Profilbild von Karin1910

Karin1910

Lesejury Star
offline

Karin1910 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Karin1910 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.06.2021

Absurde Geschichte vor düsterer Kulisse

Bad Regina
0

Dieser Roman spielt im fiktiven, aber offenbar von einem realen Ort inspirierten Bad Regina, einem früher viel besuchten Tourismus-Ziel, das jetzt jedoch dem Untergang geweiht scheint. Verantwortlich dafür ...

Dieser Roman spielt im fiktiven, aber offenbar von einem realen Ort inspirierten Bad Regina, einem früher viel besuchten Tourismus-Ziel, das jetzt jedoch dem Untergang geweiht scheint. Verantwortlich dafür ist der geheimnisvolle Chen, der ein Gebäude nach dem anderen aufkauft, nur um es dann leer stehen zu lassen.
Othmar ist einer der letzten verbliebenen Bewohner. Er geht schon lange keiner Arbeit mehr nach und sein Leben dreht sich hauptsächlich um die Bar Luziwuzi. Dennoch ist er nicht bereit, dem Verfall tatenlos zuzusehen und möchte herausfinden, was Chen vorhat. Damit setzt er unerwartete Ereignisse in Gang.

Der Schauplatz dieser Geschichte wirkt sehr düster und bei den auftretenden Personen handelt es sich ausnahmslos um auf die eine oder andere Weise gescheiterte Existenzen. Grundsätzlich ist diese Ausgangssituation durchaus interessant. Wenngleich vieles übertrieben dargestellt wird, hätte diese Zusammenstellung skurriler Charaktere vor der Kulisse einer untergehenden Welt doch Potential.
Mit der Zeit wird die Handlung jedoch immer absurder und unrealistischer.
Außerdem sorgt der zu abstrakte Erzählstil dafür, dass keine Spannung aufkommt. Obwohl die meisten Ereignisse aus Othmars Perspektive geschildert werden, blieb dieser mir doch fremd.
Dass direkte Rede nicht mit Anführungszeichen, sondern mit einem – gekennzeichnet ist, macht die Lektüre zudem streckenweise anstrengend.

Fazit: Dem Anspruch, eine Art Parabel auf den Untergang Europas zu sein, wird dieses Werk nicht gerecht. Manche Szenen sind zwar ganz witzig, alles in allem ist dies aber nur eine mit so manchen Vorurteilen gewürzte Ansammlung von Absurditäten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.06.2021

Die wahre Natur des Menschen

Im Grunde gut
0

Worin die wahre Natur des Menschen besteht, ist ein seit Jahrhunderten viel diskutiertes Thema. Während etwa Jacques Rousseau die Ansicht vertrat, dass die Menschen von Natur aus gut seien und allein durch ...

Worin die wahre Natur des Menschen besteht, ist ein seit Jahrhunderten viel diskutiertes Thema. Während etwa Jacques Rousseau die Ansicht vertrat, dass die Menschen von Natur aus gut seien und allein durch ihre Institutionen böse würden, scheint die vorherrschende und gerade von den Medien gern verbreitete Meinung das Gegenteil zu besagen. Demnach sei der Mensch im Grunde böse, nur auf den eigenen Vorteil bedacht und bloß eine dünne Schicht der Zivilisation hielte uns davon ab, uns gegenseitig an die Gurgel zu gehen.

Rutger Bregman vertritt hier eine deutlich optimistischere Sichtweise. Er hinterfragt viele der Berichte und psychologischen Experimente, die gerne als Beweis für all die schlechten Eigenschaften der Menschheit herangezogen werden, und zeigt, dass bei deren Darstellung und Interpretation oft wichtige Fakten unterschlagen oder ignoriert wurden.
Ich hatte allerdings bisweilen den Eindruck, dass er sich da manches zu schön redet bzw nur die Aspekte betont, welche seine Argumentation stützen.
Natürlich untersucht er auch, warum gute Menschen böse Dinge tun, und kommt dabei großteils zu wenig überraschenden Ergebnissen (Schuld sind die Mächtigen, der Kapitalismus etc), führt aber doch auch ein paar neue Gesichtspunkte an. Beispielsweise hat Empathie auch negative Folgen.

Alles in allem plädiert er dennoch für ein positiveres Menschenbild, welches beispielsweise die Art revolutionieren sollte, wie Schulen, Gefängnisse oder die Demokratie organisiert werden.
Seine Ausführungen sind flott geschrieben und stellenweise richtig fesselnd, dieses Sachbuch liest sich fast wie ein Roman. Dennoch wirkt der Inhalt insgesamt fundiert und ist mit vielen Quellenangaben belegt.
Auch wenn der Autor öfters naiv wirkt und manche seiner Forderungen zu weit gehen, regt dieses Buch doch zum Nachdenken an und ist ein lesenswerter Kontrast zu all den Schreckensmeldungen, die Tag für Tag auf uns hereinprasseln.

Gerade zu Corona-Zeiten (und selbstverständlich nicht nur in diesem Zusammenhang) wäre es schön, wenn die Politiker sich zu etwas mehr Vertrauen in ihre Bürger durchringen könnten.

Veröffentlicht am 18.06.2021

Was ist Weltliteratur?

Weltsprache Literatur
0

Der Literaturwissenschaftler Jürgen Wertheimer unternimmt hier eine interessante Tour durch die Welt der Literatur und stellt zahlreiche Werke vor, die als Weltliteratur gelten können – vom Gilgamesch-Epos ...

Der Literaturwissenschaftler Jürgen Wertheimer unternimmt hier eine interessante Tour durch die Welt der Literatur und stellt zahlreiche Werke vor, die als Weltliteratur gelten können – vom Gilgamesch-Epos zum Koran, von Shakespeare zu Kafka, von Goethe zu Autoren aus China, Südamerika oder Afrika.
Auch der Definition des Begriffes Weltliteratur und der Frage, was alles darunterfällt, wird wiederholt nachgespürt und wenngleich man diesbezüglich natürlich immer geteilter Meinung sein kann, finde ich die hier getroffene Auswahl doch ganz gelungen. Sie bewegt sich zumindest teilweise etwas abseits der gewohnten Pfade, macht die Vielfalt dessen deutlich, was Literatur ausmacht, und veranschaulicht auch ihre mannigfachen möglichen Auswirkungen.

Geschrieben ist das Ganze in einem eher anspruchsvollen Stil, dies ist keine Lektüre für zwischendurch.
Der Autor zeichnet sich sowohl durch große Fachkenntnis als auch Begeisterung für sein Thema aus. Er überschätzt jedoch bisweilen die Vorkenntnisse oder auch die Kondition seiner Leser. Ich wurde einerseits mit zu vielen Namen von Autoren und bedeutenden Werken geradezu überschüttet, hätte mir andererseits aber zum Inhalt mancher Titel nähere Informationen gewünscht. Immerhin regt dieses Buch aber dazu an, sich noch weiter mit den behandelten Geschichten auseinander zu setzen.

Eine kleine Kritik richtet sich auch an den Verlag: Es tauchen doch relativ viele (Tipp)fehler auf. Außerdem sind Ziffern so seltsam gedruckt, dass bei der Seitennummerierung die 7 wie eine 1 aussieht. (Mag keine große Sache sein, ich fand es aber doch nervig.)

Veröffentlicht am 18.06.2021

Interessantes Thema, langatmiger Stil

Die Wurzeln des Lebens
0

Dieser Roman hebt sich definitiv von der Masse ab. Sein Thema – all die in Jahrmillionen gewachsenen, vielfältigen Wälder, ihre Bedeutung für das Ökosystem und ihre Bedrohung durch den Menschen – ist hochaktuell ...

Dieser Roman hebt sich definitiv von der Masse ab. Sein Thema – all die in Jahrmillionen gewachsenen, vielfältigen Wälder, ihre Bedeutung für das Ökosystem und ihre Bedrohung durch den Menschen – ist hochaktuell und sein Aufbau kreativ.
Man spürt die Faszination des Autors für Bäume, ihre oftmals überraschenden Eigenschaften und all die anderen Lebewesen, die mit ihnen zusammenleben und interagieren. Immer wieder werden anschauliche Beschreibungen und interessante Informationen eingeflochten.
Die menschlichen Hauptdarsteller können da jedoch nicht mithalten. Es gibt im Prinzip neun Protagonisten, die mal mehr, mal weniger präsent sind. Sie alle haben irgendeine Art von Verbindung zu Bäumen und setzen sich auf die eine oder andere (nicht immer legale) Weise für ihren Schutz und ihre Erhaltung ein.
Darunter beispielsweise eine aus unterschiedlichen Persönlichkeiten zusammengesetzte Gruppe von Umweltaktivisten, die Bäume besetzen und sich Holzfällern entgegenstellen, eine kauzige Wissenschaftlerin, welche die geheimen Signale von Bäumen entschlüsselt, oder ein Computer-Nerd, der eine ganz neue Art von Videospiel entwickeln möchte.
Es sind jedoch nicht alle Protagonisten gleich wichtig für die Handlung, manche begegnen den anderen nie. Mindestens zwei hätten auch weggelassen werden können, ohne dass die Geschichte dadurch viel verliert, sondern im Gegenteil eher an Schwung gewinnt.
Doch auch an sich bedeutsame Handlungsstränge werden so langatmig erzählt, dass keine Spannung aufkommt. Noch dazu ist der Stil teilweise verworren und die zeitlichen Abläufe bzw Zusammenhänge zwischen den Handlungssträngen sind öfters unklar.
Obwohl im ersten Drittel die „Wurzeln“ der Figuren relativ ausführlich geschildert werden und auch danach ihr Innenleben breiten Raum einnimmt, konnte ich außerdem zu den meisten keine rechte Beziehung aufbauen, weshalb es mir schwerfiel, mit ihnen mitzufiebern.
Fazit: Eine gestrafftere und mehr auf das Wesentliche fokussierte Erzählweise hätte der Geschichte gutgetan.
Im Übrigen ist es nicht gerade im Sinne der Botschaft, welche der Autor wohl vermitteln möchte, dass es sich bei den meisten, die sich hier für die Erhaltung der Wälder einsetzen, um „Spinner“ bzw soziale Außenseiter handelt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.02.2021

Ein überschätztes Buch

Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran
0

Ich habe spontan zugeschlagen, als ich dieses Buch bei den Angeboten sah, weil ich schon einiges darüber gehört hatte und die Inhaltsangabe interessant klingt. Laut wikipedia hat dieses Werk Auszeichnungen ...

Ich habe spontan zugeschlagen, als ich dieses Buch bei den Angeboten sah, weil ich schon einiges darüber gehört hatte und die Inhaltsangabe interessant klingt. Laut wikipedia hat dieses Werk Auszeichnungen erhalten, ist eine beliebte Lektüre für den Französischunterricht und es gibt sogar Sekundärliteratur dazu.
Eigentlich hätte mir all das eine Warnung sein sollen. Diese Geschichte um einen von der Mutter verlassenen und vom Vater vernachlässigten jüdischen Buben, der in einem moslemischen Ladenbesitzer einen Ersatzvater findet, eignet sich sicher wunderbar dazu, seitenlange Charakterisierungen der Protagonisten zu verfassen und jedes Detail der Handlung einer ausgefeilten Interpretation zu unterziehen.
Letztlich ist jedoch wenig dahinter. Monsieur Ibrahims Weisheiten klingen großteils wie Kalendersprüche.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere