Keine skandinavische Massenware
Wenn die Nacht endetEs ist kurz vor dem Jahrtausendwechsel, eine strukturschwache Region im Niedergang. Null Perspektiven für Jugendliche. Sie kennen sich seit Kindertagen, hängen miteinander ab, langweilen sich. Manche sind ...
Es ist kurz vor dem Jahrtausendwechsel, eine strukturschwache Region im Niedergang. Null Perspektiven für Jugendliche. Sie kennen sich seit Kindertagen, hängen miteinander ab, langweilen sich. Manche sind auf dem Sprung, andere wie festgenagelt. Freundschaften werden auf die Probe gestellt. Ablenkung bieten einzig die kollektiven Treffen aka Besäufnisse an den Wochenenden, bei denen sich mehr oder weniger regelmäßig die Frustration in Prügeleien entlädt.
Als der 18-jährige Mikael an dem Morgen nach einer solchen Party tot aufgefunden wird, stellt sich für die Polizei natürlich die Frage, ob der Täter in der Clique zu finden ist. Sie machen zwar zwei Verdächtige aus, können ihnen aber nichts nachweisen.
Zwanzig Jahre später wird Mikaels Bruder ermordet. Vidar Jörgensson ermittelt und stößt natürlich auf den ungeklärten Mord an Mikael.
„Wenn die Nacht endet“ ist der abschließende Band der Halland-Trilogie des Schweden Christoffer Carlsson (nicht nur Schriftsteller, sondern auch promovierter Kriminologe), der für diesen Roman sowohl mit dem Schwedischen als auch mit dem Skandinavischen Krimipreis ausgezeichnet wurde.
In seinen Romanen gibt es zwar immer Gewaltverbrechen, aber im Gegensatz zu den meisten Krimiautoren legt Carlsson wenig Wert auf die detaillierte Beschreibung der Ermittlungsarbeit. Vielmehr versucht er aufzuschlüsseln, weshalb jemand zum Täter wird und welche Auswirkungen die Tat schlussendlich sowohl für dessen persönliches Umfeld als auch für Familie und Freunde des Opfers hat. Er stellt die alte Frage nach Schuld, nach persönlicher Moral, aber auch nach dem Versagen einer Gesellschaft, die sich ihrer Verantwortung nicht stellt.
Zwar nicht ganz so herausragend wie der Vorgänger, aber mit seinem feingezeichneten Figurenensemble sowie dem hohen sprachlichen Niveau des Autors, hebt sich auch dieser Roman von der üblichen skandinavischen Massenware ab und wird allen empfohlen, die auch in Kriminalromanen literarische Qualität zu schätzen wissen.