Profilbild von Klusi

Klusi

Lesejury Star
offline

Klusi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Klusi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.12.2018

Grundsätzlich gute Ideen, aber insgesamt zu "abgehoben"

Magic Cleaning
0

Es gibt wohl kaum jemanden, der noch nichts von der Konmari-Methode gehört hat. Das Konzept von Marie Kondo ist in aller Munde. In den Medien findet man reichlich Anschauungsmaterial zu ihrer „Magie des ...

Es gibt wohl kaum jemanden, der noch nichts von der Konmari-Methode gehört hat. Das Konzept von Marie Kondo ist in aller Munde. In den Medien findet man reichlich Anschauungsmaterial zu ihrer „Magie des Aufräumens“. Videos und Bildbeschreibungen, wie man seine Wäsche nach Konmari faltet und ordnet, sind allgegenwärtig. Was ich in den diversen Videos gesehen habe, hat mich neugierig gemacht, und so habe ich mir kürzlich das Buch „Magic Cleaning“ besorgt, in der Hoffnung, hier noch mehr Tipps zu finden und das Konzept noch besser zu verstehen.
Nachdem ich nun die 223 Seiten starke Abhandlung fertig gelesen habe, bin ich etwas zwiegespalten, was ich davon halten soll. Ehrlich gesagt hat mir das Buch nicht wirklich neue Erkenntnisse beschert. Einiges wusste ich ja bereits über die Konmari-Methode und setze es auch gerne ein. Wenn es darum geht, Ordnung in die heimischen Schränke zu bringen, sind viele Ideen der professionellen Aufräum- und Ordnungsberaterin durchaus sinnvoll und gut.
In diesem Buch erzählt sie aus der Praxis, was sie in verschiedenen Haushalten bei ihren Kunden erlebt hat und auch, wie sie überhaupt zu diesem außergewöhnlichen Beruf kam. Vieles im Buch wiederholt sich bei Marie Kondos Ausführungen. Man könnte eigentlich die Quintessenz auf einem Viertel der Buchseiten unterbringen, ohne etwas wirklich Wichtiges wegzulassen. Über manches musste ich schmunzeln, denn bei der Autorin scheint der Wahn, ständig aufräumen zu müssen, etwas Zwanghaftes zu haben. Vieles, was sie schreibt, finde ich schlichtweg übertrieben, beispielsweise wenn sie ihre Leser auffordert, sich abends bei der Kleidung zu bedanken, die man tagsüber getragen hat oder wenn sie schreibt, man solle sein Haus begrüßen, wenn man heim kommt. Mit meiner Aloe Vera oder mit meinen Orchideen zu sprechen, kann ich noch nachvollziehen, denn dabei handelt es sich um etwas Lebendiges. Aber Zwiesprache mit meinen Schuhen oder mit dem Staubsauger zu führen, das geht eindeutig zu weit! Auch ihre Ansicht, man solle die Umverpackung gekaufter Sachen und die darauf abgedruckten Werbesprüche entfernen, damit Weichspüler, Duftkerze & Co. zu wahren Familienmitglieder werden können, finde ich einfach nur krass. Für mich ist das regelmäßige Aufräumen und Ausmisten eine Tätigkeit, die gemacht werden muss, damit man sich langfristig in seinem Haushalt wohlfühlen kann. Allerdings kann ich mich nicht wirklich über diese Tätigkeit identifizieren. Ich sehe das Aufräumen und Ordnunghalten nicht als Selbstverwirklichung, denn dafür gibt es wahrhaft sinnvollere Beschäftigungen.
Wie gesagt, ich bin durchaus der Meinung, dass Marie Kondo wertvolle Tipps parat hat, die für jeden hilfreich sein können, aber bleiben wir doch mal auf dem Teppich, vieles was sie hier im Buch schreibt, finde ich sehr „abgehoben“. Was mich jedoch am allermeisten stört, ist ihre Aufforderung, die Dinge, die man nicht mehr braucht, wegzuwerfen. Ökologisch ist anders! Klar, Minimalismus ist der neue Trend, und er hat sehr viel Gutes, aber ich persönlich kann keine Befriedigung daraus ziehen, alles wegzuwerfen, was mich nicht gerade glücklich macht. Das sehe ich schlichtweg als Verschwendung an, und letztendlich ist dieses Verhalten auch nicht besser als das, was wir ständig an der heutigen „Wegwerfgesellschaft“ kritisieren. Die Müllberge wachsen ohnehin ins Unermessliche, auch ohne derartige„Mithilfe“.
Ordnung halten und klare Linien schaffen ist gut, aber nicht dadurch, unzählige gefüllte Müllsäcke beim nächsten Schrottplatz oder auf der Abfalldeponie abzuladen. Marie Kondos Ansicht, man bringe den Dingen, die man nicht mehr braucht, mehr Wertschätzung entgegen, wenn man sie wegwirft, statt sie im hintersten Winkel eines Schrankes aufzuheben, empfinde ich als zweifelhaft.
Trotz meiner vielen Vorbehalte bereue ich nicht, das Buch gelesen zu haben, denn wie bereits erwähnt, hat die Autorin durchaus viele brauchbare Tipps und Ratschläge parat. Nur sollte man nicht einfach das Konzept dieses Buches komplett und kritiklos übernehmen. Sich mit der Thematik kritisch zu befassen und individuelle Ideen mit der Konmari-Methode zu ergänzen, ist sinnvoller, denn sind wir doch mal ehrlich, ich kann es mir nicht leisten, derart das Geld (in Form von „Müll“) aus dem Fenster zu werfen.

Veröffentlicht am 14.12.2018

Kurzes Gastspiel

Ein ferner Duft wie von Zitronen
0

Dieses kleine Büchlein ist in der Fischer Taschenbibliothek erschienen. Ich liebe und sammle die kleinen Bände, denn sie sind immer besonders schön ausgestattet, da macht auch dieser hier keine Ausnahme. ...

Dieses kleine Büchlein ist in der Fischer Taschenbibliothek erschienen. Ich liebe und sammle die kleinen Bände, denn sie sind immer besonders schön ausgestattet, da macht auch dieser hier keine Ausnahme. Der grüne Einband in Leinenstruktur, die gelbe Schrift des Titels und der schwarz-weiße Weihnachtsbaum sind alle wie von einem zarten Goldhauch bestäubt. Dass die Autorin „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry“ geschrieben hat, war dann für mich ausschlaggebend, dieses Büchlein haben und lesen zu wollen.
Die ganze Geschichte ist auf 55 kleinen Seiten untergebracht, was bei normaler Größe vermutlich ungefähr die Hälfte an Seiten ergeben würde, also wirklich eine Kurzgeschichte.

Binny hat Kummer, denn gerade erst ist ihre Ehe und damit gefühlt ihr ganzes Leben zu Bruch gegangen. Sie ist antriebslos und überfordert, denn Weihnachten steht vor der Tür. Je mehr ich über sie und ihren Mann Oliver jedoch erfahre, umso mehr merke ich, mit beiden nicht warm werden zu können. Sie sind mir fremd geblieben, und ich konnte mich so gar nicht in sie hinein versetzen. Binny ist nicht erst durch das kürzlich Erlebte so aus der Bahn geworfen, sondern sie scheint ihr ganzes Leben schon länger nicht im Griff zu haben. Ihr inneres Durcheinander überträgt sich auf ihr Umfeld, denn anscheinend herrscht nicht nur in ihrem Kopf und im Herzen, sondern auch in ihrem Haus das blanke Chaos. Oliver kommt bei mir gar nicht gut weg, denn er wirkt in der Erzählung auf mich wie ein verwöhntes kleines Kind. Die einzige Person, der ich Sympathie entgegen bringen kann, ist die junge Frau in dem Laden, den Binny zufällig betritt. Sie versucht, trotz einer sehr schlimmen Erfahrung in der Vergangenheit, Normalität in ihr Leben zu bringen. Die Mittel, zu denen sie greift, sind außergewöhnlich, aber tröstlich und anscheinend heilsam. Auch auf Binny überträgt sich die Ausstrahlung und Ruhe dieser jungen Verkäuferin.
Zwar spielt die Geschichte an Heiligabend, aber weihnachtlich empfand ich sie eigentlich gar nicht. Sie hätte zu jeder anderen Zeit auch spielen können. Sie ist schön und schnell zu lesen und wirkt hauptsächlich durch ihre Symbolik, wobei sie auf mich keinen wirklichen Eindruck hinterlassen konnte. Ich muss gestehen, dass ich Binny und Oliver, eigentlich die ganze kurze Handlung, sehr schnell wieder vergaß, nachdem ich das Büchlein zugeklappt hatte. Es handelte sich für mich also nur um ein sehr kurzes Gastspiel. Um diese Rezension zu schreiben, musste ich das kleine Buch erneut lesen. Ehrlich gesagt hatte ich mir beim Namen „Rachel Joyce“ mehr erwartet.

Veröffentlicht am 12.12.2018

Das Haus der Seidenblüten

Das Haus der Seidenblüten
0

Die Autorin stammt aus einer Seidenweberfamilie, deren Tradition in Sachen Seide dreihundert Jahre zurück reicht. Darum drehen sich ihre Romane alle in irgend einer Form um diesen kostbaren Stoff und seine ...

Die Autorin stammt aus einer Seidenweberfamilie, deren Tradition in Sachen Seide dreihundert Jahre zurück reicht. Darum drehen sich ihre Romane alle in irgend einer Form um diesen kostbaren Stoff und seine Herstellung. Schon ihr Debütroman „Das Kastanienhaus“ hat mich fasziniert, denn auch da spielte die Seide eine wichtige Rolle, wenn auch in ganz anderem Rahmen, denn dieser Roman spielt im Zweiten Weltkrieg.
Für „Das Haus der Seidenblüten“ ist Liz Trenow viel weiter zurück gegangen, denn die Handlung spielt in den Jahren 1760/1761. Als die Pfarrerstochter Anna Butterfield aus dem beschaulichen Suffolk nach London kommt, erlebt sie dort eine ganz andere Welt. Im Haus ihrer Tante hat sie kaum Freiheiten, so darf sie beispielsweise das Haus nicht ohne Begleitung verlassen. Sie leidet sehr unter den Beschränkungen, denen sie hier unterworfen ist. Ihre Tante ist bestrebt, sie so schnell wie möglich zu verheiraten, selbstverständlich an einen Mann aus ihren Kreisen. Der Standesdünkel ist enorm, so dass kaum ein Gespräch mit jemandem möglich ist, der einer anderen Gesellschaftsklasse angehört. Als Anna dem sympathischen Henri begegnet und sich in den jungen Mann verliebt, ist beiden bewusst, dass diese Liebe nicht sein kann, denn Henri ist ein französischer Einwanderer, wenn auch ein fleißiger und begabter Seidenweber, aber weit unter dem Stand ihrer Familie, zumindest wenn man ihre Tante fragt.
Durch Zufall begegnen sie sich jedoch öfter und erkennen, dass sie in gewisser Weise ein gemeinsames Interesse haben. Anna ist künstlerisch begabt und malt am liebsten Naturmotive, und Henri ist fasziniert von den Mustern, die sie zeichnet. Zu gerne würde er die zarten Blütenranken für sein Meisterstück in Seide weben.
Für ihre Protagonistin hat die Autorin ein historisches Vorbild gewählt, nämlich eine der ersten englischen Textildesignerinnen, Anna Maria Garthwaite. Dass sie das Leben dieser Künstlerin aus dem 18. Jahrhundert fasziniert, ist nur allzu verständlich, und wenn man im Internet einmal nach ihren Mustern sucht, findet man eine Fülle an Designs, die so bezaubernd sind, dass man Liz Trenows Faszination noch besser nachempfinden kann. Beim Betrachten der Muster wird einem erst deutlich, wovon die Autorin in ihrem Roman erzählt. Auch die praktische Umsetzung der Muster auf das Seidengewebe ist sehr detailliert erklärt, und diese Ausführungen fand ich auch recht spannend. Es ist eine bewegte Zeit, in der sich die Handlung abspielt. Die genaue Zeitabfolge der Weber-Aufstände und der sonstigen historischen Ereignisse ist im Anhang wiedergegeben und eine interessante Ergänzung zur fiktiven Geschichte. Der Handlungsstrang um Henri und sein Umfeld ist auch sehr fesselnd dargestellt. Aber dazwischen erlebt man Anna im Haus ihrer Tante, und ihr Aufenthalt in London gestaltet sich eher öde. Sie wird zu Empfängen geschleppt, und ein junger Anwalt macht ihr den Hof. Dass Anna auch Persönlichkeiten wie den Maler Thomas Gainsborough oder den Botaniker Georg Ehret kennenlernt, ist nur ein schwacher Trost, denn das alles zieht sich doch ziemlich in die Länge. In den Kapiteln, die sich um Anna und ihre Erlebnisse in London drehen, ging es mir wie der Protagonistin selbst, ich habe mich gelangweilt. Das Ende ist einerseits schön, aber auch wieder zu phantastisch, und so ganz konnte ich es nicht nachvollziehen, denn nach der Vorgeschichte läuft hier alles viel zu glatt. Das war für mich dann doch ein Wermutstropfen in einem eigentlich sehr schönen Roman.

Veröffentlicht am 26.11.2018

Farbenprächtiger Indienroman mit einer starken Protagonistin

Die englische Fotografin
0

Der Roman entführt die Leser ins Indien der 1930er Jahre. Die verwitwete Fotografin Eliza soll das Leben im Palast und die Mitglieder der Familie des Maharadscha von Rajputana porträtieren. Mit Begeisterung ...

Der Roman entführt die Leser ins Indien der 1930er Jahre. Die verwitwete Fotografin Eliza soll das Leben im Palast und die Mitglieder der Familie des Maharadscha von Rajputana porträtieren. Mit Begeisterung macht sie sich an ihre Aufgabe, merkt aber schnell, dass sie einigen Personen ein Dorn im Auge ist und von ihnen in ihrer Arbeit behindert wird. Letztendlich weiß sie nicht, wem sie überhaupt vertrauen kann, denn während ihres Aufenthalts im Palast wird sie immer wieder in Intrigen verwickelt. Der Roman beschäftigt sich sehr intensiv mit der indischen Kultur und den Bräuchen, und Eliza macht so einige schlimme Erfahrungen, denn die Gepflogenheiten sind hier so ganz anders als in ihrer Heimat.
In dieser exotischen Umgebung wird ihr auch ein alter Kummer und Verlust stark bewusst, denn sie lebte bereits in ihrer Kindheit eine Zeitlang in Indien, bis ihr Vater bei einem Attentat ums Leben kam. Sie erfährt viel Neues und Fremdes, und inmitten der Verwirrung verschenkt sie auch noch ihr Herz – ausgerechnet an Jay, den Bruder des Fürsten. Jay erwidert ihre Gefühle, aber die Liebe zwischen einem Inder und einer Engländerin ist nicht gewünscht und die Beziehung zwischen Jay und Eliza ein Ding der Unmöglichkeit, da Jay der nächste Anwärter auf den Thron des Maharadschas ist.
Wie sich die Dinge entwickeln, verrate ich natürlich nicht, denn es lohnt sich auf jeden Fall, diesen farbenprächtigen Roman zu lesen und sich auf die detailreichen Schilderungen dieser geheimnisvollen Welt Indiens einzulassen. Die Autorin beschreibt aber nicht nur die schönen Seiten Indiens, sonder auch die Problematik dieses durch die Engländer kolonisierten Landes. Ich habe den Roman gerne gelesen und die Handlung mit Spannung verfolgt. Die Charaktere empfand ich zum Teil etwas zwiespältig. Selbst Eliza und Jay, eigentlich Sympathieträger, neigen zwischendurch zu Entscheidungen und Gedankengängen, die ich nicht ganz nachvollziehen konnte.

Nicht so recht anfreunden konnte ich mich mit dem Ende, als sich plötzlich die Ereignisse überschlagen und vieles, was man vorher erfahren hat, plötzlich anscheinend keine Bedeutung mehr hat. Der Ausgang wirkte auf mich ziemlich konstruiert und unglaubwürdig, irgendwie künstlich zurecht gerückt, aber das ist natürlich Ansichtssache, und dieser Punkt schmälert meinen guten Gesamteindruck nur in geringem Maße.

Veröffentlicht am 24.11.2018

Die Hebammen von London

Die Hebammen von London
0

Edith Beleites habe ich durch ihre Romane um Clara, die Hebamme von Glückstadt, kennengelernt. Ich habe alle fünf Bände verschlungen und war begeistert von diesen historischen Romanen, die im 17. Jahrhundert ...

Edith Beleites habe ich durch ihre Romane um Clara, die Hebamme von Glückstadt, kennengelernt. Ich habe alle fünf Bände verschlungen und war begeistert von diesen historischen Romanen, die im 17. Jahrhundert spielen und in denen es sehr ausführlich um den Beruf der Hebammen geht.
Auch in ihrem Jugendroman „Die Hebammen von London“ ist die Protagonistin eine angehende Hebamme. Lilly geht bei Mrs. Mansfield in Wickham in die Lehre. Als Tochter des Stallmeisters von Lady Fenton wird sie von der Gräfin gefördert und unterstützt, denn die Lady hat großes Interesse an einer guten Versorgung der schwangeren Frauen in ihrer Grafschaft. Aus London kommen bedenkliche Nachrichten, denn dort scheint ein Dr. Smollett die Geburtshilfe als Männerdomäne anzusehen. Auch wenn er fachlich einerseits kompetent ist, so scheut er nicht davor zurück, Schwangere aus ärmsten Verhältnissen für seine brutalen Experimente auszunutzen. Ihr letztes Lehrjahr möchte Lilly in London verbringen, um sich bei der bekannten Hebamme Mrs. Hill weiteres Wissen anzueignen und ihre bestehenden Kenntnisse zu erweitern. In London gerät sie schnell zwischen die verhärteten Fronten zwischen Hebammen und Ärzten. Beide Berufsgruppen beanspruchen das alleinige Recht auf die „richtige“ Geburtshilfe für sich.
In ihrem Bestreben, dem Problem auf den Grund zu gehen und herauszufinden, ob Dr. Smollett wirklich so schlimm ist wie sein Ruf bei den Hebammen, bringt sich Lilly bald in Gefahr.

Grundsätzlich finde ich es sehr interessant, etwas über die damalige Geburtshilfe zu erfahren, und in diesem Roman zeigt sich wieder, dass die Autorin sich sehr intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt hat. Manchmal war es für mein Empfinden dann doch etwas zu gründlich, wie man hier in die Wissenschaft der Geburtshilfe eingeweiht wird.
Lilly, die Hauptperson der Geschichte, ist sehr sympathisch dargestellt, wirkte auf mich aber manchmal zu abgeklärt und altklug für ihr Alter. In so mancher Szene ist beschrieben, wie sie selbst ihrer Lehrmeisterin Mrs. Hill überlegen zu sein scheint und für jedes Problem, an dem andere zu knabbern haben, sofort die bestmögliche Lösung präsentiert.
Inwieweit es unter den Ärzten damals wirklich solche „Schlächter“ gegeben hat und ob die Kluft zwischen Ärzten und Hebammen wirklich so tief war, kann ich nicht beurteilen. Manches erschien mir beim Lesen doch etwas sehr extrem, und wieder andere Passagen empfand ich als zu modern für das 18. Jahrhundert, so dass ich meine Zweifel hege, ob sich damals wirklich alles so abgespielt haben könnte.
So ganz nebenbei erlebt man die Entwicklung einer zarten Liebe mit, die sehr schön beschrieben ist und wiederum perfekt in die damalige Zeit passt. Das Ende ist überraschend, und man erfährt noch ein interessantes Familiengeheimnis.
Abgesehen von ein paar Längen und einigen Punkten, die für mein Empfinden nicht völlig glaubwürdig sind, habe ich den Roman gerne gelesen, auch wenn er nicht ganz an die erfolgreiche Serie um die Hebamme von Glückstadt heran reicht.