Was der Krieg mit den Menschen macht
Eine Liebe zwischen den FrontenFür die Französin Madeleine und den deutschen Arzt Paul endet der 15. Juli 1870 in einem Albtraum. Eigentlich feiern sie gerade ihre Verlobung, als sie die Nachricht erhalten, dass es zwischen Preußen ...
Für die Französin Madeleine und den deutschen Arzt Paul endet der 15. Juli 1870 in einem Albtraum. Eigentlich feiern sie gerade ihre Verlobung, als sie die Nachricht erhalten, dass es zwischen Preußen und Frankreich Krieg gibt. Ich stelle mir die Lage der Liebenden schrecklich vor. Von einem zum nächsten Moment gehören sie verfeindeten Ländern an. Paul muss seinen Dienst als Militärarzt antreten, und Madeleine versucht, zusammen mit ihrem Vater, in ihre Heimatstadt Metz zu gelangen. Keiner weiß, ob sie sich je wiedersehen werden. Madeleine und Paul sind die wichtigsten Personen des Romans. Aber es gibt noch weitere Charaktere, die im Verlauf der Geschichte eine bedeutende Rolle spielen. Da sind zum Beispiel Karim und seine Schwester Djamila. Die beiden jungen Menschen stammen aus Algerien. Nun kämpft Karim in diesem schrecklichen Krieg auf der Seite der Franzosen, die sein Land besetzt und seine Eltern umgebracht haben. Djamila arbeitet im Haus der Familie Téllier, Madeleines Elternhaus, als Dienstmädchen. Und dann ist da noch Clément, Madeleines Bruder, ein Rebell und Getriebener, der in diesem Krieg ganz eigene Wege geht.
Das Geschehen ist aus den Blickwinkeln der verschiedenen Charaktere geschildert. Man kommt den Protagonisten sehr nahe, lernt ihre Sichtweisen kennen, erfährt sehr viel über ihre Gedanken, Gefühle und Beweggründe. Jeder von ihnen steht auf einer anderen Seite, und die Sorgen nehmen überhand. Die eindringlich geschilderten persönlichen Schicksale stehen für viele, die damals vielleicht in einer ähnlichen Lage waren.
Maria W. Peters historischer Roman über den Deutsch-Französischen Krieg ist kurz vor dem 150. Jahrestag der Kriegserklärung erschienen. Man mag sagen, das ist lange her, aber andererseits haben zu diesem Zeitpunkt damals meine Urgroßeltern schon gelebt, und der Krieg tobte nicht irgendwo, sondern mitten in Europa. Auch hatte dieser Krieg enorme Aus- und Nachwirkungen, die zum Teil bis in unsere heutige Zeit hinein noch zu spüren sind.
Interessant und wichtig finde ich, dass Karim und Djamila sehr ausführlich zu Wort kommen und man auch ihren Standpunkt, ihr Weltbild kennenlernt. Gerade über Algerien als französische Kolonie und wie die Menschen dort darunter gelitten haben, weiß man heute sehr wenig.
Maria W. Peter hat einen mitreißenden Erzählstil. Sie schreibt historisch äußerst korrekt, realitätsbezogen, sehr eindringlich und beschönigt nichts. Als Leser wird man quasi ins Kriegsgeschehen hineingeworfen und mit dramatischen Szenen konfrontiert. Manchmal musste ich direkt ein wenig pausieren, weil es mich schon fast körperlich schmerzte, über die Greuel dieses schrecklichen Kriegs zu lesen. Aber es gibt auch sehr schöne Begegnungen und berührende Szenen der Hoffnung in diesem Buch.
Im sehr ausführlichen Nachwort der Autorin erfährt man noch jede Menge über die politischen Zusammenhänge und Hintergründe. Hier wird erst noch einmal richtig klar, wie viele wahre Begebenheiten die Autorin in ihren Roman eingeflochten hat. Ihr gilt mein großer Respekt für die grandiose Recherchearbeit, die diesem Buch vorausgegangen ist und natürlich für den authentischen, sehr eindrucksvollen Roman, den sie daraus gemacht hat.