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Veröffentlicht am 08.09.2024

Wehe, wenn Du jemandem die Zeit stiehlst...

Hast du Zeit?
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„Hast Du Zeit?“ Eine simple Frage, die doch vielerlei Emotionen hervorrufen kann. Vorfreude auf ein schönes Treffen, ein mulmiges Gefühl, wenn ein ernstes Gespräch geführt werden soll, aber auch Angst? ...

„Hast Du Zeit?“ Eine simple Frage, die doch vielerlei Emotionen hervorrufen kann. Vorfreude auf ein schönes Treffen, ein mulmiges Gefühl, wenn ein ernstes Gespräch geführt werden soll, aber auch Angst? Diese wäre auf jeden Fall in Andreas Winkelmanns neuem Thriller durchaus eine passende Reaktion.

Ein Täter, der sich an seinen Opfern rächen will, weil sie ihm etwas Unwiederbringliches gestohlen haben: seine Zeit. Wenn wir ehrlich sind, hat wohl jeder von uns mal einem anderen etwas Zeit „gestohlen“. Im Gegensatz zu uns (hoffe ich mal 😉) führt der Täter eine stetig wachsende Liste und er hat eine Methode entwickelt, sich diese Zeit sozusagen zurückzuholen.

Wieder einmal nimmt Andreas Winkelmann etwas ganz Alltägliches und spinnt darum eine spannende Geschichte, die zumindest mich schnell eingefangen hat.

Grotheer, ein ehemaliger Bundestagspolizist, will seiner Tochter Michelle einen Gefallen tun, als diese ihn darum bittet ihrer Freundin Conny zu helfen, die sich von einem Stalker bedroht fühlt. Doch kurz darauf ist Conny tot. Grotheer fühlt sich mitschuldig. Hätte er ihren Tod verhindern können? Seine Recherchen zeigen, dass vor einigen Jahren eine Bekannte aus Connys Umfeld spurlos verschwand. Und sie ist nicht die Einzige. Ob diese Vermisstenfälle zusammenhängen? Auf den ersten Blick gibt es kein verbindendes Element, doch natürlich ist zumindest uns Lesern klar, dass es sie gibt.

Neben Grotheer gibt es eine weitere Protagonistin. Lilly Costanzo. Die beiden treffen aufeinander, nachdem Lillys Lebensgefährtin Felicitas ebenfalls verschwunden ist – offenbar am helllichten Tag entführt.

Lilly und Grotheer sind ein ungleiches Team und für mich beide nicht unbedingt die Sympathieträger. Dies schadet der Spannung jedoch zum Glück in keiner Weise.

Auch wenn das Buch für mich durch einige Wiederholungen stellenweise ein wenig zäh war, habe ich es ungern aus der Hand gelegt. Ich glaube, ich hätte mir eher ein anderes Motiv gewünscht, aber es ist in sich stimmig und passt zur Geschichte.

Daher lautet mein Fazit: „Hast Du Zeit?“ ist für mich nicht der beste Thriller von Andreas Winkelmann, dennoch hat er mir wieder sehr gefallen und ich kann das Buch guten Gewissens weiterempfehlen. Ich freue mich jedenfalls schon auf den nächsten Thriller des Autors.

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Veröffentlicht am 23.07.2024

Spannender Krimi vor toller Kulisse

Tod im Chiemgau
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10 Jahre lang hat Toni einen Besuch in seinem Heimatort Reit im Winkl, um jeden Preis vermieden. Vor 10 Jahren hat ihn das Schicksal vertrieben, nun lenkt es seine Schritte zurück. Eigentlich sollte es ...

10 Jahre lang hat Toni einen Besuch in seinem Heimatort Reit im Winkl, um jeden Preis vermieden. Vor 10 Jahren hat ihn das Schicksal vertrieben, nun lenkt es seine Schritte zurück. Eigentlich sollte es nur ein kurzer Pflichtbesuch werden, doch kaum zurück holt die Vergangenheit Toni ein und der damalige Unfalltod seines besten Freundes ist mit einem Mal wieder sehr präsent.

Zudem scheint es so, als ob jemand im Hier und Jetzt Toni lieber tot sehen würde. Er entkommt nur knapp eine Mordanschlag und unweigerlich muss er wieder daran denken, dass er auch damals schon vermutet hat, dass der Tod seines Freundes Hans kein Unfall war, sondern ein Anschlag, der eigentlich ihm selbst gegolten hat. Kann es sein, dass derselbe Täter es nun erneut versucht? Gibt es überhaupt einen Täter? Die Indizien sprechen dafür und gemeinsam mit der Kommissarin Roxana Meierhofer versucht Toni Licht ins Dunkel zu bringen. Auch Hans ehemalige Freundin unterstützt ihn überraschenderweise. Doch wem kann Toni trauen?

“Tod im Chiemgau" ist inzwischen das dritte Buch von Matthias Lehmann, welches ich mit Begeisterung gelesen habe. All seine Bücher sind sehr unterschiedlich und doch haben sie einige Gemeinsamkeiten: Sie sind wunderbar geschrieben, spannend, und vor allem zeichnen sie sich durch ein toll gezeichnete Charaktere aus. Diese sind definitiv nicht immer sympathisch, aber mir gefällt die Art und Weise, auf die Matthias Lehmann sie zum Leben erweckt. Sie wirken so, als ob durchaus die Chance besteht, an der nächsten Ecke persönlich auf sie zu treffen. Das macht es leicht, in seine Geschichten einzutauchen, mit zu fiebern und in diesem Fall zu rätseln, was damals wirklich mit Hans geschah.

Ich kann sagen, dass ich tatsächlich schon relativ früh einmal den richtigen Verdacht hatte, da mir jedoch beim besten Willen keinerlei Motiv einfiel, habe ich den Gedanken schnell wieder verworfen. Die Auflösung kam daher dennoch ein wenig überraschend.

Insgesamt ist “Tod im Ciemgau” ein wunderbarer Kriminalroman, den ich sehr gerne weiter empfehle.

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Veröffentlicht am 05.07.2024

Einfach großartig

Die Erste Tochter / Narrenbraut
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Auch der dritte Band von Katharina Meyers Reihe Die Erste Tochter - Narrenbraut - ist wieder großartig und genau da liegt mein Problem
Nachdem ich bereits von den ersten beiden Teilen sehr begeistert bin, ...

Auch der dritte Band von Katharina Meyers Reihe Die Erste Tochter - Narrenbraut - ist wieder großartig und genau da liegt mein Problem
Nachdem ich bereits von den ersten beiden Teilen sehr begeistert bin, gehen mir so langsam die Superlative aus und ich fürchte, dass meine Rezension irgendwann nicht mehr glaubwürdig klingt, aber ich bin wirklich abermals begeistert. Katharina Meyer führt Myns Geschichte wunderbar fort. Ihre Figuren haben Tiefgang, entwickeln sich weiter und auch wenn mir natürlich nicht jede Entwicklung gefällt, so ist alles in sich logisch.

Die komplexe Welt ist lebendig, in sich stimmig, egal, wie fremdartig sie im Vergleich zu unserer Realität auch sein mag. Ich fühle mich in ihr inzwischen beinahe wie zu Hause, auch wenn ich froh bin, dass ich nicht unbedingt dort wohne. Denn als Frau hätte ich es unter Asnuors Herrschaft mit Sicherheit nicht gerade leicht. So kämpft auf Minden mit der Rolle, die ihr aufgedrängt wurde. Als Frau von Juffgam Nuggr scheint sie die ihr zugedachte Rolle perfekt auszufüllen, doch regt sich in ihr immer mehr Widerstand, als sie erkennt, dass ihr bisheriges Verhalten keinerlei nennenswerte Vorteile mit sich gebracht hätte. Zum Glück findet sie trotz aller erlittenen Schicksalsschläge nach und nach innere Stärke und spürt, dass sie nicht allein ist. Unterstützung und Lichtblicke finden sich mal auf der einen mal auf der anderen Seite. So hat Myn in ihrer Cousine eine Vertraute, ebenso in Ftom, dem besten Freund ihres Bruders Vai.

In diesem Buch hat mir die Buchhändlerin Pektay Fno sehr gefallen und ich bin neugierig, welche Rolle sie noch spielen wird.

Sprachlich gesehen ist Narrenbraut wieder ein Kleinod. Eine lebendige Sprache, die viel Gefühl transportieren kann, ohne alles direkt beim Namen nennen zu müssen. Mal klar und präzise, manchmal poetisch, findet Katharina Meyer für die unterschiedlichen Stimmungen und Szenen stets die richtigen Worte.

Ihr merkt es, die Reihe Die Erste Tochter ist aus meiner Sicht einfach erstklassig und ich hoffe sehr, dass die Autorin ganz viel Zeit findet, um fleißig weiter an Band 4 (und 5 und 6 und 7) zu schreiben, damit es bald mit Singis und Myns Geschichte weitergeht.

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Veröffentlicht am 06.05.2024

Großartige Fortsetzung

Die Erste Tochter / Frevlersbrut
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WOW! Was für eine Fortsetzung! Bild- und wortgewaltig führt Katharina Maier Myns Geschichte fort.

Aber der Reihe nach: der zweite Teil der Reihe „Die Erste Tochter“ knüpft nahtlos an den ersten an.

Ehemals ...

WOW! Was für eine Fortsetzung! Bild- und wortgewaltig führt Katharina Maier Myns Geschichte fort.

Aber der Reihe nach: der zweite Teil der Reihe „Die Erste Tochter“ knüpft nahtlos an den ersten an.

Ehemals wohlbehütet aufgewachsen hatte Myn als Erste Tochter ein sorgenfreies Leben vor sich, nun steht sie vor den Scherben ihres früheren Lebens. Haben die gesellschaftlichen Veränderungen, die sich bereits in Adelsspross mit Asnuors Wahl zum Oberpriester anbahnten, ihr Leben schon erschwert und verkompliziert, so ist ihre Familie nun geächtet, ihre Mutter als Widernatürliche beschuldigt und verurteilt und ihr eigener Vater duldet sie nur noch. Mehr noch: fassungslos habe ich gelesen, welche Entscheidung er für Myn in diesem Teil letztlich trifft. (Das kann doch nicht derselbe Vater vom Beginn von Myns Geschichte sein!) Als Frevlersbrut scheint es für Myn endgültig keine Hoffnung mehr auf Freiheit zu geben.

Doch nicht nur Myn kämpft um ihren Platz in einer sich wandelnden Gesellschaft. Auch ihr Bruder Vairrynn muss sich behaupten und zu sich selbst finden, insbesondere nachdem sein Vater ihn vor die Tür gesetzt hat.

Katharina Maier gelingt es, die unterschiedlichsten Emotionen scheinbar mühelos zum Leser zu transportieren. Ich habe insbesondere mit Myn mitgelitten, mit ihr gezittert, doch zum Glück gab es auch Momente, in denen ich mich mit ihr freuen konnte.

Immer wieder dürfen wir auch einen Blick in die Vergangenheit werfen. Dadurch lassen sich manche Entwicklungen besser verstehen. Allerdings führt es nicht dazu, dass mir Asnuor sympathischer geworden wäre (ich kann mir indes auch kein Szenario vorstellen, welches das bewerkstelligen könnte). Ich bin nach wie vor beinahe ebenso auf Asnuors Entwicklung gespannt wie auf Myns. Er ist eine vielschichtige Figur, kaum greifbar und seine wahren Absichten sind bestenfalls zu erahnen – und wahrscheinlich liege ich da meinen Vermutungen auch weit daneben. Zumindest hat es Katharina Maier bislang immer wieder geschafft mich zu überraschen.

Um einen guten Einstieg in die komplexe Welt, die zahlreichen Charaktere mit ihren ungewöhnlichen Namen und die gesellschaftlichen Strukturen zu bekommen, empfehle ich auf jeden Fall dringend die Reihe chronologisch mit Band 1 zu beginnen.

War für mich das Genre Future Fantasy bzw. Science Fantasy zunächst etwas ungewöhnlich, empfinde ich den Mix aus (High-) Fantasy Welt und Science Fiction (über Myns Heimatplaneten Singis kreisen zum Beispiel Raumschiffe) inzwischen als völlig normal.

Ich bin sehr gespannt, wie es in Band 3 – Narrenbraut – weitergeht und was das Schicksal für Myn breithält.

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Veröffentlicht am 01.05.2024

Licht- und Schattenseiten eines Philosphen

Der Perückenmacher von Königsberg
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Ich weiß nicht mehr, wie ich vor einigen Jahren auf die Idee gekommen bin Immanuel Kants „Kritik der reinen Vernunft“ zu lesen, doch an das ein oder andere damals Gelesene kann ich mich immer noch erinnern. ...

Ich weiß nicht mehr, wie ich vor einigen Jahren auf die Idee gekommen bin Immanuel Kants „Kritik der reinen Vernunft“ zu lesen, doch an das ein oder andere damals Gelesene kann ich mich immer noch erinnern. In diesem Jahr hätte Kant seinen 300. Geburtstag gefeiert. Er wurde am 22. April 1724 in Königsberg geboren. Pünktlich zu seinem Jubiläum erschien Ende Februar das neue Buch von Michael Lichtwarck-Aschoff: „Der Perückenmacher von Königsberg. Eine schwierige Freundschaft mit Immanuel Kant.“ Nachdem mir bereits Lichtwarck-Aschoffs „Als die Giraffe noch Liebhaber hatte“ sehr gefiel, habe ich mich nochmals in Kants Welt gewagt.

Michael Lichtwarck-Aschoff zeigt uns einen vielschichtigen Kant. „Der Perückenmacher von Königsberg“ ist ein Roman und eine wissenschaftlich fundierte Biographie. Mit viel Wissen zeigt uns der Autor sowohl Licht- als auch Schattenseiten des Philosophen. Eine seiner Facetten offenbart sich in seiner Freundschaft zu seinem (fiktiven) Perückenmacher.

„Aber in Kant wird allmählich ein Freundschaftsgefühl für Urgroßvater hochgestiegen sein, …“ (S.51)

Das Buch ist aus Sicht eines Nachkommen des Perückenmachers geschrieben. Er berichtet, dass sein Urgroßvater für eine Aussage zur Commission zitiert wurde, allerdings nicht wusste, wozu man ihn befragen wolle. Während des Wartens denkt er über das Leben in Königsberg, Perücken und eben über seine Bekanntschaft / Freundschaft zu Immanuel Kant nach. Er vermutet, dass es in dem Verhör um den vor kurzem im Hause Kants stattgefundenen Afrikanischen Abend gehen wird.

„Er wolle, sagte Urgroßvater, gewiss nicht, also ungeduldig möge seine Frage bitte nicht klingen oder, Gott behüte!, ungezogen. Aber falls sich eventuell schon absehen ließe, wann er vor der Commission erscheinen dürfe, vielleicht eine kleine Mitteilung, er säße hier seit, also wirklich nur gegebenenfalls.“ (Seite 161)

Durch die Gedanken des Urgroßvaters erfahren wir Leser viel über Kant und seine Ansichten. Einer der zentralen Punkte ist die Frage, ob man Immanuel Kant Rassismus vorwerfen kann. Eine Frage, deren Antwort uns Michael Lichtwarck-Aschoff nicht gibt. Er zeigt uns Kants Welt, aber auch die Zeit und Gesellschaft in der er sich bewegt hat. Wir Leser müssen uns selbst eine Meinung bilden. Eine kleine Hilfestellung mag dabei die zum Ende des Buches abgedruckte Vorlesung Kants über physische Geographie sein.

Für mich war „Der Perückenmacher von Königsberg“ eine interessante Lektüre, die sich gut lesen ließ, die ich allerdings dennoch nicht an einem Stück gelesen habe. Mit einer Unterbrechung von etwa 3 Wochen zur Mitte des Buches, habe ich für meine Verhältnisse relativ lang für die Lektüre gebraucht. Es sei aber betont, dass ich das Buch nach der Lesepause nicht deshalb wieder zur Hand genommen habe, weil ich musste, sondern weil ich wollte.

Mein Fazit: Michael Lichtwarck-Aschoffs Buch lässt sich sicher nicht so leicht nebenher lesen wie ein Unterhaltungsroman, aber ich würde es ebenso wenig als „schwierige“ Lektüre bezeichnen (leider finde ich keine bessere Bezeichnung, ich hoffe, ihr wisst, was ich meine). Wer Interesse an Immanuel Kant hat, der findet hier eine interessante Lektüre, die zum Nachdenken über den bekannten Philosophen anregt, aber selbst nicht wertet.

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