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Veröffentlicht am 16.01.2023

Mutter und Tochter, zwei starke Frauen

Die Unternehmerin von Amsterdam
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Amsterdam 1892: Nach dem Tod ihrer Eltern findet Lydia Oorthuys im Schreibtisch ihres Vaters Pläne für den Bau einer Käsefabrik, die er mit einem Bauern namens Huib Minnes aufbauen wollte. Um mehr über ...

Amsterdam 1892: Nach dem Tod ihrer Eltern findet Lydia Oorthuys im Schreibtisch ihres Vaters Pläne für den Bau einer Käsefabrik, die er mit einem Bauern namens Huib Minnes aufbauen wollte. Um mehr über Huib und die geplante Fabrik zu erfahren, sucht sie ihn auf seinem Hof auf. Lydia ist beeindruckt von Huibs fortschrittlichen Gedanken über die Käseherstellung - und auch der Mann selbst weckt ihr Interesse. Kurze Zeit später lernt sie bei einer Feier im Hause ihrer Freundin den Adligen Eduard van Nijenbergh kennen, der ihr auch bald einen Heiratsantrag macht. Lydia lehnt zunächst ab, da sie sich in Huib verliebt hat. Die beiden beginnen die Pläne zu realisieren und der Bau der Käsefabrik wird begonnen. Dann wird Lydia schwanger. Sie kann Huib jedoch unmöglich heiraten, er ist ja nur ein Bauer. Nun erinnert sie sich wieder an Eduard …

Antwerpen 1913: Lydias Tochter Nora hat sich mit ihr, nachdem sie die Wahrheit über ihren leiblichen Vater erfahren hat, gestritten und daraufhin, ohne ihre Erlaubnis ihren reichen Freund Ralph geheiratet. Das junge Paar lässt sich in Antwerpen, in der Nähe seines Elternhauses, nieder. Bald bemerkt Nora, dass Ralphs Interesse an ihr nachgelassen hat. Die Ehe ist nicht glücklich, Nora hat Heimweh, trennt sich von Ralph und möchte zurück in die Heimat. Doch dann bricht der Erste Weltkrieg aus, eine Reise von Belgien in die Niederlande ist unmöglich. Ralph und seine Freunde fahren mit einem Schiff nach England, Nora bleibt zurück. In den Kriegswirren sieht die einst verwöhnte junge Dame keine andere Möglichkeit, als im Lazarett zu helfen und die Verwundeten zu versorgen …

Simone van der Vlugt, geb. 1966 in Hoorn, ist eine in den Niederlanden bekannte Schriftstellerin historischer Romane, die auch auf deutschen Bestsellerlisten zu finden sind. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Alkmaar.

In einem leichten und flüssigen Schreibstil führt uns die Autorin im ersten Teil ins ausgehende 19. Jahrhundert, wo wir einiges über die Stellung der Frau erfahren. Männer hatten damals das Sagen, Frauen mussten sie für alles um Erlaubnis bitten. Doch nicht alle nahmen das klaglos hin, einige begannen bereits sich selbst zu verwirklichen. Eine dieser starken Frauen ist unsere Protagonistin Lydia, der es allen Widerständen zum Trotz gelang, eine Fabrik aufzubauen und ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu führen.

Bis dahin eine interessante, spannende Geschichte, doch dann kommt ein plötzlicher Zeitsprung von etwa zwanzig Jahren. Lydia, Huib und ihre gemeinsam aufgebaute Fabrik sind vergessen – es ist nur noch von Lydias Tochter Nora und ihren Problemen die Rede. Dann baut die Autorin, wohl um es spannend zu machen und die Seiten zu füllen, auch noch Kriegswirren und Fronterlebnisse ein, die mit dem Titel und dem schönen ersten Teil absolut nichts mehr zu tun haben. Man hat das Gefühl ein völlig anderes Buch zu lesen. Schade.

Fazit: Gut gelungener erster Teil, der durchaus noch ausbaufähig gewesen wäre.

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Veröffentlicht am 10.01.2023

Liebe in Zeiten des Krieges

Durch das große Feuer
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Schon als Schüler im englischen Eliteinternat verband sie eine ganz besondere Freundschaft, Henry Gaunt und Sidney Ellwood. Jeder der beiden jungen Männer war in den anderen verliebt, doch keiner traute ...

Schon als Schüler im englischen Eliteinternat verband sie eine ganz besondere Freundschaft, Henry Gaunt und Sidney Ellwood. Jeder der beiden jungen Männer war in den anderen verliebt, doch keiner traute sich diese Liebe einzugestehen. Was verboten ist, konnte auch nicht sein. Dann kam der Erste Weltkrieg. Wie so viele meldeten auch sie sich freiwillig zum Militär. In den französischen Schützengräben, im Angesicht des Feindes und der Gräuel, kommen sie sich allmählich näher und finden kurze Momente des Trostes - bei der Schlacht an der Somme entscheidet sich dann ihr Schicksal …

Der Verlag über die Autorin: Alice Winn lebt in Brooklyn, wo sie Drehbücher schreibt. Sie wuchs in Paris auf und wurde in britischen Internaten erzogen. Sie hat einen Abschluss in englischer Literatur von der Oxford University. „Durch das große Feuer“ (engl. Original: „IN MEMORIAM“) ist ihr Debütroman.

Es ist kaum zu glauben, dass dies der Debütroman der Autorin ist, so großartig und mitreißend ist er geschrieben. Die zutiefst berührende Liebesgeschichte zwischen zwei jungen Männern steht dem Grauen, der Brutalität und Erbarmungslosigkeit des Ersten Weltkriegs gegenüber – ein Chaos der Gefühle für den Leser. Deutliche Beschreibungen schrecklicher Kriegshandlungen im Wechsel mit poetischen, gefühlvollen Szenen halten die Spannung hoch, so dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Leben und Tod, Liebe und Hass, alles liegt so nah beieinander. Man empfindet die Figuren sehr real und lebendig, liebt und leidet mit ihnen. Dabei ist der Krieg stets präsent, es werden viele verletzt, verstümmelt und es wird gestorben – nichts wird verharmlost.

Fazit: Ein großartiger Roman, eine poetische Geschichte über die Liebe und eine realistische Darstellung der Kriegsgräuel - mit Charakteren, die lange in Erinnerung bleiben werden. Meine Empfehlung!

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Veröffentlicht am 06.01.2023

Anregungen aus dem Altpapier

Das glückliche Geheimnis
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Die meisten Geheimnisse sind dunkel - umso schöner, wenn jemand ein glückliches Geheimnis hat, wie der 1968 in Bregenz/Vorarlberg geborene österreichische Schriftsteller Arno Geiger. Davon berichtet er ...

Die meisten Geheimnisse sind dunkel - umso schöner, wenn jemand ein glückliches Geheimnis hat, wie der 1968 in Bregenz/Vorarlberg geborene österreichische Schriftsteller Arno Geiger. Davon berichtet er uns in seiner Biografie, die etwa 25 Jahre seines Lebens umspannt. Gleich zu Anfang des Buches verrät er uns, dass er seit seinem Auszug aus dem Elternhaus einmal wöchentlich heimlich die Altpapier-Container der Stadt Wien nach Brauchbarem, Bücher, Tagebücher, Briefe und Notizen, durchsuchte – anfangs um durch den Verkauf von Büchern auf dem Flohmarkt seinen Lebensunterhalt aufzubessern, später als seelischen Ausgleich und um durch die schriftlichen Hinterlassenschaften fremder Menschen Anregungen und Ideen für seine Romane zu finden.

Der Schreibstil Arno Geigers ist angenehm und abwechslungsreich, gespickt mit ironischen Erkenntnissen und amüsanten Lebensweisheiten. Während er seine Tätigkeit der Schatzsuche beschreibt, die er wegen der Peinlichkeit inkognito mit Mütze und alter Kleidung versehen als sportliche Betätigung betrachtete, rollt sein Leben chronologisch vor uns ab. Er grübelt über seine Beziehungen zu Frauen nach, bemerkt mit Schrecken den langsamen geistigen Verfall seines Vaters und ist sich selbst über seinen weiteren Lebensweg noch nicht im klaren. Er beobachtet, sinniert, beschreibt und philosophiert – während sich sein glückliches Geheimnis als roter Faden durch das ganze Buch zieht.

Fazit: Ein sehr offenes und ehrliches Buch, mit vielen philosophischen Betrachtungen die zum Nachdenken anregen – und das Interesse auf die anderen Bücher des Autors wecken.

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Veröffentlicht am 02.01.2023

Niemand ist ohne Schuld

Der Verrat
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Es war eine warme Sommernacht im Jahre 1998, als ein Auto im Weingut Graven an der Saar den Abhang hinab stürzte. War es ein Unfall oder war es Mord? Zwanzig Jahre später wird Nane vorzeitig auf Bewährung ...

Es war eine warme Sommernacht im Jahre 1998, als ein Auto im Weingut Graven an der Saar den Abhang hinab stürzte. War es ein Unfall oder war es Mord? Zwanzig Jahre später wird Nane vorzeitig auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen. Sie war unschuldig und doch schuldig am Tod von Henning, dem Stiefsohn ihrer Schwester Pia. Bevor Nane sich ein neues Leben aufbauen kann, will sie sich für die damaligen Vorkommnisse bei ihrem Schwager Thomas entschuldigen. Doch Pia lässt ihre Schwester wie eine Verbrecherin vom Anwesen verjagen und erteilt ihr Hausverbot. Hat sie etwas zu verbergen, das nicht ans Licht kommen soll?

Ellen Sandberg ist das Pseudonym der deutschen Kriminalschriftstellerin Inge Löhnig, die 1957 in München geboren wurde. Für ihre spannenden Familienromane, zu denen auch „Der Verrat“ zu zählen ist, wählte sie diesen Zweitnamen. Die Schriftstellerin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.

Zerrüttete Beziehungen, ein Netz von Lügen und komplizierte Verhältnisse sind die tragenden Pfeiler dieser spannenden Familientragödie. Die Autorin bedient sich hier einer dritten Person als Erzähler und wechselt auch in den Zeitebenen, um dem Leser die zahlreichen Protagonisten näher zu bringen und das komplexe Geschehen zu veranschaulichen. Durch die verschiedenen Sichtweisen werden die Ereignisse lebendig und verständlich und durch überraschende Wendungen wird auch der Spannungsbogen bis zum Ende hoch gehalten. Die Geschichte lebt meist von Andeutungen und Vermutungen, spektakuläre Aktionen sucht man vergebens.

Fazit: Ein packendes Familiendrama, solide geschrieben und psychologisch einleuchtend.

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Veröffentlicht am 27.12.2022

Viel Lokalkolorit – wenig Krimi

Aufblattelt
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Zunächst möchte ich bemerken, dass ich die Österreicher sehr mag und schätze und selbst nahe der österreichischen Grenze wohne. Was mir jedoch hier aufgetischt wurde, war eindeutig zu viel des Guten. Der ...

Zunächst möchte ich bemerken, dass ich die Österreicher sehr mag und schätze und selbst nahe der österreichischen Grenze wohne. Was mir jedoch hier aufgetischt wurde, war eindeutig zu viel des Guten. Der ganze Text wimmelt von speziellen österreichischen (burgenländischen?) Phrasen, Werbung für heimische Produkte und seltsamen Gebräuchen, die selbst mir als Süddeutsche fremd waren. Einige der Redensarten werden zwar übersetzt bzw. eingedeutscht, aber leider erst mehrere Seiten später, was beim Lesen auf dem eReader äußerst umständlich ist.

Die Handlung zieht sich zäh dahin, von Krimi ist erst ab etwa der Hälfte des Buches etwas zu merken, ausschweifende Erklärungen über Wald, Wild und Pflanzen überwiegen. Nicht nur typisch burgenländische Speisen werden erwähnt, sondern auch Orte, Lokale und Hintergründe genannt, die kaum jemand nennenswert findet und die man wohl nie besuchen wird. Für Österreicher bzw. Burgenländer mag das Buch sehr interessant sein, können sie doch anhand der ausführlichen Beschreibungen die Gegend besuchen, für alle anderen ist es einfach nur ermüdend. Es gibt zwar einige Tote - ob Unfall, Selbstmord oder Mord bleibt lange unklar – und die örtliche Polizei (die aus einem Mann und einer Frau besteht) bemüht sich auch redlich um Aufklärung. Der Schluss wartet dann mit einer Überraschung auf, die die Geschichte noch recht spannend macht, die aber nach meinem Empfinden nicht zu dem zuvor geschilderten Charakter der betreffenden Person passen will.

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