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Veröffentlicht am 10.03.2024

Spurlos verschwunden

Falsches Spiel in Valencia
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„Falsches Spiel in Valencia“ von Daniel Izquierdo Hänni ist der zweite Band mit Vicente Alapont als Protagonisten, einem ehemaligen Inspektor bei der Mordkommission, der nun Taxi fährt und nebenbei privat ...

„Falsches Spiel in Valencia“ von Daniel Izquierdo Hänni ist der zweite Band mit Vicente Alapont als Protagonisten, einem ehemaligen Inspektor bei der Mordkommission, der nun Taxi fährt und nebenbei privat ermittelt.

Worum geht es?
Die Gattin eines einflussreichen Speditionsunternehmers beauftragt Alapont, ihren spurlos verschwunden Gatten aufzuspüren. Alapont stößt bei seinen Nachforschungen im Umfeld des Mannes und in dessen Firma auf allerlei zwielichtige Machenschaften wie Geldwäsche und politische Intrigen.

Das Motiv am Cover ist der Bahnhof Estación del Norte, eines der bedeutendsten, im Jugendstil erbauten Gebäude Valencias. Somit unterstreicht das Cover nicht nur den Titel, sondern stimmt auch auf den Inhalt ein. Denn die Krimihandlung ist harmonisch eingebettet in viel Lokalkolorit. Abgesehen von spanischen Ausdrücken erfährt man einiges über die Stadt Valencia, wird auf besonders schöne Plätze hingewiesen, kulinarische Köstlichkeiten und Gebräuche, wie z.B. dass der 9. Oktober in Valencia als lokale Alternative zum Valentinstag gefeiert wird – man beschenkt andere mit Süßigkeiten. Es wird die spanische Lebensart, Lebensfreude und Lockerheit, ebenso dass auch manche gesetzlichen Bestimmungen nicht so genau genommen werden, wunderbar vermittelt.

Der Schreibstil ist flüssig, selbst die ausführlichen Schilderungen von Land und Leuten lesen sich flott und leicht. Die Kapitel sind kurz, lediglich nummeriert, ohne Zeit- oder Ortsangaben. Der 2024 erschienene Roman spielt in der nicht näher bezeichneten Gegenwart. Das Buch kann problemlos ohne Kenntnis des Vorgängerbandes gelesen werden, soweit nötig sind Erklärungen zur Vorgeschichte vorhanden. Im Hinblick auf den großen Personenkreis mit durchwegs schwierig zu merkenden Namen wäre eine Personenliste wünschenswert.

Man ist von Beginn an mitten im Geschehen. Dass der Roman im Präsens verfasst ist, verdeutlicht dieses Gefühl des Dabeiseins. Durch Perspektivenwechsel lernt man so nach und nach die wichtigsten handelnden Personen kennen, deren Bezug zum Vermissten und erahnt bereits die Intrigen und Machenschaften. Solange keine Leiche auftaucht, steht auch nicht fest, ob der Unternehmer tatsächlich ermordet wurde. Im Mittelpunkt der Handlung steht Vicente Alapont, der hartnäckig Fragen stellt und so nach und nach nicht nur zweifelhafte Geschäftspraktiken, sondern auch geheim gehaltene private Beziehungen aufdeckt. Ein nicht ungefährliches Unterfangen. Abgesehen von einigen brenzligen Situationen ergibt sich die Spannung primär aus der Frage nach Täter und Motiv. Denn der Gesuchte hatte so einige Widersacher, es mangelt nicht an Verdächtigen. Als Leser tappt man bis am Schluss im Dunkeln, kann gut miträtseln. Alapont ist trotz Rücksprachen mit ehemaligen Kollegen bei der Polizei mehr oder weniger auf sich allein gestellt. Diese wird erst aktiv, als es Alapont in einem geschickten Schachzug gelingt, den Täter zu überführen.

Vicente Alapont ist sympathisch charakterisiert, ein Familienmensch und geschätzt bei seinen ehemaligen Kollegen. Er genießt einerseits das Leben, auch seine Ungebundenheit als Taxifahrer, andererseits reizt es ihn doch nach wie vor, zu ermitteln. Er ist mutig, manchmal fast ein wenig zu leichtsinnig, kann sich aber schlagfertig und einfallsreich immer wieder aus heiklen Situationen retten. Gute Menschenkenntnis und exzellenter Spürsinn sind die Basis für seine Erfolge. Auch die übrigen Figuren sind gut vorstellbar, mit markanten Eigenschaften, dargestellt.

Bei „Falsches Spiel in Valencia“ handelt es sich wie beim ersten Band „Mörderische Hitze“ um einen Wohlfühlkrimi mit einem nicht alltäglichen Kriminalfall, solider Spannung und spanischem Ambiente, das Sehnsucht nach Urlaub im sonnigen Süden weckt. Mir hat das Buch angenehme Lesestunden beschert. Gerne empfehle ich das Buch weiter, vor allem Lesern, die ruhige, unblutige Krimis mögen, mit viel Lokalkolorit.

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Veröffentlicht am 09.03.2024

Schmerzlich vermisste Vaterliebe

Der andere Ausweg
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Schmerzlich vermisste Vaterliebe

„Der andere Ausweg“ von Manuel Martensen ist nach „Die tödliche Rezeptur“ der zweite Fall, in dem Kommissar Walter Bork und sein Team ermitteln.

Kurzer Inhalt:
Auf der ...

Schmerzlich vermisste Vaterliebe

„Der andere Ausweg“ von Manuel Martensen ist nach „Die tödliche Rezeptur“ der zweite Fall, in dem Kommissar Walter Bork und sein Team ermitteln.

Kurzer Inhalt:
Auf der Nordseeinsel Prielsand geschah ein Mord. Vom Festland, dem fiktiven Nordsum, wird Kommissar Bock und sein Team eingeflogen. Mit der letzten Fähre schafft es auch Jonas auf die Insel zu gelangen, wo bereits seine Freundin im Hotel auf ihn wartet. Sie wollen einige Wellness-Urlaubstage gemeinsam verbringen. Kurz darauf schneidet ein Orkantief die Insel vom Festland ab. Während die Kriminalbeamten mit den Befragungen beginnen, erhält Jonas einen Anruf. Ein Unbekannter hat seine Freundin gekidnappt und droht, sie zu töten, wenn Jonas die ihm gestellte Aufgabe nicht erfüllt. Für Jonas beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Noch dazu passiert ein weiterer Mord, wodurch Jonas in Verdacht gerät und vor der Polizei flüchten muss.

Das Cover passt zur Handlung – düstere Stimmung, aufgepeitschte See, ein Mann allein auf weiter Flur, auf sich allein gestellt. Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt in der Gegenwart an fiktiven Schauplätzen an der Nordsee. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, allerdings hätten Orts- bzw. Zeitangaben die Struktur verbessert. Insbesondere Perspektivenwechsel innerhalb eines Kapitels verwirren beim Lesen immer wieder. Auch die Rückblenden, zwar in Kursivschrift als solche erkennbar, sind oft nicht den Protagonisten zuordenbar. Die Chronologie der Ereignisse ist kaum durchschaubar, Angaben von Ort, Tages- bzw. Uhrzeit wären hilfreich gewesen. Der Schreibstil ist flüssig und packend. Die auf der Insel durch das Unwetter herrschende Atmosphäre, das landschaftliche Umfeld und die Lebensart der dortigen Bevölkerung sind ausgezeichnet eingefangen. Ohne Band 1 zu kennen, kam ich problemlos in die Geschichte hinein. Soweit erforderlich sind Erklärungen mit eingewoben.

Man ist von der ersten Seite an mitten im Geschehen, ist gleich einmal Zeuge des ersten Mordes, und kurz darauf beginnt bereits Jonas‘ Odyssee. Er sieht sich einer, wie es scheint, unlösbaren Aufgabe gegenüber. Die Spannung hält sich basierend auf Jonas‘ verzweifelter Suche nach Lara bzw. der Lösung der ihm gestellten Aufgabe und all der gefährlichen Situationen, in die er gerät, stets auf hohem Niveau. Cliffhanger, actionreiche Szenen machen das Buch zu einem Pageturner. Man kommt nicht umhin mitzufiebern, sich um ihn und Lara zu ängstigen. Es sind somit anfangs zwei Handlungsstränge, die erst gegen Ende zusammenlaufen. Dadurch wird die Handlung sehr komplex, teils verwirrend. Die Ermittlungen der Polizei gehen hingegen anfangs nur sehr lasch voran, nehmen erst nach dem zweiten Mord Fahrt auf. In den Befragungen kommen so nach und nach Zusammenhänge zutage, es mehren sich die Verdächtigen, man kann gut miträtseln. Als LeserIn tappt man bis zum dramatischen Showdown im Dunkeln, vor allem auch, weil die Polizei wesentliche Erkenntnisse bis zuletzt der Leserschaft vorenthält. Das Finale ist fast unerträglich fesselnd und offenbart schließlich einen Täter, den wohl niemand erwartet hat. Grundsätzlich ist die Lösung schlüssig und nachvollziehbar, dennoch blieben ein paar Fragen offen, was die Geschehnisse in der Vergangenheit anbelangt.

Im Mittelpunkt der Handlung steht einerseits Jonas, andererseits Kommissar Bork. Jonas war mir von Beginn an sympathisch, wenn auch seine persönliche Rolle in der dramatischen Situation nicht durchschaubar war. Kein einfacher Charakter, geprägt von einer unglücklichen Kindheit, einem problematischen Verhältnis zu seinem Vater. Generell zieht sich die Thematik von fehlender Vaterliebe und häuslicher Gewalt wie ein roter Faden durch den Roman, und trägt dazu bei, eine Reihe von Verdächtigen zu generieren. Haupt- wie Nebenfiguren sind anschaulich geschildert, wirken authentisch und lebendig. Das polizeiliche Team ist mehr oder weniger markant beschrieben. Was Sympathie anbelangt, punktet Kommissar Bork nicht von Beginn an durch seine mürrische Art, doch erweist er sich im Laufe der Handlung als kompetenter Ermittler und fairer Vorgesetzter.

„Der andere Ausweg“ hat mir Lesestunden voller Spannung beschert. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Gerne empfehle ich das Buch weiter. Trotzdem vergebe ich wegen der teils verwirrenden Struktur nur 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 03.03.2024

Ein Blick in die Abgründe der Seele

Romeos Tod
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„Romeos Tod“ von Sabine Thiesler ist kein herkömmlicher Krimi oder Thriller, primär ein Roman über zwei extreme Charaktere.

Worum geht es?
Nach einem 10-jährigen Gefängnisaufenthalt lernt Mona im Zug ...

„Romeos Tod“ von Sabine Thiesler ist kein herkömmlicher Krimi oder Thriller, primär ein Roman über zwei extreme Charaktere.

Worum geht es?
Nach einem 10-jährigen Gefängnisaufenthalt lernt Mona im Zug Dora kennen, die am Weg zu ihrem Sohn ist, dem Schauspieler Jan. Die beiden Frauen freunden sich an, und Mona begleitet Dora zu Jans Premiere. Er feiert als Hamlet einen großen Erfolg. Mona und Jan verlieben sich leidenschaftlich ineinander. Es entwickelt sich eine toxische Liebesbeziehung. So nach und nach erzählt ihm Mona ihre Lebensgeschichte, insbesondere dass sie auf der Suche nach ihren Ex-Mann und ihren Kindern ist, die sie in Italien vermutet. Jan will, aber kann sie nicht sofort begleiten, weil er weiterspielen muss, daher reist Dora mit Mona nach Italien …

Das Cover wirkt düster, der Fokus liegt auf dem Scheinwerferlicht, denn auf der Bühne zu stehen, ist Jans Lebensinhalt. Der Titel und insbesondere der Name der Autorin dominieren das Cover. Das Buch erschien 2024. Es gliedert sich in drei Teile – Hamlet, Lenz und Romeo und Julia, analog den drei Rollen, die Jan im Laufe der Geschichte verkörpert. Die Kapitel sind angenehm kurz, so geht das Lesen flott dahin, auch ob des flüssigen Schreibstils. Die Handlung spielt in der Gegenwart in verschiedenen Städten Deutschlands, in Wien und in der Toskana.

Erzählt wird vorwiegend aus Jans und aus Monas Sicht, teils sind es Rückblenden. Diese Perspektivenwechsel und Zeitsprünge, durch die immer wieder überraschende Wendungen und neue Details aus Monas Vergangenheit ans Licht kommen, gestalten die Handlung abwechslungsreich und die Spannung auf gutem Niveau.
Die Spannung generiert sich in gewissem Sinne vor allem aus der Wahrheitssuche und aus dem Bedürfnis, wissen zu wollen, wie dieser Strudel, diese Abwärtsspirale, in der sich die beiden befinden, wie dieses Fiasko schließlich endet. Denn der Titel verrät ja Romeos Tod, nur weiß man nicht, wie es dazu kommt. Man spürt von Beginn an, dass irgendetwas an Monas Geschichten nicht stimmt, aber welch erschütternde Wahrheit am Ende ans Tageslicht kommt, erahnt man nicht.

Mona und Jan stehen im Mittelpunkt der Handlung. Zwei Menschen, die zu Übertreibungen, zu Extremen neigen, im Positiven wie Negativen, in der Liebe wie im Hass.
Dora, Jans Mutter, quasi die Verbindung zwischen den beiden, erkennt lange nicht die verheerende Wirkung, die Mona auf ihren Sohn ausübt. Und selbst wenn, Jan hätte in seiner Mona-Besessenheit wohl auch nicht auf sie gehört.
Mona versteht es brillant, andere zu manipulieren, sich als Opfer darzustellen, doch sie ist eine einfallsreiche Erzählerin und Lügnerin. Sie ist egoistisch und auf ihren Vorteil bedacht. Obwohl sie Jan sehr liebt, missbraucht sie ihn als Werkzeug für ihre Rache, ungeachtet seiner Gefühle, seiner psychischen und körperlichen Belastbarkeit.
Jan, auch im Alltag unausgeglichen und launisch, und von Selbstzweifeln geplagt, lebt nicht nur fürs Theaterspiel, nein, er verwandelt sich regelrecht in jene Figur, die er auf der Bühne verkörpert. Er lebt sich derart in die Rollen hinein, dass er fühlt, liebt und leidet wie Hamlet, Lenz oder Romeo. Seine Genialität grenzt an Wahnsinn. Er wird von einer Macht an Gefühlen regelrecht übermannt, was ihn letztlich schwächt, auslaugt. Genauso tief und versengend verfällt er der erotischen Anziehung von Mona, ist ihr letztlich hörig.
Ich fand beide nicht sympathisch. Ich habe mich schwer getan mit Mona und Jan, mit ihrer Exaltiertheit, ihren Exzessen und übertriebenen Emotionen. Die Geschichten, die Mona aus ihrem Leben erzählt, strotzen vor körperlicher und psychischer Gewalt, vor Grausamkeiten. Ich lese so etwas nicht gerne und konnte das Buch auch nicht zügig vorantreiben, brauchte immer wieder Lesepausen.

Das Buch ist gut geschrieben, spannend, voller Dramatik und wohl für viele auch ein Highlight. Es war mein erstes Buch dieser Autorin. Ich kann somit keine Vergleiche zu ihren anderen Büchern ziehen. „Romeos Tod“ entsprach leider nicht ganz mein Geschmack.

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Veröffentlicht am 01.03.2024

Späte Suche nach der Jugendliebe

Die verschollene Bernsteinkette
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„Die verschollene Bernsteinkette“ ist Robert Mitterwallners Debutroman, eine eher kurze Geschichte mit gut vorstellbarem Lokalkolorit, einem Schuss Liebe und etwas kriminellem Touch.

Worum geht es?
Fünf ...

„Die verschollene Bernsteinkette“ ist Robert Mitterwallners Debutroman, eine eher kurze Geschichte mit gut vorstellbarem Lokalkolorit, einem Schuss Liebe und etwas kriminellem Touch.

Worum geht es?
Fünf Jugendliche verbringen im Jahr 1976 einige fröhliche Ferientage auf Sylt, verlieren einander danach aus den Augen. 40 Jahre später trifft Alex zufällig Anne, eines der Mädchen von damals. Seine Erinnerung an Tina, in die er sehr verliebt war, die aber von einem Tag auf den anderen verschwand, wird aufgefrischt. Ist ihr etwas passiert? Er beginnt nachzuforschen ... ein Anhaltspunkt ist die besondere Bernsteinkette, die er Tina seinerzeit schenkte.

Das Cover mit Sonnenuntergang ist ein Hingucker. Der Buchtitel ist nicht nur optisch, sondern auch haptisch hervorgehoben. Das Buch erschien 2023. Es umfasst lediglich rd. 130 Seiten. Die Handlung spielt im Sommer 2016, mit einem kurzen Rückblick auf 1976. Die Kapitel sind angenehm kurz, mit Orts- und Zeitangaben; dadurch behält man trotz der stetigen Perspektiven- und Ortswechsel einen guten Überblick. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft, auch sehr informativ, was das jeweilige Umfeld anbelangt, sowohl Sylt als auch Neuseeland, den zweiten Haupthandlungsort. Sowohl Örtlichkeiten als auch Landschaften, Flora und Fauna, kann man sich gut vorstellen, auch wenn man noch nicht dort war. Die Erzählform ist gut, auch sprachlich, etwas zu nüchtern, zu distanziert. Was mir fehlte, war das Emotionale, das auf mich übergesprungen wäre. Egal, ob es um Freude, Frust, Abneigung oder Liebe geht, es kommt keine Intensität zum Ausdruck.

Durch die Suche nach einer seit Jahrzehnten vermissten Person und den vagen Mordverdacht erscheint die Handlung zunächst als Krimi. Wie die Aufrollung eines Cold Case. Und der Autor lockt einen auch auf falsche Fährten, auch durch einige Spannungsmomente. Es hätte ruhig noch ein wenig mehr Dramatik eingebaut sein können. Die Ermittlungen erfolgen ohne offizielle Einschaltung der Polizei lediglich auf privater Basis, wobei es mir etwas unrealistisch vorkam, wie einfach Privatpersonen Informationen von behördlichen Stellen erhielten, zu Zeiten des Datenschutzes. Obwohl ich irgendwann das Ende erahnte, so war ich ob der detaillierten Lösung dann doch überrascht.

Im Mittelpunkt steht der Schriftsteller Alex, der seine Jugendliebe wiederfinden möchte. Er recherchiert selbst, kontaktiert und befragt vor allem diejenigen, die damals mit zu dem Kreis gehörten. So nach und nach erfährt man, was aus den jungen Leuten von damals geworden ist und gewinnt auch Einblick in ihre markanten Wesenszüge und Eigenschaften, doch es ist eine eher oberflächliche Charakterisierung. Etwas mehr Tiefe, mehr Gefühlsregungen, etwas mehr Romantik hätten die Figuren noch etwas lebendiger gestaltet. Insbesondere die Flirts bzw. Liebesbeziehungen der Protagonisten wirken zu unterkühlt, da schwingt zu wenig Leidenschaft mit.

Ich habe „Die verschollene Bernsteinkette“ in einem Zug ausgelesen. Im Prinzip war die Handlung gut aufgebaut und schlüssig, war spannend, und ich fand die Protagonisten sympathisch. Für mich war es ein gelungenes Erstlingswerk. Ein bisschen mehr ausschmücken hätte man die menschlichen Aspekte noch können. Da noch etwas Luft nach oben besteht, vergebe ich nur 4 von 5 Sternen.


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Veröffentlicht am 29.02.2024

Karl Hinterleitners Geheimnis

Prost, auf die Künstler
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„Prost, auf die Künstler“ von Friedrich Kalpenstein ist ein spannender, aber vor allem auch ein sehr humorvoller Cosy-Regionalkrimi mit bayrischem Flair.

Worum geht es?
Ein alleinstehender alter Mann ...

„Prost, auf die Künstler“ von Friedrich Kalpenstein ist ein spannender, aber vor allem auch ein sehr humorvoller Cosy-Regionalkrimi mit bayrischem Flair.

Worum geht es?
Ein alleinstehender alter Mann wird tot aufgefunden. Wie sich bald herausstellt, wurde er ermordet. Was war das Motiv? Etwa sein wertvoller Oldie-Traktor, für den es etliche Interessenten gab? Doch bald kommen die Ermittler dahinter, dass der Ermordete so seine Geheimnisse hatte.

Das Cover ist ein Hingucker, schon alleine wegen dem in Szene gesetzten Maskottchen dieser Reihe, dem entzückenden Dackelweibchen Resi. Das Buch erschien 2024. Die Handlung spielt in der nicht näher bezeichneten Gegenwart. Die Kapitel sind angenehm kurz, ohne Orts- und Zeitangaben, aber mit originellen, auf die zu erwartenden Ereignisse hinweisenden Überschriften. Es handelt sich bereits um den neunten Fall dieser Reihe, deren Bände man trotz des roten Fadens problemlos einzeln lesen kann. Der Schreibstil ist flüssig. Aufgrund der schlagfertigen witzigen Dialoge und Situationskomik kam ich kaum aus dem Schmunzeln heraus und nicht nur einmal musste ich herzhaft lachen.

Obwohl die Ermittler nur langsam vorankommen, hält sich der Spannungsbogen von Beginn an auf gutem Niveau. Je mehr Tischler und Fink das Umfeld des Opfers erkunden, desto rätselhafter wird sein Leben und welchen Umgang er pflegte. Der Kreis der Verdächtigen wächst stetig, man findet ausreichend Ansätze für eigene Theorien, kann wunderbar miträtseln. Doch der Autor legt eine Menge Fährten, die die Ermittler ebenso wie die Leserschaft immer wieder in die Irre führen. Bis letztlich – nach etlichen überraschenden Wendungen in einem turbulenten, nicht ungefährlichen Showdown der Täter gefasst wird, ein für mich übrigens völlig unerwarteter Täter.

Bevölkert ist der Krimi primär von sympathischen Menschen. Sie haben ihre Macken und Eigenheiten, wirken teils schrullig und originell, aber durchwegs liebenswürdig. Man fühlt sich wohl in dem Ort Brunngries. Beim polizeilichen Ermittlerteam herrscht nicht nur kollegiale Harmonie und Zusammenhalt, es rennt auch meist der Schmäh. Auch übers Berufliche hinaus pflegt man die Kontakte, erfährt auch so manch Privates.

Die Lektüre von „Prost, auf die Künstler“ war eine Wohltat für meine Seele, hat mich wieder wunderbar unterhalten, war lustig und spannend in einem. Für mich sind die „Prost-Krimis“ von Friedrich Kalpenstein die unterhaltsamsten Krimis überhaupt. Kaum hat man einen Band beendet, freut man sich schon auf den nächsten Fall, auf das nächste Wiedersehen mit den Protagonisten in Brunngries! 5 Sterne.

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