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Veröffentlicht am 13.03.2019

So fesselnd wie die Vorgänger

Das Banner des Löwen
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Zwischen dem Ende des vorherigen Bandes und dem Beginn dieses Romans liegen nur wenige Monate. Robin und sein alter Freund Charles D‘Artagnan waren unterwegs, guten Wein für das bevorstehende Weihnachtsfest ...

Zwischen dem Ende des vorherigen Bandes und dem Beginn dieses Romans liegen nur wenige Monate. Robin und sein alter Freund Charles D‘Artagnan waren unterwegs, guten Wein für das bevorstehende Weihnachtsfest zu besorgen. Auf dem Heimweg treffen sie auf die erschütternden Überreste eines brutalen Massakers, das sich in dem kleinen Ort Tonneins an der Garonne abgespielt hat. Simon de Montfort zieht mit seinem Heer mordend und raubend durch die Lande, um die Katharer und ihre Sympathisanten auszurotten. Er ist überzeugt, im Interesse des Papstes und somit auch im Namen Gottes zu handeln. Robin ist erschüttert und zögert nicht, sich für die Verfolgten einzusetzen, denn sollte es Montfort gelingen, den Süden Frankreichs zu erobern, ist nicht nur das Erbe von Eleonore von Aquitanien in Gefahr, sondern auch Robins und Marians neue Heimat, ihr geliebtes Chateau de Lisse. Das schlimmste an der ganzen Sache sind jedoch die vielen unschuldigen Opfer, denn Montfort und seine Schergen gehen mit roher Gewalt gegen die Menschen vor, nur weil diese in Glaubensdingen nicht hundertprozentig mit der katholischen Kirche übereinstimmen. Selbst vor Frauen und Kindern machen sie nicht Halt.

Auch in diesem vierten Band hält sich Mac P. Lorne nicht mit langen Vorreden auf, sondern katapultiert die Leser wieder postwendend mitten ins Geschehen. Über einen Zeitraum von zehn Jahren begleiten wir Robin und seine Freunde bei ihrem Kampf um die Freiheit. Ruhe ist den Protagonisten auch in diesem Roman nicht vergönnt. Ein umfangreicher Abschnitt des Buches ist der Belagerung von Toulouse gewidmet. Interessant und sehr gelungen ist, wie der Autor seine fiktiven Helden wieder ins historische Geschehen einbringt und agieren lässt, denn bei allen Belagerungen und Kämpfen ist Robin immer mitten drin, und natürlich sind auch seine Frau Marian, sein Ziehsohn Fulke und seine guten Freunde wieder mit von der Partie.

Die katholische Kirche zur damaligen Zeit kommt nicht gut weg in diesem Roman, zu viele Intrigen und Machtkämpfe gab es da. Gerade die Szenen, die im Buch besonders unglaubwürdig erscheinen, beruhen auf realen historischen Begebenheiten, und ich bin immer wieder fassungslos, was im Namen Gottes so alles verbrochen wurde, meist auch noch in dem Glauben, das Richtige zu tun.

Robin ist mittlerweile nicht mehr der Jüngste und auch um einiges ruhiger und besonnener geworden, aber wenn das Unrecht zu groß wird, kann er sich einfach nicht zurückhalten und gerät auch diesmal wieder mehrfach in brenzlige Situationen.

„Das Banner des Löwen“ steht seinen Vorgängern in nichts nach, wenn es um mitreißende Unterhaltung geht. Dabei hält sich der Autor stets sehr nah an der Realität, und seine Erläuterungen zeichnen sich weitgehend durch historische Genauigkeit aus. Zwei Karten und ein Personenregister am Beginn des Buches helfen dabei, die Übersicht zu behalten, und anhand der Zeittafel im Anhang findet man die historischen Daten in einer übersichtlichen Tabelle.

Einen weiteren Band haben wir noch vor uns, und ich bin schon sehr gespannt darauf. Ob Robin dann endlich seinen Lebensabend genießen kann? Ich bezweifle es ja, denn das sähe ihm so gar nicht ähnlich.

Veröffentlicht am 27.02.2019

Von einer Liebe in Kriegszeiten, die nicht sein darf

Das Weingut. In stürmischen Zeiten
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Entdeckt habe ich die Autorin für mich, als ich vor drei Jahren „Blut und Seide“ gelesen habe. Das Buch hat mich mitgerissen und begeistert, und darum warten inzwischen auch die anderen Bücher von Marita ...

Entdeckt habe ich die Autorin für mich, als ich vor drei Jahren „Blut und Seide“ gelesen habe. Das Buch hat mich mitgerissen und begeistert, und darum warten inzwischen auch die anderen Bücher von Marita Spang in meinem Regal darauf, gelesen zu werden. Ja, Marie Lacrosse ist Marita Spang! Als mir das klar wurde, kam auch das Weingut gleich auf meine Wunschliste. Während die unter ihrem Namen Marita Spang veröffentlichen Romane zeitlich eher im Mittelalter und der frühen Neuzeit angesiedelt sind, spielt ihre Dilogie „Das Weingut“, die unter diesem Pseudonym Marie Lacrosse veröffentlicht wurde bzw. wird, in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Im ersten Band „In stürmischen Zeiten“ lernen wir die junge Waise Irene kennen. Schon im Prolog erfährt man einiges über Irenes Geburt und ihre Mutter, wenn man auch vieles noch nicht genauer zuordnen kann. Die Schwestern im Waisenhaus hüllen sich in Schweigen, wenn Irene nach ihrer Herkunft fragt. Als eines Tages der betuchte deutsche Weinhändler Wilhelm Gerban im Heim auftaucht und Irene als Dienstmädchen auf sein Weingut im Elsass holt, scheint das ein Glücksfall für die junge Frau zu sein. Bald lernt sie Franz Gerban, den Sohn des Hauses kennen und verliebt sich in ihn. Diese Liebe beruht auf Gegenseitigkeit, aber das Glück wird bald getrübt, denn Europa befindet sich am Vorabend des Deutsch-Französischen Kriegs. Franz ist ein junger Mann mit hohen Idealen. Er glaubt an die französische Revolution und schließt sich bei Kriegsbeginn der französischen Seite an. Aber nicht nur das Kriegsgeschehen setzt dem jungen Liebespaar zu, sondern Irene und Franz müssen gegen gemeine Intrigen und Lügen ankämpfen, und je mehr man erfährt, umso hoffnungsloser erscheint ihre Liebe. In Franz‘ Abwesenheit macht Wilhelm Gerban Irene das Leben schwer und möchte sie mit Gewalt aus dem Haus und der Familie drängen.
Sehr bewusst wird einem beim Lesen die Kluft zwischen den Gesellschaftsklassen der damaligen Zeit. Durch die Augen von Franz, der einige Zeit als ganz normaler Arbeiter im Weingut seines Onkels tätig ist, sieht man das Leid der Menschen, die für wenig Geld in den Weinbergen schuften und keine wirkliche Perspektive haben. Franz versucht, sich für diese Menschen einzusetzen, aber bei Vater und Onkel beißt er da auf Granit und kann nur zu sehr geringen Verbesserungen der Lebenssituation der Arbeiter beitragen.
Insgesamt wirken die meisten Gerbans nicht sonderlich sympathisch, egal ob man nun Wilhelm oder auch seinen Bruder Gregor samt Ehefrau Ottilie ansieht. Franz‘ jüngere Schwester Mathilde ist eine launische und verwöhnte junge Frau und entpuppt sich im Lauf der Zeit immer mehr als intrigantes Miststück. Pauline, Wilhelms französische Ehefrau und die Mutter von Franz und Mathilde, ist eine liebe aber schwache Frau, die sich immer öfter in ihre eigene Welt zurückzieht und Trost im Laudanum sucht.
Die Charaktere sind allesamt sehr intensiv ausgearbeitet, wobei Wilhelms und Mathildes Gemeinheiten für mich oft nicht nachvollziehbar waren. Irene ist Mathilde vom ersten Moment an ein Dorn im Auge, eigentlich grundlos, wie mir scheint. Zwar neigt Mathilde generell zu Biestigkeiten, aber wieso sie gerade auf Irene derart bösartig herum hackt, hat sich mir nicht immer erschlossen. Wilhelms Verhalten dagegen birgt ein Geheimnis, das man zwar bereits früh ahnen kann, aber definitiv erst ziemlich zum Ende der Geschichte erfährt und wodurch vieles verständlicher wird.
Das Cover des Buches, mit dem schönen alten Gutshaus, den Weinbergen in der Sonne und den Rosen am Wegesrand, vermittelt einen friedlichen, idyllischen Eindruck, aber das täuscht gewaltig. Tatsächlich gibt es im ganzen Roman nur sehr wenige schöne oder gar romantische Momente. In der Handlung dominiert das Kriegsgeschehen. Die Autorin hat hier große Recherchearbeit geleistet und sich bei ihren Schilderungen an die überlieferten Tatsachen gehalten. So ist ihr auch ein sehr authentisches Bild der damaligen Verhältnisse gelungen. Gerade wenn man sich Franz ansieht, das Kind einer französischen Mutter und eines deutschen Vaters, wird der Wahnsinn hinter diesem Krieg offensichtlich. Bei den Schilderungen wusste ich manchmal nicht, wer denn jetzt eigentlich Freund und wer Feind ist. Es war einerseits interessant, etwas über diesen Krieg zu erfahren, denn darüber wusste ich bisher kaum etwas, aber ich muss gestehen, mir war es dann oft zu viel. Häufig musste ich beim Lesen pausieren, weil mir die Grausamkeit und die Hoffnungslosigkeit vieler Szenen und Schicksale so an die Nieren gegangen sind. Da liest man beispielsweise viele Seiten lang nur über die Bergung der Opfer nach der Schlacht.
Es ist ein guter Roman, keine Frage! Die Autorin kann einen mit ihrem erzählerischen Talent mitreißen, aber in diesem Buch hat mir doch ein wenig der Hoffnungsstreifen am Horizont gefehlt, denn die Tendenz der Handlung war weitgehend düster und trostlos.
Das Ende dieses ersten Teils lässt viele Fragen offen, und ich bin darum auch sehr gespannt auf die Fortsetzung. Ich hoffe nur, dass die Tendenz im zweiten Teil etwas positiver ist.

Veröffentlicht am 26.02.2019

Ein alter Ungarnsäbel und 900 Jahre deutsche Geschichte

Land im Sturm
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Eigentlich sind es gleich fünf Geschichten, die Ulf Schiewe in diesem großartigen Roman erzählt. Jede steht für sich, und doch gehören sie zusammen, denn sie berichten über die Schicksale einer Familie ...

Eigentlich sind es gleich fünf Geschichten, die Ulf Schiewe in diesem großartigen Roman erzählt. Jede steht für sich, und doch gehören sie zusammen, denn sie berichten über die Schicksale einer Familie über viele Generationen hinweg. Neben der fiktiven Familiengeschichte berichtet dieser Roman zugleich über Meilensteine deutscher Geschichte, beginnend 955 mit der großen Schlacht Ottos des Großen gegen die Ungarn bis hin zur Märzrevolution im Jahr 1848 in Berlin. Ulf Schiewe hat sich für fünf Episoden entschieden, die eine besonders große Auswirkung auf die deutsche Geschichte hatten. Er hat Ereignisse geschildert, die maßgeblich für weitere Entwicklungen der Historie unseres Landes waren. Beschrieben hat er das jeweilige Zeitgeschehen immer aus der Sicht der Familie, die in allen Episoden eine Rolle spielt. Damit vermittelt er seinen Lesern ein klares, lebendiges Bild vergangener Jahrhunderte. Der „rote Faden“ des Romans ist in diesem Fall ein alter Ungarnsäbel, der von Generation zu Generation weitergegeben wird und in allen Episoden wieder auftaucht und eine maßgebliche Rolle spielt.
Obwohl jede Episode in gewisser Weise einen Abschluss findet und man sich immer wieder auf eine neue Zeit, neue Gegebenheiten und neue Charaktere einstellen muss, wirkt das Buch in keiner Weise abgehackt, sondern man bleibt ständig im Lesefluss, zumindest mir ging es so. Am Ende einer Episode war ich immer gespannt, die Nachkommen kennenzulernen und zu erfahren, was sie mit den jeweils vorherigen Protagonisten verbindet. Ulf Schiewes eingängige und lebendige Schreibweise macht es einem leicht, die Zusammenhänge zu erfassen und sich mühelos durch die 925 Seiten des Buches zu arbeiten. Dabei erlebt man im Geist nicht nur spannende Abenteuer und hofft und bangt mit den Protagonisten mit, sondern man kann zugleich auch noch sein historisches Wissen erweitern.
Wie der Autor schreibt, ist dieser Roman das Projekt mehrerer Jahre. Bei dem umfangreichen Stoff, der hierfür zu recherchieren war, kann ich mir das sehr gut vorstellen. Es ist ein großes, vielschichtiges und ein mutiges Werk, das Ulf Schiewe hier geschaffen hat, und es ist ihm ganz hervorragend gelungen.

Veröffentlicht am 23.02.2019

Fesselnder Auftakt einer neuen Reihe von Silvia Stolzenburg

Die Meisterbanditin
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Dorf Brenz im Herzogtum Württemberg im August 1721:

Bisher schien die Welt der siebzehnjährigen Marie in Ordnung. Sie liebt den Bauernsohn Bartholomäus und freut sich auf eine gemeinsame Zukunft. Als ...

Dorf Brenz im Herzogtum Württemberg im August 1721:

Bisher schien die Welt der siebzehnjährigen Marie in Ordnung. Sie liebt den Bauernsohn Bartholomäus und freut sich auf eine gemeinsame Zukunft. Als sie erfährt, dass Bartholomäus sie nicht heiraten, sondern eine arrangierte Ehe mit einer anderen eingehen wird, sind nicht nur all ihre Hoffnungen zerstört, sondern ihr ganzes Leben im Dorf gerät aus den Fugen. Nicht nur die Nachbarn und Freunde wenden sich von ihr ab, sondern auch die eigene Familie.

Maries Schicksal steht für viele in der damaligen Zeit. Ohne eigenes Verschulden kommt sie plötzlich in Verruf und steht ohne Hoffnung auf ein gutes Leben und eine achtbare Zukunft da. In diesem Fall hat Marie die Wahl zwischen zwei Übeln. Entweder sie verdingt sich beim Schweinebauern oder sie geht nach Schloss Brenz und versucht, eine Anstellung als Dienstmagd zu finden. Sie wählt die zweite Möglichkeit. Zwar kann sie in die Dienste von Wilhelmine, der Mätresse des Herzogs von Württemberg treten, aber auch hier meint es das Schicksal nicht gut mit ihr, denn der herzogliche Jäger Hubertus stellt ihr nach. Da sie ihm nicht zu Willen ist, sondern sich verzweifelt wehrt, bezichtigt er sie des Diebstahls. Aber hier kommt ihr eine Fügung des Schicksals zur Hilfe, denn Wilhelmine durchschaut Hubertus und macht Marie den Vorschlag, für sie zu spionieren. Zu diesem Zweck schließt sich das Mädchen einer Truppe fahrender Schauspieler an. Aber auch dort wird ihr Leben nicht einfacher, denn nicht alle Mitglieder der Truppe sind ihr wohlgesonnen, und bei der Erfüllung ihrer Aufgabe gerät sie mehrmals in Gefahr.

Von Silvia Stolzenburg kenne ich bisher nur ihre historischen Romane um die Salbenmacherin Olivera. Diese Reihe verfolge ich von Anfang an mit Begeisterung. Aber die Autorin schreibt nicht nur historische Romane, sondern sie ist auch eine Meisterin in den Genres Krimi und Thriller. Im vorliegenden Buch hat sie die Genres geschickt verknüpft und lässt uns die ganze Bandbreite ihrer Schreibkunst erleben, denn sie konfrontiert ihre Leser mit einem fesselnden, brisanten Spionagefall aus dem 18. Jahrhundert. In diesem vielfältigen Roman gibt es jede Menge zu entdecken und zu erleben, denn durch Maries Augen lernt man das Leben der fahrenden Leute kennen und erhält auch einen interessanten Einblick in ihre Ausbildung zur Taschendiebin.

Dies ist zwar ein fiktiver Roman, jedoch mit einem wahren Kern, denn Wilhelmine, die Mätresse des Herzogs Eberhard Ludwig, ist eine reale historische Persönlichkeit und hat wirklich eine Zeitlang auf Schloss Brenz gelebt. Für die Autorin, die ihre ersten Kindheitsjahre in Brenz verbracht hat, war dieser Umstand natürlich von besonderem Reiz, und sie hat mit diesem Roman quasi der alten Heimat ein Denkmal gesetzt. Die vielschichtige Handlung zeugt von ausgiebiger Recherchearbeit. Mit farbigen Charakteren und einer fesselnden Geschichte sorgt Silvia Stolzenburg für Spannung und Abwechslung, und es ist ihr wieder ein Pageturner von Feinsten gelungen.

Der Epilog hat noch einige Überraschungen bereit, und es gibt einen Cliffhanger, der mich im ersten Moment irritiert hat, weil einiges offen bleibt. Ich habe nun aber erfahren, dass die Geschichte um Marie weitergehen wird und die Autorin bereits an der Fortsetzung arbeitet. Man darf also sehr gespannt sein.

Veröffentlicht am 19.02.2019

Die Schwestern von Mitford Manor

Die Schwestern von Mitford Manor – Unter Verdacht
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Die Autorin Jessica Fellowes ist die Nichte des Romanautors Julian Fellowes, der die Drehbücher zu der Serie „Downton Abbey“ geschrieben hat. Ich kenne und liebe die Serie und bin daher mit sehr hohen ...

Die Autorin Jessica Fellowes ist die Nichte des Romanautors Julian Fellowes, der die Drehbücher zu der Serie „Downton Abbey“ geschrieben hat. Ich kenne und liebe die Serie und bin daher mit sehr hohen Erwartungen an diesen Roman heran gegangen.
Besonders interessant daran fand ich, dass es die Mitford-Schwestern wirklich gegeben hat. Solche Geschichten, die einen dicken Kern Wahrheit beinhalten, mag ich sehr gerne, denn sie laden regelrecht dazu ein, neben dem Lesen ins Stöbern zu verfallen und alle möglichen Quellen und Informationen ergänzend auszugraben. Da kann ich einfach nicht widerstehen.
Gleich wenn man den vorderen Buchdeckel aufklappt, findet man dort eine Abbildung des wundervollen Anwesens, in dem die Mitfords lebten. Mit Hilfe des Fotos kann man sich noch besser in die Situationen hinein versetzen, die auf dem Anwesen der Familie spielen.
Interessant finde ich auch die Umschlaggestaltung, denn ziemlich am Anfang, als Louisa ihren Dienst bei den Mitfords antritt und von deren Tochter Nancy im Anwesen herumgeführt wird, gibt es eine Stelle, wo Nancy Louisa darüber aufklärt, dass Indigoblau die Farbe der Mitfords ist. Ich weiß nicht, ob die Farbgebung des Covers absichtlich so gewählt wurde, vermute es aber, denn der Umschlag ist tief indigoblau, mit goldfarbenem Druck und einem kleinen Bildausschnitt, der eine Dame und eine alte Lokomotive zeigt.

Mit ihrer Erzählung bringt uns die Autorin mitten in die Zwanziger Jahre. Die herrschende Atmosphäre, die Kluft zwischen den Gesellschaftsschichten, das alles kommt sehr gut heraus. In dieser Zeit geschieht ein brutaler Mord an der ehemaligen Krankenschwester Florence Nightingale Shore, nicht zu verwechseln mit der weltberühmten Krankenschwester Florence Nightingale, die zehn Jahre früher und eines natürlichen Todes starb, aber bei dem Mordopfer handelt es sich um deren Patenkind.
Den Mordfall und die Fortschritte seiner Aufklärung zu verfolgen, fand ich sehr spannend, wobei ich sagen muss, dass ich mir hier sehr hart getan habe, überhaupt ein wenig zu spekulieren. Ich hatte bis zuletzt keinen blassen Schimmer, wer der Mörder gewesen sein könnte. Der Mord beruht auf realen Tatsachen, nur wurde, soviel mir bekannt ist, der Mörder nie gefunden. Das hat Jessica Fellowes mit ihrem Roman nun geändert, denn hier wird der Mordfall durchaus zu einem Abschluss gebracht.
Trotz der stimmigen Atmosphäre und des faszinierenden Plots hatte ich bei dem Roman so meine Anfangsprobleme. Bei einigen Charakteren hat mich der sehr starke Schwarz-Weiß-Kontrast gestört. Auch hat sich manch einer der Protagonisten zu mir unverständlichen Handlungen hinreißen lassen. Vor allem habe ich Louisas Aktionen nicht immer einwandfrei nachvollziehen können. Auch ihre Entwicklung fand ich nicht hundertprozentig glaubwürdig. Ebenso Guy, der stark kurzsichtige Bahnpolizist, legt im Roman einen Werdegang hin, der sich gewaschen hat und den ich ihm nicht völlig abnehmen konnte. Aber die Autorin wollte ihrem historischen Krimi wohl durch eine zusätzliche Liebesgeschichte noch mehr Würze verleihen, was ja auch durchaus gelungen ist. Vor allem in den letzten Kapiteln überschlagen sich jedochdie Ereignisse, und manche Entwicklung erschien mir ein wenig weit hergeholt bzw. zusammenhangslos. Hier wurde einiges kurzerhand so zurecht gerückt, dass es am Ende zusammenpasst.
Meiner persönlichen Gegenüberstellung mit Downton Abbey hält der Roman nicht stand. Es ist halt die Crux, dass er sich diesem Vergleich überhaupt stellen muss, weil schon in der Vorschau zum Buch immer wieder auf die verwandtschaftlichen Zusammenhänge hingewiesen wurde, so dass man gar nicht umhin kommt, als immer wieder Vergleiche anzustellen, noch dazu, weil es in beiden Fällen um eine herrschaftliche Familie und ein tolles Anwesen geht.
Mein Fazit fällt trotz aller Kritikpunkte insgesamt gut aus, denn ich habe die Beschreibungen genossen, und der Schreibstil hat mir sehr gefallen. Auch wenn sich nicht alles ganz glaubwürdig entwickelt hat, so ist es der Autorin auf jeden Fall gelungen, mich ausgezeichnet zu unterhalten und mich sehr intensiv in die goldenen Zwanziger mitzunehmen.