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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.10.2023

Herausragend, intensiv, düster und mitreißend

Die Erfindung des Lächelns
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Was geschah wirklich, als die Mona Lisa 1911 aus dem Louvre gestohlen wurde und ganze zwei Jahre verschwunden war?
Dieser Frage widmet sich Tom Hillenbrand und hat mit Die Erfindung des Lächelns einen ...

Was geschah wirklich, als die Mona Lisa 1911 aus dem Louvre gestohlen wurde und ganze zwei Jahre verschwunden war?
Dieser Frage widmet sich Tom Hillenbrand und hat mit Die Erfindung des Lächelns einen Roman erschaffen, der auf dem hauchdünnen Grad zwischen Fiktion und Wirklichkeit wandelt.

Defacto weiß man bis heute nicht sicher, was sich genau in diesen zwei Jahren abgespielt hat und wo das Gemälde die ganze Zeit gewesen ist. Das bietet natürlich Raum für Spekulationen und hier wurde eine fantastische Geschichte à la wie es sich zugetragen haben könnte gesponnen. Wir lernen mit der Bonnot-Bande eine Gruppe Anarchisten kennen, die beiden Freunde Pablo Picasso und Guillaume Apollinaire, die zu Verdächtigen der Polizei werden, sowie Isadora Ducan und Aleister Crowley, die eine schaurige Portion Okkultismus in die Geschichte einbringen. Allesamt reale Personen, die durch ein raffiniertes Geflecht in eine fiktive Handlung eingebunden sind.

Es sind viele Personen und Schauplätze vertreten, die sich allerdings zum Schluss alle in ein schlüssiges Bild fügen. Wie immer hängen die Handlungsstränge zusammen und auch wenn man weiß, dass die Mona Lisa seit dem Diebstahl wieder im Louvre hängt, so sehr wird man von der Geschichte in den Bann gezogen, dass das bekannte Ende in keiner Weise die Spannung nimmt. Die vielen Namen (zu allem Überfluss haben die Anarchisten auch alle noch Pseudonyme) und Ausdrücke sind zwar heraus-, aber nicht überfordernd.

Mir hat es total gut gefallen mal wieder im Paris der Belle Époche zu weilen, Künstler und Persönlichkeiten dieser Zeit zu erleben und in die Kunst- und Anarchistenszene, die man zugegebenermaßen nicht unbedingt in einem gemeinsamen Buch erwarten würde, einzutauchen. Für alle Kunstinteressierte und Fans von gehobenen Historienromanen eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 21.09.2023

Drei Frauen, die sich in einer Männerwelt behaupten: mitreißend und feministisch

Sturmlichter
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Torie will Ingenieurin werden, Clarissa Künstlerin und Mia Ärztin - und das in einer Zeit, in der die Welt von Männern dominiert und Frauen als nicht leistungsfähig degradiert wurden. Ihnen drei ist gemein, ...

Torie will Ingenieurin werden, Clarissa Künstlerin und Mia Ärztin - und das in einer Zeit, in der die Welt von Männern dominiert und Frauen als nicht leistungsfähig degradiert wurden. Ihnen drei ist gemein, dass sie sich diesem Patriarchat nicht unterwerfen wollen und alles dafür tun ihre Träume zu verwirklichen.
Ich möchte gar nicht so sehr auf den genauen Inhalt eingehen, da im Klappentext schon verraten wird, wie sich die Wege der drei Frauen entwickeln.

Was sich als roter Faden durch das Buch zieht ist die grundlegend feministische Haltung und die Tatsache, dass sich die allermeisten, wie immer im Leben gibt es auch hier Ausnahmen, weiblichen Charaktere untereinander bedingungslos unterstützen. Das war für mich neu für einen historischen Roman. Wo mich die Art und Weise der Geschichte und Erzählung stark an Ken Follett erinnert hat, so hebt sich das Buch in diesem Punkt sehr stark zum positiven dahingehend ab. Überaus gut gefallen hat mir beispielsweise die Verknüpfung von Mia mit Rosa Luxemburg und der Arbeiterbewegung; es kommt für meinen Geschmack sogar leider viel kurz. Allgemein ist Mias Anteil an der Geschichte sehr konzentriert, der Fokus liegt eindeutig auf Torie. Ihr Lebensweg ist auch super spannend und hier haben wir es schon richtiggehend mit einem Abenteuerroman zu tun, aber ein bisschen mehr Ausgewogenheit zwischen den drei Frauen hätte die Geschichte etwas runder gemacht. Für mich persönlich ist Clarissas Geschichte die mitreißendste, weil sie sich in der Künstlerszene rund um Franz Marc und den Blauen Reiter bewegt, was mich vollends abgeholt hat.

Es gibt eine Sache, die mir ein bisschen aufgestoßen ist. Ich frage mich ernsthaft, wer diesen Klappentext verfasst hat. Ich habe schon angesprochen, dass er einfach zu viel von der Handlung vorwegnimmt (ich meine es nimmt doch jegliche Spannung, wenn ich schon beim Klappentext lesen weiß, wie es ausgeht!) zum anderen ist er überschrieben mit „Deutschland 1914“. Das erste Mal, dass wir uns in dem Buch in Deutschland befinden ist auf Seite 226, vorher spielt das Buch ausschließlich in Frankreich und der Schweiz. Das soll sich aber nicht zum Nachteil der Autorin und der Geschichte ausgehen. Mir hat Sturmlichter richtig gut gefallen und ich empfehle es sehr gerne weiter an alle, denen ein feministischer Historienroman zusagt.

Veröffentlicht am 14.09.2023

Toller Krimi im Berlin der Kaiserzeit mit einem liebenswerten Gauner

Felix Blom. Der Häftling aus Moabit
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Felix Blom kommt nach 3 Jahren Haft in Moabit auf freien Fuß. Er will seine Unschuld beweisen und sein Leben wieder in geregelte Bahnen führen, was leichter gesagt als getan ist. Und dann flattert ihm ...

Felix Blom kommt nach 3 Jahren Haft in Moabit auf freien Fuß. Er will seine Unschuld beweisen und sein Leben wieder in geregelte Bahnen führen, was leichter gesagt als getan ist. Und dann flattert ihm auch noch eine Morddrohung ins Haus…

Felix war mir von Anfang an sympathisch. Wir lernen ihn erst nach seiner Haftzeit kennen, vielleicht war er vorher als Gauner, der viel Geld gestohlen und sich Ansehen erschlichen hat, nicht so herzlich. Aber das Gefängnis hat ihn zumindest teilweise geläutert. Ebenso toll ist Mathilde seine neue Nachbarin, die mit beiden Beinen im Leben steht, sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt und immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hat. Das Setting hat mir ebenso gut gefallen. Im Berlin der Kaiserzeit liegen Freud und Leid, die feine Gesellschaft und die bittere Armut nah beieinander und dieser Riss zwischen den Gesellschaftsschichten wird auch deutlich heraus gearbeitet. Einige Personen gab es wirklich und auch der Mord an einem jungen Mann basiert auf Tatsachen.

Der eigentliche Krimiplot ist Fiktion und sehr klug konstruiert. Ganz zum Schluss wird klar dass irgendwie mal wieder alles zusammenhängt, worauf ich natürlich auch mal wieder nicht drauf gekommen bin. Allgemein gibt es wenig Schauerliches und kaum Gewalt (was man sonst von anderen historischen Roman Noir durchaus anders gewohnt ist), was mir ausgesprochen gut gefallen hat. Ein paar Dinge, wie zum Beispiel die Strukturen der sich gerade entwickelnde organisierte Kriminalität rund um Arthur Lugowski werden angerissen und hoffentlich im nächsten Teil noch etwas vertieft.

Ich empfehle dieses Buch gerne an alle, die das Berlin im Jahr 1878 kennenlernen möchten und an einer sehr guten Kriminalgeschichte mit einem tollen Hauptprotagonisten Freude haben.

Veröffentlicht am 13.09.2023

Cosy Crime meets Belle Époche - ein Hochgenuss

Die Tote in der Sommerfrische
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Viktoria, angehende Lehrerin an einer Reformschule, verbringt den Sommer auf Norderney, ebenso wie der Journalist Christian, der eine Reportage über die Sommerfrische der Gutbetuchten schreibt. Doch das ...

Viktoria, angehende Lehrerin an einer Reformschule, verbringt den Sommer auf Norderney, ebenso wie der Journalist Christian, der eine Reportage über die Sommerfrische der Gutbetuchten schreibt. Doch das schöne Leben bekommt einen Riss, als Christian ein totes Dienstmädchen aus der Nordsee zieht. Viktoria erkennt in ihr Henny, die ehemalige Bedienstete ihrer Familie und beginnt zusammen mit Christian Nachforschungen anzustellen warum Henny sterben musste.

Als Christian und Viktoria sich das ersten Mal gegenüber stehen ist einem eigentlich schon klar, welche Richtung das Ganze nehmen muss, aber das ist dann auch schon das einzig Vorhersehbare an diesem Buch. Ich habe viele Theorien aufgestellt, wer der Mörder sein könnte oder wer welche Geheimnisse mit sich trägt und ich lag mit keiner Vermutung richtig. Das finde ich spricht immer sehr für ein Buch. Zumal wirklich sehr sehr viel an die Serien Grand Hotel und Downton Abbey erinnert, da wäre es nicht verwunderlich, wenn sich das ein oder andere Motiv wiederholt.

Auch wenn ich schon einige Bücher, die in dieser Zeit spielen, gelesen habe, so kommt auch dieses mit ein paar tollen neuen Informationen daher. Wusstet ihr beispielsweise das ein damals übliches Badekleid aus Wolle und nass rund 6kg schwer war? Die armen Damen!
Die Charaktere waren für mich allesamt stimmig, auch wenn ein paar Klischees bedient werden (der geheimnisvolle Arzt, die schöne ehemalige Schauspielerin, die konservative Baroness etc.), und mit Viktoria und Christian haben wir es mit einem sehr schön harmonierenden Duo zu tun.

Ich bin sehr gespannt auf den zweiten Teil, den ich mir sicher nicht entgehen lasse und möchte das Buch allen empfehlen, die an Geschichten, die in der Belle Époche spielen, Freude haben und an Cozy Crime Fans.

Veröffentlicht am 03.09.2023

Düsterer Krimi, der dennoch viel Herz hat

Wer mit den Toten spricht
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Cassie Raven ermittelt diesmal in ihrer eigenen Vergangenheit. Nachdem ihr Vater aus der Haft entlassen wird und Cassie gegenüber immer wieder beteuert, dass er unschuldig am Tod seiner Frau ist, muss ...

Cassie Raven ermittelt diesmal in ihrer eigenen Vergangenheit. Nachdem ihr Vater aus der Haft entlassen wird und Cassie gegenüber immer wieder beteuert, dass er unschuldig am Tod seiner Frau ist, muss Cassie sich fragen, was damals wirklich passiert ist. Währenddessen hat sie in der Leichenhalle mal wieder alle Hände voll zu tun.

Vorneweg: Wer mit Tote schweigen Nie den ersten Teil der Raven und Flyte Reihe nicht kennt, aber vorhat ihn noch zu lesen, der sollte sich an die Reihenfolge halten. Einmal, weil Cassie die Wahrheit über die Geschichte ihrer Eltern erst zum Ende des vorangegangenen Teiles erfährt und zum anderen, weil die Charakterentwicklung von Flyte wirklich sehr groß ist und man sich bei der „falschen“ Reihenfolge vielleicht fragen könnte, ob man es wirklich mit der gleichen Person zu tun hat.

Wie im ersten Teil auch gibt es einen Haupthandlungsstrang und dann noch einzelne Todesfälle aus der Rechtsmedizin, die aus Cassies Alltag erzählen und wieder sehr speziell sind. Die angesprochen Themen (Suizid, Femizid, Gothic-Kultur) sind intensiv, aber gleichzeitig einfühlsam und auch sorgsam aufgearbeitet. Die Frauenfiguren stechen hervor und sind sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal der Raven und Flyte Reihe.

Cassies Zwiesprache mit den Toten ist nicht so platt oder gar übernatürlich wie es vielleicht erstmal klingen mag, für mich ist es eher Teil ihrer überaus einfühlsamen Art und dass sie es perfekt beherrscht Menschen zu lesen. Darauf muss man sich einlassen, aber wer das kann wird hier seine Freude haben. Für Krimiliebhaber und Soft-Thrill Fans sehr zu empfehlen!