Für mich kein Historien-Roman
Unentdeckte SchönheitEine durchaus interessante, unterhaltsame auch anrührende Geschichte, allerdings mit einigen Schwächen: Ich fand die Story aufgebläht, sprachlich durch Wiederholung leicht monoton, und dem Anspruch, ein ...
Eine durchaus interessante, unterhaltsame auch anrührende Geschichte, allerdings mit einigen Schwächen: Ich fand die Story aufgebläht, sprachlich durch Wiederholung leicht monoton, und dem Anspruch, ein historischer Roman zu sein, genügte mir das Buch nicht.
Los geht es mit dem bekannten Zitat aus "Der Kleine Prinz". Für mich ist es recht abgenutzt, so dass seine Verwendung hier auf mich den ersten negativen Eindruck machte. Dann der Einstieg in die Geschichte - der liest sich zwar flüssig und geht sofort mitten hinein in den Amerikanischen Bürgerkrieg, wo sich Eleanor Braddock in der ersten Szene um einen sterbenden Soldaten kümmert, während die Kugeln ganz in der Nähe fliegen. Gefühl und Spannung sind dabei natürlich zu erwarten. Mich haben allerdings die Fülle der Adjektive und die Wiederholungen genervt, die die Szene statt emotional eher pathetisch wirken liessen. Mit der Zeit schien auch etwas nicht zu stimmen. Während etwas rasch geschieht, erfährt man eine große Menge Gedanken der Figur, die mengenmäßig gar nicht hineinpassen in den Moment und für die Figur eine riesige Ablenkung bedeutet hätten. Das fand ich unrealistisch. An anderen Stellen, z. B. wo Eleanor auf Kutschfahrt war, war ich verblüfft, dass sie noch nicht weiter gekommen war wegen der vielen Gedanken und Sachverhalte, die angesprochen wurden. So geht es dann bis zum Schluss weiter.
Mir hätte es besser gefallen, wenn die Handlung dichter erzählt worden wäre mit weniger Introspektion, welche sich dazu noch unmittelbar wiederholt. Der Wechsel zwischen den Perspektiven der beiden Protagonisten Eleanor Braddock und Markus Geoffery, die Einblicke in deren Seelenleben geben, war eine gute Idee und hat es tatsächlich irgendwo spannend gemacht, die beiden umeinander "herumschleichen" zu sehen. Aber es hat sich eben vieles wiederholt und die Darstellung wirkte auf mich arg in die Länge gezogen.
Auch die Wechsel von einem Kapitel ins nächste fand ich schlecht. An einem (kleineren) Höhepunkt wird eine Szene abgeschnitten. Z. B. jemand wird ärgerlich und es kommt der Cut. Man blättert um und es geht genau dort weiter. Das kam mir so sinnlos vor, an der Stelle ein neues Kapitel zu beginnen. Zumindest muss man sich nicht durch einen anderen Handlungsstrang lesen, bis es weitergeht.
Als auf Seite 24 enthüllt wird, wer Markus Geoffrey ist, dachte ich: Ging es nicht eine Nummer kleiner. Laut Klappentext ist er der Mann, in den sich Eleonor verliebt - "Doch Markus ist nicht der, der er zu sein vorgibt..." Einerseits ist es ja schön, wenn der Klappentext den Leser zum Beginn der Geschichte führt statt, wie es oft vorkommt, zu deren Ende. Andererseits fand ich es mehr als unrealistisch, dass Markus ein Erzherzog von Österreich und Dritter in der Thronfolge sein soll. Man hätte die Situation genauso ohne Anlehnung an die Historie konstruieren können und wäre dann nicht in Konflikt mit der Historie geraten. Z. B. sind Habsburger nicht gerade für ihr gutes Aussehen bekannt, anders als die Figur Markus. Es wurde auch behauptet, seine Mutter habe gern Apfelstrudel gebacken, was nach meiner Meinung überhaupt nicht mit der Etikette der damaligen Zeit zusammengeht. Die Figur Markus sagt ja selbst immer wieder, wie schön es wäre in Amerika abseits der Zwänge. Von den fantasierten Familienverhältnissen gar nicht zu sprechen. So fand ich die Geschichte gleich zu Beginn unstimmig, sie hat bei mir nicht gezogen. Im Schlußwort meinte die Autorin, sie habe sich hinsichtlich des Hauses Habsburg "einige künstlerische Freiheiten" genommen. Nach meiner Meinung hat sie sich lediglich des Namen bedient, weil die Historie dahinter total falsch ist. Gerade mal, dass Sisi und Franz verheiratet und den Thron innehatten und das der Bruder von Franz, Max, in Mexiko hingerichtet worden war, wird korrekt dargestellt. Der Rest (Personen, Zeitabläufe) ist alles erfunden. Man erfährt eigentlich auch nicht viel aus dem Leben in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Amerika. Nach meinem Eindruck besteht die Historie aus Fakten, die man selbst weiß oder schnell zusammenlesen könnte: Krieg, Armut, ein paar Namen und Orte; aber kein tiefergehendes Wissen über die damalige Lebensweise.
Trotzdem liest sich der Text flüssig und es gibt auch etliche Passagen, die interessant sind wie die Begegnung zwischen Eleanor und Markus im Gewächshaus, die so ein bißchen abläuft wie zwischen Miss Bennet und Mr. Darcy in "Stolz und Vorurteil" oder zwischen Bridget Jones und Mark Darcy in "Schokolade zum Frühstück": man gibt sich stachelig, ist aber irgendwie auch voneinander angezogen. Beide Figuren sind mir sympathisch geworden, wenn ich auch Eleanor bei Weitem zahmer fand, als der Klappentext sie ankündigte.
Die Autorin hat mehrere christlichliche Schriftstellerpreise gewonnen und Christentum soll ein wichtiges Thema bei ihr sein. Im Roman war es weitgehend eher dezent. Zwar geht man immer wieder zur Kirche oder betet oder ähnliches. Das verliert sich jedoch größtenteils in der Geschichte, bis es zum Ende der Geschichte dann mehr wird und allmählich nervt. Man könnte noch argumentieren, dass die Sache zwischen Eleanor und Markus ein christliches Thema ist mit der Frau, die auf den Richtigen wartet, der ihre nicht offensichtliche Schönheit erkennt. Ich halte es eher für ein romantisches Klischee. Da gab es noch so manches, was allerdings nicht unbedingt schlecht gemacht war. Ich mochte allerdings nicht, dass Markus durch Eleanors abweisende Haltung herausgefordert wurde. Dass das was Tolles wäre, sollte man nach meiner Meinung nicht verbreiten.
Insgesamt gebe ich dem Roman 3 Sterne.