wieder wird man von unerwarteten Wendungen überrascht. Und man will das Buch gar nicht mehr zur Seite legen. Pure Spannung von der ersten bis zur letzten Seite. Ein kompliziert angelegter Plot, zahlreiche anscheinend unabhängige Vorfälle, die sich ineinander verknoten und die sich letztlich schlüssig voneinander lösen. Mir gefiel generell der positive, happy-mäßige Ausklang.

Das Ermittlerpaar sowie deren Kollegen sind sehr sympathisch und gut vorstellbar gezeichnet. Es herrscht eine wohltuende positive und harmonische Atmosphäre im Team. Steffi und Jan sind ein eingespieltes Team, dienstlich. Sie können sich aufeinander verlassen, ergänzen einander und haben auch Spaß zusammen, können miteinander lachen. Ob sich darüber hinaus etwas ergeben könnte, wird wohl die Zukunft zeigen, liegt irgendwie in der Luft. Ebenso wird wohl in den Folgebänden noch etwas mehr über ihre familiären Verhältnisse und ihr Vorleben zutage kommen. Vorerst war es nur ein Kennenlernen. Den Protagonisten blieb in diesen Tagen auch kaum Zeit für ein Privatleben.

Der Haupttenor lag auf den Charakterbildern der Täter. In ebenso bewundernswerter wie erschreckender Art und Weise konnte sich die Autorin in die Gedankenwelt dieser psychisch gestörten Menschen versetzen, deren mehr oder weniger vorhandenen Emotionen einfangen, so manches Gruseln und Gänsehautfeeling dem Leser vermitteln.

„Der Nordseeritzer“ ist ein Pageturner, ein Buch, das man in einem Zug auslesen möchte. Es war dies mein erstes Buch von Drea Summer und wird definitiv nicht mein letztes sein. Vor allem möchte ich unbedingt diese Reihe weiterverfolgen. Das letzte Kapitel hat ja meine Neugier auf Band 2 geweckt.
5 Sterne! Eine unbedingte Leseempfehlung!

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