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Veröffentlicht am 08.11.2024

Hehe... mein Lesehighlight 2024!

Die Lungenschwimmprobe
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Worum geht’s?

Leipzig im Jahr 1681. Anna, ein junges Mädchen, wird beschuldigt, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Ein Verbrechen, das mit dem Tod bestraft wird.
Ein Arzt und ein Anwalt versuchen ...

Worum geht’s?

Leipzig im Jahr 1681. Anna, ein junges Mädchen, wird beschuldigt, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Ein Verbrechen, das mit dem Tod bestraft wird.
Ein Arzt und ein Anwalt versuchen mit für die damalige Zeit neuartigen Methoden wie der Lungenschwimmprobe und fortschrittlichen Ideen, Annas Unschuld zu beweisen und sie vor dem sicheren Tod zu bewahren. Ob es gelingt?

Wie war’s?

Ich sollte vielleicht vorab erwähnen, dass historische Romane so gar nicht mein Beuteschema sind.
Trotzdem hat mich der Grundgedanke, anhand der sogenannten Lungenschwimmprobe, die später in die Medizingeschichte eingehen sollte, zu beweisen, dass Anna die Wahrheit sagt, fasziniert, und ich wollte dem Buch unbedingt eine Chance geben.
Und ich wurde nicht enttäuscht und habe mich trotz der umfangreichen 700 Seiten nicht eine Sekunde gelangweilt.

Tore Renberg hat die damalige Zeit für mich lebendig werden lassen. Passenderweise durfte ich dieses Buch auf einer Rundreise durch Leipzig und Dresden lesen, was die historischen Orte für mich noch eindrucksvoller erlebbar gemacht hat.

Komplett hingerissen war ich von der Darstellung der verschiedenen Charaktere, allen voran Dr. Johann Schreyer, der erstmals eine Lungenschwimmprobe durchführt, und Dr. Christian Thomasius, der Rechtsanwalt mit dem Faible für gutes Essen, den wir quasi durchs gesamte Buch begleiten. Renberg hat ihn so gut beschrieben, dass ich oft das Gefühl hatte, direkt neben ihm zu sitzen.

»Er war das Neue.
Über seinem Kopf, davon gehe ich aus, stand eine sengende Sonne.
Manchen Menschen geht es so.« (S. 95).

Auch die Übersetzung von Karoline Hippe und Ina Kronenberger hat mir sehr gut gefallen, sie haben es geschafft, die damalige Zeit auch sprachlich erlebbar zu machen, ohne dass der Text irgendwie anstrengend oder schwierig zu lesen wird.

Einzig und allein bestimmte Szenen, wie z. B. der spätere Rachefeldzug von Hans Heinrich Voigt, Annas Vater, der das Unrecht, das seiner Tochter angetan wurde, rächen will, waren manchmal schwer zu ertragen, was unter anderem natürlich der sehr bildhaften Sprache geschuldet ist, bei der sofort ein Film vor dem inneren Auge abläuft. Aber alles passt, ist stimmig und sicherlich für die damalige Zeit auch authentisch.


Fazit

Ich habe es nicht bereut, mich diesem dicken Wälzer gestellt zu haben, von mir volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung! Ein Buch, bei dem man nach der letzten Seite so traurig ist, als hätte man einen treuen Wegbegleiter verloren.

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Veröffentlicht am 11.10.2024

Ein Sommer auf Identitätssuche

Juli, August, September
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Worum geht’s?

Lou hat’s nicht leicht. Den Job als Galeristin hat sie nach einem Schicksalsschlag vorübergehend an den Nagel gehängt, eigentlich will sie ein Buch schreiben, treibt aber orientierungslos ...

Worum geht’s?

Lou hat’s nicht leicht. Den Job als Galeristin hat sie nach einem Schicksalsschlag vorübergehend an den Nagel gehängt, eigentlich will sie ein Buch schreiben, treibt aber orientierungslos dahin und verbringt viel Zeit mit ihrer kleinen Tochter Rosa. Sergej, ihr zweiter Ehemann, ist Pianist und jüdisch, genau wie sie. Eine ganz normale Familie in Berlin. Bis Lou einer Einladung zum 90. Geburtstag ihrer Tante folgt, die auf Gran Canaria feiert. Plötzlich wieder mit dem alten ex-sowjetischen Clan aus Israel konfrontiert, der sich dort trifft, wächst in ihr das Bedürfnis nach einer Identitätssuche. Sie stellt ihre Ehe in Frage, sinniert über ihre Familiengeschichte und landet schließlich unverhofft in Israel, um den drängenden Fragen auf den Grund zu gehen.

Wie war’s?

Ein Buch, das ich innerhalb weniger Tage verschlungen habe. Prinzipiell habe ich mich gut unterhalten gefühlt, auch wenn mir nicht so richtig klar ist, worauf die Autorin mit ihrer Geschichte nun eigentlich hinauswollte.
Gut nachvollziehbar waren für mich Lous Probleme mit ihrem Mann, ich kann mir gut vorstellen, dass das Leben mit einem Künstler, der sozusagen in seiner eigenen Welt lebt, nicht einfach ist. Auch die Beziehung zu ihrer Mutter und ungeliebten Schwiegermutter wurde sehr glaubhaft dargestellt. Die Buschtrommeln, mit denen die Gerüchte über Lou in ihrer Familie die Runde machen, haben mich oft zum Lächeln gebracht. An einem bestimmten Punkt scheint die Scheidung schon fast beschlossene Sache zu sein, obwohl von Lous Seite davon niemals die Rede war.
Weniger gelungen fand ich den Handlungsstrang rund um ihre Tante Maya und deren verstorbene Schwester Rosa. Was genau war die Message dahinter? Dass in keiner Familie die Dinge so sind, wie sie zu sein scheinen? Dass es immer mehrere Wahrheiten hinter einer Geschichte gibt?

Fazit

Da sich das Buch flüssig liest und man sich beim Lesen gut unterhalten fühlt, vergebe ich gerne 3 Sterne, auch wenn die Handlung bei mir so einige Fragen offen gelassen hat.

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Veröffentlicht am 05.10.2024

Neue Ehefrauen braucht das Land!

La Louisiane
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Worum geht’s?

1720. Die französische Kolonie La Louisiane braucht dringend neue Ehefrauen, die den Fortbestand der Kolonie sichern. In der Pariser Salpêtrière erhält Superiorin Marguerite deshalb den ...

Worum geht’s?

1720. Die französische Kolonie La Louisiane braucht dringend neue Ehefrauen, die den Fortbestand der Kolonie sichern. In der Pariser Salpêtrière erhält Superiorin Marguerite deshalb den Auftrag, eine Liste mit 90 Frauen zusammenzustellen, die mehr oder weniger freiwillig an Bord der La Baleine gehen und die beschwerliche Reise in die Kolonie antreten sollen.

Wir begleiten Charlotte, eine junge Waise, Geneviève, eine verurteilte Engelmacherin und Pétronille, eine Tochter aus besserem Hause, deren Gesicht von einem großen Muttermal entstellt ist und die alle, ob sie nun wollen oder nicht, auf der ominösen Liste landen, bei den Reisevorbereitungen, der beschwerlichen, langen Reise in ein neues Land und Leben, dem Verheiratet-Werden mit ihnen völlig unbekannten Männern und ihrer Zukunft in den USA.

Wie war’s?

Witzigerweise hat jemand in einer anderen Rezension geschrieben, die ersten 150 Seiten müssen man irgendwie „durchstehen“, danach würde es besser. Mir ging es nun genau umgekehrt. Ich war geflasht von der Leseprobe, habe mich riesig auf das Buch gefreut und bin auch voller Enthusiasmus in den ersten Teil gestartet.

Gerade die Beschreibung der Salpêtrière, der Stimmung in Paris, die meiner Meinung nach sehr gut eingefangen wurde, haben mir richtig gut gefallen. In diesem ersten Teil konnte ich mich noch mit der einen oder anderen der Frauen identifizieren, habe gespannt mitgefiebert, wie es nun mit ihnen weitergeht.

Und ziemlich genau nach diesem Teil ist dieser Lesefluss bei mir extrem gekippt. Die Autorin verliert sich in ziemlich langatmigen Landschaftsbeschreibungen, extrem konstruiert wirkenden Metaphern, der Text wirkt auf mich künstlich aufgeblasen und in die Länge gezogen, und durch das ständige Hin- und Herspringen zwischen den einzelnen Frauen kam ich irgendwann auch komplett durcheinander, zumal es sehr viele Namen und Nebenpersonen gibt, von denen man gar nicht weiß, ob sie irgendwann wichtig werden oder nicht. Alles in allem war bei mir nach 300 Seiten einfach die Luft raus und ich habe die Lektüre daher vorzeitig beendet.

Fazit

Packender Anfang, ein interessantes Stück vergessener Geschichte, aber der Stil hat mir in dem Fall ein „Durchhalten“ bis zur letzten Seite unmöglich gemacht. Die erste Leseenttäuschung 2024 und tatsächlich das erste Buch dieses Jahr, das ich leider nicht zu Ende lesen möchte.

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Veröffentlicht am 24.09.2024

Wer ist hier das wahre Monster?

Kleine Monster
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Worum geht’s?

Pia, Jakob und Luca, ihr sechsjähriger Sohn – eine glückliche kleine Familie. Bis sich die Grundschule mit einem unglaublichen Vorwurf meldet, den die Eltern kaum fassen können. Ab diesem ...

Worum geht’s?

Pia, Jakob und Luca, ihr sechsjähriger Sohn – eine glückliche kleine Familie. Bis sich die Grundschule mit einem unglaublichen Vorwurf meldet, den die Eltern kaum fassen können. Ab diesem Tag sieht Pia ihren Sohn mit anderen Augen. Ist er wirklich der süße, kleine Unschuldsengel oder ein hinterlistiges kleines Monster? Was genau ist in der Schule vorgefallen? Und wie hängt das alles mit Pias eigener Kindheit, dem tragischen Verlust ihrer jüngsten Schwester und dem Verhältnis zu ihrer Adoptivschwester zusammen, zu der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hat?

Wie war’s?

Dieses Buch habe ich innerhalb von zwei Tagen förmlich verschlungen. Jessica Lind versteht es, sehr geschickt Gegenwart und Vergangenheit miteinander zu verweben.

Auf der einen Seite Pia, die plötzlich einen ganz anderen Blick auf ihren Sohn bekommt, deren Verunsicherung von Tag zu Tag immer größer wird. Die Fassade der heilen Welt, die schnell erste Risse bekommt, als Pia und Jakob sofort aus der WhatsApp-Gruppe der Eltern ausgeschlossen werden, nachdem der Vorwurf gegen Luca offen auf dem Tisch liegt.

Auf der anderen Seite Pias Kindheit mit dem tragischen Tod ihrer kleinen Schwester Linda, ein Tag, ab dem sich ihr Leben von Grund auf geändert hat. Die ungeklärte Frage, ob ihre Adoptivschwester Romi möglicherweise was damit zu tun hatte. Das jahrelange Todschweigen innerhalb der Familie, die eigene Mutter, die Pia und Romi mit Verboten schikaniert und sich vor allem Romi gegenüber sehr grausam verhält.

Und schließlich auf dem Höhepunkt des Spannungsbogens die Frage, wie weit Pia selbst bereit wäre zu gehen, um die Wahrheit aus Luca herauszuholen. Hier ist mir schon die eine oder andere Gänsehaut über den Rücken gelaufen.

Fazit

Auch wenn mir Pia als eigentlich Protagonistin dieser Geschichte oft sehr unsympathisch war (deshalb auch die Frage eingangs, wer hier das wahre Monster ist), habe ich mich von dieser sehr geschickt aufgebauten Story bestens unterhalten gefühlt und empfehle sie gerne weiter.

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Veröffentlicht am 23.09.2024

Ein Buch, das jedem von uns einen Spiegel vorhält

Als wir Schwäne waren
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Worum geht’s?

Reza, im Iran geboren, kommt im Alter von 9 Jahren mit seinen Eltern nach Deutschland. »Als wir Schwäne waren« erzählt die Geschichte einer Kindheit zwischen zwei Stühlen in den siebziger ...

Worum geht’s?

Reza, im Iran geboren, kommt im Alter von 9 Jahren mit seinen Eltern nach Deutschland. »Als wir Schwäne waren« erzählt die Geschichte einer Kindheit zwischen zwei Stühlen in den siebziger Jahren im Ruhrgebiet.

Wie war’s?

Vorab, das ist kein einfaches Buch. Ein Werk, das uns alle zum Nachdenken anregen sollte, wie wir mit dem Thema Migration, Integration und den Menschen umgehen, die zu uns nach Deutschland kommen.

Spannend geschildert fand ich vor allem den Spagat zwischen der Lebenswirklichkeit der Eltern, die sich gedanklich noch voll im Iran abspielt (»Sie kennen den Mullah, der im Fernsehen behauptet, Frauen, die keine Büstenhalter tragen, verursachen Erdbeben. Oder Gespräche von Geistlichen, bei denen es um die Frage geht, ob ein Kind haram ist, wenn sein Erzeuger bei einem Unfall auf die eigene Tante gefallen ist und sie dabei versehentlich geschwängert hat«).

Und als krassen Gegensatz dazu die Kindheit in der deutschen Siedlung, zwischen den Versprechungen des Kabelfernsehens, den Ostermärschen, einer regelrechten Hierarchie zwischen den verschiedenen Lagern, in der beispielsweise die Roma nochmal eine Stufe unter den Iranern stehen und noch »schlimmer« scheinen als alle anderen.

Den Bemühungen der Eltern, dieses Deutschland zu verstehen, die Sprache, die Schuhe, die dem Vater nicht passen, der Wassermelone, die nicht schmeckt. Und wie all ihre Versuche, hier eine Heimat zu finden, am Ende doch scheitern.

Beeindruckend war vor allem Rezas Weg, der anfangs wie seine Freunde immer mehr auf die schiefe Bahn zu geraten droht und irgendwann doch beschließt, sich zusammenzureißen und »Meter zu machen«.

Fazit

Ein Buch, das aktueller kaum sein könnte. Wie verhalten wir uns selbst dem Andersartigen gegenüber und was könnten wir besser machen? Beeindruckend die Szene, in der Reza mit seiner Mutter Kornelkirschen pflückt, die die allermeisten in Deutschland für giftig halten. Viele Leute gehen vorbei, bis sie irgendwann eine Frau darauf anspricht. Der Vater fragt sich später, warum denn die anderen nichts gesagt hätten. Ja, warum eigentlich? Hier habe ich mich beim Lesen an die eigene Nase gefasst und gefragt, ob ich was gesagt hätte. Ehrlicherweise muss ich zugeben, wahrscheinlich nicht. Ein Buch, das mich nachdenklich gemacht hat und eine unbedingte Leseempfehlung.

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