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Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Wahrheit ist wie eine Ähre in Wind

Distel und Rose
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Julia Kröhn hat hier einen wunderbaren historischen Roman verfasst, der auf zwei verschiedenen Zeitebenen spielt, welche geschickt miteinander verflochten werden:
1791: Magdalene reist mit gemischten Gefühlen ...

Julia Kröhn hat hier einen wunderbaren historischen Roman verfasst, der auf zwei verschiedenen Zeitebenen spielt, welche geschickt miteinander verflochten werden:
1791: Magdalene reist mit gemischten Gefühlen von Edinburgh in die schottischen Highlands, wo ihr kürzlich angetrauter Ehemann David MacBrannan als Lord über weite Landstriche herrscht. David ist fest entschlossen, seiner Meinung nach dringend notwendige Reformen durchzusetzen, doch diese haben zur Folge, dass die ansässige Bevölkerung ihre Heimat sowie ihre traditionelle Lebensweise aufgeben muss. Entsprechend groß ist der Widerstand dagegen, für den auch Magdalene mehr und mehr Sympathien entwickelt.
Eine Ablenkung zu ihrem Alltag bieten einige Rollen alten Pergaments, die sie nach und nach in der Bibliothek ihres neuen Zuhauses findet und die eine Geschichte aus dem mittelalterlichen Alba (damals der Name für Schottland) erzählen.
Diese Geschichte bildet den zweiten Handlungsstrang:
1078: Aelswith führt ein friedliches Leben am Hof von König Malcom und seiner strenggläubigen Ehefrau Margaret – bis sie aus heiterem Himmel von Drostan, einem ehemaligen Kampfgefährten des berühmt-berüchtigten König Macbeth, und seinem Ziehsohn Tarain entführt wird. Denn sie soll der Schlüssel zur Zukunft Albas sein. Nach Drostans gewaltsamen Tod machen sich Aelswith und Tarain auf in den Norden, um das Geheimnis ihrer Herkunft zu enträtseln. Doch dabei werden sie von gefährlichen Gegnern verfolgt.

Der Roman ist sehr lebendig geschrieben, man kann sich leicht in die einzelnen Personen hineinversetzen und mit ihnen mitfiebern. Es wird viel Spannung aufgebaut und durch den häufigen Wechsel der Perspektive erhält die Geschichte eine interessante Note.
Auch kann man während des Lesens gut miträtseln, wie sich diverse Hinweise und Andeutungen zu einem Gesamtbild zusammenfügen werden. Dabei gibt es immer wieder überraschende Wendungen, vieles ist nicht so wie es auf den ersten Blick scheint.

Aber dieses Buch hat mehr zu bieten als „nur“ fesselnden Lesespaß. Die Handlung wirft eine Reihe brisanter Fragen auf: War Macbeth ein guter König, der über ein reiches, friedliches Land herrschte, oder ein Scheusal, wie seine Gegner verbreiteten? Darf man Menschen zu ihrem Glück zwingen? Ist es zulässig, gewaltsam vorzugehen, um ein ehrenwertes Ziel zu erreichen? etc – Solche und ähnliche Überlegungen tauchen auf und der Versuch, Antworten darauf zu finden, verlangt den Protagonisten wie auch den Lesern vieles ab und lässt sie letztlich doch oft ratlos zurück. Es zeigt sich, dass die Wahrheit einer Ähre im Wind gleicht, die sich mal in die eine, mal in die andere Richtung biegt.
Dazu passt auch, dass der Roman kein typisches Happy End, dafür aber immerhin einen insgesamt stimmigen Abschluss hat.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mathilda und Arvid

Kinder des Feuers
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Die Normandie im Jahr 936: Mathilda hat beinahe ihr ganzes Leben im Kloster Saint-Ambrose verbracht. Sie war als Kleinkind dort abgegeben worden und hat Fragen danach, woher sie kommt und wer ihre Eltern ...

Die Normandie im Jahr 936: Mathilda hat beinahe ihr ganzes Leben im Kloster Saint-Ambrose verbracht. Sie war als Kleinkind dort abgegeben worden und hat Fragen danach, woher sie kommt und wer ihre Eltern waren bisher immer als unwichtig abgetan. Nur in seltsamen Träumen wird sie manchmal mit Erinnerungsfetzen aus ihrer Vergangenheit konfrontiert.
Doch dann gerät ihre Welt von einer Minute auf die andere aus den Fugen. Eine Gruppe von Kriegern überfällt das Kloster und richtet ein Massaker unter den Nonnen an. Mathilde kann sich retten und vom Ort des Schreckens fliehen – zusammen mit Arvid, einem jungen Novizen, dessen Vergangenheit ebenfalls von dunklen Geheimnissen umrankt war. Erst vor kurzem hat er erfahren, dass er der Verwandte eines mächtigen Mannes ist, und dass dieser ihn am liebsten tot sehen würde.
Doch der Angriff auf das Kloster hatte nicht ihm, sondern Mathilda gegolten und die darauf folgenden Ereignisse werden sie letztlich zwingen, sich ihrer Herkunft zu stellen.
Ebenso müssen sich Mathilda und Arvid auch ihren Gefühlen füreinander stellen, denn obwohl ihre Wege sich häufig trennen, führt das Schicksal sie immer wieder zusammen.

Wie schon der Vorgängerroman „Tochter des Nordens“ spielt auch dieses Buch im Frühmittelalter, einer Epoche, die trotz ihrer großen Bedeutung für den weiteren Verlauf der Geschichte in historischen Romanen relativ selten behandelt wird.
Die Autorin zeichnet dabei ein eher düsteres, vermutlich aber auch realistisches Bild dieser Epoche, die Protagonisten müssen ständig um ihr Leben fürchten und sich in einer Welt zurecht finden, die von Kriegen und Überfällen, von enttäuschten Hoffnungen und tiefer Verzweiflung geprägt ist und in der viele Menschen darum ringen müssen, in einem Land, das von einem Gemisch verschiedener Völker bewohnt wird, ihre Identität zu finden.
Dazwischen gibt es aber doch immer wieder auch helle Momente, wo Liebe oder Freundschaft über die Dunkelheit triumphieren können.
Weiters wird durch das Rätsel um Mathildas Herkunft einige Spannung erzeugt, viele Andeutungen werden geschickt eingestreut, sodass man beim Lesen immer ein bisschen miträtseln kann.
Die handelnden Figuren sind mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen und weitgehend ohne die üblichen Klischees gezeichnet, wobei die Autorin sich bei den historischen Persönlichkeiten aber ziemlich viel künstlerische Freiheit genommen haben dürfte.

Allerdings ist die Lektüre bisweilen etwas anstrengend, weil die Handlung ständig zwischen verschiedenen Schauplätzen im Frankenreich, der Normandie und der Bretagne hin- und herpendelt. Außerdem werden viele Zusammenhänge nur angedeutet, sodass man beim Lesen immer mitdenken und sich vieles selbst zusammenreimen muss.

Dennoch ein lesenswerter historischer Roman, der sich positiv vom üblichen Einheitsbrei dieses Genres abhebt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Evolution großartig erklärt

Geschichten vom Ursprung des Lebens
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Auf unterhaltsame und mitreißende Art und Weise, fast schon im Plauderton, führt Richard Dawkins hier in die Evolution ein. Selbst komplizierte Themen werden für Laien verständlich erklärt.

Er nimmt den ...

Auf unterhaltsame und mitreißende Art und Weise, fast schon im Plauderton, führt Richard Dawkins hier in die Evolution ein. Selbst komplizierte Themen werden für Laien verständlich erklärt.

Er nimmt den Leser mit auf eine Pilgerreise zum Beginn des Lebens. Dass ein bekannter Atheist wie Dawkins gerade eine Pilgerreise als Leitfaden seines Buches wählt, mag zwar überraschend sein und für deutschsprachige Leser sind die Anspielungen auf Chaucers´ Canterbury Tales nicht immer verständlich. Schon bald bemerkt man aber, dass diese Art der Präsentation den Leser von Beginn an in ihren Bann zieht und es ihm ermöglicht, tief in die Materie einzutauchen und ein wirkliches Verständnis der Zusammenhänge zu entwickeln.
Auf den verschiedenen Etappen der Pilgerfahrt begegnet der Leser jeweils dem letzten gemeinsamen Vorfahren, der uns Menschen mit einer bestimmten Gruppe von Lebewesen verbindet. So bekommt man ein gutes Gefühl für die Verwandtschaftsverhältnisse und für die Stellung des Menschen in der Welt des Lebendigen.
Dazwischen werden immer „Geschichten“ eingeschoben, in denen an Hand eines bestimmten Lebewesens Grundlagen, interessante Aspekte oder auch kontroverse Diskussionen der Evolutionslehre dargestellt werden.

Die Erklärungen sind dabei immer spannend, unterhaltsam und lebensnah, sodass das Buch trotz seiner fast 900 Seiten nie langweilig wird.
Alles in allem also ein wirklich großartiges Buch, für das 5 Sterne eigentlich viel zu wenig sind.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Menschheitsgeschichte aus einer ungewöhnlichen Perspektive

Arm und Reich
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„Gewöhnliche“ Werke über die Entwicklung der menschlichen Zivilisation stellen die diversen Stufen zur Entstehung einer fortschrittlichen Gesellschaft (zum Beispiel Einführung von Ackerbau und Viehzucht, ...

„Gewöhnliche“ Werke über die Entwicklung der menschlichen Zivilisation stellen die diversen Stufen zur Entstehung einer fortschrittlichen Gesellschaft (zum Beispiel Einführung von Ackerbau und Viehzucht, Schrift) sowie deren unterschiedliche Verläufe in den verschiedenen Regionen der Erde dar, wobei das Hauptaugenmerk normalerweise auf den Gesellschaften des Mittelmeerraumes liegt. Eine Erklärung für diese Unterschiede fehlt aber meist.

Jared Diamond geht hierzu von einem neuen Ansatz aus: Er untersucht, inwieweit die geographischen Gegebenheiten eines Kontinents sich auf das Schicksal der dort lebenden Bevölkerung auswirkten und geht der Frage nach, warum beispielsweise Europäer Amerika besetzten und nicht umgekehrt. Dabei stellt sich heraus, dass die Bewohner Eurasiens(das Diamond zusammen mit Nordafrika als einen Kontinent auffasst) von vorneherein begünstigt waren: In ihrem Lebensraum fanden sich die meisten domestizierbaren Pflanzen- und Tierarten, die sich – wie auch die hier gemachten Erfindungen – wegen der in Ost-West-Richtung verlaufenden Hauptachse des Kontinents auch besser ausbreiten konnten. Aus diesen Gründen entstanden die ersten Hochkulturen in Eurasien, aus denen sich in weiterer Folge die ersten Staaten und Reiche entwickelten.

Der wahre Grund für die Vorherrschaft eurasischer Völker liegt also in der unterschiedlichen geographischen Ausgangsposition, nicht in Unterschieden der Bevölkerung. Diese Theorie untermauert Diamond mit eindrucksvollen Belegen aus diversen Bereichen der Naturwissenschaften. Sein Buch ist darüberhinaus spannend und flüssig geschrieben, sodass es völlig zu Recht mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde.

Schade nur, dass die mindestens genauso interessante Fragestellung, warum innerhalb Eurasiens gerade die europäischen Länder (und nicht etwa China oder Arabien) ab dem Ende des Mittelalters die Vorreiterrolle übernahmen, nicht näher behandelt, sondern nur im Epilog kurz angesprochen wird. Ein ausführlicheres Buch zu diesem Thema würde eine echte Marktlücke füllen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Packende Fortsetzung

Die Tore der Welt
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Auch in dieser Fortsetzung seines Meisterwerkes „Die Säulen der Erde“ gelingt es Ken Follett wieder vortrefflich, die Atmosphäre des Mittelalters einzufangen.

Zwar handelt es sich eigentlich um keine ...

Auch in dieser Fortsetzung seines Meisterwerkes „Die Säulen der Erde“ gelingt es Ken Follett wieder vortrefflich, die Atmosphäre des Mittelalters einzufangen.

Zwar handelt es sich eigentlich um keine echte Fortsetzung – die Handlung setzt 200 Jahre später ein und die Figuren aus „Die Säulen der Erde“ werden nur sporadisch erwähnt – dennoch ist es interessant, zu lesen, wie Kingsbridge sich weiterentwickelt hat, es ist fast so als würde man einem alten Freund wiederbegegnen.
Auch wenn es nicht ganz an das Original herankommt, handelt es sich hier doch um ein gut und flott geschriebenes Buch. Die handelnden Personen sind interessant gezeichnet. Bei manchen Figuren hat man allerdings den Eindruck, dass sie für ihre Zeit zu „modern“ denken.
Gut gefallen haben mir auch die Anhänge am Ende des Buches. Dort finden sich Karten von Kingsbridge und der Priorei, weiters eine Zeittafel, die sowohl die tatsächlichen historischen Ereignisse als auch die Erlebnisse der im Buch vorkommenden Figuren enthält und so einen guten Überblick bietet, sowie Stammbäume der Protagonisten.

Alle, denen „Die Säulen der Erde“ gefallen hat, werden auch an diesem Buch ihre Freude haben.