Von Franz Kafka gibt es ein Zitat, das mir beim Lesen dieses Roman in den Sinn gekommen ist: „Ich glaube, man sollte überhaupt nur solche Bücher lesen, die einen beißen und stechen. Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch?“
„Trophäe“ von Gaea Schoeters ist ein solches Buch, denn die Autorin bringt uns mit diesem Roman an unsere ethisch en und moralischen Grenzen, zwingt uns, diese permanent zu hinterfragen. Ich denke, dass die Leser und Leserinnen sich darüber einig sind, dass es höchst unmoralisch ist, mit dem Gewehr auf Menschenjagd zu gehen, auch wenn ein Teil dieser erkauften Jagdlizenz mit dem Einverständnis und zum Wohle des Stammes verwendet wird, auf dessen Gebiet diese Jagd stattfindet.
Und dennoch, derjenige, der von den Ältesten im übertragenen Sinn die Zielscheibe auf den Rücken geheftet bekommt, fügt sich, hat aber auch seine Zweifel an dem Arrangement: „Aber dieses Land gehört uns, genau wie die Tiere, die hier leben. Es ist nicht euer Land. Und wir sind keine Tiere, die dort leben.“
Ganz anders der Hunter, der Jäger, der ohne mit der Wimper zu zucken, gefährdetes Großwild erschießt und davon überzeugt ist, damit etwas zum Erhalt der Arten beizutragen. Als sein letzter Versuch vereitelt wird, mit dem er mit dem Abschuss eines Spitzmaulnashorns seine persönlichen Big Five komplettieren will, geht er nach anfänglichem Zögern auf das unmoralische Angebot des Jagdveranstalters ein, sich zur „Entschädigung“ an den Big Six zu versuchen und legt diesem eine halbe Million dafür auf den Tisch.
Ich bin hin und her gerissen, frage mich, ob sich mein moralischer Kompass während der Lektüre verschoben hat, denn eigentlich ist dieser Hunter ja kein so übler Kerl. Er kauft regelmäßig Naturschutzgebiete an und renaturiert sie, seine Grundsätze während des Jagens lassen auf einen Denker schließen, aber ich kann mich leider nicht von dem Gefühl freimachen, dass er sich letztlich nur ein fragwürdiges Gerüst zur Rechtfertigung gebaut hat, damit sein Unrechtsbewusstsein nicht die Oberhand gewinnt. Keine Frage, ich habe Hunter verachtet, aber ebenso traf meine Verachtung die offiziellen afrikanischen Stellen, die die Stämme ihres Landes und damit ihrer Lebensgrundlage beraubt und ihnen willkürlich Parzellen zuweist, die ihnen die traditionelle Lebensweise verwehren. Ein Unding, das mir bisher nicht bekannt war, denn wohin diese Vorgehensweise führt, sieht man ja am Beispiel der Indigenen in den Vereinigten Staaten.
Ja, dieser Roman hat mich nicht nur gebissen und gestochen, sondern hat mir auch neue Erkenntnisse beschert. „Trophäe“ war für mich eine Lektüre mit Mehrwert, und dafür danke ich der Autorin.