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Julia_Matos

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.09.2021

Unterhaltsamer Historienkrimi, toll zum Miträtseln, leicht lesbar, informativ, eigenständig

Fortunas Rache
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Dies ist ein Historienkrimi, der einige Wochen im 3. Jahrhundert des Römischen Reiches in Trier abbildet.
Der Roman endet abgeschlossen. Es gibt Folgebände um die Ich-Erzählerin, die gebildete Sklavin ...

Dies ist ein Historienkrimi, der einige Wochen im 3. Jahrhundert des Römischen Reiches in Trier abbildet.
Der Roman endet abgeschlossen. Es gibt Folgebände um die Ich-Erzählerin, die gebildete Sklavin Invita, und ihre Bekanntschaften.
Einen großen Pluspunkt sehe ich in der flüssigen Lesbarkeit. Ich suche regelmäßig Lesestoff für Gelegenheiten, bei denen ich nicht so konzentriert lesen kann oder vielen Unterbrechungen ausgesetzt bin, z. B. im ÖPNV. Da möchte ich sofort wieder in der Handlung drin sein, genau das gelingt hier super. Die Anzahl der Figuren und Verwicklungen ist angenehm. Es lässt sich ohne Herumblättern ein guter Überblick wahren, gleichzeitig sind es so viele, dass es realistisch und schwer vorhersehbar ist, dass man zu Zusammenhängen und Motiven spekulieren und richtigen und falschen Fährten folgen kann. Das fordert und macht richtig Spaß.
Ich fühlte mich auf angenehme Weise in die Epoche zurückversetzt, die ich auf dem Weg zum Großen Latinum kennenlernte. Mir gefallen die Bezüge zu Gelehrten, deren Schriften im Schulunterricht zu übersetzen und deuten waren, z. B. Ovid. Hier dienen diese nicht nur als Beiwerk, sondern sind coolerweise für die Handlung relevant.
Die Recherche um die Orte, Kultur, Hierarchien, Lebens- und Arbeitsverhältnisse wirkt fundiert. Römische Ausdrücke sind enthalten, deren Bedeutung sich meistens aus dem Zusammenhang herleiten lassen, ergänzend im Glossar nachgeschlagen werden können. Ich freue mich über den Kenntniszuwachs.
Angenehme Prisen von Humor und Erotik sind enthalten. Trotz Darstellungen zum harten Dasein als Sklavin zieht der Roman beim Lesen nicht emotional runter.
Für meinen Geschmack hätte das Erzähltempo etwas gestrafft werden können. Der sprachliche Ausdruck war manchmal nicht meins, z. B. setzt bei Invita gefühlt zu oft ein Herzschlag aus, wenn sie sich erschreckt oder eine wichtige Erkenntnis gewinnt.
Das Ende klärt alle aufgeworfenen Fragen, enthält Wow-Effekte, stellt mich inklusive des informativen Nachworts voll zufrieden.
Die Charaktere und das antike Trier (Belgisch Gallien) bergen viel Potenzial für zusätzliche aufregende Entwicklungen. Ich habe mir zwei Folgebände gekauft, um Invita, Flavus, Marcella und andere interessante Figuren weiter zu begleiten.

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Veröffentlicht am 14.09.2021

Urban-Fantasy-Krimi im Berlin der 1920er Jahre – überladen, detektivisch, emotionsarm

Anarchie Déco
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Die Autoren Judith und Christian Vogt präsentieren hier einen Urban-Fantasy-Historienkrimi/-Detektivgeschichte im Berlin der 1920er Jahre. Viele Themenfelder spielen eine Rolle: Mord, Polizei, Wissenschaft, ...

Die Autoren Judith und Christian Vogt präsentieren hier einen Urban-Fantasy-Historienkrimi/-Detektivgeschichte im Berlin der 1920er Jahre. Viele Themenfelder spielen eine Rolle: Mord, Polizei, Wissenschaft, Kunst, Magie, Armut, Selbstfindung in einer sich schnell wandelnden Welt, Frauenrechte, Politik (Weimarer Republik, Anarchisten, Kommunisten, Nazis, Juden), …
Ich mag eigentlich Urban Fantasy (z. B. Das geheimnisvolle Leben der Addie LaRue von V. E. Schwab) und Historienkrimis und historische Romane (z. B. Sturm-der-Zeit-Reihe von Andreas Izquierdo, Familiensaga von Michaela Saalfeld – beides auch in den 1910ern/20ern in Berlin verortet). Hier wurde ich irgendwie nicht warm mit der Geschichte.
Erklärungsversuche: Die Erzählweise wirkte auf mich manchmal sprunghaft und überladen. Es war schwer zu verstehen, warum ich mich an bestimmten Orten aufhalte und auf was besonders zu achten ist. Wenn ich nach einer Pause weiterlas, stellte ich oft fest, Entwicklungen und Erkenntnisse vergessen zu haben, sodass ich zurückblätterte, um den Anknüpfungspunkt wiederzufinden. Daher kam bei mir kein Lesefluss und kein Sog auf.
Zentrale Figuren sind die Physikerin/Hilfswissenschaftlerin Nike, der Prager Künstler Sandor und der alte Polizist Seidel. Alle geben sich unnahbar, wirken unzufrieden und unsympathisch. Dementsprechend konnte ich nicht so mitfiebern wie ich es mir gewünscht hätte. Teils ging die Charakterisierung für meinen Geschmack über‘s Ziel hinaus. Ein Beispiel: Nike ist bemüht, ernst genommen zu werden und nicht auf ihre Weiblichkeit und dementsprechende Rollenbilder reduziert zu werden. Sie kritisiert das Lohngefälle zwischen Mann und Frau, kleidet sich männlich und hasst den Ausdruck „Fräulein“. So weit, so gut. Und diese Wut auf die Gesellschaft und ihre Ängste um eigene Unzulänglichkeiten finde ich auch kraftvoll inszeniert. Als sie dann aber anfängt, Gendersprache durchsetzen zu wollen, zum Beispiel im Gespräch korrigiert, es heiße „Wählerinnenstimme“ – wohlgemerkt vor 100 Jahren, als Frauen erst seit Kurzem das Wahlrecht hatten und Studienabschlüsse erlangen konnten – fand ich das zu dick aufgetragen.
Als interessant und bildhaft erlebte ich die betrachteten Lebensverhältnisse und baulichen Miseren. Cool ist zudem, dass reale Persönlichkeiten (vor allem Wissenschaftler und Politiker) ins Geschehen eingebunden sind. Ein kleiner Lerneffekt ist eingetreten.
Dass mir die Reizüberflutung einen Lesegenuss verdarb und ich mittig abbrach, möchte ich hier nicht zu stark gewichten, aus Respekt vor der Leistung, dass J. C. Vogt so viele Themen übereinbringen und erkennbar wortgewaltig schreiben können, daher drei Sterne.

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Veröffentlicht am 02.09.2021

Band 4 von 4: 1946/1947 – informativ, bildhaft, mit komplexen Charakteren und rotem Faden

Der Traum von Assam
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Dies ist der finale Band einer historischen Familiensaga. Der Roman ist (wie auch Band 1 bis 3) so geschrieben, dass man ihn grundsätzlich eigenständig lesen kann. Jedoch muss man dann mit einer beachtlichen ...

Dies ist der finale Band einer historischen Familiensaga. Der Roman ist (wie auch Band 1 bis 3) so geschrieben, dass man ihn grundsätzlich eigenständig lesen kann. Jedoch muss man dann mit einer beachtlichen Figurenanzahl und vielen Querverweisen auf Vorangegangenes klarkommen. Zudem ist man dann gespoilert für die sehr empfehlenswerten Vorgängerbände.
Liebe, Vergangenheitsbewältigung, Familienzusammenführung, Heimat, Gewalt, Flüchtlingshilfe, Politik und Gesellschaft im Umbruch – viele aufregende Themen sind spannend und stimmig kombiniert. Es erfreuen Wendungen und Überraschungen. Der Roman liest sich atmosphärisch, sodass ich mir vor dem inneren Auge alles gut vorstellen konnte. Die Übersetzung hinterlässt gute Eindrücke.
Die Figuren bedeuten mir etwas und lassen mich mitfiebern. Es sind Charaktere mit Ecken und Kanten, mit Egoismen, Makeln und Sehnsüchten. Ghulam - exotisch, politisch engagiert, mit Hang zur Grenzüberschreitung - finde ich besonders reizvoll. Die prickelnde Chemie kommt gelungen rüber. Auch bei Nebenfiguren blitzt Tiefgründigkeit hervor.
Der Informationsgehalt ist hoch. Ich habe viel dazugelernt rund um die Unabhängigkeit und Teilung Indiens sowie um das Leben in Indien (Erscheinungsbild von ländlichen Gegenden und Städten, Fortbewegung, Kommunikation, Arbeiten, Wohnen, Armut, Hierarchien, Bildung, Essen, Kultur, Religion) und England (Essensrationierunen usw.) in der geschilderten Zeitspanne. Super finde ich auch die kursiv gedruckten anglo-indischen Begriffe, die im Anhang erklärt sind – es bildet und verleiht Flair.
Die Einzelbände sind mir jeweils gute 4 Sterne wert, wobei der Sternabzug vor allem daher rührt, dass ich mir manchmal mehr Tempo gewünscht hätte. Mit meiner letzten Rezension möchte ich auf 5 Sterne aufrunden, um den Gesamtprozess zu würdigen: Die familiären und freundschaftlichen Beziehungen werden im Laufe der Saga immer komplexer. Janet MacLeod Trotter schafft es, zwischen den Zeilen Brücken zu schlagen, sodass es einerseits eigenständige Werke sind, andererseits den Fans alle liebgewonnenen Haupt- und Nebenfiguren präsent bleiben. Dabei erlebe ich die Entwicklungen und Reifungsprozesse als absolut stimmig, realistisch und bereichernd. Ich bin vollkommen begeistert, dass anhand eines roten Fadens alle angemessen berücksichtigt werden und dass die Autorin am Ende sogar noch einen Bogen von der 61-jährigen zur 18-jährigen Clarrie aus Band 1 zurückschlägt. Toll ist zudem das Nachwort, in der Janet MacLeod Trotter Verbindungen zur eigenen Familiengeschichte aufzeigt.
Mit dem Ende bzw. den Ausblicken für alle Figuren bin ich sehr zufrieden.
Über weitere Werke in diesem Setting von Janet MacLeod Trotter in deutscher Übersetzung würde ich mich sehr freuen.

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Veröffentlicht am 22.08.2021

1918 bis 1921 – Informativer, aufregender, wendungsreicher und emotionaler Band 2

Revolution der Träume
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Dieser historische Roman beleuchtet mit drei Freunden für‘s Leben im Mittelpunkt auf dramatische Weise politische und militärische Turbulenzen, Armut und gesellschaftliche Unterschiede, bandenmäßige Kriminalität ...

Dieser historische Roman beleuchtet mit drei Freunden für‘s Leben im Mittelpunkt auf dramatische Weise politische und militärische Turbulenzen, Armut und gesellschaftliche Unterschiede, bandenmäßige Kriminalität und die aufstrebende Kulturlandschaft (Filme, Bars, …) in den turbulenten Jahren 1918 bis 1921 in Berlin.

Da eine völlig neue Epoche beginnt, ist es nicht zwingend, „Schatten der Welt“ vorher gelesen zu haben. Ich empfehle es dennoch, nicht nur aufgrund der höheren emotionalen Bindung an die drei Hauptfiguren, sondern auch aufgrund des hohen Informationsgehalts im Auftaktband.

Nach fast einjähriger Wartezeit habe ich mich sehr gefreut, zu erfahren, wie es mit Carl, Artur und Isi weitergeht. Etwas schockiert war ich zunächst, auf welchen anrüchigen und gefährlichen Pfaden gewandelt wird. Doch ich habe es schnell zu schätzen gelernt: Mittendrin im spannenden revolutionären Geschehen, in unterschiedlichsten Milieus, vom Adel über Prostituierte, Filmemacher und Politiker bis hin zu Gangstern. Am Puls der Zeit, bei allen wichtigen Ereignissen aus den Geschichtsbüchern hautnah dabei. Informativ, atmosphärisch, unterhaltsam, mit großen Gefühlen und atemberaubenden Wendungen. Rund um die drei Hauptfiguren gleichermaßen fesselnd. Coolerweise werden auch Begegnungen und offen gebliebene Fäden aus dem Auftaktband aufgegriffen.

Meine Kritikpunkte sind die gleichen wie beim Auftaktband:
- Sympathien zwischen bestimmten Figuren (z. B. zu Theo) scheinen einfach da zu sein, mir erschließt sich manchmal nicht der Anlass.
- Bei zentralen Entwicklungen greift der Autor vor, beispielsweise inwieweit Beziehungen unglücklich enden werden. Das drückt auf die Spannung. Ich bin lieber live dabei und fiebere mit.
- Der Roman bietet viele Antworten, endet aber erneut offen. Es bleibt unklar, auf wie viele Bände die Reihe angelegt ist und wann Fortsetzungen verfügbar sein werden.

Ich freue mich darauf, das liebgewonnene wilde Dreiergespann mit Band 3 in den 1920ern zu begleiten. Potenzial für mehrere packende Folgebände ist allemal vorhanden.

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Veröffentlicht am 22.08.2021

Band 8 von 8 - langatmig, vorhersehbar, Schwarz-Weiß-Zeichnung

Der große Aufbruch
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Nachdem ich Band 1 bis 4 mochte, Band 5 dann aber seicht und langatmig wirkte, verzichtete ich auf Band 6 und 7. Weil ich dann aber doch wissen wollte, welchen Ausgang die Autorin für alle Charaktere vorgesehen ...

Nachdem ich Band 1 bis 4 mochte, Band 5 dann aber seicht und langatmig wirkte, verzichtete ich auf Band 6 und 7. Weil ich dann aber doch wissen wollte, welchen Ausgang die Autorin für alle Charaktere vorgesehen hat, besorgte ich mir den finalen Band 8. Ich bekam beiläufig auf den ersten Seiten gut das Verpasste mit, sodass Verständnisschwierigkeiten ausblieben.
Der Stil wirkt ähnlich wie in Band 5: Eine Seifenoper um gutherzige Frauen, verständnisvolle und gönnerhafte Männer, faule und boshafte (und immer die gleichen) Gegenspieler. Viele Wiederholungen, Gedanken- und Gefühlskarussel, Füllmaterial: Fahrten mit der Kutsche, liebevolle Blicke, Getränke servierendes Personal, ...
Der historische Aspekt und der Lerneffekt sind gering, hauptsächlich in einem Brief verarbeitet mit wenig Relevanz für die eigentliche Handlung.
Am liebsten waren mir die Perspektiven von Hamza, Florentinus und - von allzu rührseligen Momenten abgesehen - Luise und Frederike, besonders die Eindrücke zu Kamerun. Leider ohne besondere Überraschungen.
Die Empfindungen und Erlebnisse von Florentinus im letzten Band waren schön zu lesen, entfalteten sogar Dramatik, hinterlassen am Ende aber einen faden Beigeschmack. Als ob ein Leben nur dann erfüllt wäre, wenn man „vernünftig“ eine Familie gründen würde, zumal das ja bei meinem ehemaligen Lieblingscharakter Karl so gut funktionierte ...
Der Abschluss wirkt für meinen Geschmack überwiegend vorhersehbar und weichgespült. Ein bisschen bleibt offen, wohl um irgendwie allen Interessen gerecht zu werden.

Ich bereue nicht das Lesen, bleibe wehmütig zurück. Bleibt Ellin Carsta bewusst hinter ihren Möglichkeiten zurück, um am Fließband viele kurze Romane auf den Markt zu werfen und dabei solche Leserinnen einzusammeln, die sich leicht lesbar berieseln lassen wollen? (Wobei hierzu das Sterben von Kindern nicht passt.) Dieser Eindruck drängt sich bei mir auf, denn die Reihe begann gehaltvoll, informativ, aktionsreich, bildgewaltig und emotional, mehrere aufregende Jahre abdeckend, wurde dann langgezogen und oberflächlich mit Schwarz-Weiß-Zeichnung. Für meinen Geschmack hätte eine Reduktion auf fünf oder sechs Bände der Familiensaga gut getan. 3 Sterne für die Saga in Gänze.

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