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Veröffentlicht am 20.07.2020

Sean Duffy hat's noch drauf...

Alter Hund, neue Tricks
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Anfang der Neunziger neigt sich Sean Duffys Karriere, die wir seit 1981 verfolgen, dem Ende zu. Mittlerweile lebt er mit Frau und Kind über dem Wasser in Schottland, und aus einem unkonventionellen DI ...

Anfang der Neunziger neigt sich Sean Duffys Karriere, die wir seit 1981 verfolgen, dem Ende zu. Mittlerweile lebt er mit Frau und Kind über dem Wasser in Schottland, und aus einem unkonventionellen DI ist ein „nutzloser Teilzeitpolizist in Reserve“ geworden, der an sechs Tagen im Monat Schreibtischdienst beim Carrickfergus CID ableistet. Lawson, sein Nachfolger, hat eine beeindruckende Aufklärungsrate, genießt aber aktuell seinen Urlaub auf den Kanaren. Nur gut, dass Duffy vor Ort ist und den aus dem Ruder gelaufenen Autodiebstahl übernehmen kann. Ermittlungen im Duffy-Style, nicht immer gerne gesehen - unterstützt dabei von seinem Kollegen Crabbie, der ebenfalls nur noch Teilzeit arbeitet. Aber die beiden sind ein eingespieltes Team und erkennen recht schnell, dass es hier um mehr als einen gestohlenen Jaguar und einen toten Maler gehen muss, zumal auch die Geheimdienste sich in die Ermittlungen einschalten.

McKinty verknüpft sehr geschickt reale Ereignisse der Troubles mit einer spannenden Story, bei der nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint und die den „alten Hund“ mehr als einmal an seine Grenzen bringt. Insbesondere hier zeigt sich die sprachliche Eloquenz des Autors (und des Übersetzers Peter Torberg), dem oft nur ein einziges Wort genügt, um eine Aktion, einen Gefühlszustand etc. zu beschreiben. Ein weiterer Punkt, der nicht unerwähnt bleiben darf ist der trockene Humor, mit dem Duffy häufig seine Gegenüber konfrontiert. Wenn er Klassiker zitiert…herrlich. Und natürlich auch seine Lästereien über die Interpreten der aktuellen Charts…erfrischend. Wer sagt denn, dass ein inhaltlich anspruchsvoller Thriller nicht unterhaltsam sein darf?

Es gibt viele Verweise auf zurückliegende Fälle, Personen tauchen wieder auf, die wir aus früheren Büchern kennen. Nicht zu vergessen, der Bogen zu einer früheren Reihe des Autors, der Michael Forsythe-Trilogie. Diese Rückblicke erfüllen mich schon mit einer leichten Wehmut, denn es ist ja bekannt, dass wir nur noch einen einzigen Band aus dem Duffy-Universum zu erwarten haben. Der englischsprachige Titel steht bereits nach Aussage Adrian McKintys fest und lautet „The Ghost of Saturday Night“ – wie immer einem Songtitel von Tom Waits entlehnt.

Veröffentlicht am 16.07.2020

Italienische Nudelküche...di buon gusto

Pasta Mia!
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Nudeln kochen kann jeder. Ob Groß oder Klein, alle lieben Pasta. Und damit Abwechslung auf den Teller kommt und es nicht immer die gleiche Tomatensoße sein muss, sollte man einen Blick in Gennaro Contaldos ...

Nudeln kochen kann jeder. Ob Groß oder Klein, alle lieben Pasta. Und damit Abwechslung auf den Teller kommt und es nicht immer die gleiche Tomatensoße sein muss, sollte man einen Blick in Gennaro Contaldos „Pasta Mia!“ werfen. Der in Italien geboren und aufgewachsene Wahlengländer – wir kennen ihn als Mentor von Jamie Oliver – greift hier auf die traditionellen Nudelgerichte seiner italienischen Heimat zurück und zeigt uns, dass neben Spaghetti und Penne noch unzählige Sorten beachtenswert sind, vor allem dann, wenn sie mit der passenden Begleitung in Form leckerer Soßen serviert werden. Nicht zu vergessen die Oberflächenbeschaffenheit der Nudeln (perfekt bei Herstellung in Bronzeformen), damit man die passenden Sugos kombinieren kann.

Aber lassen wir keine Zweifel aufkommen, im Mittelpunkt der Rezepte steht IMMER die Pasta. Sechzig Seiten „Getrocknete Pasta“, fünfunddreißig Seiten „Frische Pasta“. Zwanzig Seiten „Gefüllte Pasta“, dreißig Seiten „Gebackene Pasta“ – jeweils mit unterschiedlichen Soßen, Ragús, Fisch und Gemüsen. Ansprechend bebildert, für jeden Geschmack etwas, oft abgerundet mit dem Saft der Amalfi-Zitrone (kann man problemlos durch eine gute Zitrone aus dem Bioladen ersetzen). Dazu noch zehn Seiten Grundsaucen, sowie ein ausführliches Register. Alle Zubereitungen ausführlich beschrieben (leider ohne Nährwert-Angaben), sodass auch ein Kochanfänger kein Problem damit haben wird.

Neben diesen unzähligen Rezepten, selbstverständlich auch für Pasta aus dem vollen Korn, gibt es einen leicht verständlichen Grundkurs für die Herstellung frischer Pasta. Und dafür ist noch nicht einmal eine Nudelmaschine zwingend erforderlich.

Wohl demjenigen – wir zählen zu den Glücklichen, obwohl wir nicht in der Stadt leben – der einen gutsortierten italienischen Supermarkt in der Nähe hat, bei dem ca. ein Drittel der Verkaufsfläche für Pasta in allen Variationen reserviert ist, Typo 00 Mehl selbstverständlich im Regal steht und der Wunsch nach Burrata, Taleggio, Guanciale und Salsiccia fresca erfüllt werden kann. Im üblichen Supermarkt wird man sich damit eher schwer tun. Aber keine Angst, man kann diese Zutaten natürlich mit einem bisschen Kreativität durch alternative Produkte ersetzen, so dass dem Pasta-Genuss nichts im Wege steht.

Veröffentlicht am 13.07.2020

Das war's!

Die Rückkehr des Würfelmörders (Ein Fabian-Risk-Krimi 5)
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Im vierten Band der Fabian Risk-Reihe „10 Stunden tot“ wird ein Mörder eingeführt, der seine Opfer willkürlich auswählt und auf verschiedene Arten zu Tode bringt. Allerdings wurde dieser Fall nicht gelöst, ...

Im vierten Band der Fabian Risk-Reihe „10 Stunden tot“ wird ein Mörder eingeführt, der seine Opfer willkürlich auswählt und auf verschiedene Arten zu Tode bringt. Allerdings wurde dieser Fall nicht gelöst, seine Identität nicht aufgelöst. Nun hat man genau dieser Band aus der Reihe ausgeklammert, unter dem Titel „Der Würfelmörder“ neu aufgelegt und den abschließenden fünften Band „Die Rückkehr des Würfelmörders“ veröffentlicht. Nun ja…

Aber es ist nicht nur dieser Handlungsfaden, der hier wieder aufgenommen und (endlich) zum Abschluss gebracht wird. Wie bereits in dem Vorgänger sind es verschiedene Fälle, in denen Risk und seine Kollegen ermitteln, wobei sowohl das Team als auch weitgehend die Täter aus den vorherigen Bänden bekannt sind. Und für alle, die diese nicht gelesen haben, werden sie lang und breit wieder aufgerollt, was zum einen unnötige Längen schafft, zum anderen auch das Tempo, das durch die vielen kurzen Kapitel aus unterschiedlichen Perspektiven eigentlich hoch sein müsste, massiv ausbremst. Dazu kommt dann auch noch das komplizierte Familienleben der Risks…war mir alles einen Tick zuviel. Und auch die Auflösung des Würfelmörder-Falls (samt Motivation des Täters) konnte mich nur in Ansätzen überzeugen. Küchenpsychologie par excellence.

Tja, und wie wir es von dem Autor mittlerweile kennen, ist natürlich der Boden für den nächsten Band bereitet, denn einer der Handlungsstränge wird (wieder einmal) nicht zum Abschluss gebracht und schreit förmlich nach einer Fortsetzung. Aber diese werde ich mir definitiv nicht mehr antun.

Veröffentlicht am 12.07.2020

Was ist Heimat?

Ich bleibe hier
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Ein eigentümliches Bild, das der Blick auf den Reschensee bietet. Eine spiegelglatte Oberfläche, aus deren Mitte ein Kirchturm ragt. Was ist hier geschehen? Und was hat es mit den Menschen gemacht, denen ...

Ein eigentümliches Bild, das der Blick auf den Reschensee bietet. Eine spiegelglatte Oberfläche, aus deren Mitte ein Kirchturm ragt. Was ist hier geschehen? Und was hat es mit den Menschen gemacht, denen keine andere Wahl blieb, als ihre Heimat zu verlassen?

Diesen Fragen geht der mehrfach ausgezeichnete Autor Marco Balzano in seinem neuen Roman „Ich bleibe hier“ nach, in dem er aus Sicht von Trina, Lehrerin und Bäuerin, die damaligen Ereignisse rekapituliert und den Leser am Beispiel des Städtchens Graun mit der schmerzhaften Geschichte Südtirols vertraut macht. Italienisch oder Deutsch, Mussolini oder Hitler. Eine Region, die vor dem Zweiten Weltkrieg zum Spielball der Mächte wird.

Die Muttersprache ist ein zentrales Thema, das sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch zieht. Sie stiftet Identität, dient aber gleichzeitig auch als Kontrollmechanismus der Herrschenden und ist auch dafür verantwortlich, dass nach der Zwangsitalienisierung Südtirols unter Mussolini viele Grauner ein strammes Deutschtum entwickeln und empfänglich für Hitlers „Heim ins Reich-Ruf“ werden. Es sind nicht viel, die bleiben, die weder dem einen noch dem anderen trauen, sondern misstrauisch sowohl gegenüber dem Duce als auch dem Führer sind. Die an ihrer Heimat hängen, sich ihre Skepsis bewahren, diese aber dennoch verlassen müssen. Trotz aller Widerstände lassen die Italiener von dem Staudamm-Projekt nicht ab, siedeln die Übriggebliebenen um, die sie mit lächerlichen Ausgleichszahlungen für den Verlust ihrer Heimat entschädigt haben. Wie es endet, ist bekannt. Das Tal wird 1950 geflutet.

„Ich bleibe hier“ ist eine Geschichte des Untergangs. Sie klagt nicht an, aber rüttelt auf, denn Balzano gibt in diesem dicht erzählten Roman den Vertriebenen eine Stimme. Er taucht in seine Figuren ein, schildert deren Gefühlswelt ohne überflüssige Sentimentalität und beeindruckt mit seiner klaren Sprache gerade deshalb den Leser. Jedenfalls werde ich beim nächsten Urlaub in Südtirol die zweisprachigen Hinweisschilder mit anderen Augen sehen.

Veröffentlicht am 09.07.2020

Unbefriedigende Lektüre

Der Würfelmörder (Ein Fabian-Risk-Krimi 4)
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Eine Information vorweg. Das Buch ist bereits 2019 unter dem Titel „10 Stunden tot“ erschienen. Eine Verkaufsstrategie, die mittlerweile bei vielen Verlagen Usus ist, aber (hoffentlich) den Leser verärgert.

Und ...

Eine Information vorweg. Das Buch ist bereits 2019 unter dem Titel „10 Stunden tot“ erschienen. Eine Verkaufsstrategie, die mittlerweile bei vielen Verlagen Usus ist, aber (hoffentlich) den Leser verärgert.

Und auch nachdem man das Buch zuklappt, entpuppt es sich nicht nur deshalb als Mogelpackung. Warum? Die Gründe dafür sind vielfältig, am schwersten wiegt allerdings meiner Meinung nach, dass der Autor die Erwartungen seiner Leser massiv enttäuscht.

Das Team der alkoholkranken Kripochefin Tuvesson ermittelt in verschiedenen Fällen, wobei Fabian Risk, „Starermittler“ und Namensgeber der Reihe, bis in den Spätsommer beurlaubt ist und ansonsten weitestgehend seine eigene Suppe kocht, heißt einem alten Fall nachgeht, wenn er nicht gerade mit seinem deprimierenden Privatleben beschäftigt ist.

Tuvesson hingegen geht in Reha, obwohl die Hütte brennt. Wenn das bei der schwedischen Polizei üblich ist, wundert es mich nicht, dass Anzeigen dort nicht ernst genommen bzw. bearbeitet werden. So geschehen im Fall „Molly“.

Molly wird gestalkt, jemand dringt während sie schläft in ihr Schlafzimmer ein, fotografiert sie und schneidet ihre Ponyfransen ab. Die Polizei quittiert ihre Befürchtungen mit einem Schulterzucken. Wie die Geschichte endet, kann man sich denken, ist ja ein Thriller. Sie wird ermordet, stirbt einen qualvollen Tod.

Ein Flüchtlingskind verschwindet, und die Bereitschaft der Polizei, der Sache nachzugehen, ist auch eher gering. Lediglich Kriminalinspektorin Irene Lilja beharrt darauf, sich darum zu kümmern, und sie hat recht. Das Kind wird in der Waschküche tot aufgefunden. Ein fremdenfeindlicher Übergriff?

Und dann noch besagter Würfelmörder, der seine Opfer nach dem Zufallsprinzip auswählt. In diesem Fall tappt die Polizei komplett im Dunkeln.

Zwei weitere Punkte sind mir während des Lesens sehr unangenehm aufgefallen: Zum einen habe ich mich an der äußerst vulgären Sprache gestört, an Schimpfwörtern, die Frauen gegenüber inflationär gebraucht wurden. Nicht von Angesicht zu Angesicht, sondern in SMS oder um dem Ärger über eine Kollegin Ausdruck zu verleihen (Beispiel Kim Z.). Zum anderen gibt mir das Frauenbild, das hier transportiert wird, stark zu denken. Egal, wie gut diese Frauen im Job/Alltag sind, in ihren Partnerschaften lassen sie sich klein halten, stehen nicht für sich ein und lassen es sogar zu, dass sie geschlagen werden – ohne sich zu wehren. Das geht überhaupt nicht.

Aber zurück zum Thema. Verschiedene Fälle, verschiedene Handlungsstränge. Jeder für sich eigentlich interessant. Aber was macht der Autor daraus? Sozusagen nichts. Ein einziger Fall wird zweifelsfrei aufgeklärt, nämlich der von Molly. Die anderen harren der Auflösung, und wenn man diese haben möchte, muss man den Nachfolgeband lesen.

Dieses Konzept mag in Fernsehserien funktionieren, für die der Autor in der Vergangenheit Drehbücher geschrieben hat, bei Thrillern/Krimis ist die Erwartungshaltung der Leser eine andere. Wenn ein Autor annähernd 2.500 Seiten braucht (für die gesamte Reihe), um einen schlüssigen Thriller zu schreiben in dem alle Feuer, die er bis dato gezündet hat, gelöscht werden, sollte er es vielleicht mit einem anderen Genre versuchen. Ein Krimi/Thriller verlangt nach einer Auflösung, mehr ist dazu nicht zu sagen. Punkt.