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Veröffentlicht am 25.08.2021

Ein Jobtausch mit Folgen: leichter Wegträum- und Wohlfühlroman, der für Entspannung sorgt

Happy Ever After – Wo Geschichten neu beginnen
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„In Schottland ändert sich die Welt um einen herum mit ihren Farben täglich, manchmal sogar stündlich, das Rosa üppiger Blüten, das Gold der Narzissen, die tiefen Grüntöne des Grases nach dem Regen, das ...

„In Schottland ändert sich die Welt um einen herum mit ihren Farben täglich, manchmal sogar stündlich, das Rosa üppiger Blüten, das Gold der Narzissen, die tiefen Grüntöne des Grases nach dem Regen, das sanfte Lila des Heidekrauts auf den Hügeln, das leuchtende Gelb der Rapsfelder, die reinen weißen Lämmer, die überall wie Wölkchen verteilt waren, eine riesige untergehende Sonne am Horizont.“

Lissa arbeitet in London als Krankenschwester in einer ambulanten Pflegeeinrichtung. Sie kümmert sich bei ihren Besuchen engagiert um ihre manchmal schwierigen Patienten, sich selbst vergisst sie dabei oft. Als sie Zeugin eines tödlichen Unfalls wird, stürzt sie das in eine tiefe Krise. Ein Austauschprogramm, bei dem sie mit dem Pfleger Cormac aus dem schottischen Dorf Kirrinfief für drei Monate ihre Arbeit tauscht, soll ihr helfen, über das traumatische Ereignis hinwegzukommen. Während Cormac in London nach Abwechslung sucht, lernt Lissa langsam, die idyllische Ruhe und das dörfliche Miteinander zu schätzen. Lissa und Cormac stehen per Mail in Kontakt, halten sich über ihre Arbeit auf dem Laufenden. Doch bald schon verbindet die beiden mehr als das Berufliche, sie werden sich immer sympathischer, ohne sich je gesehen zu haben.

Jenny Colgan schreibt angenehm, flüssig und wunderbar leicht. Sie erzählt abwechselnd von Lissas und Cormacs Erebnissen während ihrer „Austauschzeit“.

Lissa ist sensibel und zurückhaltend, wirkt auf andere erst einmal distanziert. Ihr Privateben hat sie zuletzt ein wenig vernachlässigt. An Londoner Verhältnisse gewöhnt, hat sie Probleme, sich in Schottland zurechtzufinden. Die direkte, herzliche, aber auch neugierige Art der Bewohner von Kirrinfief schreckt sie zunächst ab. Aber das Leben der Dorfbewohner macht auch Eindruck auf sie: „In letzter Zeit kam es ihr oft so vor, als würde sie wie im Fernsehen oder durch eine Glasscheibe glücklichen Menschen zusehen, als würde sie an einem Leben teilnehmen, welches gar nicht ihr gehörte, ihr rechtmäßig nicht zustand.“ Lissa merkt langsam, dass ihr der Austausch, ihre neue Wirkungsstätte gut tut.
Cormac ist ein „feiner Kerl“ und eigentlich ziemlich entspannt, wobei ihn die Hektik der Großstadt Londons durchaus auch an seine Grenzen bringen kann. Er nutzt den Austausch, um neue Impulse zu bekommen, neue Erfahrungen zu sammeln, denn die Arbeit auf dem Land bietet ihm doch generell wenig Abwechslung und Überraschung.
Dass die Charaktere aus den beiden ersten Bänden der „Happy ever after“ Reihe, Bücherbusbesitzerin Nina und Kindermädchen Zoe auftauchen, gefällt mir. Hier erfährt man, wie es ihnen weiter ergangen ist, sie spielen aber nur Nebenrollen. Der Kreis der Handlung der Trilogie „schließt sich“, die Romane lassen sich aber auch unabhängig voneinander lesen.

Lissa findet in Schottland zur Ruhe, fängt an, das Landleben zu genießen und zu schätzen. Jenny Colgan beschreibt die Schönheiten Schottlands derart intensiv und anschaulich, dass man sich auch bei der Lektüre dem Charme dieser Gegend nicht entziehen kann. Gleichzeitig hat sie aber auch Positives über London zu erzählen: In Schottland ist die Welt bunt, in London sind es die Menschen, sie fügen bunte Elemente zur steinernen Landschaft der Stadt hinzu.
Colgan wagt sich scheinbar nebenbei an verschiedene schwierige Themen wie Ghosting, PTBS oder Drogen, gerade in London lässt sie Cormac Erschütterndes erleben. Wie Colgan das Thema Organspende in ihre Geschichte einbindet, hat mich emotional stark berührt.
Lissa findet wie alle Colgans-Figuren in ihren Eskapismus-Romanen auf dem Land, was sie sucht, ohne vorher zu wissen, was das eigentlich ist. Dass Lissas und Cormacs Beziehung durch Emails enger und tiefer wird, erinnert ein wenig an den Film „Email für Dich“ oder Daniel Glattauers Roman „Gut gegen Nordwind“.

Manchmal weiß ich bei Autoren und ihren Büchern schon vorher genau, was mich erwartet. Und das ist perfekt so. Jenny Colgans Romane sind für mich wie Schokolade und romantische Komödien. Sie gehen immer, auf Colgan ist einfach Verlass.
Ein wunderbar süßer, mitreißender Wegträumroman mit sympathischen Figuren und Entspannungsgarantie inklusive.

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Veröffentlicht am 23.08.2021

Im Schatten des Genies - ruhige, lesenswerte Romanbiographie einer vergessenen Frau

Fräulein Mozart und der Klang der Liebe (Ikonen ihrer Zeit 4)
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„Ich bin eine Frau. Hast Du das übersehen? Papa hat mich nie in Komposition unterrichtet, so wie dich. Ich habe als Mädchen das Wunderkind sein dürfen, und jetzt bin ich dazu verdammt, in deinem Schatten ...

„Ich bin eine Frau. Hast Du das übersehen? Papa hat mich nie in Komposition unterrichtet, so wie dich. Ich habe als Mädchen das Wunderkind sein dürfen, und jetzt bin ich dazu verdammt, in deinem Schatten zu stehen.“

Maria Anna, genannt Nannerl, ist die Schwester des weltberühmten Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart. Gemeinsam mit ihrem Bruder tritt die hochbegabte Pianistin bei zahlreichen Konzerten in ganz Europa auf. Doch im Mittelpunkt steht nur ihr Bruder. Als Nannerl den Lehrer Franz Ippold kennenlernt, verliebt sie sich sofort in den jungen, gebildeten und kultivierten Mann. Doch die Familie Mozart verfügt über wenig Vermögen, Nannerls Mitgift wäre sehr gering. Zudem darf Ippold aufgrund seiner aktuellen Stellung keine Ehe eingehen. Ob die Liebe der beiden trotzdem eine Chance hat?

Der Schreibstil der Autorin Beate Maly liest sich angenehm flüssig, gut verständlich und unkompliziert. Nannerls Geschichte wird chronologisch erzählt.

Nannerl hat wie ihr Bruder ein außergewöhnliches musikalisches Talent. Wenn sie am Klavier sitzt, verliert sie sich in der Musik, die Realität rückt in den Hintergrund: „Wichtig war nur der Moment.“ Doch Nannerl steht im Schatten ihres übermächtigen Bruders, worunter sie leidet: „In all den Jahren hatte sie ebenso hart gearbeitet wie Wolfgang. Es war ungerecht, dass sie übergangen wurde. Es gab sogar Stimmen, die behaupteten, dass sie die Klavierstücke italienischer Komponisten besser interpretierte als ihr Bruder.“ Auch ihr Vater Leopold hat nur Wolfgangs Karriere im Sinn. Als er Nannerl verwehrt, Wolfgang auf eine Konzertreise zu begleiten, begründet er dies so: „Außerdem soll die Reise dazu dienen, Wolfgang endlich den Ruhm zu verschaffen, der ihm zusteht. Er ist ein Ausnahmemusiker. Da ist es wenig hilfreich, wenn die große Schwester mit auf der Bühne steht.“ Nannerl ist verletzt, passt ihre Träume letztlich der Wirklichkeit an und beschließt: „Ich werde mich mit den Möglichkeiten arrangieren, die das Leben für mich bereithält.“

Auch wenn in dieser Romanbiographie nicht Wolfgang, sondern Nannerl im Fokus steht, spielt Wolfgang im Leben von Nannerl und seinen Eltern immer die Hauptrolle. Er beeinflusst deren Entwicklung und Schicksal maßgeblich. Der zweifellos geniale Komponist ist ein Wunderkind. Wenn Nannerl seine Musik zum besten gibt, erzählt sie der Welt von ihrem Bruder: „Mit jedem Tastenschlag gab sie seine Unbekümmertheit, seine Lebensfreude und seinen kindlichen Optimismus wieder.“ Wolfgang reißt mit, begeistert, aber er hat große Schwierigkeiten, sich in der realen Welt zurechtzufinden. Wie Vater Leopold treffend feststellt, steckt im erwachsenen Wolfgang das Gemüt eines Zehnjährigen. Er kann mit Geld nicht umgehen, lebt verschwenderisch, macht viele Schulden und seine Familie soll es dann richten. Nannerl erhält keine nennenswerte Mitgift, muss selber als Klavierlehrerin bei so manchen unangenehmen Schülerinnen arbeiten, um Geld zu verdienen. Erstaunlicherweise ist sie Wolfgang deswegen aber nicht böse. Sie versteht, dass Musik in seinem Leben der „unentbehrliche Mittelpunkt“ darstellt. Mozart einmal aus einer anderen Perspektive kennenzulernen, fand ich sehr aufschlussreich.


Damals herrschten andere Zustände, die Reichen schwelgten im Luxus, der überwiegende Teil der Bevölkerung musst hart ums Überleben kämpfen. Frauen wurden bevormundet, freie Entscheidungen waren aber auch für Männer nicht die Regel. Wer nicht aufpasste, dem drohte der Pranger oder weit Schlimmeres. Beate May stellt das sehr anschaulich heraus und macht zudem klar, dass es Nannerl doppelt schwer hatte. Das Leben an der Seite des Genies Wolfgang Amadeus war eine besondere Herausforderung. Nannerls Geschichte, ihr Weg, der so stark von ihrem Bruder beeinflusst und geprägt war, fesselte mich. Ihr Pragmatismus, das Beste und Vernünftigste aus ihren Möglichkeiten zu machen und ihre Gelassenheit, die Dinge so zu nehmen wie sie sind, ohne zu bereuen und zu hadern, hat mir imponiert. Einige Figuren und Entwicklungen sind fiktiv. Fest steht aber: Nannerl, die überragende Musikerin, die als Frau zur falschen Zeit geboren wurde, hat es verdient, mehr beachtet zu werden.
Ein leises, bescheidenes Leben, eine ruhige, aber absolut überzeugende und unterhaltsame Romanbiographie, die in eine andere Zeit mit viel schillerndem, aber oft nur oberflächlichem Glanz entführt. Ich möchte gerne noch mehr von dieser beeindruckenden Protagonistin Maria Anna Mozart erfahren.

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Veröffentlicht am 22.08.2021

Authentisch, nordisch ruhig und dennoch packend

Nordwestzorn
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Anna Wagner ist zurück in Sankt Peter Ording. Als Leiterin der neu gegründeten Vermisstenstelle bearbeitet sie aktuelle und zurückliegende Vermisstenfälle, Kollege Henrik Norberg bietet ihr bereitwillig ...

Anna Wagner ist zurück in Sankt Peter Ording. Als Leiterin der neu gegründeten Vermisstenstelle bearbeitet sie aktuelle und zurückliegende Vermisstenfälle, Kollege Henrik Norberg bietet ihr bereitwillig seine Unterstützung an. Annas erster Fall hat es gleich in sich: Vor mehr als fünfzehn Jahren verschwand der Junge Florian Berger aus einem Sommercamp. Drei Männer, unter anderem der Leiter des Sommercamps, gerieten damals ins Visier der Ermittlungen. Doch der Fall blieb ungelöst, Florian wurde nie gefunden. Nach jahrelanger Zeit im Ausland kehrt der damals Verdächtige Camp-Leiter Carsten Witt in seine Heimat zurück. Kurze Zeit später verschwindet er spurlos. Anna Wagner ist sich sicher, dass die beiden Fälle ganz eng zusammenhängen.

Svea Jensen schreibt klar, flüssig, gut verständlich und angenehm unaufgeregt. Dadurch entsteht eine ruhige, fast nordische Atmosphäre, die sehr gut zum Roman und seinem Handlungsort passt.
Die Autorin schildert als auktoriale Erzählerin das, was aktuell passiert. Aber immer wieder schiebt sie auch Rückblenden ein, Erinnerungen der vom Fall Betroffenen an die Vergangenheit. Meist beziehen diese sich wie im Prolog auf die Zeit des Verschwindens des Jungen. Dadurch fügen sich immer mehr wichtige Details zu einem Ganzen zusammen, nach und nach wird der Fall so „entwirrt“ und gelöst.

Kommissarin Anna Wagner ist eine sehr sympathische Erscheinung. Sie geht einfühlsam, offen und unaufdringlich auf andere zu, wirkt sehr ausgeglichen. So gewinnt sie zum Beispiel rasch das Vertrauen ihrer Vermieterin und Hendrik Norbergs Schwiegermutter Corinna Heckler. Henrik Norberg zeigt sich introvertierter als seine Kollegin, er lässt sich nicht in die Karten schauen, macht seine privaten Probleme mit sich aus. Über seinen Kummer wegen des Todes seiner Frau und die Differenzen mit seinem älteren Sohn spricht er kaum. Es dauert, bis er seine Mitmenschen an sich ran lässt, bis man mit ihm warm wird. Ihn einzuschätzen ist nicht leicht. Wagner und Norberg arbeiten - obwohl sie sich nicht lange kennen - effektiv und wie ein eingespieltes Team zusammen. Sie verstehen sich intuitiv auch ohne viele Worte. Die besondere Dynamik zwischen den beiden Figuren, ihr harmonisches Miteinander tragen entscheidend zum Ermittlungserfolg bei.
Mit Norbergs Widersacher, dem ehemaligen Polizisten Paulsen, und den früher mit dem Fall des vermissten Jungens betrauten Kommissaren Thomsen, Johannsen und Lürssen sowie den damals Verdächtigen Carsten Witt greifen interessante Charaktere ins Geschehen ein, die alle möglicherweise etwas zu verbergen haben und nicht mit offen Karten zu spielen scheinen.

Was geschah wirklich mit Florian Berger? Und wo ist Carsten Witt?
Zwar nicht atemberaubend spannend oder außergewöhnlich actionreich, aber durchaus packend und mitreißend laufen die Ermittlungen zu den beiden Vermisstenfällen ab. Der solide, gut gemachte, runde Krimi mit nordischer Grundstimmung und ohne Krawall hat mich wie auch der Vorgänger „Nordwesttod“ einwandfrei unterhalten. Die Figuren, das Setting und der Plot wirken als Gesamtpaket authentisch und nachvollziehbar. Die angenehm ruhige Art und Weise, mit der Anna Wagner und Henrik Norberg zusammenarbeiten, die sich langsam und ganz behutsam entwickelnde Freundschaft der beiden überzeugt mich nach wie vor. Für mich ein stimmiger cosy Regionalkrimi. Ein Buch wie der Genuss einer Tasse Kaffe mit Blick aufs Meer. Ich habe von diesem Ermittlerteam noch lange nicht genug.

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Veröffentlicht am 20.08.2021

Von Menschen und Hexen - Schräge, phantasievolle Freundschaftsgeschichte

Das magimoxische Hexenhotel – Auch Hexen brauchen Urlaub
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Bei Klara und ihren Eltern geht alles ziemlich ordentlich und geregelt zu. Doch dann wird das alte Hotel nebenan renoviert und die neuen Besitzer kommen den Mittelbachs irgendwie seltsam vor.
Als Klara ...

Bei Klara und ihren Eltern geht alles ziemlich ordentlich und geregelt zu. Doch dann wird das alte Hotel nebenan renoviert und die neuen Besitzer kommen den Mittelbachs irgendwie seltsam vor.
Als Klara sich das Ganze aus der Nähe anschaut, staunt sie gewaltig: Die neuen Nachbarn sind Hexen und das neue Hotel im Nachbarhaus soll ein Hexenhotel werden. Schnell schließt Klara Freundschaft mit Rosalie, einer kleinen Hexe. Die führt sie in die Welt der Hexen ein und im Gegenzug zeigt Klara Rosalie, wie es sich bei den Menschen lebt. Doch ganz so leicht ist es für Rosalie nicht, sich in der Schule der Menschen angemessen und unauffällig zu verhalten.

Ulrike Rylance schreibt kindgemäß, gut verständlich und mit viel Humor. Die lustigen Sprüche und Reime der Hexen machen viel Spaß, genau wie Lisa Hänschs Illustrationen zur Geschichte. Hauptsächlich schwarz-weiß mit wenigen auffälligen pinken Akzenten fallen die individuellen, ausdrucksstarken Bildern sofort ins Auge.
Die Schrift ist etwas größer gedruckt, Kinder ab acht Jahren dürften keine Schwierigkeiten haben, sich die Geschichte selbstständig zu erlesen. Zum Vorlesen ist das Buch für Kinder ab sechs Jahren geeignet.

Die Figuren sind wirklich etwas Besonderes, allen voran Rosalie, die ganz aus Versehen immer wieder Menschen verhext und sich damit ganz schön in die Bredouille bringt. Mit Klara können sich die menschlichen Leser sicher prima identifizieren. Wer würde nicht gerne einmal selbst Hexen aus nächster Nähe kennenlernen? Im Hexenhotel tummeln sich die merkwürdigsten Figuren: Besen Betram mit seiner eigenwilligen Sprache, seiner Vergesslichkeit und seinem Hang, sofort beleidigt zu sein, eine sprechende Kiste in der Eingangshalle, Fahrstuhlführer Oleg halb Hexe halb Biber oder Rosalies kleiner Bruder Vincent, der völlig unkontrolliert Sachen in Brand steckt. Langweilig wird es bei diesen Bewohnern auf keinen Fall.


Kommt es letztendlich zur Eröffnung des Hexenhotels? Und warum versteht Klara eigentlich Hexensprache?
Ziemlich spannend, was Rosalie und Klara gemeinsam erleben. Eine komische Situation folgt auf die nächste. Da gibt es verzauberte Gartenzwerge oder einen geschrumpften Sportlehrer, der übergangsweise als Ken in einem Barbiehaus wohnt. Mitunter geht es fast ein bisschen makaber zu, denn auch eine umfangreiche Sammlung von Altmännerohren gehört zum Inventar des Hotels. Und Klara erfährt Unglaubliches über eine verschollene, mysteriöse Verwandte von sich.
Reizvoll und sehr interessant ist es, die Menschen einmal aus der Perspektive der Hexen zu sehen, das Hexenhotel soll nämlich ein Erlebnishotel „Menschenwelt“ werden und den Hexen zeigen, wie Menschen leben.
Das Ende ist dann so offen, dass man eigentlich gar nicht anders kann, als der Fortsetzung entgegenzufiebern.
Eine phantasievolle, lustige und turbulente Freundschaftsgeschichte mit originellen Figuren für alle, die gerne mehr über Hexen und ihre Lebensweise erfahren möchten.

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Veröffentlicht am 20.08.2021

Schräg, überdreht, chaotisch, turbulent und sehr witzig

Hilfe, ich habe meiner superschlauen Schwester das Gehirn geklaut!
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Keith ist elf Jahre alt und Erfinder mit Leib und Seele. In seinem „Protokollbuch für Extrem Wichtige Experimente & Erfindungen“ notiert er den Stand aktueller Experimente, wie z.B. dem, ob Zehennägel ...

Keith ist elf Jahre alt und Erfinder mit Leib und Seele. In seinem „Protokollbuch für Extrem Wichtige Experimente & Erfindungen“ notiert er den Stand aktueller Experimente, wie z.B. dem, ob Zehennägel weiterwachsen, wenn sie nicht mehr an Zehen dran sind. Der Junge träumt davon, die Erfindermesse in Paris zu besuchen. Doch erstens hat er kein Geld und zweitens würden seine Eltern das nie erlauben. Die kümmern sich nämlich nur um seine hochbegabte Schwester Min, die einen Wettbewerb nach dem anderen gewinnt. Wenn Keith nur so intelligent wäre wie Min, käme er sicher leichter an Preisgeld und könnte die Fahrt nach Paris selbst bezahlen. Also beschließt Keith kurzerhand, genau wie Min ebenfalls ein Genie zu werden.

Autorin Jo Simmons schreibt kindgemäß, gut verständlich, flüssig und humorvoll in der dritten Person.
Nathan Reeds originelle, lustige Schwarz-Weiß-Illustrationen passen prima zur Geschichte. Sie haben eine ganz eigenen comicartigen Stil. Wenn man genau hinsieht, erkennt man viele witzige Details in den Bildern.
Die Text ist normal groß gedruckt, einige Wörter im Fließtext werden durch größere Schriftgröße oder Fettdruck hervorgehoben. Die Kapitel haben eine recht übersichtliche Länge. Mädchen und Jungen ab neun Jahren werden den Text ohne Mühe selbstständig erfassen können, jüngere Kinder lassen sich das Buch sicher gerne vorlesen.

Jo Simmons hat wie gewohnt sehr unterhaltsame Figuren erfunden. Keith ist einfallsreich, spontan, ziemlich naiv, manchmal ganz schön derb, aber liebenswert-sympathisch. Dass er von seinen Eltern nicht so beachtet wird, wie er sollte, ist bedauerlich, aber Keith weiß sich zu helfen. Er macht einfach „keithmäßig“ sein Ding und geht die Probleme cool und lässig an. Sein Opa Keith Senior, der mindestens genauso unkonventionell ist wie sein Enkel und mit seinem Papagei in einem Lastkahn lebt, unterstützt und stärkt Keith. Und die hochbegabte Schwester Min, die stets so perfekt und diszipliniert wirkt, kann auch durchaus anders und überrascht mit einer unvorhersehbaren Wandlung. Erstaunlicherweise gibt es Sachen, die Min noch von Keith lernen kann.
Dass Keith schon aus Jos Simmons Buch „Hilfe, meine Eltern haben meinen Geburtstag gestrichen“ bekannt ist, gefällt mir. In diesem Buch spielte er allerdings nur eine Nebenrolle. Die Bücher der Autorin sind durch ihre Figuren verbunden, hängen somit zusammen, sind aber doch unabhängig voneinander zu lesen.

Was Keith alles tut, um an Geld zu kommen, ist großes Slapstick-Komödien-Kino. Turbulent, chaotisch, schräg, völlig überdreht und absurd, aber dabei extrem komisch. Manchmal, gerade am Ende, für mich ein bisschen zuviel des Guten, aber so ist Keith halt. Keith verbiegt sich nicht, übertreibt es oft, kann echt nerven und gerade deshalb kommt er so gut an. Keith zeigt, dass man kein Superhirn sein muss, um Sympathien zu gewinnen. Genialität hat viele Gesichter. Wer keithmäßig locker und gelassen bleibt, hat jedenfalls mehr Spaß im Leben als eine verbissene Intelligenzbestie, für die nur Erfolg zählt. Für alle Jungen und Mädchen, die es witzig, einfallsreich, verrückt und nicht langweilig mögen, garantiert ein großer Lesespaß.

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