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Veröffentlicht am 18.01.2024

Holpriger Reihenauftakt

NACHT - Die Toten von Jütland
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„Nacht. Die Toten von Jütland“ ist nach der Hjortheede/Staal-Trilogie (noch nicht übersetzt) der Beginn einer ebenfalls auf drei Bände angelegten Thriller-Reihe mit David Flugt und Lucas Stage, zwei Sonderermittler ...

„Nacht. Die Toten von Jütland“ ist nach der Hjortheede/Staal-Trilogie (noch nicht übersetzt) der Beginn einer ebenfalls auf drei Bände angelegten Thriller-Reihe mit David Flugt und Lucas Stage, zwei Sonderermittler der Task Force 14. In Dänemark ist der Autor schon längst kein Unbekannter mehr, wurde er dort doch bereits zweimal für einen Krimipreis nominiert. Und nun schickt er sich also an, den deutschen Markt zu erobern, was ihm durchaus gelingen könnte, denn der Aufbau seiner Thriller ist weniger von der skandinavischen Melancholie als vielmehr von einer rohen, teilweise schon grenzwertigen Härte geprägt, wie man sie beispielsweise aus der erfolgreichen Hunter/Garcia-Reihe Chris Carters kennt.

Aber worum geht es? Ein Bauer wird durch seltsame Vorkommnisse in der Nacht aufgeschreckt. Beunruhigt geht er nach draußen und findet auf einem Erdwall in der Nähe einen Toten, auf dessen Brust der Name Grandberg eingeschnitten ist. Die Grandberg sind eine Familie mit Einfluss, besetzen wichtige Ämter, unter anderem auch die Leitung der Mordkommission. Bei den nachfolgenden Grabungsarbeiten auf dem Wall werden die Überreste weiterer Leichen gefunden und es ist davon auszugehen, dass hier ein Serienmörder seine Opfer verscharrt hat. Wegen Befangenheit darf Grandberg, Leiter der Mordkommission, in diesen Fall natürlich nicht tätig werden, weshalb Flugt und Stage von der Kopenhagener Task Force die Kommissarin vor Ort unterstützen sollen. Aber das ist nur der Anfang, denn zwei weitere Handlungsstränge ergänzen diese Ausgangssituation. Zum einen ist da noch die Suche nach einer jungen Vermissten, vermutlich auch ein Opfer des Serienkillers, zum anderen geht es um ein Verbrechersyndikat aus Osteuropa, dessen Vorgehen nicht besonders zimperlich ist.

So weit, so gut. Keine Frage, Bagger erzählt spannend und mit Tempo, wechselt die Sicht auf die Fälle in kurzen Abständen, schafft in Ansätzen eine Dynamik durch die unterschiedlichen Persönlichkeiten der beiden Ermittler…aber leider verliert er sich, und damit auch den Leser/die Leserin, in dem komplizierten und teilweise unglaubwürdigen Konstrukt des Plots. Erschwerend hinzu kommt die vage Charakterisierung seiner beiden Showrunner, die für den ersten Band einer Reihe einfach zu sehr an der Oberfläche bleibt. Um diesen Mangel zu kaschieren setzt er auf die schon grenzwertige Darstellung von Gewalt. Damit ist er zwar in der „guten“ Gesellschaft von Carter, Fitzek und Co, was für mich aber leider kein Qualitätsmerkmal ist.

Bleibt zu hoffen, dass in dem bereits erschienene zweite Band „Feuer. Mord auf den Färöern“ diese Mängel ausgeglichen werden. Luft nach oben ist hier allemal.

Veröffentlicht am 15.01.2024

Lies mich und vergiß mich

Heimwärts
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Kate Mortons "Heimwärts" hat die Zutaten, die in Schmökern momentan en vogue sind: Jess, die Protagonistin, die nach längerer Abwesenheit nach Hause zurückkehrt sowie ein Familiengeheimnis in Form eines ...

Kate Mortons "Heimwärts" hat die Zutaten, die in Schmökern momentan en vogue sind: Jess, die Protagonistin, die nach längerer Abwesenheit nach Hause zurückkehrt sowie ein Familiengeheimnis in Form eines mysteriösen Ereignisses in der Vergangenheit. Als Goodie bekommt die geneigte Leserin zusätzlich noch ein Buch im Buch, in dem ein Journalist einen True-Crime-Fall aus dem Jahr 1959 unter die Lupe nimmt, nämlich den mit Fragezeichen versehenen Tod der Schwägerin (und deren drei Kinder) ihrer Großmutter. Nicht zu vergessen das vierte Kind, noch ein Baby, das seither spurlos verschwunden ist. Keine Frage, dass Jess alles daran setzt, die Wahrheit hinter diesen Geschehnissen herauszufinden.

Dieses Spiel mit zwei Zeitebenen ist typisch Morton, und das beherrscht sie auch. Aber vielleicht sollte man ihr zu verstehen geben, dass es kontraproduktiv ist, die Seiten mit nebensächlichem Geschwafel zu füllen, welches Nullkommanull zum Fortgang der Handlung beiträgt. Stattdessen wäre es sinnvoller gewesen, wenn sie neben der Hintergrundgeschichte auch die Charakterisierung der Personen im Blick behalten hätte, denn diese kommen eigenartig blass und nichtssagend daher.

Die Story an sich ist durchaus interessant, aber die Umsetzunweit weniger gelungen. Ein Zufall jagt den nächsten, logische Entwicklung sucht die Krimileserin vergebens. So bleibe ich am Ende dann doch mit dem Gefühl zurück, weniger einen gut geplotteten Familienroman als vielmehr ein langatmiges und mit diversen Mängeln behaftetes Konstrukt zum schnellen Verbrauch gelesen zu haben, das sich lediglich durch den Umfang von einem Groschenroman unterschieden hat.

Veröffentlicht am 11.01.2024

Aufgebläht und überkonstruiert

Das Bild der Toten
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Eine Frau verschwindet, wird in Spanien tot aufgefunden. Offenbar ist sie bei einem tragischen Unglücksfall ums Leben gekommen und bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Dennoch wird sie von ihren Angehörigen ...

Eine Frau verschwindet, wird in Spanien tot aufgefunden. Offenbar ist sie bei einem tragischen Unglücksfall ums Leben gekommen und bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Dennoch wird sie von ihren Angehörigen identifiziert. Lediglich ihr Ehemann bezweifelt ihren Tod. Und es scheint, als hätte er recht, denn vierzehn Jahre später sieht er ein Urlaubsfoto von Freunden und ist sich sicher, dass die Kamera am Rand des Bildes seine angeblich verunfallte Frau eingefangen hat. Ein Fall für den hochgradig depressiven Hans Rekke und Micaela Vargas, letztere mit familiären Kontakten zum kriminellen Milieu.

Natürlich kann das berufliche Umfeld der Verschwundenen nicht außen vor bleiben, hatte diese doch als Chefanalystin während der Finanzkrise eine zentrale Rolle inne, eine Position, in der man sich nicht nur Freunde macht. Das nimmt David Lagercrantz in „Das Bild der Toten“ zum Anlass, um daraus eine aufgeblähte, abstruse Story zu konstruieren, in der neben russischen Oligarchen, der KGB und sogar Putin ihre Auftritte haben. Und als ob das noch nicht genug wäre, taucht auch noch Gabor, das kriminelle Superhirn und Brekkes Erzfeind aus Jugendtagen, auf. Und wenn wir schon bei der Vergangenheit sind, da gibt es auf Brekkes Seite auch noch einen intriganten Bruder mit politischem Einfluss. Klingelt da etwas? Sollte es, denn es ist offensichtlich, dass der Autor hier mit Conan Doyles „Sherlock Holmes“, dem literarischen Klassiker kokettiert. Diese Bezüge sind zwar ganz nett, aber um dessen Qualität zu erreichen, fehlt hier noch eine ganze Menge.

Die Handlung überkonstruiert und verworren, insgesamt heillos überfrachtet, die Charaktere sind oberflächlich und ohne besondere Tiefe entwickelt, und nicht zuletzt ist die sprachliche Umsetzung mehr als schlicht. Teil 2 einer als Trilogie angelegten Reihe, die ich nicht weiterverfolgen werde.

Veröffentlicht am 09.01.2024

Zuviel und doch zu wenig

Book Lovers - Die Liebe steckt zwischen den Zeilen
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Zwischen den Jahren lese ich gerne Bücher außerhalb meiner Komfortzone, die sich von meinen üblichen Lesevorlieben unterscheiden. Angesprochen hat mich Emily Henrys „Book Lovers“. Bereits der Titel weckt ...

Zwischen den Jahren lese ich gerne Bücher außerhalb meiner Komfortzone, die sich von meinen üblichen Lesevorlieben unterscheiden. Angesprochen hat mich Emily Henrys „Book Lovers“. Bereits der Titel weckt doch positive Erwartungen, oder etwa nicht?

Der Anfang hat gepasst, und auch später gab es durchaus Passagen, die meine Erwartungen erfüllt haben. Beispielsweise, wenn in den Dialogen literarische Anspielungen gemacht wurden oder man Details über das Arbeitsumfeld der beiden Hauptfiguren erfahren hat. Aber das tritt leider mit dem Fortschreiten der Geschichte immer mehr in den Hintergrund und muss Platz machen für völlig überhöhte und über Gebühr aufgeblähte Petitessen.

Zwei Akteure beherrschen die Bühne: Nora, Literaturagentin, pausenlos im Einsatz für ihre Klienten, und Charlie, Lektor mit Einfluss, mit dem sich ihre Wege bereits in der Vergangenheit unschön gekreuzt haben. Wir ahnen schon, wohin das führen wird. Aber beide schleppen jede Menge emotionales Gepäck mit sich herum, das über viele Seiten für das unsägliche Halb-zog-sie-ihn-halb-sank-er-hin verantwortlich ist.

Sie treffen wieder in Sunshine Falls aufeinander, einer Kleinstadt, in der Nora mit ihrer Schwester Libby einen vierwöchigen Urlaub verbringt. Libby, die, wen wundert’s, mit dem Gedanken spielt, ihren Mann zu verlassen. Puh, noch jemand, der sich mit Problemen herumschlägt.

Dazu kommen noch jede Menge Wie-sie-wurden-was-sie-sind Erklärungen mit Bezug zu Noras und Charlies persönlichen Biografien sowie künstlich überhöhte Alltagsdramen, die sich bei im Umfeld der beiden während dieser Auszeit in Sunshine Falls ergeben.

Emily Henrys Romane sind Bestseller, und schaut man sich die Bewertungen dieses Buches an, dann funktioniert das Konzept für die meisten Leserinnen. Es tut mir leid, aber mir war das einfach viel zu viel von allem, aber doch unterm Strich zu wenig.

Veröffentlicht am 07.01.2024

KIllers of the Flower Moon

Das Verbrechen
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Ab den nächsten Tagen ist „Killers of the Flower Moon“ bei einem Streamingdienst auch in Deutschland verfügbar. Eine gute Gelegenheit, um auf David Granns True-Crime-Thriller „Das Verbrechen“ hinzuweisen, ...

Ab den nächsten Tagen ist „Killers of the Flower Moon“ bei einem Streamingdienst auch in Deutschland verfügbar. Eine gute Gelegenheit, um auf David Granns True-Crime-Thriller „Das Verbrechen“ hinzuweisen, der die mysteriösen Morde an den indigenen Osage in Oklahoma zum Thema hat und die Vorlage für den Film liefert.

Ich habe das Buch kurz nach Erscheinen 2017 erstmals gelesen. Damals waren in den Nachrichten Bilder von den Protesten gegen die Verlegung der Öl-Pipeline durch das Stammesterritorium der Standing Rock Sioux allgegenwärtig. Heiliger Boden wurde entweiht, die Wasserversorgung zerstört, weil die Profitinteressen der Betreiberfirma (an der auch der damalige US-Präsident beteiligt war) an erster Stelle standen und die Besitzer des Landes ihrer Rechte beraubten.

Es war also ein guter Zeitpunkt, zu dem David Granns True Crime-Story „Das Verbrechen“ erschien, zeigte es doch, dass sich in den Vereinigten Staaten nichts am Umgang mit den Indigenen geändert hat. Vor allem dann, wenn wirtschaftliche Interessen im Spiel sind. Man muss sich nur die Vorgehensweise der Regierungsorganisationen ansehen: Ein wertloses Stück Land wird zum Reservat erklärt, der Stamm umgesiedelt, aber wehe, es werden Bodenschätze jedweder Art auf dem Gebiet vermutet, dann setzt man alles daran, die Bewohner zu vertreiben.

Ähnliches geschah zwischen 1910 und 1930 in Oklahoma im Reservat der Osage-Indianer. Es stellte sich heraus, dass der Stamm auf einem unvorstellbar großen Ölfeld saß, dessen Erträge den Menschen ungeahnten Wohlstand bescherte. Das ging solange gut, bis Außenstehende bzw. Nicht-Stammesangehörige darauf aufmerksam wurden. Und plötzlich häuften sich die mysteriösen Todesfälle unter den Osage, Dutzende fielen ihnen zum Opfer. Wer nun aber glaubt, dass man von Regierungsseite alles unternommen hätte, um diese Mordserie aufzuklären, täuscht sich. Im Gegenteil.

In der besten Tradition des amerikanischen Reportage-Journalismus, wie wir ihn beispielsweise von Jon Krakauer kennen, hat sich David Grann diesem Thema genähert und die Osage-Morde in seinem Buch „Das Verbrechen“ näher betrachtet. Er ordnet die Vorgänge in drei Bereiche: Im Zentrum des ersten Teils stehen die Osage-Frauen, repräsentiert von Mollie Burkhardt und ihrer Familie, die fast ausnahmslos der Mordserie zum Opfer fallen. Teil zwei schildert die Ereignisse aus der Sicht von Tom White als Vertreter des neu gegründeten Federal Bureau of Investigation (FBI) und zeigt, dass diese Institution weit davon entfernt ist, den Osage Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Im Gegenteil, auch die Vertreter des FBI sind vornehmlich bestrebt, sich die Taschen zu füllen. Und im dritten Teil schließlich beschreibt der Autor seine Recherche, die ihn zweifelsfrei zu dem Schluss kommen lässt, dass die Zahl der Opfer unter den Osage um ein Vielfaches größer als bisher angenommen und bekannt ist.

Granns Buch geht schonungslos ins Detail, zeigt die Skrupellosigkeit der Beteiligten, ist dabei komplex und fordert zu jedem Zeitpunkt die Aufmerksamkeit des Lesers. Ein spannendes Sachbuch, das einmal mehr ein beschämendes, schmutziges Kapitel der amerikanischen Historie ans Licht bringt. Lesen!