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Veröffentlicht am 15.04.2023

Literarische Perle

Das Café ohne Namen
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In seinem neuen Roman „Das Café ohne Namen“ kehrt der österreichische Autor Robert Seethaler zum ersten Mal seit seinem 2012 erschienenen Roman „Der Trafikant“ in seine Heimatstadt Wien zurück.

Ausgangspunkt ...

In seinem neuen Roman „Das Café ohne Namen“ kehrt der österreichische Autor Robert Seethaler zum ersten Mal seit seinem 2012 erschienenen Roman „Der Trafikant“ in seine Heimatstadt Wien zurück.

Ausgangspunkt ist das Jahr 1966. Aufbruch liegt in der Luft. Wien schüttelt sich den Staub und die Düsternis der Kriegs- und Nachkriegsjahre von den Füßen. In der ärmlichen Leopoldstadt im 2. Bezirk wird ein heruntergekommenes Wirtshaus zur Pacht angeboten. Eine Gelegenheit, die sich Robert Simon, der als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt sein Geld verdient, nicht entgehen lassen will. Seit er als Abräumer in einer Praterkneipe geschuftet hat, träumt er von einer eigenen Wirtschaft, und diesen Traum erfüllt er sich nun mit dem „Café ohne Namen“, eigentlich kein richtiges Café, sondern ein einfaches Beisl für einfache Menschen mit eingeschränktem Angebot. Schnell entwickelt es sich zum Treffpunkt der Leute aus dem Viertel, von denen jeder seine eigene Geschichte mitbringt, seine eigenen Wünsche und Hoffnungen hat und sich nach Gesellschaft sehnt. Alle setzen ihre Hoffnungen in die Zeit, die vor ihnen liegt, träumen von einem bisschen Glück, vielleicht einem sorgenfreien Leben und auch von der Liebe. Träumen und Sehnsüchten stehen die Realität und persönliche Tragödien gegenüber.

Eine junge Frau vom Land findet in einem Jahrmarktsringer den Partner fürs Leben. Ein Kind stirbt bei der Geburt, ein anderes Neugeborenes kämpft drei lange Jahre um sein Leben, während die Mutter in dem Dunkel der Depression versinkt. Eine eifersüchtige Frau macht ihrer Liebschaft das Leben zur Hölle und legt in ihrem eigenen Laden Feuer. Ein explodierender Heizkessel reißt dem Protagonisten die halbe Hand weg.

Alle diese kleinen Geschichten, die bei genauerem Hinsehen existenzielle Lebensfragen thematisieren, erzählt Seethaler mit dem ihm eigenen klaren Ton. Ohne Kitsch und mit einer gewissen Distanz, aber dennoch tiefgründig und voller Empathie, ohne Wertung und immer mit dem gebotenen Respekt vor den Menschen. Tiefgründig und eindringlich in die Herzen der Leser gehend. Eine literarische Perle über Sein und Dasein in Zeiten der Veränderungen.

Veröffentlicht am 13.04.2023

Eine herbe Enttäuschung

Kretische Nacht
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Man nehme: Eine Urlaubsinsel samt einem bei Pauschaltouristen beliebten Ausflugsziel, garniere es mit einem Bootsunglück samt dreier Toten, das Fragen aufwirft und die Polizei auf den Plan ruft, würze ...

Man nehme: Eine Urlaubsinsel samt einem bei Pauschaltouristen beliebten Ausflugsziel, garniere es mit einem Bootsunglück samt dreier Toten, das Fragen aufwirft und die Polizei auf den Plan ruft, würze in homöopathischen Dosen mit dem einen oder anderen Problem, in diesem Fall Hotelbauten an landschaftlich schützenswerten Stellen sowie die Vorgehensweise der Behörden bei archäologischen Funden, rühre zaghaft um und stäube zur Garnitur noch etwas Privatleben der Ermittler darüber…und voilà, schon hat man die Zutaten für „Kretische Nacht“.

Es ist offensichtlich, dass dieser fünfte Band der Reihe, gerade nach dem gelungenen Vorgänger, für mich eine herbe Enttäuschung war. Das Buch mag ja als Pool-Lektüre taugen, aber alles in allem folgt es doch nur den oberflächlichen und ausgetretenen Pfaden der üblichen Urlaubskrimis. Die Personen bleiben blass, allen voran Michalis, der einerseits permanent über die beruflich bedingte Abwesenheit von Hannah jammert und sie mit SMSsen zutextet, andererseits aber immer wieder betont, dass für ihn dieser „alternative“ Beziehungsentwurf okay ist. Was denn jetzt?

Ein Krimi, der überall verortet hätte sein können, wären da nicht die permanenten Erwähnungen von Frappé, diesmal sogar metrio für Koronaios (Ironie aus) und die Erwähnung von Balos und Falassarna gewesen. Aber selbst diese Beschreibungen beschränken sich auf die Schotterpistenzufahrt, das tiefblaue Wasser und den Sandstrand. Sehr oberflächlich abgehandelt und höchstens geeignet für Pauschaltouristen, die lediglich Sonnen und Meer suchen und sich weder mit der kretischen Vergangenheit noch mit dem Alltag auf der Insel auseinandersetzen wollen. Permanente Wiederholungen….und das Geheimnis des Revierleiters von Kissamos, geschenkt. Die Probleme, die sich durch archäologische Funde und/oder geplanten Bebauungen in schützenswerten Bereichen der Insel ergeben, werden leider auch nur angerissen. Oberflächlich, zäh und nervig durch die permanenten Wiederholungen, dazu ohne Spannung und Atmosphäre. Nicht gelungen!

Veröffentlicht am 10.04.2023

Die Zeiten ändern sich

Der treue Spion
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Wir schreiben das Jahr 1896, die politische Weltlage ist alles andere als stabil. Ein Mann verschwindet aus seinem Hotelzimmer. Spurlos. Das wäre nicht weiter problematisch, wenn dieser Mann nicht ein ...

Wir schreiben das Jahr 1896, die politische Weltlage ist alles andere als stabil. Ein Mann verschwindet aus seinem Hotelzimmer. Spurlos. Das wäre nicht weiter problematisch, wenn dieser Mann nicht ein französischer Diplomat wäre, der im Besitz von brisanten Informationen ist. Gryszinski, den wir bereits in den beiden Vorgängerbänden der Reihe kennengelernt haben, wird auf diesen Fall angesetzt. Als dann auch noch kurz danach eine die Leiche eines Erfinders auftaucht, sieht sich der Königlich Bayerische Sonderermittler mit Problemen konfrontiert, die die Weltlage gründlich durcheinander rütteln könnten, denn wie so oft bleibt technologischer Fortschritt nicht ohne Konsequenzen. Eine Situation, die rasches und zielstrebiges Handeln erfordert und deshalb Gryszinski in Begleitung seiner Frau auf eine Reise quer durch Europa schickt. Leider ohne Erfolg, der Fall geht als ungelöst zu den Akten.

1916, zwanzig Jahre später, der Erste Weltkrieg fordert seit zwei Jahren seine Opfer. Fritzi, Gryszinski Sohn, ist an der Front in Verdun als Meldegänger im Einsatz und stößt überraschend auf neue Informationen zu dem Fall, den sein Vater nicht lösen konnte. Die Familiengeschichte wiederholt sich, denn auch er muss in geheimer diplomatischer Mission diverse europäische Stationen abklappern, um seinen Auftrag zu erfüllen, damit dieser Fall endlich als gelöst abgehakt werden kann.

Lesenswerte historische Kriminalromane glänzen durch die Verschränkung intensiv recherchierter Fakten mit einer spannend geplotteten Story. Und wie bereits in den beiden Vorgängern ist dies auch in „Der treue Spion“ ohne Zweifel gelungen, wobei durch die Verlagerung auf zwei Zeitebenen zusätzlich raffinierte und die Spannung steigernde Twists eingebaut werden konnten. Zur Veranschaulichung dienen hierbei nicht nur die verbürgten historischen Ereignisse, sondern auch die stimmigen atmosphärischen Beschreibungen samt der Einbindung bekannter Personen der damaligen Zeitgeschichte, wobei das Namedropping glücklicherweise nicht überhand nimmt. Intelligente und spannende Unterhaltung für Freunde historischer Kriminalromane. Lesen!

Veröffentlicht am 05.04.2023

Eines der besten Bücher Grishams

Feinde
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John Grisham und Biloxi das gehört fast schon zusammen, hat er doch dieser Stadt am Golf von Mexiko bereits in einigen seiner Romane (Das Urteil / Der Partner / Der Richter, / Die Liste) ein Denkmal gesetzt.

Nun ...

John Grisham und Biloxi das gehört fast schon zusammen, hat er doch dieser Stadt am Golf von Mexiko bereits in einigen seiner Romane (Das Urteil / Der Partner / Der Richter, / Die Liste) ein Denkmal gesetzt.

Nun also „Feinde“, Originaltitel The Boys from Biloxi, die Geschichte von Keith und Hugh. Baseball-Little League Champions, beste Freunde in der Jugend, die im Laufe ihres Lebens zu erbitterten Gegnern werden. Und obwohl es, wie von Grisham gewohnt, auch Gerichtsszenen gibt, ist dies doch kein Justizthriller. Aber der Reihe nach.

Beide Enkel kroatischer Einwanderer in der dritten Generation, im gleichen Viertel von Biloxi aufgewachsen, träumen von einer Karriere als Baseball-Profis. Aber es soll anders kommen, woran ihre Väter maßgeblich beteiligt sind. Keith‘ Familie lebt ein unauffällig bürgerliches Leben, wohingegen Hughs Vater Karriere in der Dixie-Mafia macht. Keith studiert Jura an der Ole Miss und lässt sich als Anwalt nieder, Hugh tritt in die Fußstapfen seines Vaters und sucht das schnelle Geld in der Unterwelt. Als 1969 der Jahrhundert-Hurrikan Camille Biloxi verwüstet, nimmt die Geschichte eine dramatische Wendung. Die Schäden sind immens, aber wie so oft bei Grisham sind es die betrügerischen Versicherungsunternehmen und die korrupten Politiker, die die Geschädigten im Regen stehen lassen. Dagegen können auch die Verfahren, die Keith führt, nichts ausrichten. Aber wie so oft springt die Mafia als Unterstützer bei dem Wiederaufbau in die Bresche. Es wird gelogen, betrogen und eingeschüchtert und kommt zu Auseinandersetzung innerhalb und zwischen den verschiedenen Lagern. Nicht selten mit tödlichem Ausgang, und dann, wir lesen ja Grisham, geht es vor Gericht.

„Feinde“ ist eine Familiengeschichte und für mich eines der besten Bücher Grishams, was auch der Hauptrolle geschuldet ist, die Aufstieg und Fall der schäbigen Golfküstenstadt Biloxi und ihrer Bewohner hier spielt. Der Ausflug in die Stadtgeschichte, die Hintergrundinformationen, die uns der Autor liefert, die Beschreibungen der Schauplätze, all das verbunden mit der Entwicklung der beiden Protagonisten, die auf unterschiedlichen Seiten stehen und ihre Kämpfe austragen, ist anschaulich beschrieben und liest sich stimmig und fesselnd. Einziger Wermutstropfen sind die etwas langatmigen Einschübe über Baseball, Grishams Lieblingssportart, aber diese sind glücklicherweise ja nur am Anfang zu finden.

Kein typischer Grisham, aber dafür ein sehr lesenswerter Roman!

Veröffentlicht am 03.04.2023

Zauberberg meets Shining

Das Sanatorium
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Zauberberg meets Shining, diese Aussage würde eigentlich für den Klappentext von Sarah Pearse Debüt „Das Sanatorium“ reichen. Beworben als atmosphärischer Spannungsroman und Pick of the month in Reese ...

Zauberberg meets Shining, diese Aussage würde eigentlich für den Klappentext von Sarah Pearse Debüt „Das Sanatorium“ reichen. Beworben als atmosphärischer Spannungsroman und Pick of the month in Reese Witherspoons Buchclub. Grund genug, sich diesen Thriller etwas näher anzuschauen.

Die Rahmenbedingungen sind durchaus vielversprechend. Ein abgelegenes Luxushotel in den Schweizer Alpen, ehemals ein Sanatorium für Tuberkulosepatienten. Bereits die Beschreibung der Umgebung, dunkle Wälder und bedrohliche Berggipfel, weckt ein ungutes Gefühl, das sich mit dem Einsetzen des heftigen Schneesturms, der das Hotel von der Außenwelt abschneidet, noch einmal verstärkt. Typisches Szenario für ein Closed Room Mystery.

Geplant ist dort die Verlobungsfeier von DI Elin Warners Bruder, die gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten dorthin reist. Eine willkommene Abwechslung von ihrem eintönigen Alltag, da sie seit ihrem letzten Fall vom Dienst suspendiert ist, wäre da nicht die Beziehung zu dem Bruder von einem traumatischen Erlebnis in der Kindheit überschattet. Sie ist keine Protagonistin, die man als Leser ins Herz schließt, aber sie scheint die einzige der Anwesende zu sein, die die befähigt ist, die dramatischen Ereignisse aufzuklären, die über die Gäste und das verbliebene Personal hereinbrechen.

Die Grundidee war gut, auch wenn Sarah Pearse das Rad nicht neu erfunden hat, und hätte durchaus einen spannenden Psychothriller liefern können. Dafür wäre es aber nötig gewesen, dass sie sich auf das Wesentliche konzentriert und nicht unnötigerweise die Befindlichkeiten ihrer Protagonistin immer wieder lang und breit ausführt. Erschwerend hinzu kommen Richtung Schluss die offensichtlich falschen Fährten, die sie legt. Hier ein Twist, da ein Turn, das wirkt schon sehr bemüht und ist für Leser, die mit dem Genre vertraut sind, einfach zu durchschauen.

Alles in allem ist dieser Reihenauftakt ein Debüt mit Luft nach oben. Wir werden sehen, was der Nachfolgeband, der im Original bereits erschienen ist, zu bieten hat.