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Veröffentlicht am 20.10.2019

Solide geschriebener Kurzroman mit spannender Grundidee, der mich jedoch nicht berühren konnte

Ein dänischer Winter
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Kenia, 1929:

Karen Blixen, beschließt ihrer geliebten Farm für eine Weile den Rücken zu kehren, denn ihre Mutter im fernen Dänemark, ist schwer erkrankt. Karen befindet sich in einer schwierigen Lebenssituation. ...

Kenia, 1929:

Karen Blixen, beschließt ihrer geliebten Farm für eine Weile den Rücken zu kehren, denn ihre Mutter im fernen Dänemark, ist schwer erkrankt. Karen befindet sich in einer schwierigen Lebenssituation. Zum einen haben mehrere schlechte Ernten dafür gesorgt, dass sie finanziell beinahe ruiniert ist und sie womöglich ihre Zelte in Afrika ganz abbrechen muss, zum anderen befindet sich ihre Beziehung mit dem Großwildjäger und begeisterten Flieger Denys Finch-Hatton in einer Krise. Karen liebt Denys sehr, doch manche Wesenszüge an ihm lassen Zweifel in Karen aufkeimen, ob ihre Liebe für die Ewigkeit bestimmt ist. Während sie in Europa weilt, besucht sie Denys reiche Familie; doch diese bleibt ihr fremd und unnahbar. Die Weihnachtsfeiertage verbringt Karen jedoch in ihrem Elternhaus Rungstedlund und trifft dort auf eine junge Hausangestellte, die sich, wie Karen, ihre Träume nicht verbieten lassen will.

Dänemark 1929:

Minna lebte, bis sie ihre Arbeit verlor, weil sie sich weigerte einem Vorgesetzten zu Willen zu sein, mit Mutter und jüngerer Schwester in einer kargen, kleinen Wohnung. Nach dem Tod des Vaters ist die dreiköpfige Familie auf den Verdienst von Minna angewiesen. Die junge Frau, die eigentlich gerne Lehrerin geworden wäre, ist verzweifelt. Selbst ihr Freund und Vertrauter aus besserem Hause, der Lehrer Carl Olsen, weiß zunächst keinen Rat. Als Minna verzweifelt durch die Straßen der Stadt läuft, wird sie von einer Dame angesprochen, die sich bei näherem Hinsehen als Bekannte entpuppt. Minna hatte, einige Zeit zuvor, einem öffentlichen Vortrag von ihr lauschen können, der sich mit der Stärkung der Rechte der Frauen beschäftigte. Die Dame, die sich als Karen Blixens Tante entpuppt, vermittelt Minna eine befristete Arbeitsstelle als Hausmädchen auf Rungstedlund und Minna, die schon befürchten müsste, über die harte Winterzeit keine Anstellung mehr zu bekommen, ist überglücklich. Überhaupt ist sie froh über den Ortswechsel, denn sie muss fürchten, dass es Carl niemals ehrlich mit ihr gemeint hat. Als sie Karen kennenlernt, eröffnet diese ihr völlig neue Perspektiven. Doch sind diese überhaupt umsetzbar?

Ich muss zugeben, in mir kamen, als ich dieses, hochwertig gestaltete Büchlein entdeckte und den Klappentext las, unweigerlich Erinnerungen an den großartigen Film „Jenseits von Afrika“ und dessen wunderbare Naturaufnahmen des Kontinents. Meryl Streep und Robert Redford, verkörperten darin das Liebespaar Karen Blixen und Denys Finch-Hatton. Die Schriftstellerin Karen Blixen jedoch auf diesen verklärten Hollywoodstreifen zu reduzieren, würde ihr aber natürlich in keiner Weise gerecht werden.
Die Autorin dieses 157 Seiten langen Kurzromans, hat akribische Recherche betrieben, um auf perfekte Art und Weise, wahre historische Begebenheiten mit fiktionalen Elementen zu verbinden. So hätte es durchaus geschehen können, dass sich die echte Karen und die fiktionale Minna im wahren Leben hätten begegnen können.
Ich las vor einiger Zeit einen anderen Weihnachtskurzroman von Sanne Jellings, „Weihnachten im Alten Land“, der mich sehr berühren und begeistern konnte und auch „Ein dänischer Winter“, kann mit einem ansprechenden Schreibstil aufwarten. Dennoch, diesmal fehlte mir für eine bessere Bewertung der Tiefgang. Zwar sind Minnas und Karens Dialoge keinesfalls nichtssagend geraten und verdeutlichen stattdessen sogar die unterschiedliche Denkensweise der Hauptfiguren, die größtenteils auf ihrem anders gearteten gesellschaftlichen Stand beruht, was interessant zu lesen ist. Dennoch wirkt dieser Kurzroman meiner Meinung nach zu steril. Mir fehlte mehr Herzenswärme, die Charaktere blieben zu blass, so dass mich ihr Schicksal leider völlig kalt ließ.

Das tut mir sehr leid für die Autorin, die sich, wie man beim Lesen zwischen den Zeilen lesen kann, viel Mühe damit gegeben hat, aufgrund ihrer Recherche ein möglichst ähnliches Gedanken und Gefühlsweltenbild Karen Blixens darzustellen, doch kann ich die Geschichte nur nach meinem persönlichen Leseempfinden bewerten. Dabei fand ich die Grundidee, die der Geschichte zugrunde liegt; nämlich eine junge unbedarfte Frau und Karen Blixen aufeinandertreffen zu lassen- zwei Frauen, die an einem Scheideweg in ihrem Leben stehen, an sich sehr spannend. Vielleicht wäre die Idee für diesen Kurzroman eher rundum gelungen umsetzbar gewesen, wenn die Autorin ihren Figuren mehr Seitenzahlen auf den Leib geschrieben hätte?

Kurz gefasst: Solide geschriebener Kurzroman mit spannender Grundidee, der mich jedoch nicht berühren konnte.

Veröffentlicht am 18.10.2019

Weihnachten kann kommen- Renate Bergmann ist bereits für alle Eventualitäten gerüstet. ;-) Humorvolle , kurzweilige Weihnachtsanthologie!

Die Reste frieren wir ein
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Die (fiktive) rüstige und clevere Omi Renate Bergmann, hat im Laufe ihres Lebens viel erlebt und kann somit aus dem Vollen schöpfen, wenn es darum geht unterhaltsame Geschichten von damals und heute zu ...

Die (fiktive) rüstige und clevere Omi Renate Bergmann, hat im Laufe ihres Lebens viel erlebt und kann somit aus dem Vollen schöpfen, wenn es darum geht unterhaltsame Geschichten von damals und heute zu erzählen. Besonders die Weihnachtsfeste in den Jahren 1946, 1966, 1973, 1986 und 2018 hat sie in guter Erinnerung behalten und plaudert nun aus dem Nähkästchen.

Als sie beispielsweise zusammen mit den Großeltern die auf einem Bauernhof lebten, dem Bruder und der Mutter, trotz des strengen Hungerwinters schöne Stunden verlebten- als ihre Großeltern noch für Klein Renate und Fritz phantasievolle Geschenke bastelten und die Oma clever, wie sie war, gehäutete Biber an die ahnungslosen Städter vertauschte, die diese für Weihnachtsgänse hielten.

Oder aber, als sie 1966 bereits zum zweiten Mal verheiratet, das Weihnachtsfest mit der bösen Schwiegermutter, der Baronin von Morskötter verbringen musste, die nach dem Krieg leider nur noch verarmter Adel war und sich überall mit mitgebrachter Tupperdose durchschnorrte.
Auch das Weihnachtsfest im Jahre 1973 war für Renate besonders. Einerseits traurig, da ihr Wilhelm bereits seit sechs Jahren unter der Erde weilte, andererseits auf aufregend, weil sie ausgerechnet am Weihnachtstag, während ihrer Schicht bei der Bahn, einem Säugling auf die Welt helfen musste.
Im Jahre 1986, half sie dagegen einer guten Freundin und leistete dieser Gesellschaft, die sich ausgerechnet bei den Essensvorbereitungen zum Fest leicht „überfressen hatte“ und mit „Galle“ ins Krankenhaus eingeliefert werden musste- aber Renate wäre nicht Renate gewesen, wenn sie selbst unter diesen erschwerten Bedingungen keine besinnlichen gemeinsamen Stunden mit den Freunden und Lieben hätte erschaffen können. Und was Renate im Jahre 2018 erleben durfte; nun das bleibt eine Überraschung…

Ich hatte im Vorfeld schon viel über die fiktive Twitteromi Renate Bergmann gelesen und gehört, die der Autor Torsten Rohde vor ein paar Jahren erschuf und bereits mehrfach mit dem Gedanken gespielt, mir mal eines der zahlreichen „Renate“ Büchlein zu besorgen. Da ich es liebe mich bereits im Herbst mit Weihnachtslektüre einzudecken, die ich eigentlich erst horten möchte- was mir aber zumeist nicht wirklich gelingt, da Lebkuchen schließlich ein passendes Ambiente benötigen wenn sie vertilgt werden, habe ich demnach gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Nun ist meine Neugierde auf Renate Bergmann Bücher (erst einmal) gestillt; zudem reagierte mein Magen überaus erfreut wegen der Weihnachtsleckereien, die ich beim Lesen verschnabuliert habe.

Diese Anthologie umfasst vier Geschichten, die, wie man es sich schon denken kann, in der Weihnachtszeit spielen, bzw. am Heiligen Abend. Ich mochte eigentlich alle Storys in diesem Büchlein sehr, doch besonders die erste Geschichte hat mich, trotz des humorigen Untertons, sehr berühren können. Weil Renates Erzählungen mich an die meiner Großmutter erinnert haben, die ebenfalls viel über die Entbehrungen in Kriegszeiten, aber auch über schöne Dinge in schlimmen Zeiten zu erzählen wusste. In denen man aus Armut erfinderisch werden musste, um den Kindern trotzdem am Weihnachtsabend eine Freunde machen zu können.
Dem Autor gelingt es so sehr, den O-Ton einer älteren Dame zu treffen, dass man schon nach wenigen Seiten lesen völlig vergisst, dass Renate lediglich ein fiktiver Charakter ist. Ich habe viel schmunzeln und lachen müssen und bin nun, nach dem Lesen, um eine lange verdrängte eigentlich schon verschütt gegangene Erinnerung reicher. Man nutzte vor „Tupper“, tatsächlich leere, ausgespülte Margarinepöttchen aus Plastik zum Einfrieren und die waren durchaus ebenfalls tauglich.
Wer eine Schwäche hat für humorige Weihnachtsanthologien und für naseweise, witzige und sympathische Omis, wird sich bestimmt, genauso wie ich, gut unterhalten fühlen von diesem Büchlein.

Kurz gefasst: Weihnachten kann kommen- Renate Bergmann ist bereits für alle Eventualitäten gerüstet. Humorvolle , kurzweilige Weihnachtsanthologie!

Veröffentlicht am 17.10.2019

Stimmungsvoller Weihnachtsroman mit Botschaft in wunderschöner Buchgestaltung

Mr. Hicks feiert Weihnachten
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Mortimer Hicks lebt in einem Vorort von London, ist seit sieben Jahren verwitwet und hat den Tod seiner Frau Margaret noch nicht richtig verwunden. Der pensionierte Buchhalter hat sich einen strengen Tagesablauf ...

Mortimer Hicks lebt in einem Vorort von London, ist seit sieben Jahren verwitwet und hat den Tod seiner Frau Margaret noch nicht richtig verwunden. Der pensionierte Buchhalter hat sich einen strengen Tagesablauf auferlegt und hasst es, wenn gewisse Vorkommnisse ihn aus dem zeitlichen Trott bringen. Doch eines Tages ist alles anders. Zunächst verschläft er, ein Unding! Dann läuft ihm eine abgemagerte rote Katze zu, die sich einfach in seine Wohnung drängt und sich nicht wieder verjagen lässt und die Reinigung im Ort, hat seine frisch gereinigten Hemden verschlampt- zu allem Überfluss wird er von einer neu zugezogenen Nachbarin gefragt, ob er für ein paar Stunden, während die Krankenschwester Dienst hat, auf deren kleinen Sohn Charlie aufpassen kann.

Außerdem scheint es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten zu stehen. Mehrfach fällt er in Ohnmacht und erwacht im viktorianischen England. Mr. Hicks ist verwirrt. All diese Unannehmlichkeiten kurz vor dem Weihnachtsfest! Eigentlich hatte er doch geplant allein zu bleiben, denn er hasst Menschen um ihn herum, die seine Ruhe und Ordnung durcheinander bringen. Doch dann trifft Mr. Hicks ausgerechnet auf die Dame, die er im Verdacht hat, seine verloren geglaubten Hemden aus der Reinigung in ihrem Besitz zu haben. Gwendoline überrascht ihn mit ihrer Freundlichkeit und Herzensgüte…

Mit „Mr. Hicks feiert Weihnachten“, ist der Autorin Katharina Naumann alias Kate Roseland, eine stimmungsvolle, moderne Interpretation der Dickenschen Weihnachtsgeschichte gelungen. Mr. Hicks, der Romanheld ist anfangs ein grantiger älterer Herr, der seiner Frau, während diese noch lebte, seine zurückgezogene Art zu leben aufgezwungen hatte. Und auch nach ihrem Tod hat er noch nicht begriffen, worauf es im Leben wirklich ankommt. Die Menschen, die er in dieser Geschichte nacheinander kennenlernt, bringen ihn durch ihre Freundlichkeit und Geselligkeit aber zum ersten Mal ins Grübeln. Doch Mr. Hicks ist kein Ebenezer Scrooge. Sein Verhalten macht sehr schnell deutlich, dass er im Grunde seines Herzens, wie auch andere Akteure im Roman, einfach nur einsam ist und das Herz auf dem rechten Fleck hat.

Ich mochte diese, leider nur 173 Seiten kurze Weihnachtsgeschichte sehr, doch hätte ich es mir gewünscht, dass sie vielleicht noch etwas länger ausgefallen wäre. Denn dann hätte die Möglichkeit bestanden, die Romancharaktere noch ein wenig umfassender zu beschreiben; also dabei noch ein wenig mehr in die Tiefe zu gehen und ihnen dazu ein wenig mehr Dialoge auf den Leib zu schreiben. Dennoch, „Mr. Hicks feiert Weihnachten“, ist ein schöner Weihnachtsroman mit Botschaft und besonders gefreut hat es mich, dass die Autorin eine kleine Begebenheit aus einem meiner Lieblingsfilme „Notting Hill“, für eine ihrer Romanpassagen genutzt hat, die ich an dieser Stelle natürlich nicht preisgeben werde.
Richtig toll fand ich dazu die Buchgestaltung, so dass der Roman auch optisch ein Hingucker ist und sich perfekt als Weihnachtsgeschenk eignet.

Kurz gefasst: Stimmungsvoller Weihnachtsroman mit Botschaft in wunderschöner Buchgestaltung.

Veröffentlicht am 15.10.2019

Einige besondere Geschichten und einige, leider eher belanglose Storys finden sich in dieser Weihnachtsanthologie

Was macht der Mann da unterm Baum?
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In der neuen Weihnachtsanthologie „Was macht der Mann da unterm Baum?“, finden sich insgesamt 25 Geschichten von diversen Autoren geschrieben- zum „Fest der Liebe“ Thema. Man bekommt daher eine bunte Palette ...

In der neuen Weihnachtsanthologie „Was macht der Mann da unterm Baum?“, finden sich insgesamt 25 Geschichten von diversen Autoren geschrieben- zum „Fest der Liebe“ Thema. Man bekommt daher eine bunte Palette an verschiedensten Eindrücken, Erinnerungen, Meinungen der Autoren geboten, so dass eigentlich für jeden etwas in der Geschichtensammlung zu finden ist. Ob man nun humorige Storys bevorzugt oder etwas, das zum Nachdenken anregt; all das findet sich in dieser Anthologie.

Das ist erst einmal nichts Schlechtes, doch hatte ich, allein schon wegen des witzigen Buchtitels und des lustigen Klappentextes, durchweg Humorvolles erwartet. Aber auch das wäre kein Problem gewesen, wenn ich zumindest in irgendeiner Weise berührt worden wäre. Dass nicht jede der Geschichten meinen persönlichen Geschmack treffen würde- nun, das hatte ich mir schon gedacht. Doch einige der Geschichten plätscherten dermaßen belanglos vor sich hin, dass ich mich regelrecht durchquälen musste, was sich daher auch in meiner Bewertung widerspiegelt. Das ist den Autoren gegenüber, die eine wunderbare Story abgeliefert haben nicht ganz gerecht, daher habe ich hier meine Favoriten mit Sternchen extra aufgeführt, möchte aber noch kurz erwähnen, wie sehr mich meine Lieblingsgeschichte in dieser Geschichtensammlung begeistert hat. Anna Herzogs Story „Das Lied“ erzählt von einem musikalisch, gestrengen Vater, der seine Kinder jedes Jahr erneut dazu ermutigt, zu musizieren. Es ist eine Geschichte die beim Lesen amüsiert aber auch zu gleichen Teilen anrührt und sie hebt sich, weil sie so besonders ist, noch ein Tickchen ab, von den anderen, wunderbaren Storys in dieser Anthologie.

Julia Hackober- Auf dem Weihnachtsmarkt
Tobias Haberl- Schlangenschnaps mit Oma
Kathrin Weßling- Barmherzigkeit
Sören Sieg- Bruderherz

Anna Herzog- Das Lied
Joachim Mischke- Hallelluja
Käthe Lachmann- Zement

Hilmar Klute- Der Winterfestmensch
O.Uschmann und Sylvia Witt- Schwiegersohn in Brand
Judith Laig- Das Kind unterm Baum

Ocke Bandixen- Möbelhändlerweihnacht
Helmut Maaß- Verhoben
Clara Ott- Turbulenzen über Grönland
Marco Göllner- Mindestens!

Carsten Höfer- Der Weihnachtsversteher
Renee Zucker- Die Stille in Berlin
Christian Maintz- Hadschi Halef Omar
Thomas Hollmann- Im Land der Alpenkläuse
Andreas Greve- Abweisende Außenhaut
Wolf Eismann- Baumstämme im Schnee
Cornelius Pollmer- Aus Thüringen und Sachsen
Emily Philippi- Die große Schokokugel
Thomas Medicus- Aus dem Schneereich
Jörg Pijahn- Omas

Dietmar Bittrich- Was macht der Mann da?

Kurz gefasst: Einige besondere Geschichten und einige, leider eher belanglose Storys finden sich in dieser Weihnachtsanthologie.

Veröffentlicht am 14.10.2019

Kurzweiliger, süffiger zweiter Teil um das Schokoladenfabrikanten Rothmann/Rheinberger, der viel 20er Jahre Flair versprüht.

Die Schokoladenvilla – Goldene Jahre
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Stuttgart 1926:

Serafina Rheinberger, ist endlich am Ziel angelangt. Nachdem ihr Vater ein paar Wochen zuvor plötzlich verstarb, hat sie die Einladung ihres Halbbruders Victor angenommen fortan bei ihm ...

Stuttgart 1926:

Serafina Rheinberger, ist endlich am Ziel angelangt. Nachdem ihr Vater ein paar Wochen zuvor plötzlich verstarb, hat sie die Einladung ihres Halbbruders Victor angenommen fortan bei ihm und seiner Familie zu leben, bis sie die Volljährigkeit erreicht hat. Gleich am Bahnhof macht sie die Bekanntschaft einer jungen, interessanten Frau. Lilou, die dem eigenen Geschlecht zugeneigt ist und für Josephine Baker arbeitet, wird in der Folgezeit zu einer verlässlichen Freundin. Und eine gute Freundin kann Serafina brauchen, denn sie wird von Unbekannten erpresst. Obwohl ihr Victors Familie sympathisch ist, traut sie sich nicht, ihnen von ihrem Problem zu erzählen und baut ganz auf Lilous Fähigkeiten.

Besonders Victors Schwager Karl, der im Familienbetrieb arbeitet, hat ein Auge auf die schöne Serafina geworfen. Und obwohl diese durchaus geschmeichelt ist, von seinen Avancen, ist es doch Karls Zwillingsbruder Anton, der ihr Herz schneller schlagen lässt. Der musikalische Anton scheint jedoch bereits vergeben zu sein.
Mehr über die Herstellung der Rothmannschen Köstlichkeiten, erfährt Serafina von Victors und Judith Tochter, dem Nesthäkchen Viktoria, kurz Vicky genannt. Denn Viky, hat genau wie ihre Eltern die Confiserieherstellung im Blut. Serafina schließt die Kleine, genau wie auch die übrigen Familienmitglieder schnell in ihr Herz. Eigentlich könnte sie glücklich sein, doch immer noch fürchtet sie sich vor ihren Erpressern.

Währenddessen stehen die Rothmanns vor einem ganz anderen Problem. Immer wieder kommt es zu seltsamen Vorkommnissen in der Fabrik. Es scheint, als wären Saboteure am Werk. Dazu müsste das Firmengelände dringend vergrößert und modernisiert werden. Und genau das trauen Judith und Victor, dem leichtlebigen Karl eigentlich nicht zu, was diesem sehr zusetzt. Seine Idee, eine Schallplatte aus Schokolade zu erschaffen, die auf einem Grammophon abspielbar ist, findet jedoch großen Anklang. Doch ist sie umsetzbar?

Judiths, Karls und Antons freiheitsliebende Mutter Helene hat derweil eine Einladung von ihrer Tochter erhalten. Soll sie es wagen nach Stuttgart zurückzukehren, nach all den Jahren?

Die kleine Vicky lernt eines Tages die gleichaltrige Mathilda Fetzer kennen. Sie ahnt zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass Mathildas Vater Robert, einst ein Angestellter der Rothmanns war. Seine politischen Ambitionen und ein persönlicher Verlust trieben ihn bald fort aus dem Haus. Obwohl Robert seiner Tochter den Umgang mit Vicky verbieten will, halten die Mädchen fest zusammen…

Erst kürzlich las ich den ersten Teil der dreibändigen Familiensaga über die Schokoladenfabrikanten Rothmann, in dem Tochter Judith, die Liebe ihres Lebens, den erfinderischen Victor Rheinberger kennen lernte. Dieser zweite Band spielt etwa zwanzig Jahre später. Der Leser erfährt, wie es dem Liebespaar seitdem ergangen ist und auch Judiths Brüder und ihre Kinder- bis auf Vicky, sind bereits erwachsen. Während im ersten Teil Helene, die schwierige Mutter von Judith eine sehr große Rolle einnahm, trat sie dieses Mal nur noch sehr wenig in Erscheinung, was mir mehr als recht war. Allerdings erfährt man nun, in der Fortsetzung, etwas mehr über Helenes damaligen Gemütszustand und kann sie zumindest im Ansatz verstehen.

Auch die, stets zu Streichen aufgelegten Zwillingsbrüder, gewinnen in diesem Teil mehr an Kontur was mir sehr gut gefallen hat. Beide sind facettenreiche Charaktere, die zwar einerseits unterschiedlich gestrickt sind, aber doch das Herz am rechten Fleck haben. Mit Serafina, Lilou, Mathilda und der kleinen Vicky, hat die Autorin dazu, weitere interessante Akteure eingeführt, die man schnell in sein Leserherz schließen kann. Und auch die verschiedenen Handlungsstränge sorgen für spannende Momente, so dass sich die über 700 Seiten, mal wieder wie im Fluge lesen ließen. Dazu fand ich, dass es der Autorin diesmal noch besser gelungen ist, Stimmungen und Emotionen der Akteure zu beschreiben. Ich mochte ihren Schreibstil bereits im Vorgängerband, ihrem Debütroman- doch nun ist sogar noch eine Steigerung zu erkennen.
Die Beschreibungen Berlins und Stuttgarts der 20er Jahre, wurden sehr bildhaft und lesenswert in Szene gesetzt, so dass es diesmal von meiner Seite aus auch so gar nichts zu meckern gibt. Erwähnenswert, der kleine Krimiplot, der mir so richtig gut gefallen und dem Roman zusätzliche Würze verliehen hat.

Man bekommt hier einen süffigen Historienschmöker geboten; aber natürlich spielt auch die Herstellung süßer Köstlichkeiten erneut eine Rolle. Interessant klingt übrigens das Himbeer-Trüffel Rezept, das sich im Buch findet und zum Nachmachen einlädt. Nun, nach dem Lesen des zweiten Teils, bin ich schon ganz gespannt auf den dritten Band der Trilogie und hoffe sehr, dass das Layout der Vorgängerbände, sich auch im Abschlussband spiegeln wird, da die Bücher optisch schöne Hingucker im Regal sind.

Kurz gefasst: Kurzweiliger, süffiger zweiter Teil um das Schokoladenfabrikanten Rothmann/Rheinberger, der viel 20er Jahre Flair versprüht.