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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.01.2023

Interessanter Auftakt

Fräulein Anna, Gerichtsmedizin (Die Gerichtsärztin 1)
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Fräulein Anna, Gerichtsmedizin von Petra Aicher

1912 beginnt Anna Zech als Assistentin in der Münchner Gerichtsmedizin und gleich ihre erste Leichenschau ist eine Tote aus der Isar.
Anna glaubt entgegen ...


Fräulein Anna, Gerichtsmedizin von Petra Aicher

1912 beginnt Anna Zech als Assistentin in der Münchner Gerichtsmedizin und gleich ihre erste Leichenschau ist eine Tote aus der Isar.
Anna glaubt entgegen der offiziellen Meinung nicht daran, dass der Tod von Adele Röckl ein Selbstmord war. Sie kommt vom Land, doch naiv ist sie nicht.
Auch der adlige Friedrich von Weynand, der sich aus Langeweile als Skandalreporter Fritz Nachtwey tarnt und immer auf der Suche nach einer interessanten Geschichte durch Schwabing streift, vermutet, das jemand nachgeholfen hat.
Gemeinsam decken sie die dunklen Seiten der feinen Münchner Gesellschaft auf.

Obwohl der Klappentext eher nach einem Krimi klingt, liegt der Fokus doch mehr auf dem Aspekt historischer Gesellschaftsroman.
Denn der Fall Adele Röckl ist zwar der Einstieg in die Geschichte, aber "Ermittlungen" zweier Hobby-Detektive, gibt es in dem Sinn über weite Teile nicht.
Die Handlung lebt von den ausgesprochen interessanten und sympathischen Hauptpersonen, die hier wirklich nur Freunde sind - auch wenn der verheiratete Friedrich Anna immer wieder anflirtet, was diese augenzwinkernd pariert.
Die Dialoge der beiden machen richtig Spaß!
Auch wenn Anna und Friedrich aus unterschiedlichen Welten stammen, sind sie bei ihren Überlegungen und Gedanken sehr schnell auf Augenhöhe und erfahren nach und nach immer mehr aus dem Leben von Adele Röckl.
Als dann Personen aus der Vergangenheit der Toten in München auftauchen und es dazu eine weitere Leiche gibt, wird es spannend.

Ein vielversprechender Auftakt einer neuen Krimireihe. Band 2 ist in Arbeit.

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Veröffentlicht am 26.12.2022

Eine schottische Distel

Glasgow Girls
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Glasgow 1892: Als die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Olivia die Chance erhält, an der berühmten School of Art zu studieren, glaubt sie am Ziel ihrer Träume zu sein.
Doch sie ist nicht vorbereitet ...

Glasgow 1892: Als die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Olivia die Chance erhält, an der berühmten School of Art zu studieren, glaubt sie am Ziel ihrer Träume zu sein.
Doch sie ist nicht vorbereitet auf die für sie fremde Welt und die Intrigen, in die sie gerät.
Dank einer einflussreichen Mäzenin setzt Olivia aber wagemutig und lebenshungrig ihren Weg als Designerin fort.
Und sie lernt Gabriel kennen, einen schillernden Künstler aus London. Sein gut gehütetes Geheimnis gefährdet jedoch die Momente des gemeinsamen Glücks...

Olivia ist eine junge Künstlerin, die sich im ausgehenden 19. Jahrhundert ihren Platz in der Welt und in der Kunstszene erkämpfen muss.
Sie ist für die damalige Zeit ausgesprochen selbstbewusst und geht mutig und unbeirrbar den Weg, ihren Traum von einer eigenen Karriere zu verwirklichen.
Auch wenn sie gern und viel zeichnet, liegt ihre Stärke im Bereich der Textilien.
Hundert Jahre später würde man sie eine aufstrebende Jung-Designerin nennen.
Die sich anbahnende Romanze zwischen Olivia und Gabriel erlebt ein unerwartetes "Hindernis", was aber von der Autorin sehr empathisch vermittelt wird.
Das halboffene Ende der Geschichte passt hervorragend, da ja auch Olivia ihren Weg gefunden zu haben scheint und bereit ist durchzustarten.
Sehr gefallen hat mir, dass Susanne Goga die Glasgow School of Art und die berühmten Glasgower Teesalons so lebendig beschreiben hat.
Eine spannende und interessante Geschichte, nicht nur für Lese(innen), die sich für Kunst interessieren.

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Veröffentlicht am 10.12.2022

Von Cornelius Obonya perfekt gelesen

Der zweite Reiter
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Wien, kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs: Der Glanz ist Vergangenheit, die Stadt versinkt in Hunger und Elend.
Polizeiagent August Emmerich, den ein Granatsplitter zum Invaliden gemacht hat, entdeckt ...

Wien, kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs: Der Glanz ist Vergangenheit, die Stadt versinkt in Hunger und Elend.
Polizeiagent August Emmerich, den ein Granatsplitter zum Invaliden gemacht hat, entdeckt die Leiche eines angeblichen Selbstmörders. Als erfahrener Ermittler traut er der Sache nicht über den Weg.
Da er keine Beweise vorlegen kann und sein Vorgesetzter nicht an einen Mord glaubt, stellen er und sein junger Assistent Winter selbst Nachforschungen an.
Eine packende Jagd durch ein düsteres, von Nachkriegswehen geplagtes Wien beginnt, und bald schwebt Emmerich selbst in tödlicher Gefahr.

Mit August Emmerich hat Autorin Alex Beer einen ganz besonderen Ermittler erschaffen, den man fasziniert und atemlos durch das historische Wien begleitet.
Der angebliche Selbstmörder bleibt nicht der einzige Tote, bei dem Emmerich und sein junger Assistent Winter einen mysteriösen Mordfall wittern.
Die Verbindung der Mordopfer zueinander liegt lange im Dunkeln und als Emmerich und Winter eine Spur finden, stellen sie fest, dass diese weit in die Vergangenheit reicht.
Wer will die Mitwisser eines alten Verbrechens zum Schweigen bringen?
Emmerich und Winter bleiben gegen viele Widerstände hartnäckig an der Sache dran - auch als Emmerich selbst des Mordes beschuldigt wird und inhaftiert wird.
Das Finale ist richtig spannend und bekommt nochmal einem unerwarteten Twist.

Sicher ist dieser tolle Wien-Krimi gelesen schon sehr gut, aber der wunderbare Cornelius Obonya macht die Story als Hörbuch absolut perfekt.
Er schafft es, mit seiner Stimme eine ganz besondere Atmosphäre zu erschaffen, die das historische Wien, wie in einem schwarz-weiß Film, vor dem inneren Auge ablaufen zu lassen.
Mit unterschiedlich ausgeprägtem Wiener Akzent gibt der Burg-Schauspieler den Figuren noch mehr Substanz.
Ein absolutes Hörbuch-Highligt!

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Veröffentlicht am 10.12.2022

Tanz der Zuckerfee

Die Schneeflockenmelodie
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Nina weiß nicht mehr weiter. Ballett ist ihr Leben, doch ihr Traum, eines Tages eine berühmte Tänzerin wie ihre geliebte Großmutter Maria zu werden, droht zu zerplatzen.
Als Maria aufgrund ihrer voranschreitenden ...

Nina weiß nicht mehr weiter. Ballett ist ihr Leben, doch ihr Traum, eines Tages eine berühmte Tänzerin wie ihre geliebte Großmutter Maria zu werden, droht zu zerplatzen.
Als Maria aufgrund ihrer voranschreitenden Demenz auch noch in ein Heim gebracht werden muss, scheint Ninas Kraft am Ende. Doch dann fällt der jungen Frau eine Schatulle mit einer alten Spieluhr und einem Notizbuch in die Hände. Diese offenbart ihr die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe zwischen einer Tänzerin und einem einfachen Spieluhrenmacher.

Das winterliche Cover mit den silber glitzernden Schneeflocken versetzen die Leser(innen) von Beginn an in vorweihnachtliche Stimmung.
Die Handlung erzählt abwechselnd aus dem Leben von Nina und Maria - jeweils in einem Winter in Wiesbaden.
Maria und Nina sind beide erfolgreich als Primaballerina, ihre liebstes Stück ist das Weihnachtsballett "Der Nussknacker" von Tschaikowsky und auch der Tanz der Zuckerfee ist beider Paraderolle.
Das Thema Ballett ist aber nur ein Teil der Handlung.
Es geht auch um ein manchmal schwieriges Mutter-Tochter-Verhältnis. Hier sowohl von Maria und ihrer Tochter Gabi und auch von Gabi und deren Tochter Nina.
Maria und Nina verlieben sich zu einer Zeit einer persönlichen, künstlerischen und damit auch beruflichen Krise und gehen damit ganz unterschiedlich um.
Das Finale ist schön und hoffnungsvoll, aber auch etwas traurig.
Das Leben besteht aus Gelegenheitan, auch aus denen, die wir verpassen.
Scott F. Fitzgerald

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Veröffentlicht am 03.12.2022

Eine Geschichte wie ein Leben

Der Salon
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München 1963: Den Traum vom eigenen Salon hat Leni auf Eis gelegt.
Zuerst 1958 der Tod ihres geliebten Bruders, dann 1960 das schreckliche Unglück mitten in München, haben sie ihr Träume vergessen lassen.
Die ...

München 1963: Den Traum vom eigenen Salon hat Leni auf Eis gelegt.
Zuerst 1958 der Tod ihres geliebten Bruders, dann 1960 das schreckliche Unglück mitten in München, haben sie ihr Träume vergessen lassen.
Die Familie, bestehend aus Mutter Käthe, "Schwägerin" Charlotte und Neffe Peter bestimmen jetzt den Rhythmus ihres Lebens.
Aber nach nunmehr 5 Jahren kündigen sich erste Veränderungen an: Nachdem zuerst Charlotte bei Bogner wieder einen interessanten Job in der Modebranche bekommen hat - und mit Walter einen Mann in ihr Leben lässt, tritt Leni ein Praktikum beim berühmten Vidal Sassoon in London an.
Wie wird ihr beruflicher Werdegang weitergehen? Wirklich den Salon von Käthe im dörflichen Hebertshausen übernehmen, da diese sich zurückziehen will? Oder doch in München durchstarten?
Auch kreisen immer häufiger sowohl Schorsch, als auch ihre erste große Liebe Karl durch ihre Gedanken. Für wen wird sie sich entscheiden?
Akexander Keller, ihr Chef und Gönner kämpft an gleich zwei Fronten - seine Entscheidungen betreffen auch Lenis Zukunft.

Auch wenn Leni im Mittelpunkt der Handlung steht, geht es immer auch um Charlotte, Schorsch, Walter, Alexander und all die anderen, die diese Geschichte zum Leben erwecken.
Denn sie alle stehen immer auch für die Zeit des Aufbruches und der Erneuerung nach dem Krieg.
Es sind gerade die jungen Frauen, die immer selbstbewusster werden und ein selbstbestimmtes Leben führen wollen.
Und sie zeigen dies der Welt u.a. mit Kurzhaarfrisuren von Vidal Sasoon und Miniröcken von Mary Quandt.
Weg mit alten Zöpfen, zeig was du hast, was du kannst!
Mit der Entwicklung von Leni im Dirndl und mit Gretl-Frisur, hin zu Marlene in Stiefeln zum kurzen Rock und mit frechem Bob, kann man dies hier ganz wunderbar miterleben, da die Autorin die Atmosphäre der 1960er Jahre perfekt einfängt.
Charlotte will nach Hans' Tod mehr sein als eine ledige Mutter und nimmt, gegen die gängigen Moralvorstellungen, mutig ihr Leben und ihre Zukunft in die eigenen Hände.
Noch mehr kämpft Alexander mit den Konventionen. Er muss nicht nur seine Homosexualität in der Scheinheiligkeit der damaligen Zeit noch immer verbergen, sondern auch um seinen Salon und seine große Liebe bangen. Irgendwann wird er sich nicht nur einer Lebenslüge stellen und eine Entscheidung treffen müssen.
Sie alle haben ihre persönlichen Geister an ihrer Seite und auch Walter trägt schwer an seiner Vergangenheit, hat er doch ein Geheimnis, welches zurückreicht in die dunkelste Zeit Deutschlands.
Wann ist der richtige Zeitpunkt das Schweigen zu brechen?
Und Schorsch? Er ist der Fels in der Brandung, der Freund, der Helfer zu jeder Zeit. Er war in der Geschichte mein heimlicher Held.
In einer Geschichte, die echt ist und voller Leben.
Eine Geschichte, in der es um Liebe und Verlust, Angst und Mut, Verzweiflung und Hoffnung geht.
Und es ist auch eine Geschichte um Chancen, die man nicht verpassen oder vorbeiziehen lassen sollte.
Ähnlich einem Kaleidoskop der Gefühle malt Julia Fischer eine Welt mit allen Höhen und Tiefen, die ein Leben bieten kann!
Eine bis ins kleinste Detail unfassbar gute und breitgefächerte Recherche erlaubt es der Autorin, interessante und spannende Fakten wie nebenbei in der Handlung zu verweben.
Dazu geben einzelne bekannte Namen und Ereignisse der Geschichte einen nahezu vertrauten Rahmen.
Auch gelingt es Julia Fischer mit ihrem sehr empathischen Schreibstil stets grandios, eine Geschichte so zu erzählen, dass die Leser(innen) das Gefühl haben dabei gewesen zu sein.
Gern würde ich wissen, wie es weitergeht in dieser Welt, die jetzt größer und bunter ist, als die "Schneekugelwelt" aus Lenis Kindheit in Hebertshausen.

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