Auf der Jagd nach Nessie entwickelt sich eine verbotene Liebe in Schottland- unterhaltsamer Roman mit einer schwachen Heldin im Fokus und mit etwas Luft nach oben
Die Frau am SeeMaddie, Tochter eines reichen Ehepaars, die eine lieblose Kindheit durchleben musste, dachte eigentlich, dass sie in ihrem Ehemann Ellis, ebenfalls aus bestem Hause, endlich einen liebenden Gatten gefunden ...
Maddie, Tochter eines reichen Ehepaars, die eine lieblose Kindheit durchleben musste, dachte eigentlich, dass sie in ihrem Ehemann Ellis, ebenfalls aus bestem Hause, endlich einen liebenden Gatten gefunden hätte und ihre Zukunft sich nun liebevoller und rosiger gestalten würde. Doch dann beschließt der amerikanische Präsident, die Teilnahme Amerikas am Krieg und Ellis, der sich freiwillig zum Soldatenleben verpflichten wollte, wurde abgelehnt, da ihm eine Farbenblindheit diagnostiziert wurde. Ab diesem Moment ist er wie verwandelt; trinkt mehr, als er vertragen kann und traktiert in alkoholisiertem Zustand alle Mitmenschen in seiner Nähe mit seiner schlechten Laune, seinen unkontrollierten Wutausbrüchen und seinem weinerlichen Gehabe.
Maddie versucht ihn zu unterstützen, wo es nur geht. Selbst als er mit seinem besten Freund Hank beschließt, sich nach Schottland aufzumachen inmitten des Kriegsgeschehens in Europa, um „Nessie“ aufzuspüren und abzulichten, zögert Maddie nicht lange und begleitet die beiden Männer. Zu Hause in Philadelphia, fühlt sie sich sowieso fehl am Platz, da ihre Schwiegereltern keinen Hehl daraus machen, dass sie ihre einfache Herkunft verachten, auch wenn ihnen die Tatsache, dass sie eine reiche Erbin ist, durchaus gefallen mag. Besonders Maddies Schwiegermutter lässt kein gutes Haar an ihr und gibt ihr bei jedem gemeinsamen Beisammensein das Gefühl unzulänglich zu sein. Dazu kommt, dass Maddies Mutter an einem Nervenleiden litt und Maddie seit kurzer Zeit ebenfalls Schwächeanfälle erleidet, die der herbeigerufene Arzt auf ein angegriffenes Nervenkostüm schiebt, das ihr scheinbar von der Mutter vererbt wurde.
Die Schiffsreise nach Europa gestaltet sich sehr gefährlich und Maddies Gesundheitszustand ist in den ersten Tagen nach ihrer Ankunft alles andere als stabil. Sie wirkt auf die Dorfbewohner unterernährt und eingeschüchtert. Dazu kommt, dass ihr Ehemann sie alles andere als gut behandelt, was darin gipfelt, dass er sie für zwei Tage allein im Hotel lässt, während er mit Hank in der Stadt herumstreift.
In dieser Zeit lernt Maddie die Hotelangestellten und auch ihren Besitzer, Angus besser kennen und überdenkt zum ersten Mal ihre Art zu leben, begreift wie privilegiert sie bislang, wie unter einer Glasglocke, dahinvegetierte und wie sehr sie sich von ihrem Mann herumschubsen ließ. Besonders Angus und seine tragische Geschichte gehen ihr unter die Haut und dann stellt sie zu ihrem Entsetzen fest, dass sie auf dem besten Wege ist, sich in den Schotten zu verlieben. Als Ellis jedoch ahnt, was in seiner Frau vor sich geht, spitzt sich die Lage dramatisch zu…
„Die Frau am See“ ist mein erster Roman, den ich von der Autorin las; allerdings hatte ich bereits die Romanverfilmung „Wasser für die Elefanten“ gesehen, den ich grandios fand. Da Sara Gruens aktueller Roman dazu mit einem Schottlandsetting aufwartet und nebenher leichte Para-Elemente eingefügt wurden, fiel der Roman laut Klappentext dann auch genau in meinem Lesebeuteschema.
Der bildhafte Schreibstil der Autorin, ermöglicht es dem Leser dann auch sehr schnell, in die Geschichte einzutauchen- Land und Leute werden sehr gut und real wirkend dargestellt; zudem entwickelten sich die Schotten zu meinen heimlichen Lieblingsfiguren in diesem Roman, da ihren Sinn für die Realität, im Gegensatz zu den reichen Amerikanern, nie aus den Augen verlieren. Maddie ist dagegen eine Heldin, mit der ich nur sehr schwer warm wurde. Ihre Passivität ob der sehr verletzenden Bemerkungen, die ihr Mann ihr an den Kopf schleuderte, zerrte zu sehr an meinen Lesernerven und dass sie nach jedem Aufbegehren relativ rasch wieder einknickte, konnte ich auch irgendwann nicht mehr akzeptieren, zumal sie in den Hotelangestellten ja Freunde und Unterstützer gefunden hatte.
Auch die Tatsache, dass sie ihrem, sich einfach unmöglich verhaltenden Mann, so lange zur Seite steht, ließ mich beim Lesen hinsichtlich ihres schwachen Charakters irgendwann verzweifeln. Ehrlich gesagt hätte ich nicht geglaubt, dass sie überhaupt noch die Kurve bekommt, doch gottlob ändert sich ihr Verhalten, ab ca. nach der ersten Hälfte des Romans, dann Stück für Stück. Ihr unerschöpfliches Vertrauen in Ellis fand ich dennoch sehr grenzwertig.
Auch den historischen Hintergrund fand ich ein wenig zu sehr in den Hintergrund geschoben. Zwar spielt der Roman kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges, doch werden nur die nötigsten, allgemeinen Informationen, die sich zu dieser Zeit, in der sich Maddie und ihr Anhang in Schottland befinden, eingestreut, so dass man, zumindest was den historischen Hintergrund angeht, als Leser außen vor bleibt und nicht viel über die Menschen, ihre Gefühlswelt bezüglich der Kriegswirren etc. erfährt.
Selbst die Jagd nach Nessie hätte sich vielleicht etwas weniger eintönig gestalten können…
Aber, zumindest die sich langsam entwickelnde Liebesgeschichte zwischen Maddie und Angus fand ich romantisch und ergreifend geschildert und auch zieht die Autorin den Spannungsbogen gegen Ende der Geschichte so sehr an, so dass ich statt einer 3.5 Bewertung dann doch lieber eine 4.0 Bewertung für den kompletten Roman vergeben möchte, da mir ihr Schreibstil ebenfalls sehr gut gefallen hat.
Kurz gefasst: Auf der Jagd nach Nessie entwickelt sich eine verbotene Liebe in Schottland- unterhaltsamer Roman mit einer schwachen Heldin im Fokus und mit etwas Luft nach oben.