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Veröffentlicht am 17.12.2025

Cold Case an einem Lost Place

Rostiges Grab
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Der dritte Fall rund um Leo Asker und Martin Hill spielt im Rostskogen, einer düsteren Waldgegend in der Umgebung von Malmö, um die sich mystische Geschichten ranken.

In den 70er Jahren wurde dort von ...

Der dritte Fall rund um Leo Asker und Martin Hill spielt im Rostskogen, einer düsteren Waldgegend in der Umgebung von Malmö, um die sich mystische Geschichten ranken.

In den 70er Jahren wurde dort von Waldarbeitern beim Torfstechen eine Leiche ausgegraben, sie war vor langer Zeit dort begraben worden und aufgrund der Feuchtigkeit des Bodens doch noch gut erhalten. Man nannte sie das Graumädchen. Es stellte sich heraus, dass sie ermordet worden war.

2013 wurde die Ehefrau eines der Familienmitglieder der Eigentümerfamilie des Waldgebietes auf gleiche Weise ermordet, man verdächtigte den Ehemann, aber dieser konnte nie gefasst werden.

Nun taucht plötzlich der Finger dieser Frau auf und die Polizei hofft, diesen Cold Case doch noch aufklären zu können.

Leo wurde in Aussicht gestellt, ihren Arbeitsplatz im Keller mit den „hoffnungslosen Fällen“ doch gegen eine Stabsstelle im Polizeipräsidium tauschen zu können. Natürlich weht ihr im Haus Gegenwind entgegen, ihrem Konkurrenten Jonas Hellman gefällt diese Aussicht gar nicht und er ködert sie mit diesem Cold Case. Er weiß allerdings schon mehr zu den Hintergründen als Leo, und so wähnt er sich bald auf der Gewinnerseite und lässt sie in die Falle tappen.

Was gefiel mir gut an dem neuen Band von Anders de la Motte?

Zunächst einmal ist dem Verlag ein gutes Titelbild gelungen, man muss sich nur darauf einlassen, dann spürt man den Rost schon unter den Fingerspitzen. Der Käfer im Glas ist ein Totengräber, ein Aasfresser. Im Buch hat das eine doppelte Bedeutung, denn es tauchen nicht nur diese Käfer hin und wieder an Mordschauplätzen auf, es ist auch ein tatsächlicher Totengräber, ein Beerdigungsunternehmer mit von der Partie.

Die Beschreibungen des Rostskogen sind ausgesprochen düster, selbst die Farbe des Laubes und der Bäume scheint dort mit einem Sepia-Filter überzogen zu sein, wie Vilde es so schön ausdrückt.

Die Handlung wird von allen Seiten beleuchtet, dafür konzentriert sich die Sichtweise mal auf Leo Asker, dann wieder auf Martin Hill oder das Graumädchen. Es gibt außerdem Rückblicke in die Vergangenheit, die viel zum Verständnis beitragen. Anfangs sind die einzelnen Kapitel noch seitenlang, später werden sie zur Steigerung der Spannung deutlich verkürzt.

Gut gefiel mir auch die Zusammenarbeit von Leo mit ihrem Team der hoffnungslosen Fälle. Attila, Rose und Co. werden immer professioneller und gerade in diesem Fall ist auch Insiderwissen von Rose gefragt. Zusammen können sie vieles aufklären und die Intrigen innerhalb des Polizeipräsidiums werden in all ihrer Konsequenz klar. Leo ist darüber hinaus eine Teamleiterin, die motivieren kann. Sie ist ein authentisches Vorbild für ihre Mitarbeiter.

Gefehlt hat mir in diesem Band die Zusammenarbeit zwischen Leo und Martin. Da waren latente Unstimmigkeiten, Martin wünscht sich mehr Einbeziehung, Leo scheint es nicht zu gefallen, dass Martin von einer Fotografin sehr in Anspruch genommen wird. Und so kommen sie tatsächlich erst zum Schluss wieder zusammen und lösen den Fall doch noch gemeinsam.

Band 3 ist ähnlich aufgebaut wie die beiden Vorgängerbände. Asker muss nicht nur einen Mörder finden, sie muss sich auch gegen Intrigen im Präsidium und gegen Forderungen der eigenen Familie durchsetzen. Es ist jetzt schon abzusehen, dass wir es im vierten Band wieder mehr mit Prepper-Per, ihrem Vater zu tun bekommen.

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Veröffentlicht am 16.12.2025

June muss ihre Stimme finden

Glimmende Himmel
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Ich mag die Bücher von Lia Scott. Die Autorin kennt sich nicht nur in Yorkshire aus, sie versetzt die Leser auch in die Zeit vor 160 Jahren. Die Fabriken, in denen früher die Männer und Frauen sechs Tage ...

Ich mag die Bücher von Lia Scott. Die Autorin kennt sich nicht nur in Yorkshire aus, sie versetzt die Leser auch in die Zeit vor 160 Jahren. Die Fabriken, in denen früher die Männer und Frauen sechs Tage die Woche schuften mussten, sind heute Museen, Bradford ist schon lange nicht mehr die Welthauptstadt der Spinnereien. In den 1860er Jahren war es eine der schmutzigsten Städte Englands.
Lia Scott hat sich für einen Fortsetzungsroman entschieden. Interessanterweise weiß Wikipedia zu berichten, dass solche Fortsetzungsromane gerade im 19. Jahrhundert, also in der Zeit, in der unser Roman spielt, beliebt waren. Sie wurden zwar eher in Zeitungen oder Zeitschriften abgedruckt, aber fortsetzen lassen sich auch Bücher, die aufeinanderfolgen.
Band 2 „Glimmende Himmel“ schließt nahtlos an Band 1 an und es ist sehr empfehlenswert, auch Band 1 gelesen zu haben, um Band 2 folgen zu können. Auch mit Band 2 wird es noch nicht zu Ende sein, denn die Handlung bleibt weiter unabgeschlossen.

June ist seit einer Woche in Bradford und lebt sich schwer im neuen Job als Weberin ein. Lediglich ihre Zimmernachbarin Hattie ist ihr eine wertvolle Unterstützung.
Am ersten Wochenende will sie ein wenig von der Stadt sehen und macht einen Spaziergang ins Zentrum. Dort läuft sie plötzlich Frankie über den Weg, der als Woll-Sortierer in einer anderen Fabrik in Bradford arbeitet. Nicht nur er ist erstaunt, sie in der Stadt zu treffen. Das Knistern zwischen den beiden setzt direkt wieder ein, auch wenn beide es sich nicht eingestehen wollen.
June ist unsicher. Alles das, was sie in den Dales gelernt hat, scheint umsonst gewesen zu sein. Sie hat ihre Aufzeichnungen zwar mit nach Bradford gebracht, aber wem könnten sie in dieser Stadt von Nutzen sein? Ihre Treffen mit Frankie sind zwar weiter eher zufällig, aber beide gehen immer wieder zum ersten Treffpunkt und so laufen sie sich häufiger über den Weg.
Frankie unterstützt sie immer wieder mit Ratschlägen, sie müsse ihre Stimme finden, empfiehlt er ihr dringend. Und tatsächlich gelingt es June auch, sich Gehör zu verschaffen.
Ein Schicksalsschlag trifft beide mit seiner ganzen Härte und Frankie beschließt, woanders einen Neuanfang zu wagen. Beide glauben nicht an ein Wiedersehen, ich gehe aber davon aus, dass es vielleicht schon in 1. Quartal 26 einen dritten Band in der Reihe geben wird und wir auch ein Wiedersehen der beiden erleben werden.
Die Cliffhanger verlangen den Lesern schon einiges an Geduld ab, ich kann mich an die Kommentare auf Band 1 erinnern, als mehrere begeisterte Leser die Zeit bis Dezember kaum abwarten konnten. Band 2 endet wieder mit einem solchen Cliffhanger. Auch wenn es bislang noch nicht angekündigt ist, bin ich mir sicher, wir erleben 2026 eine Fortsetzung der Saga „Der Wind von Yorkshire“, sie wäre sonst nicht abgeschlossen.

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Veröffentlicht am 10.12.2025

Ermittlungen im Café Butterblume am Bodensee

Wo die roten Dahlien blühen
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Das Buch ist bereits der 6. Band einer Reihe rund um Maja, die Besitzerin des kleinen Cafés Butterblume am Bodensee. Für mich war es der 1. Band der Reihe, ich habe erst zum Schluss von den Vorgängerbänden ...

Das Buch ist bereits der 6. Band einer Reihe rund um Maja, die Besitzerin des kleinen Cafés Butterblume am Bodensee. Für mich war es der 1. Band der Reihe, ich habe erst zum Schluss von den Vorgängerbänden erfahren, sie waren für das Verständnis der Handlung aber auch nicht notwendig.

Im Weingut der Römfelds ganz in der Nähe des Cafés wird ein großes Weinfest veranstaltet. Die Juniorchefin Beatrice hat die Prominenz der Region dazu eingeladen. Für sie soll es eine Abschiedsveranstaltung werden, aber das weiß nur sie allein. Sie ist fest entschlossen, ihren Mann und das Weingut zu verlassen und eigene Pläne zu verwirklichen. Ausgelassen tanzt und feiert sie noch in den Abend hinein, Stunden später ist sie tot. Erst am nächsten Morgen findet man sie im Weinkeller, offenbar eine Kohlendioxid-Vergiftung, oder könnte da auch etwas anderes dahinterstecken?

Die Ermittlungen übernimmt zunächst einmal die Polizei vor Ort und man überlässt ihr auch den Fall, da die übergeordneten Stellen sowieso von einem Unfall ausgehen. Mit dem Fall betraut sind die Kommissare Michael Harter und seine Kollegin Bahar Yilmaz. Recht schnell verengt sich das Feld der Verdächtigen auf wenige Personen. Beatrice war alles andere als ein Kind von Traurigkeit, sowohl ihr Mann als auch ihre verflossenen Liebhaber hätten Motive für die Tat.

Als Leser wechseln wir zwischen den Ermittlungen und dem Café von Maja hin und her. Maja hat am Abend des Weinfestes jemand kennengelernt, der ihr Herz höher schlagen lässt. Aber seitdem ihr Partner vor 10 Jahren bei einem Unfall ums Leben kam, hat sie sich kaum mehr in eine Beziehung getraut. Obwohl ihre Freunde ihr immer wieder gut zureden, traut sie sich nicht, die Beziehung mit Lars Bremer zu vertiefen. Sie fürchtet sich davor, wieder enttäuscht zu werden und am Schluss alleine dazustehen. Doch der Herbstblues hat sie voll erwischt und als selbst Ruth noch Änderungen in ihrem Leben beschließt, fragt sie sich nach dem Sinn ihres Lebens.

Die Ermittlungen treten lange auf der Stelle, es gibt Indizien gegen den einen oder anderen Verdächtigen, aber sie reichen nie für eine Festnahme.

Das Buch liest sich gut und flüssig, ist aber nur an manchen Stellen einmal tatsächlich spannend.

Da wir uns mit der Handlung weitestgehend durch den Herbst und beginnenden Winter bewegen, sind auch die Landschaftsbeschreibungen meistens eher "nebelverhangen". Das passt zu Majas Stimmung und zu den langen und zunächst erfolglosen Ermittlungen. Aber natürlich wird der Fall zum Schluss gelöst und selbst für Maja ergibt sich ein Happy End.

Das Cover fand ich übrigens ganz bezaubernd, es hat mich auf das Buch überhaupt erst aufmerksam gemacht.

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Veröffentlicht am 10.12.2025

Schwierige Ermittlungen in Concarneau

Bretonische Versuchungen
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Bei Kommissar Dupins 14. Fall stehen eindeutig Morde im Vordergrund. Hatte ich mich bei den letzten Büchern schon fast daran gewöhnt, immer wieder eine neue Seite der Bretagne kennenzulernen, so haben ...

Bei Kommissar Dupins 14. Fall stehen eindeutig Morde im Vordergrund. Hatte ich mich bei den letzten Büchern schon fast daran gewöhnt, immer wieder eine neue Seite der Bretagne kennenzulernen, so haben wir es dieses Mal tatsächlich mit langwierigen und schwierigen Mordermittlungen zu tun.

Eine Frau ist ertrunken, allerdings nicht im Meer, sondern in einem Bottich aus Schokolade. Die Frau ist eine der Eigentümerinnen der in der Bretagne berühmten Firma Zerua, ihr Name ist Adeline Mazago. Zusammen mit ihrem Bruder und ihrer Schwester im Baskenland führt sie das weitverzweigte Unternehmen, das sich in Concarneau auf Schokolade konzentriert hat. Es gibt allerdings auch noch weitere Geschäftsfelder, die aber im Roman keine Rolle spielen.

Ihr Tod entpuppt sich als kaltblütiger Mord. Wer hatte es auf die allseits beliebte und anerkannte Unternehmerin abgesehen?

Dupin nimmt sich zunächst einmal die Familie und die engsten Mitarbeiter vor. Ihm und Nolwenn, die sich in diesem Fall eng an ihn anschließt und nicht nur aus dem Büro heraus unterstützt kommt es so vor, dass die Familie mauert. Sie sind zwar freundlich und hilfsbereit, geben sich aber am liebsten den Anschein einer perfekten Familie. Es dauert lange und bedarf des besonderen Riechers Dupins, endlich Licht in das Dickicht aus Lügen und Wahrheit, aus Gesagtem und Ungesagtem zu bringen.

Wie bereits zu Anfang erwähnt, gefiel es mir, endlich mal wieder einen richtigen Krimi von Jean-Luc Bannalec zu lesen. Ich habe zwar eine ganze Menge über Schokolade, ihre Produktion und ihre glücksbringenden Eigenschaften gelernt, aber es diente immer der Lösung des Falles.

Andererseits weiß ich natürlich auch, dass Jörg Bong mittlerweile Sonderbotschafter der Bretagne geworden ist und dieser Teil Frankreichs steht auch ganz oben auf meiner Wunschliste für eine längere Tour durch unser Nachbarland. Von daher haben auch die Vorgängerbände ihren Zweck erfüllt und mein Fernweh geweckt.


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Veröffentlicht am 07.12.2025

In der Politik braucht man Freunde, aber keine Parteifreunde

Die Frau der Stunde
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Heike Specht hat mit „Die Frau der Stunde“ ihren ersten Roman geschrieben, sie ist Historikerin und hatte über die Familie Lion Feuchtwangers promoviert. Ihre Biografien und Bücher über Frauen, die sich ...



Heike Specht hat mit „Die Frau der Stunde“ ihren ersten Roman geschrieben, sie ist Historikerin und hatte über die Familie Lion Feuchtwangers promoviert. Ihre Biografien und Bücher über Frauen, die sich in der Männerwelt behaupten konnten basierten auf Fakten, in diesem Roman sind allerdings sämtliche handelnden Personen rein fiktiv. Da die Handlung allerdings in einem realen Umfeld spielt, nämlich der Bonner Politikszene Ende der 70er Jahre, so ertappt man sich immer wieder dabei, in tatsächlichen Akteuren der Politik dieser Zeit, die Protagonisten des Buches zu suchen und zu erkennen und ich könnte mir vorstellen, dass die Autorin das auch so gewollt hat.

Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt, die jeweils wieder in Kapitel unterteilt sind. Die Handlung spielt zwischen dem Herbst 78 und dem Frühjahr 79. Es ist so aufgebaut, dass wir als Leser von einem Schauplatz zum anderen wandern und das auch oft innerhalb eines Kapitels. Das sorgt im Lesefluss schon einmal für Stockungen, weil man sich zunächst einmal wieder zurechtfinden muss. Oft entsteht auch ein leichter Cliffhanger, wenn genau beim Sprung zum nächsten Plot eine Handlung unterbrochen wurde.

Worum geht es?

Catharina Cornelius hat sich im Bonn der späten 70er Jahre als Liberale einen Namen gemacht. Als der amtierende liberale Außenminister in der sozial-liberalen Koalition wegen einer Affäre seinen Hut nehmen muss, schlägt er Catharina als seine Nachfolgerin vor. So wird sie völlig überraschend zur ersten Außenministerin und Vizekanzlerin der Bundesrepublik Deutschland.

Catharina ist eng befreundet mit Suzanne, einer belgischen Journalistin und Azadeh, einer Filmemacherin aus dem Iran. Die drei hatten sich in einem Schweizer Internat kennengelernt und ihre Freundschaft hat über die langen Jahre nach der Schulzeit gehalten. Während Suzanne ihrer Freundin Catharina mehr den Rücken stärkt, aber beruflich weniger mit ihr zu tun hat, ist Azadeh von ganz anderem Kaliber. Ende der 70er Jahre waren die Menschen im Iran von ihrem Staatsoberhaupt, dem Schah tief enttäuscht und wünschten sich Veränderungen. Gerade auch die intellektuelle Oberschicht forderte mehr Freiheiten und Azadeh marschiert und protestiert mit ihnen in Teheran. Im ganzen Land herrschte eine revolutionäre Stimmung, die sich schließlich in der iranischen Revolution entlud, nur leider mit ganz anderen Folgen, als eigentlich erwünscht, vor allem für die Frauen.

Es geht im Buch nicht so sehr um politische Inhalte, es geht mehr darum, wie sich eine Frau in der damaligen Männerwelt überhaupt behaupten konnte. Catharina kommt ihre gute Erziehung zugute, sie kann sich in der Welt der Mächtigen auf internationalem Parkett bewegen. Ihr elegantes Auftreten und ihre mehrsprachige Eloquenz hinterlassen Eindruck. Es sind viel mehr die Männer, die dort versagen oder die sich nicht in ihre Gesprächspartner hineinversetzen können oder schlicht ständig einen Dolmetscher brauchen. Ganz häufig sind es die Frauen, die ihren Männern Rückhalt und Inspiration für ihre Ziele geben. Deutlich gemacht wird das an der Person der Ex-Gattin des ehemaligen Außenministers Helmut Busch.

Klar wird aber auch, dass über Parteigrenzen hinweg die Solidarität unter Frauen ganz wichtig ist. Die Bedeutung von Mentorinnen kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Catharina profitiert sehr von Hilde von Rochow, der Grande Dame der Liberalen, die aber keine politischen Ambitionen mehr hat. Auch ihr Büroteam steht voll und ganz hinter ihr. Die Autorin hat sich auf die weibliche Perspektive konzentriert, sowohl in Bonn als auch bei den Geschehnissen in Teheran. Dabei macht sie aber auch klar, dass auch Männer gute Freunde und Unterstützer sein können. Nur selten in der Politik! Nicht umsonst gibt es im Politikbetrieb die makabre Steigerungsform „Feind – Todfeind - Parteifreund“.

Gut fand ich, dass Catharina trotz aller Machtfülle doch immer Mensch blieb, die ihre alten Kontakte pflegte und sich bei menschlichen Enttäuschungen auch mal von Freunden trösten ließ. Nur durfte sie diese Schwächen nach außen nicht zeigen.

Auch tatsächliche Entwicklungen der Zeit spielen in die Handlung hinein. Die Umweltschutzbewegung, die sich später in der Partei der Grünen politisch formierte, spielt ebenso eine Rolle wie auch die alten Seilschaften der Nazis, die gerne wieder mehr Einfluss ausgeübt hätten.

Ich fand das Buch ausgesprochen lesenswert und die feinen Spitzen, die Catharina hier und da gegen die Männerwelt austeilte, haben mich schmunzeln lassen. Dumm nur, dass viele Männer die feinen Anspielungen nicht einmal verstanden, für die Zwischentöne schienen sie kein Ohr zu haben.

Das Buch endet zwar mit einer klaren Entscheidung, ruft aber auch nach einer Fortsetzung. Man würde schon gerne wissen, wie es im Bonner Politikbetrieb der 80er Jahre weitergeht. In der Realität wissen wir das zwar, in der Fiktion hätte es auch ganz anders sein können.

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