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Veröffentlicht am 20.02.2020

Kein alltäglicher Roman über Beziehungsalltag

Kann mein Herz nicht mal die Klappe halten?
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Nina und Steffen sind schon lange verheiratet, haben zwei wohlgeratene Töchter und ein schönes Heim. Äußerlich stimmt alles. Doch der Schein trügt, irgendwie läuft es in ihrer Beziehung in letzter Zeit ...

Nina und Steffen sind schon lange verheiratet, haben zwei wohlgeratene Töchter und ein schönes Heim. Äußerlich stimmt alles. Doch der Schein trügt, irgendwie läuft es in ihrer Beziehung in letzter Zeit nicht mehr so richtig, vor allem im Bett herrscht relative Flaute. Als beide sich bei einem Spiel und viel Schnaps ihre intimen Wünsche anvertrauen, gesteht Steffen, dass er insgeheim von einem Partnertausch mit einem anderen Paar träumt. Schneller als ihr Verstand eingreifen kann, begibt sich Nina online auf die Suche nach Gleichgesinnten, obwohl sie mit Steffens Vorschlag eigentlich gar nichts anfangen kann. Das setzt eine Reihe von Ereignissen in Gang, die die Beziehung von Nina und Steffen auf eine harte Probe stellt...

Julia Greve schreibt in der Ich-Perspektive aus Ninas Sicht so leicht und locker, dabei immer glaubwürdig und plausibel, als würde ich mich mit einer guten Freundin unterhalten.
Nina trifft fragwürdige, kopflose Entscheidungen, die sie hinterher selbst bereut, aber im Großen und Ganzen konnte ich mich sehr gut mit ihr identifizieren und sie und ihre Situation nachvollziehen. Nina denkt viel zu sehr an die anderen und achtet zu wenig auf eigene Bedürfnisse, ist aber - vielleicht gerade deswegen- eine sehr sympathische und authentische Protagonistin. Ich habe mich selbst gewundert, wie sehr ich Nina verstehen konnte und wie nahe ich mich ihr fühlte. Mit ihrem Mann Steffen hingegen wurde ich nicht richtig warm, er wurde mir ein wenig zu oberflächlich und einseitig dargestellt.

Der Roman bringt ein altbekanntes Beziehungsdilemma auf den Punkt: Nina und Steffen schweben nach fast 20 gemeinsamen Jahren nicht mehr auf Wolke sieben, der Alltag hat sie eingeholt. Das ist so weit sicherlich nicht ungewöhnlich und kommt in den besten Familien vor. Ungewöhnlich ist aber, welche Anstrengung Nina unternimmt, die Beziehung zu retten: Partnertausch, aber nur dem Partner zuliebe. Trotzdem Ninas Verhalten merkwürdig und fast absurd anmutet, bleibt die Handlung erstaunlich realistisch. Selbstverständlich wirkt alles, was passiert, ein wenig überspitzt und übertrieben, es ist ja auch Fiktion, aber trotzdem kann ich mir vorstellen, dass auch das echte Leben solche Geschichten schreiben könnte.

Selten habe ich einen Titel als derart passend empfunden wie im Falle dieses Romans. Julia Greve hat mich mit ihrem Buch wirklich prima unterhalten, mitgerissen, aber auch ziemlich nachdenklich gestimmt. Ein Beziehungsroman der etwas anderen Art, nicht ganz so leicht und oberflächlich, sondern stellenweise ganz schön tiefgründig. So kommt es zum Schluss zu einem stimmigen runden Ende, aber zu keinem klassischen Happy End. Sehr lesenswert!

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Veröffentlicht am 31.01.2020

Lieber Dreck am Stecken als im Dreck stecken..

Was sie nicht wusste
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... davon ist Neve Connolly überzeugt. Eigentlich wollte sie ihren heimlichen Geliebten und Chef Saul zu einem Stelldichein in dessen Wohnung treffen, doch als sie dort ankommt, ist er tot, mausetot. Ermordet ...

... davon ist Neve Connolly überzeugt. Eigentlich wollte sie ihren heimlichen Geliebten und Chef Saul zu einem Stelldichein in dessen Wohnung treffen, doch als sie dort ankommt, ist er tot, mausetot. Ermordet durch einen Schlag auf dem Kopf mit einem Hammer. Neve beseitigt ihre Spuren und reinigt den Tatort akribisch, um nicht mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht zu werden. Doch die Polizei, allen voran Detective Inspector Hitching, arbeitet überaus gründlich.....

Ein wenig Zeit habe ich gebraucht, um von Nicci Frenchs Thriller mitgerissen zu werden, aber nach kurzer Eingewöhnung war ich von der Geschichte gefangen und habe gebannt jede Seite, jede kleinste Entwicklung, jedes neu aufgedeckte dunkle Geheimnis verfolgt. Der Schreibstil liest sich - wie von Nicci French gewohnt - unkompliziert, lebendig, angenehm und flüssig.

Neve macht sich durch ihre Tat - obwohl eigentlich unschuldig- schuldig und verstrickt sich dadurch in immer größere Lügen. Trotzdem ich Neves Verhalten oft nicht gutheißen konnte, habe ich mit ihr gefiebert und gehofft, dass sie ungeschoren davonkommt und es ihr gelingt, sich und ihre Lieben zu schützen. Auch die anderen Charaktere des Romans polarisieren, allen voran der penetrante Ermittler Hitching, der ständig zu unangemeldeten Besuchen erscheint, die labile unberechenbare Tochter Mabel, die Neve und ihrem Mann Fletcher solche Sorgen bereitet, und Neves anstrengende nervende immer präsente Freunde wie Renata, die Neve in ihrem Zuhause regelrecht belagern und ihr kaum eine Pause ohne deren Anwesenheit gönnen. Die besonderen Beziehungen der speziellen Figuren untereinander machen einen wesentlichen Reiz der Geschichte aus. Der Protagonistin Neve bleibt kaum Raum für sich alleine, um ihre Situation zu verarbeiten. Der Stress, den sie dabei empfindet, war für mich als Leser selbst deutlich zu spüren. Mit der Bandbreite menschlicher Gefühle und deren fast greifbare, überaus plastische Darstellung kennt sich Nicci French zweifelsohne bestens aus, dadurch entsteht eine unverwechselbare explosive Atmosphäre.

French‘ gut gemachter Thriller hat mich prima unterhalten, seine interessante packende Handlung vermochte mich bis zuletzt zu überraschen. Meiner Meinung nach ein Buch, das sich nahtlos in die früheren erfolgreichen Kriminalromane des Autorenduos einreiht. Ich hoffe, die Zwei schreiben noch lange so weiter.

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Veröffentlicht am 15.01.2020

Tiefsinniger Wohlfühlroman, der durch außergewöhnlichen Sprachstil auffällt

Das schräge Haus
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Das schräge Haus“ wohnt tief drinnen in ihrer Enkelin Ella, findet zumindest Mina, die die Häuser der Menschen genau erkennt, wenn sie lange genug in eine Person hineingesehen hat. Schrägheiten sind Ella ...

Das schräge Haus“ wohnt tief drinnen in ihrer Enkelin Ella, findet zumindest Mina, die die Häuser der Menschen genau erkennt, wenn sie lange genug in eine Person hineingesehen hat. Schrägheiten sind Ella daher bestens vertraut. Einen besonders schrägen Tag erlebt sie in ihrer Kindheit am 22. Juni 1986, als in der Schrebergartenkolonie ein Fest gefeiert wird. Der Tag endet mehr als tragisch und verfolgt Ella bis ins Erwachsenenalter. Viel später, mit 34 Jahren, arbeitet sie als Psychotherapeutin und die Auseinandersetzung mit schrägen Menschen wie ihrem Patienten Herrn Oebing, der immer wieder von Frau Traurigkeit heimgesucht wird, ist ihr täglich Brot. Ganz langsam wagt sich Ella aus ihrem schrägen Haus heraus und merkt dabei, dass es sich lohnt, sich dem Leben mitsamt seinen Herausforderungen zu stellen und sich auf Beziehungen zu anderen Menschen einzulassen.

Susanne Bohnes Roman ist besonders, das ist schon seinem Cover in ungewöhnlicher Streifbroschur anzusehen. Der erste Teil, in dem es um den 22.Juni 1986 geht, war für mich sehr anstrengend zu lesen. Der Sprachstil, voller schräger Bilder und Sätze war derart verworren, dass ich Mühe hatte, dem Inhalt zu folgen. Manche Sätze musste ich mehrmals lesen, um sie zu verstehen. Ich war versucht, den Roman in die Ecke zu pfeffern und aufzugeben. Doch ich hielt durch und es zahlte sich aus, ab dem zweiten Teil hatte ich mich an den Schreibstil gewöhnt und erkannte dabei, dass gerade das Spiel mit der Sprache eine Besonderheit des Romans darstellt. Die Sprache dieses Romans ist hier nicht nur Mittel zum Zweck, nicht reines Instrument, sondern ein ganz entscheidender Teil der Komposition. Jedem Satz ist die Freude und Leidenschaft, die die Autorin am Schreiben hat, deutlich anzumerken.
Nicht nur der Schreibstil der Autorin ist ungewöhnlich, ihre Figuren sind es auch. Allen voran Ella, die sich nach einem dramatischen Erlebnis in der Kindheit nicht mehr fängt und sich aus Angst vor Verlust nicht aus ihrem Schneckenhaus traut, ihr Patient Herr Oebing, der besessen von To- Do- Listen ist und eine intensive Beziehung zu Frau Traurigkeit pflegt, Ellas Freundin Yvonne, die Worte ausatmet und ihr großes Herz am rechten Fleck hat und natürlich die unkonventionelle Mina, die Ella wie niemand sonst versteht und die ihr alles bedeutet.
Es passiert nicht viel in der Geschichte, zumindest äußerlich nicht. Viel mehr passiert aber in den Figuren, am meisten in Ella. Sie lernt im Laufe des Romans einiges über Ängste, die es zu überwinden gilt, Schuld, Selbstvertrauen und natürlich über Schrägheiten. Manche Dinge sind von Anfang an verloren, manche Dinge gehen verloren, aber nicht alles geht verloren. Und wer etwas wagt, kann auch etwas gewinnen.

Der Roman ist nicht perfekt. Für mich kam das Ende zu glatt und zu übereilt daher. Stellenweise ging es mir wahrlich zu schräg zu, mit einigen Sprachbildern konnte ich wenig anfangen und manches Verhalten der skurrilen Figuren war für mich nicht nachvollziehbar. Nein, kein perfekter Roman, aber perfekt abgestimmt: Alles in allem passen nämlichen die schrägen Formulierungen, die schrägen Figuren, das schräge Verhalten ideal zusammen, es ergibt eine schräge, aber sehr stimmige Geschichte. Ein unkonventioneller Wohlfühlroman mit Tiefsinn. Es lohnt sich nach dem ersten anstrengenden Teil dranzubleiben, denn man bekommt danach ganz viel geboten: Eine Schatzkiste voller Sprachperlen und kostbarer kleiner Weisheiten, manche glänzen ganz intensiv, andere nur ein kleines bisschen.






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Veröffentlicht am 13.01.2020

Unterhaltsamer Schmöker über drei Frauen in aufregenden Zeiten

Die Frauen vom Alexanderplatz
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In „Die Frauen von Alexanderplatz“ erleben drei Frauen die unruhigen politischen Zeiten um Weihnachten 1918 in Berlin auf ihre eigene Weise: Vera lernt auf der Suche nach einem Arzt für ihre Mutter den ...

In „Die Frauen von Alexanderplatz“ erleben drei Frauen die unruhigen politischen Zeiten um Weihnachten 1918 in Berlin auf ihre eigene Weise: Vera lernt auf der Suche nach einem Arzt für ihre Mutter den Matrosen Benno kennen. Er zwingt sie, ihn vor den Aufständischen zu verstecken, doch bald schon kümmert sie sich ganz freiwillig um Benno....
Währenddessen reist Fritzi aus ihrem Heimatdorf an der Ostsee nach Berlin. Sie ist auf der Suche nach Benno, dem Vater ihrer Tochter, von deren Existenz dieser jedoch noch nichts weiß....
Hanna kehrt von der Front, wo sie als Krankenschwester gearbeitet hat, nach Berlin zurück. Sie möchte sich nun auch in Friedenszeiten der Krankenpflege widmen. Ein Vorhaben, für das ihre Eltern sicher kein Verständnis haben werden, ebensowenig wie für Hannas wohlgehütetes Geheimnis.....
Jede der drei Frauen träumt ihren eigenen Traum. Ob sich alle erfüllen?

Elke Schneefuß Roman liest sich angenehm leicht und flüssig. Die mitreißende Geschichte um drei Frauen in ihrem Streben nach Selbstbestimmung, hat mich sofort gefesselt. Alle drei Frauen, jede auf eigene Art stark und selbstbewusst, sind zwar etwas oberflächlich und einfach gezeichnet, aber für mich nachvollziehbar und stimmig dargestellt. Schön finde ich auch, dass sich ihre Wege kreuzen und ihre Schicksale nach und nach mehr oder weniger miteinander verwoben werden. Trotzdem es den Figuren etwas an Tiefe fehlt, tut dies dem Roman keinen Abbruch, kommt es für mich doch mehr auf den interessanten allumfassenden Plot, das Gesamtkonstrukt, als auf seine einzelnen Komponenten, die Charaktere, an. Das Buch hat mich sehr gut unterhalten und mir ein paar angenehme Lesestunden beschert. Beim Lesen verging die Zeit wie im Flug. Für einen kalten, grauen Wintertag also genau das richtige: Ein solider ruhiger historischer Roman, ein rundum gelungener Schmöker.

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Veröffentlicht am 29.12.2019

Ein kleiner Kater erlebt zum ersten Mal die Magie von Weihnachten

Linus und der Weihnachtszauber
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Linus ist eine kleine Maikatze, eine Katze, genaugenommen ein Kater, der im Monat Mai auf die Welt kam. Seit er von seiner Mutter getrennt wurde, lebt er bei Familie Böhme: Mutter Renate, genannt Schnuckiputzi, ...

Linus ist eine kleine Maikatze, eine Katze, genaugenommen ein Kater, der im Monat Mai auf die Welt kam. Seit er von seiner Mutter getrennt wurde, lebt er bei Familie Böhme: Mutter Renate, genannt Schnuckiputzi, Vater Klaus und den Kindern Mats und Marie.
Nun steht Linus erstes Weihnachten vor der Tür, aber Linus hat keine Ahnung, was es damit so auf sich hat. Zur Freude der Kinder schneit es auch noch und Linus sieht das erste Mal Schnee. Ganz schön viel auf einmal für einen kleinen Kater! Klar, dass er da so einiges erlebt und viel anstellt, bis es zur Bescherung kommt. Dabei lernt Linus sogar den Weihnachtsmann persönlich kennen und am Schluss fühlt er ihn ganz intensiv, seinen „Weihnachtszauber“.

Ich habe das Buch meinen Kindern vorgelesen, sie sind vier und sechs Jahre alt. Die achtjährige Tochter hat es selbst gelesen. Uns allen hat die Geschichte gefallen, den Kindern noch etwas besser als mir. So gehört es sich aber auch für eine Kinderbuch. Für mich hätte es ruhig noch etwas frecher und weniger „brav“ und konventionell zugehen können. Die kleinen Zuhörer haben viel über Linus freche Streiche gelacht, z.B. als er dem frischgebauten Schneemann eine Jacke anziehen will, damit er in der Kälte nicht friert.
Die Illustrationen treffen auch eher den Geschmack meiner Kinder als meinen. Die Kleinen haben sich die Bilder immer wieder gerne angeschaut. Sie passen gut zum Inhalt, geben schön die Handlung wider und sind detailliert gezeichnet. Mir waren die Illustrationen allerdings etwas zu comichaft und die Bilder wirkten auf mich fast ein wenig kitschig.
Die Achtjährige hatte die Geschichte sehr schnell selbst gelesen und fand sie lustig, vor allem Linus Spitzname für Frau Böhme hat sie amüsiert. Sie war nur etwas enttäuscht, dass Linus letztendlich nicht zum erfolgreichen „Geschäftsabschluss“ kommt, obwohl er das immer wieder thematisiert.

Insgesamt eine nette kleine Weihnachtsgeschichte, die für Kinder ab vier Jahren gut geeignet ist. Wir werden sie sicher in den nächsten Jahren an Weihnachten immer wieder hervorholen, um den „Zauber“ aufs Neue zu erleben. Vielen Dank, dass wir das Buch lesen durften.

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