Gut gekocht!
Die seltsame Reise mit meinem BruderNelly liebt gutes Essen und dessen Zubereitung. Vor allem für ihren eigenen Food-Truck. Ihr Leben könnte so schön sein, wäre da nicht die ewige Sorge darum, dass sie sich später um ihren autistischen Bruder ...
Nelly liebt gutes Essen und dessen Zubereitung. Vor allem für ihren eigenen Food-Truck. Ihr Leben könnte so schön sein, wäre da nicht die ewige Sorge darum, dass sie sich später um ihren autistischen Bruder Nils kümmern muss, wenn es ihre Mutter nicht mehr kann. Durch einen Unfall dieser wird Nelly plötzlich dem Ernstfall auf Probe ausgesetzt.
Renée Karthee nähert sich in „Die seltsame Reise mit meinem Bruder“ einem schweren Thema auf eine lockere Art an. Die Betreuung und Pflege von Verwandten ist oft nicht leicht zu schultern. Nelly ist von Kindesbeinen an daran gewöhnt, dass ihr Bruder spezielle Aufmerksamkeit benötigt. Sie ahnt sehr genau, was für eine Belastung ihr Bruder für sie sein wird. Sie will diese Verantwortung nicht, um die sie nie gebeten hat. Das sollte man im Hinterkopf behalten, denn unsere Protagonistin legt vorerst alles andere als sympathische Eigenschaften an den Tag, die es schwer machen, sie gern zu haben.
Das Buch ist nicht als Hilfe zur Selbsthilfe oder Mutmacher zu verstehen. Auch ist man hier falsch, wenn man wissen möchte, was Autismus denn genau ist. Es wird einfach nur eine schöne kleine Geschichte erzählt, mit leichten Schmetterlingen im Bauch wie das Cover sie schon ankündigt. Darin enthalten sind bezaubernde englische Häuser und Landschaften, Nils mit seiner eigentümlichen, aber liebenswerten Art und eine unerwartete Bekanntschaft, die Nellys Leben wohl noch mehr auf den Kopf stellt als ihr Bruder.
In der Geschichte heißt es, dass nicht genau bekannt sei, was Nellys Bruder letztendlich hätte. Er wäre nie getestet worden. Wahrscheinlich Asperger Syndrom, vielleicht noch etwas zusätzlich. Unnötig vage, aber auf diese Weise hinterfragt niemand sein Verhalten, was mir die einzige Erklärung ist.
Die sehr detaillierten Beschreibungen der Essenskreationen und auch das jeweilige Rezept am Ende jedes Kapitels machen das Buch einmalig und passen gut zu unserer Hauptfigur Nelly. Weniger freute es mich, dass sich bei Nelly Gedanken dazu einschlichen, dass das Essen bei ihr auf die Hüfte gehen könnte. Drei Sätze dazu aus dem Roman gestrichen und es hätte mir besser gefallen. Essstörungen sind ein ewig aktuelles Thema und ein Frauenroman darf gerne ohne gedankliche Abwanderungen auskommen, die als Tendenzen in diese Richtung interpretiert werden können.