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Veröffentlicht am 15.06.2024

Ein würdiger Abschluss

City in Ruins
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Der Kreis schließt sich. Nicht nur, dass mit „City of Ruins“ die Danny Ryan-Trilogie zu einem Abschluss kommt, sondern Don Winslow auch beschlossen hat, die Karriere als Schriftsteller zu beenden und seine ...

Der Kreis schließt sich. Nicht nur, dass mit „City of Ruins“ die Danny Ryan-Trilogie zu einem Abschluss kommt, sondern Don Winslow auch beschlossen hat, die Karriere als Schriftsteller zu beenden und seine kreativen Fähigkeiten künftig in die politische Agitation gegen die Wiederwahl von Trump einzusetzen. Für uns Leser ist das bedauerlich, aber es sei ihm unbenommen, kann er doch auf eine Karriere zurückblicken, die nicht nur ihresgleichen sucht, sondern auch durch die sich eng an der Realität orientierenden, oft brisanten Inhalte seiner Thriller(siehe die Kartell-Trilogie) unsere Blicke geschärft und insbesondere mein Leseverhalten nachhaltig verändert hat.

Aber zurück zum Buch. Waren es früher blutige Revierkämpfe zwischen irischer und italienischer Mafia, spielen sich dieser heutzutage eher auf dem politischen Parkett ab. Ihre Vertreter haben klug investiert, sich mit legalen Geschäften weiße Westen verschafft und treten mittlerweile als seriöse Unternehmer auf. Ihren kriminellen Aktivitäten gehen sie im Geheimen nach, sichern sich Macht und Einfluss, um sich so unliebsame Konkurrenten vom Hals zu schaffen. Insbesondere dann, wenn sie mit diesen noch alte Rechnungen offen haben.

Das muss auch Danny Ryan erfahren, der sich eigentlich in Las Vegas zur Ruhe setzen und seinem Sohn beim Aufwachsen zusehen wollte, aber offenbar mit seiner neuesten Investition einer alten Bekannten, die blind vor Rache ist, in die Quere kommt. Und ehe er sich versieht, steckt er wieder im Zentrum dessen fest, was er glaubte, vor langer Zeit hinter sich gelassen zu haben.

Ein rundherum würdiger Abschlussband der Trilogie, womit einmal mehr bewiesen wäre, dass Winslow einer der ganz Großen im Bereich der Spannungsliteratur ist. Er weiß, was er tut, und das macht er wie immer brillant. Unzählige kurze Kapitel, wechselnde Handlungsorte, jede Menge Action, dazu die Innenansichten des Protagonisten, der den Hauptfiguren aus den klassischen Heldensagen verwandt scheint. Und außerdem sprachlich wie immer top, wobei der Dank hier insbesondere der großartigen Übersetzung von Conny Lösch gebührt.

Ein würdiger Abschluss? Unbedingt! Das Ende? Nun ja, vielleicht ein bisschen kitschig, aber das sei dem Autor angesichts dessen, das dieses Buch einen Schlusspunkt setzt, verziehen. Lesen. Unbedingt!

Veröffentlicht am 10.06.2024

Drei Frauen und deren Wunsch nach Selbstbestimmung

Unter dem Moor
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Drei Frauenleben in unterschiedlichen Zeitebenen, deren Schicksal miteinander verknüpft ist. Auf den ersten Blick scheint das verbindende Element ein Dorf am Stettiner Haff zu sein. Gine, 14-jährig aus ...

Drei Frauenleben in unterschiedlichen Zeitebenen, deren Schicksal miteinander verknüpft ist. Auf den ersten Blick scheint das verbindende Element ein Dorf am Stettiner Haff zu sein. Gine, 14-jährig aus Berlin, absolviert 1936 dort ihr Landjahr und muss Schreckliches erleben. Sigrun, lebt 1979 mit Mann und Kind in dem Ort, der damals noch zur DDR gehört. Und schließlich Nina, die junge Ärztin mit Burn Out, die dort Ruhe und Frieden sucht, aber mit ihrem grausigen Fund im Moor längst Vergessenes zurück in die Gegenwart holt.

„Unter dem Moor“ ist eine Melange aus Historie, Krimi und Zeitgeschichte, denn bei allen drei Protagonistinnen steht Wunsch und Wille nach Selbstbestimmung, Herrin über die eigenen Entscheidungen zu sein, sich nicht von äußeren Zwängen bestimmen zu lassen, im Vordergrund. Die Perspektiven wechseln sich ab, und durch die alternierende Erzählweise bleiben sowohl das Tempo hoch als auch das Interesse der Leserin erhalten, denn natürlich möchte man wissen, was es mit Ninas Fund auf sich hat.

Ein lesenswerter, berührender und spannender Roman mit interessanten Protagonistinnen, den ich gerne weiterempfehle.

Veröffentlicht am 09.06.2024

Au revoir, Lavandou

Verräterisches Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 10)
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Einmal mehr nimmt uns Remy Eyssen mit nach Le Lavandou, der Kleinstadt an der Côte d'Azur, in dem der Mediziner Leon Ritter vor einigen Jahren Zuflucht gefunden und sich mittlerweile an der Seite von Capitaine ...

Einmal mehr nimmt uns Remy Eyssen mit nach Le Lavandou, der Kleinstadt an der Côte d'Azur, in dem der Mediziner Leon Ritter vor einigen Jahren Zuflucht gefunden und sich mittlerweile an der Seite von Capitaine Isabelle Morell, stellvertretende Leiterin der Gendarmerie, ein neues Leben aufgebaut hat. Er arbeitet dort als Rechtsmediziner, sieht also nicht nur die idyllischen Seiten des Urlaubsparadieses, sondern bekommt auch immer wieder Tote zur Obduktion, die Opfer eines Verbrechens geworden sind. So auch im aktuellen Fall, in dem ein Frauenmörder sein Unwesen im Paradies treibt.

Nachdem mich bereits der Vorgänger nicht mehr überzeugen konnte, wollte ich der Reihe noch einmal eine Chance geben. Aber leider zeigt sich einmal mehr, dass dem Autor die Ideen ausgegangen sind. Idyllische Beschreibungen der Landschaft und des beschaulichen provenzalischen Lebens mögen ja durchaus ihren Reiz haben, aber sie tragen nun mal auf Dauer keinen Kriminalroman, dessen Handlung sich nur noch aus Versatzstücken und Kombinationen der Vorgängerbände, aufgefüllt mit nichtssagenden Plattitüden, zusammensetzt.

Beispiel gefällig? Voilà: „Leider kann man den Mördern ihre bösen Taten nicht ansehen“, kommentierte Leon. „Und die Harmlosesten sind oft die Gefährlichsten“.

Ich habe die Reihe seit Beginn verfolgt, die mit „Verräterisches Lavandou“, diesem zehnten Band, an einem Tiefpunkt angelangt ist und für die es langsam aber sicher angezeigt wäre, zu einem Abschluss zu kommen.

Zähe und langatmige Ermittlungen mit jeder Menge Geschwafel, die sich seitenweise im Kreis drehen, aber keinen Schwerpunkt auf die Polizeiarbeit legen. Beschreibungen, die wir bereits in den Vorgängern zur Genüge gelesen haben. Und ein Kriminalfall, der fast identisch in einem der früheren Bände beschrieben wurde, samt dem anscheinend unvermeidlichen Dreh, in dem die Menschen aus Ritters persönlichem Umfeld in Gefahr geraten. C’est tout pour moi. Au revoir, Lavandou.

Veröffentlicht am 02.06.2024

Empfehlenswerte Fortsetzung der Reihe

Blutstunde
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In der Vielzahl der Skandinavien-Krimis, die seit Jahren den Buchmarkt fluten und leider meist nach Schema F konstruiert sind, gibt es bei genauerem Hinsehen dennoch immer wieder besondere Perlen zu entdecken. ...

In der Vielzahl der Skandinavien-Krimis, die seit Jahren den Buchmarkt fluten und leider meist nach Schema F konstruiert sind, gibt es bei genauerem Hinsehen dennoch immer wieder besondere Perlen zu entdecken. Die Blix/Ramm-Reihe ist eine solche, was in erster Linie wohl daran liegt, dass die beiden Autoren wissen, worüber sie schreiben. Jørn Lier Horst war, bevor er zum Schreiben kam, lange Jahre in leitender Stellung bei der norwegischen Kripo beschäftigt, während der studierte Publizist Thomas Enger den Journalistenalltag aus seiner eigenen Redakteurstätigkeit kennt. Beste Voraussetzungen also für glaubwürdige Kriminalromane, die sich an der Realität orientieren.

Im fünften Band der Reihe zeichnet sich für die beiden Protagonisten ein Neuanfang ab. Emma Ramm hat ihren Job aufgegeben, Alexander Blix, nach einem achtmonatigen Gefängnisaufenthalt freigesprochen und aus der Haft entlassen, fühlt sich unter den ehemaligen Kollegen bei der Polizei nicht mehr wohl und kündigt ebenfalls. Doch dann erhält Blix auf dem Handy eine mysteriöse Nachricht und weniger später ein Kuvert mit dem Bild einer Toten, bei der es sich um eine seit über zwei Jahren spurlos Verschwundene handelt. Ganz klar, dass Alexander Blix und Emma Ramm der Sache nachgehen, schließlich gilt es, einen Mörder dingfest zu machen und der Familie des Opfers Gewissheit zu verschaffen…

„Blutstunde“ ist ein sorgfältig geplotteter, glaubwürdiger Kriminalroman mit sympathischen Protagonisten, denen jegliches Superheldentum abgeht. Dank der Berufserfahrung von Jørn Lier Horst werden die einzelnen Ermittlungsschritte akribisch genau und authentisch beschrieben, langweilen dadurch aber nicht, sondern fördern die gespannte Erwartungshaltung der Leserin/des Lesers. Und auch das Privatleben der beiden Hauptpersonen kommt nicht zu kurz, wobei aber auch hier die Dosierung stimmt und der eigentliche Fall nicht in den Hintergrund gedrängt wird.

Eine spannende, unterhaltsame Krimireihe, die ich guten Gewissens empfehlen kann.

Veröffentlicht am 01.06.2024

Das Leben drehen

Bonjour Agneta
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Ich höre schon die eine oder andere Stimme sagen: „Wieder so ein Buch, das eine Frau in der Midlife Crisis beschreibt, die einen Neuanfang wagt“. Ja, dem kann ich nicht widersprechen, aber wie Emma Hambergs ...

Ich höre schon die eine oder andere Stimme sagen: „Wieder so ein Buch, das eine Frau in der Midlife Crisis beschreibt, die einen Neuanfang wagt“. Ja, dem kann ich nicht widersprechen, aber wie Emma Hambergs Protagonistin Agneta ihr Leben dreht, das andere für sie vorgesehen und in dem sie sich widerwillig eingerichtet hat, versprüht schon einen ganz besonderen Charme…wenn man den Mittelteil außen vor lässt. Zwar ist die Person Einar ohne Frage wichtig für Agnetas Entpuppung, aber die gesamten und in aller Ausführlichkeit beschriebenen Details zu dessen Liebesleben hätte ich mir gerne erspart.

Natürlich verwendet die Autorin jede Menge Klischees, die man so schon oft gelesen hat (siehe Fabien), aber sie verpackt diese in eine unterhaltsame und spritzig geschriebene Story mit einem sympathischen Personentableau (siehe Bonnibelle). Das alles dann noch in einem detailliert beschriebenen, ursprünglichen Dörfchen in der Provence angesiedelt…da kommen unweigerlich Urlaubserinnerungen hoch.

Falls ihr eine unterhaltsame Lektüre für den Urlaub sucht, vorzugsweise unter südfranzösischer Sonne, dann solltet ihr hier zugreifen.