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Veröffentlicht am 24.04.2024

Leichte Unterhaltung mit Schwächen

Tea Time
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Die Pharmazeutisch-Technische Assistentin Nina und ihre beste Freundin Franziska haben so ihre kleinen Macken. Gemeinsam mit vier anderen Frauen gründen sie den „Club der Spinnerinnen“. Als Nina nach einem ...

Die Pharmazeutisch-Technische Assistentin Nina und ihre beste Freundin Franziska haben so ihre kleinen Macken. Gemeinsam mit vier anderen Frauen gründen sie den „Club der Spinnerinnen“. Als Nina nach einem Clubtreffen ihre Handtasche verliert, fordert der Finder Andreas Haase, Exfreund von Clubmitiglied Jelena, besonderen Finderlohn. Es kommt zu einem folgenschweren Handgemenge…

Die Geschichte wird aus Franziskas Sicht in der ersten Person geschrieben. Sie ist klar und gut verständlich formuliert, lässt sich unkompliziert und leicht lesen. Dennoch wirkt der Stil durch die teils eigensinnige Wortwahl ein wenig bieder und altbacken, nicht so als erzähle hier wirklich eine jüngere Frau.

Auch wenn in Ich-Form erzählt wird, mochte ich keinen rechten Zugang zur Hauptfigur Nina finden. Sie war mir -wie ihre Freundin Franziska auch- nicht besonders sympathisch, wirkt etwas „trutschig“. Alle Figuren blieben mir leider über weite Strecken fremd, ich fieberte kaum mit ihnen mit. Die restlichen Clubmitglieder empfand ich als nicht unbedingt originell, eher kamen mir die Figuren etwas zu „gewollt“ vor.

Ich bin großer Ingrid Noll-Fan. Insgesamt habe ich „Tea Time“ nicht ungern gelesen, doch kommt es meiner Meinung nach längst nicht an ihre besten Werke wie „Die Apothekerin“ und „Die Häupter meiner Lieben“ heran. Nicht nur dass Nina in einer Apotheke arbeitet, kam mir wie ein „Abklatsch“ früherer Romane vor. Auch hatte ich das Gefühl dem „Bösewicht“ Andreas Haase und Ninas Nachbarn schon einmal in Nolls anderen Büchern begegnet zu sein. Die Geschichte dümpelt insgesamt etwas dahin, ein klarer Spannungsbogen ist für mich leider nicht zu erkennen. Zweifelsohne kann Ingrid Noll schreiben, doch sie kann es deutlich besser als sie mit diesem Buch beweist. Leichte Unterhaltung, aber leider kein Highlight.

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Veröffentlicht am 24.04.2024

Von Lügen und ihren Folgen - spannender Psychothriller

You Let Me In
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„Wenn man im Haus eines anderen wohnt, müsste man schon sehr gleichgültig sein, um sich nicht für das Lebens seines Besitzers zu interessieren.“

Elle Fielding ist Schriftstellerin. Ihr erstes Buch wird ...

„Wenn man im Haus eines anderen wohnt, müsste man schon sehr gleichgültig sein, um sich nicht für das Lebens seines Besitzers zu interessieren.“

Elle Fielding ist Schriftstellerin. Ihr erstes Buch wird ein so großer Erfolg, dass sie sich ihren Traum von einem Haus an der Küste Cornwalls erfüllen kann. Während sie zwei Wochen in Frankreich als Gastrednerin in einem Schreibseminar arbeitet, vermietet Elle ihr Haus an Feriengäste. Nach ihrer Rückkehr sollte sie eigentlich dringend an ihrem nächsten Buch arbeiten. Doch plötzlich fühlt sie sich in ihrem eigenen Haus nicht mehr wohl. Einiges weist darauf hin, dass die Feriengäste in Ihre Privatsphäre eingedrungen sind und sich in ihrem abgeschlossen Schreibzimmer aufgehalten haben. Außerdem hört sie immer wieder Geräusche und ist davon überzeugt, beobachtet und verfolgt zu werden. Hat es tatsächlich jemand auf sie abgesehen?


Die Geschichte wird auf mehreren Ebenen erzählt. Es wird hauptsächlich chronologisch im Präsens geschildert, was Elle nach ihrem Frankreichurlaub erlebt. Zusätzlich werden in Rückblenden wichtige Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit dargestellt. In mit „Vorher“ betitelten Kapiteln beschreibt außerdem der Feriengast anonym seine Eindrücke und Erfahrungen während seines Aufenthalts in Elles Haus. Teilweise leiten interessante Zitate von Elle zu verschiedenen Themen rund ums Schreiben neue Leseabschnitte ein. Der Roman ist in unkomplizierter, leicht verständlicher und klarer Sprache verfasst.


Elle lebt in ihrem Luxushaus ihren Traum, geht ihrer Arbeit als Schriftstellerin in idyllischer Umgebung nach, so hat sie beim Schreiben stets das Meer vor Augen. Das Leben als Autorin hat jedoch auch Schattenseiten, Elle muss auf Knopfdruck neue Geschichten liefern. Sie steht gerade ziemlich unter Druck, denn ihr zweites Buch mag nicht recht voranschreiten. Weil Elle sich verfolgt fühlt, kann sie sich nicht auf ihre Arbeit konzentrieren. Dass Elle kein reines Gewissen, dafür aber einige Geheimnisse hat und in der Vergangenheit verschiedenen Leuten auf die Füße getreten ist, wird recht schnell klar. Auch gibt es sicher Personen, die ihr den aktuellen Erfolg neiden. Elles Schwester Fiona, die mit Mann und Sohn in der Nachbarschaft lebt, glaubt dennoch nicht daran, dass Elle einen heimlichen Stalker hat und auch ich als Leserin war nicht sicher, ob man ihren Wahrnehmungen tatsächlich trauen kann, wirkt sie doch nicht immer ganz aufrichtig. Elles Leben gerät zunehmend aus den Fugen. Auch wenn sie mir suspekt war, tat mir die Protagonistin leid. Ihr zunehmender „Verfall“ wird sehr packend beschrieben.


Wird Elle wirklich verfolgt oder spielen ihr die Nerven nur einen Streich? Welche Leichen hat Elle selbst in ihrem Keller?
Der Roman beginnt recht gemächlich, doch steigert sich die Spannung kontinuierlich. Lucy Clarke schafft im Verlauf eine spezielle, beunruhigende Atmosphäre. Man hört beim Lesen förmlich das Ticken einer Zeitbombe, die kurz vor dem Explodieren steht. Elle verliert zunehmend die Kontrolle über ihren Alltag, ihre Situation spitzt sich immer mehr zu.
Sehr bildhaft, beinahe spürbar werden Elles Ängste und ihre Gefühle der Bedrohung beschrieben. Nach und nach ergeben Elles Vergangenheit und die aktuellen Geschehnisse ein komplexes Gesamtbild. Wiederholt ist sie in Lügen verwickelt, die gravierende Folgen haben können. Doch welche Lügen echte Lügen sind, ist dabei nicht immer eindeutig zu erkennen. Raffiniert werden so wiederholt falsche Spuren gelegt. Zum Ende kommt es zu einigen interessanten Wendungen. „You let me in“ ist für mich ein geschickt konstruierter, spannender Psychothriller, der ganz ohne Blutvergießen auskommt und dennoch Gänsehaut garantiert.

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Veröffentlicht am 22.04.2024

Von großen Träumen und dem echten Leben dazwischen - mitreißendes, wunderschön erzähltes Tierabenteuer

Das geheime Leben der Tiere (Wald) - Revier der Raben
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„Es ist ein gut gehütetes Geheimnis, dass Raben zu den fürsorglichsten Eltern der Vogelwelt zählen. Aber das ist völlig in Ordnung. Raben lieben Geheimnisse...“

Roah und Krrik sind junge Kolkrabengeschwister. ...

„Es ist ein gut gehütetes Geheimnis, dass Raben zu den fürsorglichsten Eltern der Vogelwelt zählen. Aber das ist völlig in Ordnung. Raben lieben Geheimnisse...“

Roah und Krrik sind junge Kolkrabengeschwister. Noch verbringen sie ihre Tage im Nest und werden von ihren Eltern rundum versorgt. Doch für die Zeit danach haben sie schon genaue Pläne: Während Roah von einem eigenen Revier und einer Familie träumt, möchte Krrik unbedingt das große Wasser und das Ende der Welt sehen. Doch dann kommt alles anders. Ein Unwetter zerstört den Baum, in dem sich das Nest der Raben befindet. Die beiden verlieren nicht nur ihr sicheres Heim, Krrik wird auch noch schwer verletzt und von einer Menschenfamilie entdeckt. Damit dürften sich die Träume der beiden Vögel wohl erledigt haben. Oder etwa doch nicht?

Vanessa Walder erzählt in wunderschöner, lebendiger Sprache. Es macht großen Spaß, die poetischen, melodischen Sätze, die vielen klugen Lebensweisheiten laut vorzulesen. Dank der bildhaften Ausdrucksweise kann man sich das Geschehen anschaulich vorstellen und sich mühelos in die jungen Raben und ihre Abenteuer hineinversetzen. Die klaren, detaillierten Schwarzweißillustrationen sind ganz besonders hübsch anzuschauen, sie passen perfekt zur Handlung. Das Buch richtet sich an Kinder ab acht Jahren.

Die Eigenschaften und Angewohnheiten der Kolkraben im Allgemeinen und Roahs und Krriks im Speziellen werden im Buch deutlich herausgearbeitet. Die beiden sehr klugen Geschwister verfügen über tiefe Instinkte. Sie werden mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert, schlagen sich beeindruckend tapfer durch. Die beiden nachvollziehbar und authentisch charakterisierten Hauptfiguren haben meine Mitleser und mich sofort für sich eingenommen. Wir haben von Beginn an einen Bezug zu ihnen gefunden. Mit ihnen mussten wir einfach mitfiebern und mitleiden.

„Das Revier der Raben“ lässt die Welt aus Rabensicht erleben. Vanessa Walder erzählt von unerschütterlichen Familienbanden, Gefahr, Verantwortung, Liebe, Freundschaft, von Träumen, Abenteuern und großen und kleinen Wundern. Nebenher erfährt man noch sehr viel Interessantes über Kolkraben, ihre Eigenarten und ihre erstaunlichen Fähigkeiten. Ich bin normalerweise kein großer Fan von Tiergeschichten, sind sie doch oft etwas langweilig und belehrend oder im Gegenteil völlig unrealistisch und an den Haaren herbeigezogen. „Revier der Raben“ hingegen ist eine unglaublich packende Geschichte, die möglicherweise genauso passiert sein könnte. Und trotz aller Dramatik gibt es immer wieder auch viele Momente zum Schmunzeln, wenn beispielsweise Krrik versucht, das seltsame Verhalten der Menschen aus seiner Sicht zu erklären. Erneut ein absolut gelungener Band aus der Reihe „Das geheime Leben der Tiere/ Wald“. Wer gut recherchierte, spannende Tierabenteuer mag, sich von Geschichten emotional mitreißen lassen möchte und beim Lesen nebenbei gerne noch etwas lernt, der liegt mit diesem Band und der gesamten Reihe genau richtig.

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Veröffentlicht am 17.04.2024

Spannendes Raubabenteuer mit besonderem Setting und ungewöhnlichen Charakteren

Cosima und der Diamantenraub
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Im London des Jahres 1899 leben die gehbehinderte Cosima und ihre Freundinnen im „Heim für beklagenswerte Mädchen“. Dieses wird von dem geizigen Ehepaar Makel geleitet, das den Mädchen keine Freude gönnt ...

Im London des Jahres 1899 leben die gehbehinderte Cosima und ihre Freundinnen im „Heim für beklagenswerte Mädchen“. Dieses wird von dem geizigen Ehepaar Makel geleitet, das den Mädchen keine Freude gönnt und sie permanent zum Arbeiten anhält. Abwechslung bieten lediglich Cosimas verrückte Missionen wie die ausgeklügelte Planung eines Kuchendiebstahls, die in der Regel allerdings krachend scheitern. Als die Mädchen erfahren, dass sie von dem obskuren Lord Francis Fitzroy, der aktuell eine Empire-Ausstellung mit wertvollen, gestohlenen Schätzen organisiert, adoptiert werden sollen, möchten sie das um jeden Preis verhindern. Sie hoffen darauf, sich frei kaufen zu können. Dazu müssen sie nur das Herzstück der Ausstellung, den Sterndiamanten, in ihren Besitz bringen. Nicht gerade ein Kinderspiel für Cosima und ihre Freundinnen. Werden sie es dennoch schaffen?

Die Geschichte wird gut verständlich, lebendig und anschaulich erzählt. Dabei ist die Sprache der Zeit angepasst, in der die Handlung angesetzt ist, was das Ganze atmosphärisch und authentisch gestaltet. Die ausdrucksstarken schwarz-weiß Illustrationen passen sehr gut zur Stimmung der Geschichte. Das Buch richtet sich an Kinder ab neun oder zehn Jahren.

Der Roman besticht durch seine einzigartigen Figuren. Cosima und ihre Freundinnen sind alle in unterschiedlicher Form beeinträchtigt. Cosima hinkt und hat oft Schmerzen in ihren Knochen. Das hindert das einfallsreiche Mädchen aber nicht daran, von besseren Zeiten zu träumen und immer wieder neue, verrückte Pläne zu schmieden. Sie sehnt sich nach einer Familie, weiß sie doch nicht, woher sie eigentlich kommt. Diya sitzt im Rollstuhl und ist eine geniale Erfinderin, aus Alltagsgegenständen entwickelt sie Erstaunliches. Pearl ist extrem schüchtern und hat Probleme im Umgang mit anderen, ist aber eine großartige Künstlerin. Und Mary wirkt auf den ersten Blick möglicherweise etwas überspannt und neurotisch, beobachtet aber sehr aufmerksam und durchdenkt alles sehr genau. Im Team harmonieren die vier Freundinnen prächtig. Sie alle werden sehr liebenswert dargestellt, man muss sie einfach sofort ins Herz schließen. Im Verlauf bekommen sie noch weitere magische Unterstützung. Mit den meisten Erwachsenen ist hier hingegen nicht gut Kirschen essen. Misstrauen gegenüber bestimmten Personen ist daher durchaus angebracht.

Das Buch entführt in das historische London, ein besonderes, atmosphärisches Setting. Anschaulich werden die traurigen, düsteren Zustände im Heim der Kinder beschrieben.
Die Mädchen erleben ein rasantes, aufregendes Abenteuer, planen sie doch mit dem Raub des Diamanten einen außergewöhnlichen Coup. Die Grundidee des Buchs und die Charaktere haben mir sehr gut gefallen. Allerdings hat mich die Umsetzung nicht hundertprozentig überzeugt. So kam mir die Organisation des Diamantenraubs nicht immer logisch und etwas unausgereift vor. Insgesamt ging mir die Vorbereitung des Diebstahls zu schnell vonstatten und hätte noch etwas ausführlicher ausgearbeitet werden können.
Dass die Mädchen so zusammenhalten und trotz ihrer Behinderungen und vieler Rückschläge nicht aufgeben, ist mehr als beeindruckend. Man sollte sie auf keinen Fall unterschätzen. Sie haben kleine offensichtliche Schwächen, die aber auch ganz großartige Stärken nach sich ziehen. Ihre kuriosen Ideen sind oft herrlich amüsant. Autorin Laura Noakes geht wunderbar sensibel mit den Krankheiten und Behinderungen ihrer Protagonistinnen um, stellt eine ganz besondere, beeindruckende Gemeinschaft dar, in der jede uneingeschränkt so akzeptiert wird, wie sie ist. Insgesamt trotz kleiner Mängel im Handlungsverlauf ein besonderes, packendes, phantasievolles Leseabenteuer mit viel Herz und Atmosphäre.

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Veröffentlicht am 15.04.2024

Von der Entstehung der Kindergärten und einer besonderen Liebesgeschichte

Die Zeit der Kinder
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„Während andere im „Man müsste mal…“ verharrten und stumm den Kopf über die Missstände in der Kindererziehung schüttelten, hatte er jahrelang die Bücher gewälzt, beobachtet und es schließlich gewagt. Er ...

„Während andere im „Man müsste mal…“ verharrten und stumm den Kopf über die Missstände in der Kindererziehung schüttelten, hatte er jahrelang die Bücher gewälzt, beobachtet und es schließlich gewagt. Er hatte diese Schule eröffnet, sich ausprobiert und war durch seine Erfahrungen und neue Beobachtungen gewachsen.“

1830 unterstützt Luise Levin ihre Schwester bei der Erziehung ihrer Söhne. Dass ihre Neffen von ihrem Vater geschlagen werden, wenn sie sich nicht nach seinen Vorstellungen verhalten, missfällt Luise sehr. Als sie deswegen häufig mit ihrem Schwager in Konflikt gerät, fasst sie gegen den Willen der Familie den Entschluss, sich als Haushälterin in der neugegründeten Erziehungsanstalt des fortschrittlichen und in konservativen Kreisen umstrittenen Pädagogen Friedrich Fröbel zu bewerben. Dort lernt sie einiges über Fröbels Lehren und Methoden, arbeitet selbst in der Praxis mit Kindern und ist schon bald völlig überzeugt von Fröbels Konzept. Und nicht nur das, vom ersten Moment an ist sie auch fasziniert vom charismatischen Friedrich Fröbel selbst. Doch hat ihre Liebe angesichts des großen Altersunterschieds und der Vorbehalte von Luises Familie überhaupt eine Chance? In der Gesellschaft mehren sich zudem die Stimmen gegen Fröbels Pädagogik. Er droht mit seinen Ideen auf ganzer Linie zu scheitern….

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Luises Werdegang wird chronologisch geschildert, ebenso die Erlebnisse der jungen Hamburgerin Marieke, die zunächst in einer von Nonnen geleiteten Kinderverwahranstalt arbeitet und später zu Fröbel und Luise stößt. Zudem werden wichtige Stationen im Leben Friedrich Fröbels dargestellt, diese sind aus Fröbels Sicht in der ersten Person verfasst. Durch die Wiedergabe der drei verschiedenen Sichtweisen und die damit verbundenen Zeitsprünge entwickelt sich die Handlung nicht durchgehend konsequent und stringent weiter.

Die unverheiratete Luise hat für ihre Zeit eine recht moderne Auffassung von Erziehung. Diese entspricht teilweise intuitiv der Friedrich Fröbels. Für beide stehen die Kinder und ihre Entwicklung im Mittelpunkt. Anders als der sonst herrschende Grundsatz, dass man Kinder weder hören noch sehen sollte, tollt Friedrich gerne ausgelassen mit den Kindern herum oder singt mit ihnen. So freiheitlich Fröbels Ansatz scheint, so wenig kompromissbereit ist er, wenn es um die Umsetzung seiner Ideen geht. Da gilt für ihn: „Ganz oder gar nicht“. Eine Einstellung, mit der er durchaus aneckt. Luise und Friedrich verbinden bald nicht mehr nur gemeinsame Interessen, viele Ideen und ihre Beharrlichkeit, sondern auch eine besondere Beziehung… Die Personenkonstellation besteht aus realen, aber auch fiktiven Persönlichkeiten.

Friedrich Fröbel gilt als der Begründer der Kindergarten. Nicht nur in Deutschland, auch im Ausland nahm man seine Ideen von einer Erziehung auf, deren Ziel es war, Kinder zu selbstbestimmten, mündigen und gebildeten Menschen zu machen. Davon erzählt der Roman, ebenso von Luises und Friedrichs bewegtem Leben und ihrem permanenten Kampf für ihre Ideen gegen starke Widerstände. Eine wirklich faszinierende und reizvolle Geschichte, die mich über weite Strecken fesselte und die einen spannenden Einblick in die vergangene Zeit und Gesellschaft gibt. Zum Ende entwickelte sie sich leider etwas langatmig und holprig. Gerade die Passagen aus Fröbels Sicht fügten sich für mich aufgrund der Zeitsprünge nicht ganz stimmig in die Handlung und den Spannungsbogen ein und minderten so ein wenig den Lesefluss. Auch hätte ich mir eine noch konkretere Darstellung von Fröbels Pädagogik und der damaligen Praxis gewünscht. Hier waren mir die Beschreibungen oft etwas zu ungenau und allgemein. Dennoch insgesamt ein recht unterhaltsamer, gelungener Roman für alle, die sich für Pädagogik, die Entstehung der Kindergärten und herausragende bedeutende Persönlichkeiten interessieren.

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