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Veröffentlicht am 23.11.2021

Probleme einer Familie …

Die fliegenden Trautmans
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Nach einem Anruf ihrer Nichte Thebes fliegt Hattie Hals über Kopf von Paris, wo sie als Künstlerin ein angenehmes Leben führte, zurück ins heimatliche Kanada. Sie muss sich um die Kinder ihrer Schwester ...

Nach einem Anruf ihrer Nichte Thebes fliegt Hattie Hals über Kopf von Paris, wo sie als Künstlerin ein angenehmes Leben führte, zurück ins heimatliche Kanada. Sie muss sich um die Kinder ihrer Schwester Min kümmern, die wieder ihre manisch-depressiven Anfälle hat und in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden muss. Das Haus und auch die Kinder sind in verwahrlostem Zustand, die 11jährige Thebes ist verdreckt und hat blau gefärbte Haare und der 15jährige Logan ist von der Schule geflogen. Die Situation wächst Hattie über den Kopf und so entschließt sie sich, die Kinder zu ihrem Vater zu bringen, der irgendwo in Kalifornien an der Grenze zu Mexiko leben soll. Sie packen das Nötigste in den alten Van der Familie und ab geht’s, immer der Nase nach Richtung Süden. Die Fahrt durch Amerika bringt die drei an ihre Grenzen, Schmerzen und Verletzungen an Körper und Seele sind ständige Begleiter. Doch nach und nach wachsen sie als Familie zusammen und Hattie, die die Kinder eigentlich loswerden wollte, stellt fest, dass sie diese liebt und dass ihre Schwester ihre Hilfe braucht. Die zuvor mit ihrer kranken Mutter überforderten Kinder können endlich wieder Kinder sein - einige skurrile Begegnungen und ein zugelaufener Pitbull helfen ihnen dabei …

Die kanadische Schriftstellerin und freie Journalistin Miriam Toews wurde 1964 in Steinbach, einer Mennonitengemeinde im kanadischen Manitoba, geboren. Sie studierte Geisteswissenschaften und Journalismus. Für ihren Roman „Die fliegenden Trautmans“ wurde sie 2008 mit dem ‚Rogers Writers‘ Trust Fiction Prize‘ ausgezeichnet, den sie 2014 erneut für einen anderen Roman erhielt. Sie lebt und arbeitet heute in Winnipeg/Kanada.

Was sich zunächst wie ein heiterer Familienroman liest, entpuppt sich bald als eine Geschichte mit durchaus ernsthaftem Hintergrund: Die Mutter, die an Depressionen, psychischen Störungen leider und Suizidgedanken hat, zwei Kinder, die ohne Vater und ohne mütterliche Fürsorge aufwachsen und die Tante der Kinder, die diesem ganzen Chaos nach Paris entflohen ist. Durch die eher heitere Seite des Roadtrip und einiger teils skurriler Begegnungen gelingt es der Autorin, hier einen guten Ausgleich zwischen Tragödie und Komödie zu schaffen. Der Schreibstil ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig und erfordert eine gewisse Aufmerksamkeit beim Lesen, da die wörtlichen Reden fließend ineinander übergehen und zudem keine Anführungszeichen verwendet werden. Das Geschehen ist logisch aufgebaut, unterhaltsam und ergreifend, mit vielen traurigen, aber auch vielen komischen Momenten. Die Charaktere sind sehr fein gezeichnet in ihrer Verletzlichkeit und auch das Zwischenmenschliche ist sehr gut heraus gearbeitet. Einige Passagen stimmen sehr nachdenklich und regen dazu an, das eigene Verhalten zu überdenken.

Zu kritisieren ist, dass durch die häufigen inhaltsleeren und nichtssagenden Unterhaltungen der Protagonisten leider die charakteristische Schilderung der Weite und der verschiedenen Landschaften während der Reise durch die USA zu kurz kommen. Durch die bemühten Slapstick-Einlagen wird das Geschehen viel zu sehr von dem Grund der Reise (die Krankheit der Mutter und Schwester) abgelenkt, was für den Roman nicht unbedingt von Vorteil ist. Die immer wieder eingefügten Rückblenden und Erinnerungen zerstückeln die Geschichte und auch das überstürzte Ende kann nicht befriedigen, denn das Hauptproblem bleibt offen.

Fazit: Über den Zusammenhalt einer total schrägen Familie und über eine chaotische Reise – ein Buch, das aufgrund seiner Sprache wohl eher für die jüngere Generation gedacht ist.

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Veröffentlicht am 13.11.2021

Aufbruch in ein neues Leben

OMBRA
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Was macht man und wie ist einem zumute, wenn man dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen ist? Hier erfahren wir, wie es dem Autor erging, der nach einer schweren Herz-OP mit nachfolgenden Komplikationen ...

Was macht man und wie ist einem zumute, wenn man dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen ist? Hier erfahren wir, wie es dem Autor erging, der nach einer schweren Herz-OP mit nachfolgenden Komplikationen noch tagelang im Koma lag und nach dem Aufwachen alles, selbst die elementarsten Dinge, noch einmal lernen musste. Dass ich als Leserin mehr darüber berichte, würde zu weit führen – das sollten wir dem Autor selbst überlassen und sein Buch lesen.

Darüber erzählen kann er, wenn zunächst auch etwas widerwillig. Ortheil nimmt den Leser mit, erzählt, schweift ab, erzählt etwas anderes, um dann den Faden wieder aufzunehmen und mit dem ursprünglich Erzählten fortzufahren – einfach großartig. Wir sind mit ihm in der Reha, erleben mit, wie er sich anfangs dagegen sträubt und freuen uns mit ihm über die ersten Fortschritte. Wir erfahren auch von seinem „ersten, seinem vorigen“ Leben und sind dabei, wie er sich dieses Schritt für Schritt zurück erobert. Dass er dabei nicht immer voller Begeisterung ist, liegt wohl in der Natur des Menschen. Dass man dabei auch Verstorbene, wie z.B. die Eltern oder Siegmund Freud, zu Hilfe ruft und mit ihnen spricht, empfand ich ganz natürlich.

Zur Vita des Autors: Hanns-Josef Ortheil wurde 1951 in Köln als fünfter Sohn seiner Eltern geboren. Während des Zweiten Weltkriegs und in den ersten Nachkriegsjahren starben vier der zuvor geborenen Söhne, wodurch Ortheils Mutter verstummte und auch er selbst erst im Alter von sieben Jahren zu sprechen begann. Er bekam eine pianistische Ausbildung, studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie in Göttingen, Paris und Rom und promovierte 1976 an der Universität in Mainz. Nach verschiedenen Anstellungen an deutschen Universitäten wurde er 2009 zum Direktor des neu gegründeten Instituts für Literarisches Schreiben in Hildesheim berufen. Ortheil gehört seit vielen Jahren zu den meistgelesenen deutschen Autoren der Gegenwart. Sein umfangreiches Werk wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet, seine Romane wurden in über zwanzig Sprachen übersetzt. In seinem Buch Ombra – Roman einer Wiedergeburt, das im Oktober 2021 erschienen ist, verarbeitet der Autor seine Empfindungen nach der Herz-OP mit anschließenden Komplikationen und seine Erlebnisse als ambulanter Patient einer Reha-Klinik.

Ich bin bei diesem Buch vielleicht etwas zu enthusiastisch, da mein Vater vor seinem Tod einen ähnlichen Prozess durchmachte, letztendlich aber nicht so viel Glück hatte wie der Autor. Deshalb freue ich mich umso mehr, dass für Hanns-Josef Ortheil bisher alles gut verlief und wir hoffentlich noch einige interessante Bücher und Romane von ihm erwarten dürfen.

Fazit: Interessantes, lesenswertes Buch – zu kritisieren wäre allenfalls, dass der Autor seiner Literatur und seinem Können bisweilen etwas zu viel Bedeutung beimisst.

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Veröffentlicht am 08.11.2021

Deutsch-französische Liebe in der Nachkriegszeit

Schnell, dein Leben
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Louise wird kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs in den französischen Alpen geboren. Ihr Vater ist Zahnarzt, es geht ihnen gut, trotzdem muss ihre Mutter ihn täglich ums Haushaltsgeld bitten. Über die ...

Louise wird kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs in den französischen Alpen geboren. Ihr Vater ist Zahnarzt, es geht ihnen gut, trotzdem muss ihre Mutter ihn täglich ums Haushaltsgeld bitten. Über die Zeit als ihr Vater im Krieg gegen die Deutschen kämpfte, wird in ihrer Familie geschwiegen. Nach Abschluss ihres Abiturs erlaubt ihr Vater, dass Louise in Lyon studieren darf. Dort lernt sie den deutschen Austauschstudenten Johann kennen und verliebt sich in ihn. Johann stammt aus einer wohlhabenden Familie aus einem Dorf bei Frankfurt. Auch in seiner Familie herrscht Schweigen über die Kriegserlebnisse des Vaters. Als Louise und Johann beschließen zu heiraten, sind ihre Eltern zunächst entsetzt. „Ein deutscher Schwiegersohn, das kommt gar nicht in Frage!“ Doch die beiden heiraten und Louise geht mit Johann nach Deutschland. Sie hat es nicht leicht in ihrer neuen Heimat, zumal sie kein Wort deutsch spricht. Als sie dann durch einen gemeinsamen Freund den Beweis erhalten, dass Johanns Vater an Kriegsverbrechen beteiligt war, droht die junge Ehe daran zu zerbrechen …

Die deutsch-französische Schriftstellerin Sylvie Schenk wurde 1944 in Chambéry (Frankreich) geboren, wuchs in Gap/Hautes-Alpes auf und studierte in Lyon Latein, Griechisch und Französisch. Seit 1966 lebt sie in Deutschland, war zunächst Lehrerin für Französisch und ab 1976 freischaffende Autorin für Schulfunk und Schulbuchverlage. Sie veröffentlichte unter ihrem Geburtsnamen Sylvie Gonsolin drei Gedichtbände auf Französisch und schreibt seit 1992 Romane und Kurzgeschichten auf Deutsch. Sie wandert gerne und verbringt viel Zeit in den Bergen, meist in den französischen Alpen. Sylvie Schenk lebt mit ihrem Mann Dr. H.J. Schenk in Stolberg bei Aachen und in La Roche de Rame (Hautes Alpes) in Frankreich.

Der Schreibstil ist zunächst etwas ungewohnt, liest sich aber dennoch wunderbar flüssig, so dass die Seiten nur so dahin eilen. Die Autorin bedient sich zum Erzählen einer unbekannten dritten Person, die die Protagonisten stets persönlich anspricht – als Leser ist man dabei neutraler Beobachter. Der Titel „Schnell, dein Leben“ passt ausgezeichnet zum Inhalt, ist es doch ein ganzes pralles Leben, das auf 160 Buchseiten zusammengefasst wurde. Trotz allem hat man aber nicht das Gefühl, etwas Wesentliches verpasst zu haben – es wird alles gesagt und die Zwischentöne kann man sich selbst sehr gut vorstellen. Ausgezeichnet beobachtet von der Autorin ist die allmähliche Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich nach der Unterzeichnung des Elyseevertrags zwischen De Gaulle und Adenauer. Bemerkenswert ist auch wie intensiv sie Louises Gefühle beschreibt, die die deutsche Sprache lernen muss, ihren Traum zu schreiben verwirklichen will, Ehe und Familie rettet und die Kraft dafür in ihren gelegentlichen Spaziergängen im Wald schöpft. Dabei ist nicht zu übersehen, dass Sylvie Schenk hier in Grundzügen Teile ihres eigenen Lebens wiedergibt, wie man in ihrer Vita nachlesen kann.

Fazit: Ein beeindruckendes Buch mit solidem geschichtlichen Hintergrund, einfühlsam und unterhaltend. Sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 07.11.2021

Grenzen - physisch, psychisch, real und mental …

Blaue Frau
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Sie ist allein in der kleinen Wohnung in Helsinki, wohin sie sich geflüchtet hat. Sie ist panisch und steht unter Schock – was ist der jungen Frau widerfahren? Sie heißt Adina und wuchs als letzte Jugendliche ...

Sie ist allein in der kleinen Wohnung in Helsinki, wohin sie sich geflüchtet hat. Sie ist panisch und steht unter Schock – was ist der jungen Frau widerfahren? Sie heißt Adina und wuchs als letzte Jugendliche in einem kleinen tschechischen Dorf im Riesengebirge auf. Nach der Schule verließ sie ihre Heimat, fuhr nach Berlin um Deutsch zu lernen und Geowissenschaft zu studieren. Sie freundete sich dort mit der Fotografin Rickie an, die ihr eine Praktikantenstelle auf einem Gut in der Uckermark vermittelt, wo der Unternehmer Razlav Stein ein Kulturzentrum errichten will. Dort nennt man sie Nina, sie selbst nennt sich gerne „der letzte Mohikaner“ nach dem tapferen Krieger, den sie gerne wäre. Ein wichtiger potentieller Investor und Gast auf dem Gut ist der Schwabe Johann Manfred Bengel, der Nina eines Abends auflauert, seine Triebe nicht beherrschen kann und dadurch ihr Leben auf den Kopf stellt. Sie gerät in Panik, flüchtet, nur weg, weit weg, immer nach Norden - und landet in Finnland. In einem Hotel in Helsinki findet sie einen Job und haust in einer Dachkammer. Dort begegnet sie Leonides, einem Professor aus Estland und Abgeordneten der EU in Brüssel, der sich in sie verliebt und sie Sala nennt. Adina zieht zu ihm und hat nun endlich die Chance, ein neues Leben zu beginnen. Doch dann hat sie eine unerwartete Begegnung, die die alten Wunden wieder aufreißt und sie erneut veranlasst, ihren sicheren Zufluchtsort zu verlassen und wieder unterzutauchen …

Die Autorin Antje Rávik Strubel wurde 1974 als Antje Strubel in Potsdam geboren. 2001, nachdem sie ihren ersten Roman veröffentlicht und dafür bei den Klagenfurter Literaturtagen den Ernst-Willner-Preis erhielt, entschied sie sich für ihren Autorennamen, indem sie den erfundenen Namen „Rávic“ hinzufügte, den sie später in „Rávik“ änderte. Neben ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin arbeitet sie auch als Übersetzerin und war zeitweise auch Stadtschreiberin in Rheinsberg. Bisher veröffentlichte sie zwölf Bücher, für die sie einige Preise und Auszeichnungen erhielt. Der vorliegende Roman „Blaue Frau“ wurde mit dem Deutschen Buchpreis 2021 ausgezeichnet. Antje Rávik Strubel lebt und arbeitet in Potsdam, wo sie mit einer Frau zusammenlebt.

Überschreiten und verletzen der ureigensten Grenzen und dadurch entstehende traumatische Lebensumstände, Grenzübertritte von Ost nach West, Ausbeutung und Gewalt an Frauen aus Osteuropa und eine Gesellschaft, die darüber hinwegsieht – das sind die herausragenden Themen dieses Romans. Die Autorin bedient sich dabei verschiedener Stilmittel, benutzt Rückblenden und Vorausahnungen, rasch ändernde Schauplätze, assoziiert Privates mit Politischem, lässt ihre Figuren über sich selbst reflektieren und wechselt zwischen Realität und Fiktion. Dann ist da noch eine blaue Frau ohne Namen, die zwischendurch immer wieder auftritt, die alles weiß und sich mit irgendjemandem Imaginären unterhält. Wer ist sie? Mit wem unterhält sie sich? Auch das Ende wirft Frage auf, ist unklar, wird nur angedeutet und bleibt verschwommen. Als Leser kann man nur hoffen, dass Adina (Nina, Sala) inzwischen gelernt hat, sich zu wehren.

Fazit: Das Buch hat gewichtigen Inhalt und findet gewiss seine Liebhaber und Freunde - mein Lesegeschmack ist es nicht!

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Veröffentlicht am 28.10.2021

Wann ist ein Leben perfekt?

Das perfekte Leben des William Sidis
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Mit einem geschätzten IQ von 250 bis 300 gilt er als einer der intelligentesten Menschen der Welt, William James Sidis, geb. 1898 in New York City als Sohn jüdischer Einwanderer aus der Ukraine, gest. ...

Mit einem geschätzten IQ von 250 bis 300 gilt er als einer der intelligentesten Menschen der Welt, William James Sidis, geb. 1898 in New York City als Sohn jüdischer Einwanderer aus der Ukraine, gest. 1944 in Boston an einer Gehirnblutung. Der kleine Billy galt schon früh als Wunderkind, konnte im Alter von 6 Monaten sprechen, mit 18 Monaten las er bereits Zeitung, sprach mit 6 Jahren schon 10 Sprachen und entwickelte als 10jähriger seine Theorie der vierten Dimension, über die er im folgenden Jahr einen Vortrag an der Harvard-Universität hielt. Bis dahin hatte er schon vier Bücher geschrieben. Für die Schule benötigte er 7 Monate, die Highschool schaffte er in 3 Monaten und begann mit 11 Jahren das Studium der Mathematik, dem er nach Abschluss ein Jurastudium anhängte. Als Reaktion auf seine Erziehung (er wurde von seinen ebenfalls gebildeten Eltern schon sehr früh gefördert und gefordert) begann er als 16jähriger zu rebellieren, brach sein Studium ab und schloss sich einer Gruppe Sozialisten an. Bei einer Demonstration wurde er verhaftet und zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt …

„Das perfekte Leben des William Sidis“ ist der erste Roman des 1970 geborenen und in Kopenhagen aufgewachsenen dänischen Autors Morten Brask. Es gelang ihm ausgezeichnet, das Leben dieses ungewöhnlichen Mannes in eine spannende Rahmenhandlung einzubinden und dessen vermutlichen Gedanken und Gefühle zu beschreiben. Wie zu lesen ist, bezieht sich der Autor dabei auf damalige Zeitungsberichte, Biografien anderer Autoren, sowie Bücher und Briefe von Sidis selbst. In kurzen Kapiteln, zeitlich hin und her springend, berichtet Brask über verschiedene Stadien und Begebenheiten in Sidis leben. Wir erfahren, wie Sidis vom viel beachteten Wunderkind immer mehr zum Sonderling und Eigenbrötler mutierte, zur tragischen Figur wurde, der seine Mitmenschen oft vor den Kopf stieß und vielfach Spott und Hohn erntete. Es entsteht das Bild eines zutiefst verstörten Menschen dem man nachfühlen kann, dass er sich ein perfekteres Leben gewünscht hätte.

Heutzutage ist Sidis bei uns weitgehend unbekannt, umso lohnender ist es, dieses 2017 aus dem Dänischen übersetzte Buch zu lesen. Wer noch mehr über das einzigartige Genie William James Sidis erfahren möchte, dem empfehle ich gerne auch das ebenfalls 2017 erschienene Buch „Das Genie“ von dem deutschen Autor Klaus Cäsar Zehrer, in dem etwas ausführlicher auf die Eltern und Sidis früher Kindheit eingegangen wird.

Fazit: Ein solide geschriebenes Buch über einen genialen Menschen, dessen Handicap es war, dass er nie Kind sein durfte - berührt und stimmt sehr nachdenklich.

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