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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.11.2024

Spannende Einblicke

Unversehrt. Frauen und Schmerz
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Eva Biringer erzählt uns in "Unversehrt" die Geschichte ihrer Großmutter, die ihr Leben lang mit ungeklärten gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, der gesagt wurde, sie solle nicht so hysterisch ...

Eva Biringer erzählt uns in "Unversehrt" die Geschichte ihrer Großmutter, die ihr Leben lang mit ungeklärten gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, der gesagt wurde, sie solle nicht so hysterisch sein, die einfach mal irgendwelche Medikamente nahm - wird schon irgendwas helfen...
Ein Bild, dass, wie Biringers Sachbuch zeigt, absolut nicht veraltet ist, denn in der heutigen Medizin sieht es leider nicht viel anders auch, nur gibt es nettere Begriffe. Biringer hat sich mit dem Thema "weiblicher Schmerz" beschäftigt: Wie wird Schmerz bei Frauen wahrgenommen? Wie sehen Frauen selbst ihren Schmerz? Wie wird damit umgegangen? Und sie erkennt, dass Frauen immer noch von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem benachteiligt sind. Nachteile, die nicht nur die Lebensqualität von Frauen einschränken können, sondern auch tödlich enden können.
Eva Biringer zeigt diese Nachteile auf und behandelt das Thema "weiblicher Schmerz" auf verständliche Art und Weise. Das Buch macht wütend und das aus gutem Grund. Auch wenn vieles vielleicht nicht neu ist, sind es Dinge, die einem meist nicht bewusst sind und dieses Buch lenkt wieder die Aufmerksamkeit darauf.

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Veröffentlicht am 18.11.2024

Feministische Fantasy

When Women were Dragons – Unterdrückt. Entfesselt. Wiedergeboren: Eine feurige, feministische Fabel für Fans von Die Unbändigen
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"When Women Were Dragons" von Kelly Barnhill ist eines meiner Jahreshiglights.
Der Roman rund um Alex Green, die im Amerika der 1950er Jahre aufwächst, zeigt auf eindrückliche, aber nicht allzu belehrende ...

"When Women Were Dragons" von Kelly Barnhill ist eines meiner Jahreshiglights.
Der Roman rund um Alex Green, die im Amerika der 1950er Jahre aufwächst, zeigt auf eindrückliche, aber nicht allzu belehrende Art, wie wichtig Frauen und Emanzipation sind. Denn in der alternativen Geschichte Amerikas, die uns Barnhill zeigt, verwandeln sich im Jahr 1955 tausende weiblich gelesene Personen in Drachen. Ehefrauen, die von ihren Männern genug haben, Fabriksarbeiterinnen, die von ihren Chefs schlecht behandelt werden,... Und die amerikanische Bevölkerung? Die beschließt dieses Ereignis einfach totzuschweigen.
"When Women Were Dragons" ist trotz der Thematik kein schweres oder anstrengendes Buch. Die fast 500 Seiten lesen sich erstaunlich schnell und man ist sofort von der Geschichte gefesselt. Die Protagonistin, Alex, ist eine sympathische junge Frau, die viel zu oft vom Leben Steine in den Weg gelegt bekommt und trotzdem nie aufgibt. Natürlich hat sie ihre Fehler, natürlich trifft sie die eine oder andere fragwürdige Entscheidung, aber genau das macht sie menschlich und umso liebenswerter.
Der Fantasyroman ist eine fesselnde queere Erzählung, die Gleichberechtigung auf greifbare, aber auch nachdrückliche Art vermittelt, ohne dass man das Gefühl hat mit der Moralkeule erschlagen zu werden. Eine gelungene Geschichte, die in sich stimmig ist und kaum Lücken lässt - gerne mehr davon, aber bitte nicht künstlich einen zweiten Teil anhängen!

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Veröffentlicht am 23.09.2024

Unter den Erwartungen

Die Unmöglichkeit des Lebens
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Matt Haig hat wieder einen Roman veröffentlicht, etwas, auf das ich mich immer freue. Doch dieses Mal konnte es mich nicht abholen. Vielleicht lag es an der Protagonistin Grace, eine pensionierte Mathematiklehrerin, ...

Matt Haig hat wieder einen Roman veröffentlicht, etwas, auf das ich mich immer freue. Doch dieses Mal konnte es mich nicht abholen. Vielleicht lag es an der Protagonistin Grace, eine pensionierte Mathematiklehrerin, die nicht an Wunder glaubt und in der Logik und Berechenbarkeit der Zahlen ihren Halt findet, die von Anfang an so konträr zu mir selbst ist. Vielleicht war es das Setting in Ibiza, das mich nicht wirklich angezogen hat, da ich weder Strand-noch Partyurlaub wirklich gerne mache. Am Ende blieb einfach nicht viel hängen, da ich nie die Verbindung zu den Charakteren und der Geschichte aufgebaut habe und ich nur mehr gelesen habe, um das Buch zu beenden. Bestimmt beinhaltet es für den einen oder anderen wichtige, erhellende Lebensweisheiten, aber dieser Matt Haig wird wohl nicht mein Favorit. Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass der nächste Roman wieder mehr meinen Geschmack trifft.

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Veröffentlicht am 19.09.2024

Ein bisschen Kolonialgeschichte

Antichristie
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Mithu Sanyal, eine deutsche Autorin mit indischem Hintergrund, beschäftigt sich im Roman Antichristie nicht nur mit dem Tod der britischen Queen 2022, sondern auch mit der Geschichte des indischen Freiheitskampfes.
Durga, ...

Mithu Sanyal, eine deutsche Autorin mit indischem Hintergrund, beschäftigt sich im Roman Antichristie nicht nur mit dem Tod der britischen Queen 2022, sondern auch mit der Geschichte des indischen Freiheitskampfes.
Durga, die bereits eine Doctor Who-(Doppel-)Folge geschrieben hat, ist in einem gemischten Team für die neue "woke" Poirot-Verfilmung. Doch plötzlich wacht sie als junger, indischer Freiheitskämpfer im London von 1906 auf.
Der Roman beginnt interessant, es geht darum, Agatha Christie zu entkolonialisieren und auf wieviel Widerstand die Filmproduktion trifft. Doch sobald die zweite Zeitlinie ins Spiel kommt, wird es nicht nur wegen des Zeitreiseaspekts verwirrend, sondern auch, weil ziemlich wenig erklärt wird. An sich schuldet der Roman das seinen Leser:innen nicht, jedoch braucht man dann einfach vorab einiges an Recherche und es sind sicher nicht alle Leser:innen bereit, diese Vorarbeit zu leisten. Und zumindest sollte es möglich sein, den Roman auch "dumm" zu genießen...

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Veröffentlicht am 22.08.2024

Bereichernde Familiengeschichte

Die Perserinnen
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Sanam Mahloudji schreibt in ihrem Debütroman über die Frauen einer iranischen Familie, die zu Zeiten des Shahs von Bedeutung waren. Doch nach der islamische Revolution und der Flucht nach Amerika (von ...

Sanam Mahloudji schreibt in ihrem Debütroman über die Frauen einer iranischen Familie, die zu Zeiten des Shahs von Bedeutung waren. Doch nach der islamische Revolution und der Flucht nach Amerika (von den meisten Frauen) bleibt ihnen nur noch ihr Geld.
Für den deutschsprachigen Raum ist dieser Roman besonders wichtig, da er eine neue Perspektive bietet, eine neue "Erfahrungswelt". Den Leser:innen wir eine neue Welt präsentiert, die den meisten vermutlich komplett unbekannt ist. Man kann die Welt der "Exil-Perserinnen" kennenlernen und die derer, die aus diversen Gründen im Iran zurückgeblieben sind und deren Leben sich durch die islamische Revolution komplett geändert hat.
Der Roman ist komplex und braucht stellenweiße doch große Aufmerksamkeit, denn viel kultureller Kontext wird nicht erklärt. Viel Wissen über die islamische Revolution und den Kulturwechsel im Iran wird vorausgesetzt, eine kurze Recherche vorab wird also empfohlen. Dann kann der Roman sehr bereichernd sein und einem die Augen öffnen.
Ab und zu wird es anstrengend, da sehr viele Namen (für deutschsprachige Leser:innen fremde Namen) vorkommen und man leicht den Überblick verlieren kann, wer mit wem wie verwandt ist. Eine kleine Übersicht am Anfang oder Ende hätte hier sehr geholfen.
Es hat zwar etwas gebraucht, bis mich das Buch überzeugen konnte, am Ende bin ich aber froh, es gelesen zu haben.

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