Cover-Bild Die Lungenschwimmprobe
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26,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Luchterhand
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 704
  • Ersterscheinung: 23.10.2024
  • ISBN: 9783630877778
Tore Renberg

Die Lungenschwimmprobe

Verteidigung einer jungen Frau, die des Kindsmords bezichtigt wurde - Roman
Ina Kronenberger (Übersetzer), Karoline Hippe (Übersetzer)

Leipzig/Sachsen, im Jahre 1681: die fünfzehnjährige Anna Voigt steht vor Gericht, sie soll ihr neugeborenes Baby getötet haben. Die Obrigkeit will sie verurteilt sehen, es droht ihr der Tod - wie vielen anderen Mädchen und Frauen in dieser Zeit, die des gleichen Verbrechens bezichtigt werden. Aber dieser Fall ist anders: Sie hat nicht nur einen mächtigen Vater, der sich für sie einsetzt. Sondern es findet sich auch ein Arzt, der etwas spektakulär Neues wagt und ein wissenschaftliches Verfahren entwickelt, das in die Medizingeschichte als "Lungenschwimmprobe" eingehen wird. Durch dieses soll nachgewiesen werden, dass es tatsächlich eine Totgeburt war, wie Anna hartnäckig versichert, und kein Mord. Kann sie gerettet werden?

In Renbergs brillantem historischen Roman folgen wir dieser Geschichte durch die Augen verschiedener, unverwechselbarer, historisch belegter Charaktere – da ist der Arzt, der sich der Wissenschaft verpflichtet fühlt und das Neugeborene untersucht; da ist der kontroverse und progressive Anwalt, der sich entscheidet, diesen nahezu aussichtslosen Fall zu übernehmen; und da ist Annas Vater, ein wohlhabender, einflußreicher Mann, der sich sofort auf die Seite seiner jungen Tochter schlägt und alles daran setzt, damit ihr Gerechtigkeit widerfährt, dessen Hass auf ihre Widersacher so groß ist, dass er sich schon bald auf einen unerbittlichen Rachefeldzug begibt. Demgegenüber stehen die Köchin aus seinem Haushalt, die gegen Anna aussagt - und vor allem der erbarmungslose Ankläger, der das Mädchen durch grausame Folter zum Geständnis bringen will. Inmitten all dessen befindet sich die blutjunge Anna, verzweifelt und verängstigt, aber standhaft in ihrem Beharren darauf, unschuldig zu sein.

Die Lungenschwimmprobe ist ein packender historischer Roman über das Zusammenprallen zweier Welten: die Ausläufer des Mittelalters treffen auf die ersten Ansätze der frühen Aufklärung, dies alles vor dem dramatischen Hintergrund einer barocken Lebenswelt - basierend auf wahren Begebenheiten, die der Autor akribisch recherchiert hat, die Lungenschwimmprobe selbst gilt als Beginn der modernen Rechtsmedizin.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.11.2024

Hehe... mein Lesehighlight 2024!

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Worum geht’s?

Leipzig im Jahr 1681. Anna, ein junges Mädchen, wird beschuldigt, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Ein Verbrechen, das mit dem Tod bestraft wird.
Ein Arzt und ein Anwalt versuchen ...

Worum geht’s?

Leipzig im Jahr 1681. Anna, ein junges Mädchen, wird beschuldigt, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Ein Verbrechen, das mit dem Tod bestraft wird.
Ein Arzt und ein Anwalt versuchen mit für die damalige Zeit neuartigen Methoden wie der Lungenschwimmprobe und fortschrittlichen Ideen, Annas Unschuld zu beweisen und sie vor dem sicheren Tod zu bewahren. Ob es gelingt?

Wie war’s?

Ich sollte vielleicht vorab erwähnen, dass historische Romane so gar nicht mein Beuteschema sind.
Trotzdem hat mich der Grundgedanke, anhand der sogenannten Lungenschwimmprobe, die später in die Medizingeschichte eingehen sollte, zu beweisen, dass Anna die Wahrheit sagt, fasziniert, und ich wollte dem Buch unbedingt eine Chance geben.
Und ich wurde nicht enttäuscht und habe mich trotz der umfangreichen 700 Seiten nicht eine Sekunde gelangweilt.

Tore Renberg hat die damalige Zeit für mich lebendig werden lassen. Passenderweise durfte ich dieses Buch auf einer Rundreise durch Leipzig und Dresden lesen, was die historischen Orte für mich noch eindrucksvoller erlebbar gemacht hat.

Komplett hingerissen war ich von der Darstellung der verschiedenen Charaktere, allen voran Dr. Johann Schreyer, der erstmals eine Lungenschwimmprobe durchführt, und Dr. Christian Thomasius, der Rechtsanwalt mit dem Faible für gutes Essen, den wir quasi durchs gesamte Buch begleiten. Renberg hat ihn so gut beschrieben, dass ich oft das Gefühl hatte, direkt neben ihm zu sitzen.

»Er war das Neue.
Über seinem Kopf, davon gehe ich aus, stand eine sengende Sonne.
Manchen Menschen geht es so.« (S. 95).

Auch die Übersetzung von Karoline Hippe und Ina Kronenberger hat mir sehr gut gefallen, sie haben es geschafft, die damalige Zeit auch sprachlich erlebbar zu machen, ohne dass der Text irgendwie anstrengend oder schwierig zu lesen wird.

Einzig und allein bestimmte Szenen, wie z. B. der spätere Rachefeldzug von Hans Heinrich Voigt, Annas Vater, der das Unrecht, das seiner Tochter angetan wurde, rächen will, waren manchmal schwer zu ertragen, was unter anderem natürlich der sehr bildhaften Sprache geschuldet ist, bei der sofort ein Film vor dem inneren Auge abläuft. Aber alles passt, ist stimmig und sicherlich für die damalige Zeit auch authentisch.


Fazit

Ich habe es nicht bereut, mich diesem dicken Wälzer gestellt zu haben, von mir volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung! Ein Buch, bei dem man nach der letzten Seite so traurig ist, als hätte man einen treuen Wegbegleiter verloren.

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Veröffentlicht am 06.11.2024

Der Beginn der modernen Rechtsmedizin

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Der Norweger Tore Renberg hat mit „Die Lungenschwimmprobe“ einen historischen Roman über Rechtsmedizin vorgelegt, dem ein wahrer Fall zugrunde liegt. In seiner Nachschrift benennt er zwei Hauptquellen, ...

Der Norweger Tore Renberg hat mit „Die Lungenschwimmprobe“ einen historischen Roman über Rechtsmedizin vorgelegt, dem ein wahrer Fall zugrunde liegt. In seiner Nachschrift benennt er zwei Hauptquellen, die es ihm ermöglicht haben, den Fall Anna Voigt in den Mittelpunkt des Romans zu stellen. Es sind dies Christian Thomasius, seines Zeichens privat praktizierender Rechtsanwalt zu Leipzig, der in seinen 1720 erschienenen „Erinnerungen über allerhand auserlesene Juristische Händel“ über Anna Voigts Fall berichtet und Johannes Schreyer und seiner 1690 veröffentlichten Schrift über die Lungenschwimmprobe. Der Autor hat sich auch anderer Schriften bedient, die er nicht unerwähnt lässt. Auch lässt er so manch historische Figur auferstehen, neben den bereits benannten Personen ist es unter anderem auch der Leipziger Scharfrichter Christoph Heintze, dem wir hier umständehalber immer wieder begegnen. Und – wie es ein Roman so an sich hat, ist zuweilen auch Fiktion im Spiel.

Wir sind in Sachsen im Jahre 1681. Die 15jährige Anna wird beschuldigt, ihr Neugeborenes getötet zu haben. Amtmann Abraham Walther geht von einem vorsätzlichen Tötungsdelikt aus, der Mediziner und Wissenschaftler Johannes Schreyer wird gemäß amtlicher Anordnung zur Inspektion einer Leiche gerufen. „Wir haben es hier mit einer dieser ewigen Kindsmörderinnen zu tun“ meint der Amtmann zu wissen. Der kleine Körper weist Stichwunden auf, Blut jedoch ist nicht zu sehen. Schreyer ist skeptisch, der wendet zur Sicherheit eine neue Methode an - die Lungenschwimmprobe. Dabei wird die Schwimmfähigkeit der Lunge des Neugeborenen im Wasser überprüft. Sinkt diese, hat es nie geatmet, es war also eine Totgeburt. Schwimmt sie oben, so ist bereits Luft in den Lungenbläschen, was auf ein Atmen nach der Geburt schließen lässt. Schreyers Verfahrensweise begründet den Beginn der modernen Rechtsmedizin. Zu Annas Zeiten war die Lungenschwimmprobe Neuland, bleibt die Frage, ob dieser Umstand die minderjährige Anna Voigt gerettet hat.

Da dieser Roman im 17. Jahrhundert angesiedelt ist, war die Sprache für heutige Ohren doch etwas sperrig. Sie wurde unserem Empfinden angepasst, mit eingeflossen sind zeittypische Gepflogenheiten, Redewendungen und ähnliches. Der Roman ist so viel mehr als „nur“ der Fall Anna Voigt, die wir über quälende sechs Jahre begleiten und dabei tief in diese Zeit eintauchen.

Renberg lässt historischen Figuren lebendig werden, er blickt in die Gesellschaft, man spürt die Diskrepanz zwischen den einfachen Leuten und denen da oben, lässt religiösen Fanatismus ebenso mit einfließen wie unter vielem anderen auch Foltermethoden und erwähnt dabei die Constitutio Criminalis Carolina, kurz Carolina, die als erstes allgemeines deutsches Strafgesetzbuch gilt und auf Karl V zurückgeht. Eine Hinrichtung war anno dazumal ein gar schauriges Ereignis, das die Menschen anzog. Tore Renberg lässt seine Leserschaft nicht nur an diesem schauderhaften Akt teilhaben, er benennt auch die zuvor angewandten Foltermethoden, die dazu angetan waren, den Angeklagten zum Reden zu bringen. Danach hat gar manch Unschuldiger lieber gestanden und dem nahen Tod ins Auge geblickt.

Unterteilt ist dieser historische Roman in sechs Bücher, die den Kapiteln vorangestellt einen ersten Eindruck über den Inhalt vermitteln. Am Ende des Buches dann findet man den QR-Code mit einem ausführlichen Register der historischen Personen, historischen Karten und Illustrationen sowie einem Literatur- und Quellenverzeichnis. Das umfangreiche, bestens recherchierte Werk liest sich trotz der gerade anfangs ein wenig gewöhnungsbedürftigen Sprache bald relativ flüssig. Um den Fall Anna Voigt entspinnt sich ein facettenreiches Bild über die Anfänge der modernen Rechtsmedizin. Ein lesenswertes Buch, für das man sich jedoch die dafür notwendige Zeit nehmen sollte.

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Veröffentlicht am 04.11.2024

Vorboten einer neuen Zeit

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Während meiner Norwegen-Reise im Sommer 2024 stand ein Buch im Schaufenster nahezu jeder Buchhandlung: "Lungeflyteprøven" von Tore Renberg, erschienen 2023, geschmückt mit durchgängig sechs Punkten auf ...

Während meiner Norwegen-Reise im Sommer 2024 stand ein Buch im Schaufenster nahezu jeder Buchhandlung: "Lungeflyteprøven" von Tore Renberg, erschienen 2023, geschmückt mit durchgängig sechs Punkten auf dem Wertungswürfel bedeutender Feuilletons und monatelang auf der nationalen Bestsellerliste. Nun ist der historische Roman des in Norwegen sehr bekannten Autors, der in Sachsen im ausgehenden 17. Jahrhundert spielt, von Karoline Hippe und Ina Kronenberger fein ausbalanciert zwischen Lesbarkeit und Barockflair auf Deutsch erschienen.

Die Carolina
1681: Das finstere Mittelalter ist vorbei, die Epoche des Hochbarocks jedoch kaum weniger grausam. Noch schmerzen die Wunden des 30-jährigen Kriegs und der Pest, die Macht liegt bei Adel und Klerus. Seit 1532 gilt die Constitutio Criminalis Carolina, das Straf- und Prozessrecht Kaiser Karls V. Diese sieht für Kindsmörderinnen Tod durch lebendiges Begraben, Pfählen oder Ertränken vor, bei Fehlen des unabdingbaren Geständnisses die Folter.

„Verteidigung einer jungen Frau, die des Kindsmords bezichtigt wurde“
Der Untertitel erklärt, worum es in Tore Renbergs 700 Seiten umfassendem Roman geht, zu dem ein 46-seitiger Anhang online verfügbar ist. Im Oktober 1681 brachte die 15-jährige Gutsbesitzertochter Anna Voigt auf Gut Greitschütz am Westufer der Weißen Elster nahe Leipzig ein uneheliches Kind tot zur Welt, ohne dass sie oder ihre Eltern von der Schwangerschaft wussten. Angezeigt von Hausangestellten, die die von Annas Mutter vergrabene Säuglingsleiche fanden, kam der Fall zum Pegauer Amtmann, dem der nicht-adelige Gutsbesitzer und Parvenü Hans Heinrich Voigt schon lange nicht behagte.

Unter den nicht seltenen Fällen angeklagter Kindsmörderinnen sticht der Fall Anna Voigt vor allem aus drei Gründen hervor: Bei der Obduktion der Säuglingsleiche war der angesehene Stadtphysikus von Zeitz, Johannes Schreyer (1631 – 1694) zugegen, der mit dem später nach ihm benannten forensischen Verfahren der Lungenschwimmprobe nachwies, dass es sich um eine Totgeburt handelte:

"Dass derselbe Tag auch den Beginn der modernen Gerichtsmedizin begründen würde, sollte Schreyer nie erfahren." (S. 60)

Außergewöhnlich war auch, dass Annas Vater die finanziellen Mittel und den Willen besaß, einen begabten, kämpferischen jungen Verteidiger zu beauftragen: Christian Thomasius (1655 – 1728). Dieser unbeugsame Rechtsgelehrte, Sohn des Leiters der Leipziger Thomasschule, der seine Heimatstadt später verlassen musste und Mitbegründer der juristischen Fakultät der Universität Halle wurde, scheute nie den gefährlichen Konflikt mit verborten Klerikern oder universitären Blockierern und war sofort von der Bedeutung der Lungenschwimmprobe elektrisiert:

"Sobald ein Wissenschaftler mit frischen Gedanken Licht ins Dunkel brachte, kamen die Traditionalisten und verdunkelten wieder alles, sie riefen Ketzer und Atheist, insbesondere in Leipzig, das gerade erst mit Mühe und Not begonnen hatte, ein paar Lichtstrahlen hereinzulassen." (S. 125)

Die dritte Besonderheit war die jahrelange Dauer des für alle Beteiligten grauenvollen Verfahrens.

Ein außergewöhnlicher Historienroman
Tore Renberg hat für seinen ersten historischen Roman fünfeinhalb Jahre lang umfassend recherchiert, oft vor Ort, unterstützt von Experten und Expertinnen verschiedener Disziplinen und weit über den eigentlichen Fall hinaus. Hauptquellen waren die umfangreichen Originalschriften von Johannes Schreyer und Christian Thomasius, ergänzt durch schriftstellerische Fantasie, die sich aus spürbar tiefem Eintauchen in die Zeit und Empathie für die Hauptfiguren bis hin zur Leipziger Scharfrichterfamilie speist. Das Ergebnis hat mich begeistert. "Die Lungenschwimmprobe" nutzt die Geschichte nicht – wie gängige Historienschmöker – als Hintergrundkulisse für Liebesdramen, Ränkespiele und Heldenabenteuer. Vielmehr liest man ein detailreiches, multiperspektivisch erzähltes Gesellschaftspanorama, in dem sogar der Autor selbst über sein Schreiben berichtet.

Am Ende hat man auf ebenso unterhaltsame wie lehrreiche Weise viel über die Gerichtsbarkeit des 17. Jahrhunderts und die Vorboten der Aufklärung am konkreten Beispiel eines tragischen Frauenschicksals erfahren – mit durchaus aktuellen Bezügen zu Wissenschaftsskepsis und Faktenleugnung heute.

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Veröffentlicht am 03.11.2024

Grandioser Roman um Medizin, Recht und Rechtsprechung im Zeitalter der Aufklärung

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Wir befinden uns im Zeitalter der Aufklärung, doch die Schrecken des vergangenen Krieges sind fest im Bewusstsein der Bevölkerung verankert. Der Ruf einer Person entscheidet über Gedeih und Verderben der ...

Wir befinden uns im Zeitalter der Aufklärung, doch die Schrecken des vergangenen Krieges sind fest im Bewusstsein der Bevölkerung verankert. Der Ruf einer Person entscheidet über Gedeih und Verderben der gesamten Familie. Die junge Anna wird beschuldigt, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Sie selbst schwört, es sei zum Zeitpunkt der Geburt bereits tot gewesen. Persönliche Rivalitäten des Vaters der Beschuldigten, ein neuartiges medizinisches Verfahren und der ehrgeizige junge Verteidigungsanwalt, dessen Neuerungsgedanken nicht jedem behagen, wirken auf den Fall ein und machen aus diesem mehr als einen der vielen vergessenen Kindsmordprozesse jener Zeit.
Es handelt sich bei dem Roman um keinen historischen Krimi. Vielmehr ist es eine Rekonstruktion des Prozesses und der daran beteiligten Personen. Der Autor nimmt dabei eine ambivalente Stellung ein, einerseits weiß er mehr über den Fortgang und die Ereignisse der kommenden Jahre als die Figuren, andererseits gibt er die Grenzen seines Wissens offen zu. Denn viele der Details sind uns heute nicht mehr zugänglich, da sie schlichtweg von den Beteiligten nicht überliefert wurden. Der Autor vermengt deshalb Fakt und Fiktion und steht offen dazu. Spannend und intensiv wird das jahrelange Ringen um das Schicksal der vermuteten Kindsmörderin geschildert. U.a. sprachliche Konstrukte des 17. Jahrhunderts und der Wechsel zwischen langen und kurzen Kapiteln schaffen einen stets fesselnden Lesefluss und tragen zur Vermittlung der beklemmenden Atmosphäre bei. Man bekommt ein gutes Gespür für den historischen Bewegungsraum der Figuren. Die Dialoge und Marotten der Charaktere sprühen demgegenüber vor Leben.
Am Ende des Buches ist ein QR-Code bzw. ein Link, der zu einer Datei führt in der die verwendete Sekundärliteratur, ein Namensverzeichnis historischer Personen und Abbildungen zu finden sind. Angesichts der Länge des Buches ist verständlich, weshalb der Verlag dies nicht mit in den Roman aufgenommen hat und ich finde es wirklich klasse, dass ich und andere Interessierte so einen Blick auf die Quellen werfen können. Außerdem wird meiner Meinung nach zum Verständnis des Romans ohnehin kein Namensverzeichnis benötigt, da die Anzahl der relevanten Personen doch relativ gering ist. Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, im Nachwort auf die Fehlerrate der Lungenschwimmprobe genauer einzugehen.
Alles in allem ein einzigartiger Roman, vorbildlich recherchiert und mit Fingerspitzengefühl und Herzblut geschrieben. Sehr zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 29.10.2024

Kindsmord? Packender historischer Roman

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Der Schreibstil von Tore Renberg gefällt mir sehr gut, ist flüssig und packend mit einer anspruchsvollen barocken Sprache.

Der Einstieg mit dem Prolog ist gelungen. Der Roman basiert auf wahren Begebenheiten ...

Der Schreibstil von Tore Renberg gefällt mir sehr gut, ist flüssig und packend mit einer anspruchsvollen barocken Sprache.

Der Einstieg mit dem Prolog ist gelungen. Der Roman basiert auf wahren Begebenheiten eines Gerichtsprozesses.

Leipzig im Jahr 1681: Die 15-jährige Anna Voigt, Tochter eines Gutsbesitzers, soll ihr neugeborenes Kind getötet und im Garten vergraben haben. Sie soll als Kindsmörderin zum Tode verurteilt werden. Anna beteuert bis zuletzt ihre Unschuld.
Ihr Vater wendet sich an den jungen Anwalt Christian Thomasius. Dieser nimmt Kontakt zu dem Arzt Dr. Schreyer auf. Dr. Schreyer hat erstmals ein neues Verfahren gewagt, die "Lungenschwimmprobe", um damit nachzuweisen, dass es tatsächlich eine Totgeburt war und sie deshalb keine Kindsmörderin sein kann. Aber dieses Verfahren ist zu der Zeit sehr umstritten.

Ein außergewöhnliches Thema für einen Roman. Die tragische Geschichte hat mich in den Bann gezogen und gefesselt. Die Schilderungen der verschiedenen grausamen Todesstrafen und brutalen Foltermethoden lassen einen schaudern.

Ein packender dramatischer Historischer Roman. Eine Lektüre, die einem unter die Haut geht. Der Roman ist von Tore Renberg akribisch detailliert recherchiert. Die Lungenschwimmprobe wurde später in der modernen Rechtsmedizin anerkannt.

Über einen Link bzw. QR-Code bekommt man einen ausführlichen Anhang (46 Seiten) über die historischen Personen, Karten/Illustrationen sowie Quellen- und Literaturverzeichnis.

Sehr empfehlenswert.

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