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Veröffentlicht am 20.08.2017

Solange die Hoffnung uns gehört

Solange die Hoffnung uns gehört
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Eigentlich ist Anni ja evangelisch getauft, aber das macht für das NS-Regime keinen Unterschied. Sie wird behandelt wie all die anderen Juden. Nichts was sie alle vorher geleistet haben, zählt mehr. Man ...

Eigentlich ist Anni ja evangelisch getauft, aber das macht für das NS-Regime keinen Unterschied. Sie wird behandelt wie all die anderen Juden. Nichts was sie alle vorher geleistet haben, zählt mehr. Man erlebt, wie Anni ihre Stelle am Theater verliert. Die einst gefeierte Opernsängerin ist von einem auf den anderen Tag brotlos geworden. Mit diesem Schicksal ist sie nicht allein. Selbst vor so genannten „Mischlingen“, wie die Menschen bezeichnet werden, in deren Adern nur zum Teil jüdisches Blut fließt, macht das Regime nicht Halt, und so hat Anni ständig Angst um ihre kleine Tochter. Als sich die Übergriffe gegen die Juden häufen, trifft Anni eine schwere Entscheidung. Sie schickt Ruth mit einem der Kindertransporte, die von den Quäkern organisiert werden, nach England. Zwar bricht ihr die Trennung fast das Herz, aber zumindest weiß sie ihr Kind in Sicherheit. Auch hegt sie die Hoffnung, bald nachkommen zu können. Was mir bisher noch nie so klar war, ist, dass Juden, die im Dritten Reich Deutschland verlassen wollten, diese Ausreise teuer bezahlen mussten. So war es vielen nicht möglich, rechtzeitig zu flüchten, weil sie das Geld nicht aufbringen konnten. Dieser sinnlose Widerspruch ist mir unbegreiflich. Man wollte die jüdischen Mitbürger nicht im Land haben, aber man ließ sie auch nicht einfach gehen, sondern legte ihnen immer wieder Steine in den Weg.
Anni kämpft und legt jeden Pfennig zur Seite, wo sie nur kann, aber es reicht hinten und vorne nicht, und so bricht der Krieg aus und sie sitzt immer noch in Deutschland fest. Ruth hofft und bangt täglich, Neuigkeiten von Anni zu hören. Sie wünscht sich so sehr, ihre Mutter möge eines Tages vor der Tür stehen.
Währenddessen stellt Anni in Deutschland fest, dass es inmitten dieses Wahnsinns auch Menschen gibt, die zu ihr halten und ihr helfen, wo sie nur können. Dazu gehört unter anderem auch ihre frühere Garderobiere Georgina, der im richtigen Leben Norbert heißt, in diesen Zeiten als Tunte beschimpft wird und selbst um seine Sicherheit fürchten muss.
Überraschenderweise erhält Anni auch Hilfe von einer Seite, wo sie überhaupt nicht damit gerechnet hat.
Die Geschichte wird je zum Teil aus Annis und aus Ruths Sicht erzählt. Ruth führt zwar in England ein sicheres Leben, aber auch sie und die anderen Kinder sind nicht gegen Anfeindungen gefeit, denn die Engländer sehen in ihnen nicht die jüdischen Kinder auf der Flucht, sondern feindliche Deutsche.
Die ganzen Ereignisse sind so packend erzählt und die Charaktere so einfühlsam und detailliert beschrieben, dass ich starken Anteil an den Schicksalen genommen habe. Die Geschichte hat mich völlig gefangen genommen, und ich habe mit den Protagonisten gehofft und gebangt.
Jeder, der selbst Kinder hat, wird sich nur allzu gut in Annis Lage hinein versetzen können, die sich von ihrer geliebten Tochter trennt, um sie in Sicherheit zu wissen.
Am Ende überschlagen sich die Ereignisse, und manches, was passiert, klingt geradezu unglaublich. Aber Linda Winterberg erläutert in einem ausführlichen Nachwort, welche realen Personen für ihre Protagonisten Pate standen und welche Ereignisse auf Tatsachen beruhen. Gerade die unglaublichsten Szenen sind in dieser oder ähnlicher Form wirklich passiert. Das zeigt wieder einmal, dass das Leben die tragischsten und unfassbarsten Geschichten selbst schreibt.
Dieser Roman über das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte hat mich mit seinen erschütternden Schicksalen sehr berührt und wird noch lange in meinen Gedanken nachwirken.

Veröffentlicht am 17.08.2017

Die Herzensammlerin konnte auch mein Herz erobern!

Die Herzensammlerin
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Ein Hotel mit dem Namen „Happy Scheidung“ klingt im ersten Moment schon etwas kurios, aber die Geschäftsidee stammt von Lauras Mann, denn der ist Scheidungsanwalt und hat so das Hotel und seine Kanzlei ...

Ein Hotel mit dem Namen „Happy Scheidung“ klingt im ersten Moment schon etwas kurios, aber die Geschäftsidee stammt von Lauras Mann, denn der ist Scheidungsanwalt und hat so das Hotel und seine Kanzlei unter einen Hut gebracht, indem er seine Klienten im romantischen Jagdschlösschen der Familie einquartiert und ihnen, da er sie auch vor dem Scheidungsgericht vertritt, quasi einen Rundumservice für die anstehende Trennung bietet. Allerdings geht der Plan immer öfter nach hinten los, denn viele Paare finden in der schönen Umgebung wieder zueinander und zu einem neuen Glück, woran die fürsorgliche Laura keinen geringen Anteil hat. Letztendlich ist es Ralf selbst, der seine Frau verlässt und sich nach Mallorca absetzt, während Laura verzweifelt zurück bleibt und nicht weiß, wie es mit dem Hotel weitergehen soll. Sie hat ja nicht nur die Verantwortung ihren Gästen gegenüber, sondern auch für ihre Großmutter Theodora. Die alte Dame ist lebensmüde und entwickelt eine allzu starke Vorliebe für Wacholderschnaps. Und dann ist da noch Lauras fünfzehnjährige Tochter Merle, die sich in letzter Zeit nur noch schwarz kleidet, die Haare schwarz färbt und sich blass schminkt. Als Goth will sich die Jugendliche von ihrer Familie abgrenzen. Als der attraktive Adrian im Jagdschloss auftaucht, sucht er eigentlich nur nach Lauras Schwester Nina, die spurlos verschwunden ist. Aber bald schon merkt man, dass die Dinge anders liegen und er ein starkes Interesse an Laura zeigt. Damit stürzt er sie in eine ziemliche Verwirrung, denn sie ist schließlich eine verheiratete (wenn auch verlassene) Frau und hält es schier für unmöglich, dass Adrians Besuche ihr gelten.

Da ich alle anderen Romane von Brigitte Kanitz kenne, war ich anfangs ein wenig überrascht, denn unter diesem Pseudonym erschienen bisher eigentlich die Romane, die unter der Kategorie „Humor“ einzuordnen sind und meist mit vielen kauzigen Charakteren und einer äußerst turbulenten, oft überspitzt geschilderten Handlung aufwarten konnten. Die romantischen Romane wurden eher unter dem Namen Brigitte Janson veröffentlicht. Der vorliegende Roman „Die Herzensammlerin“ passt nach meinem Eindruck eher in die letztgenannte Kategorie. Zwar haben auch hier die Protagonisten ihre Eigenheiten, aber sie kommen doch recht normal daher und könnten einem im richtigen Leben jederzeit so oder ähnlich begegnen. Es gibt auch hier humorvolle Passagen, denn die Autorin ist bekannt für ihre originellen Verwicklungen, die sie ihre Charaktere erleben lässt, aber dieser Roman bietet auch Nachdenkliches, denn für Laura bedeutet die entstandene Situation eine Neuorientierung. Sie muss sich ernsthaft überlegen, wie es mir ihr und dem Hotel weitergehen soll. Glücklicherweise ist sie stärker als sie denkt, so dass sie nicht an der Trennung von Ralf zerbricht. Laura, die Heldin der Geschichte, ist eine liebenswerte Frau, die wahrlich etwas Besseres verdient hat als den feigen Ralf, der nicht einmal den Mumm hat, sich mit seiner Frau auszusprechen, sondern klammheimlich die Flucht ergreift. Letztendlich fliegen ihr aber dann gleich mehrere Herzen zu, und sie muss eine wichtige Entscheidung treffen.
Auch Theodora habe ich gleich ins Herz geschlossen, denn im Verlauf der Handlung gewinnt sie neue Energie und setzt sich tatkräftig für ihre Enkelin ein.
Nicht zuletzt ist da auch Lauras Tochter Merle, die ihre wahren Gefühle hinter einer schwarzen Maskerade versteckt und im Lauf der Geschichte eine ungeheure Wandlung durchlebt.

Dieser Roman ist ganz nach meinem Geschmack. Er ist warmherzig, romantisch und mit viel Humor, dabei aber nicht überzogen komisch, sondern durchaus realistisch. In der Handlung werden viele ganz alltägliche Themen angesprochen. Hier geht es um Probleme, wie sie zwischen Müttern und Töchtern während der Pubertät unausweichlich in irgend einer Form auftauchen. Theodoras Beispiel macht nachdenklich und zeigt, wie schwer es ist, verwitwet und im Alter allein zu sein. Auch um Trennung und Verlassenheit dreht sich der Roman zwangsläufig, und doch hat die Geschichte stets einen positiven Grundton. Eingebettet in die zauberhafte Landschaft der Lüneburger Heide, über die man übrigens auch so einiges erfährt, mit viel Herz und Humor erzählt, verlieren die Probleme ihre Schrecken. Sieht Laura kurz nach ihrer Trennung nur noch alles grau in grau, so kehrt langsam aber sicher wieder Farbe und Freude in ihr Leben. Alles in allem ist dies ein wunderschöner, kurzweiliger Roman, mit vielen Facetten, und die Herzensammlerin konnte auch mein Herz gewinnen.

Veröffentlicht am 11.08.2017

Ein Kinderspiel - der zehnte Fall für Janna Berg und Markus Neumann

Ein Kinderspiel
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Dies ist nun schon das zehnte Abenteuer von Markus Neumann und Janna Berg, und die Idee der Autorin, eine „Vorabendserie“ in gedruckter Form zu schaffen, hat nach wie vor nichts von ihrer Attraktivität ...

Dies ist nun schon das zehnte Abenteuer von Markus Neumann und Janna Berg, und die Idee der Autorin, eine „Vorabendserie“ in gedruckter Form zu schaffen, hat nach wie vor nichts von ihrer Attraktivität verloren. Ich habe die Serie von Anfang an verfolgt, und die Protagonisten sind mir schon sehr vertraut. Daher war ich wieder äußerst gespannt auf die neue Folge. Mila Roth hat sich wieder einiges einfallen lassen und hat einige Überraschungen für ihre Leser parat, denn so manches ist anders in dieser Folge. Anfangs muss Janna sich erstmals alleine bewähren, denn Markus befindet sich gerade bei einem Auslandseinsatz. Als er dann den jungen Hacker Mikolaj und seine Schwester aus Krakau holen soll, wird im Janna erneut zur Seite gestellt, und ich muss sagen, sie schlägt sich wieder hervorragend. Auch das Institut ist der Meinung, dass Janna die ideale Partnerin für Agenten Neumann darstellt, und selbst der Eigenbrötler Markus muss zugeben, dass eigentlich nur Janna in Frage kommt, wenn er überhaupt mit einem Partner zusammenarbeiten soll.
Janna muss eine schwerwiegende Entscheidung treffen, nämlich, ob sie das Angebot des Instituts auf eine Festanstellung annehmen soll, denn bisher arbeitete sie nur gelegentlich für die Organisation.
Neben dieser Gewissensfrage für Janna und dem äußerst spannenden Fall, den das Agentenduo wieder bearbeiten muss, ändert sich auch das persönliche Verhältnis zwischen den Protagonisten. Sie haben eine ganz besondere Beziehung, und wenn mich mein Gefühl nicht getäuscht hat, habe ich es diesmal gewaltig zwischen ihnen knistern hören! Es ist und bleibt spannend, was noch auf die beiden zukommt und wie sich ihr Verhältnis im Lauf der Zeit noch verändern wird. Flüssig und flott hat die Autorin ihren Helden wieder eine faszinierende Geschichte auf den Leib geschrieben, die leider nur allzu schnell zu Ende gelesen ist. Aber das haben „Vorabendserien“ so an sich, dass es sich um wohl portionierte, kurzweilige Episoden handelt. Man kann hier mit Fug und Recht behaupten: „In der Kürze liegt die Würze“.
Zwar ist es ideal und noch um einiges spannender, wenn man bereits die Vorgeschichte kennt, und ich kann nur raten, die Abenteuer von Janna und Markus von Anfang an zu verfolgen, aber ich denke, man kann diesen Roman auch genießen, wenn man neu einsteigt. Gekonnte Einwürfe und kleine Rückblenden bieten das nötige Wissen zwischendurch an, ohne die Geschichte zu überfrachten. Allerdings denke ich, bei Neueinsteigern wird unweigerlich der Wunsch geweckt, auch zu erfahren, wie es zu diesem ungleichen Agentenpaar gekommen ist. Dieser Wunsch lässt sich aber leicht befriedigen, denn es liegen ja noch neun weitere, spannende und turbulente Episoden bereit, so dass einige Stunden Lesespaß garantiert sind.

Veröffentlicht am 06.08.2017

Scharfe Hunde

Scharfe Hunde
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Diesmal geht es in den Ermittlungen gleich um drei Tote, die auf den ersten Blick gar nicht zusammenhängen, aber die Verstorbenen haben alle die gleiche Todesursache. Kein leichter Fall für Irmi Mangold ...

Diesmal geht es in den Ermittlungen gleich um drei Tote, die auf den ersten Blick gar nicht zusammenhängen, aber die Verstorbenen haben alle die gleiche Todesursache. Kein leichter Fall für Irmi Mangold und Kathi Reindl! Die beiden Ermittlerinnen sind mir inzwischen schon richtig ans Herz gewachsen, wenn ich auch Kathis forsche Art, vor allem ihrer Kollegin Andrea gegenüber, nicht gerade liebenswert finde. Andrea leistet gute Arbeit, aber manchmal denkt sie schneller als sie redet oder ist so in Gedanken, dass sie vergisst, ihre angefangenen Sätze zu beenden, und das nervt Kathi ungemein.
Das Geplänkel unter Kollegen ist jedoch insgesamt amüsant. Aber zurück zum eigentlichen Fall, den die Komissarinnen hier bearbeiten. Während sie noch rätseln, was es mit den drei Toten auf sich hat und wie sie zusammenhängen könnten, wird ein ungarischer Laster gemeldet. Dieser ist gekippt und transportierte eine gar jämmerliche Ladung. Er hat jede Menge ganz junger Hunde an Bord, die zum Teil in einem schlimmen Zustand sind.
Die Autorin ist engagierte Natur- und Tierschützerin, und sie liefert hier nicht nur einen exzellenten und spannenden Krimi, sondern sie prangert in diesem auch die kriminellen Machenschaften der Hundemafia an. Dies entspringt, im Gegensatz zur Handlung des Romans, leider nicht ihrer Phantasie, sondern ist bittere Realität. Die Angelegenheit geht nicht nur Kathi an die Nieren, sondern auch ich, als Leser, hatte gewaltig zu schlucken, wenn es um das Schicksal der kleinen Hunde ging, die viel zu früh von der Mutter getrennt wurden und eine ungewisse Reise antreten müssen, die viele von ihnen nicht überleben. Diejenigen, die den Transport überstehen, landen krank und verstört bei ihren neuen Besitzern, die beunruhigt und ratlos sind, wenn die erste Euphorie über das ach so niedliche Fellbündel verflogen ist.
Da sich die Autorin bei der Tragödie um die kleinen Hunde kein Blatt vor den Mund nimmt, sondern Klartext redet, möchte ich diejenigen vorwarnen, die ein Problem damit haben, wenn Tiere in einem Roman leiden müssen.
„Scharfe Hunde“ ist bereits der achte Alpenkrimi mit den Ermittlerinnen Irmi Mangold und Kathi Reindl. Wer jedoch beim Begriff „Alpenkrimi“ einen humorigen Regionalkrimi erwartet, wird hier enttäuscht, denn Nicola Förgs Spezialität ist es, in ihren Geschichten wahre Missstände im Bereich Naturschutz aufzudecken. Somit beschränken sich ihre Krimis nie auf „unterhaltsam“. Das sind sie zwar auch, keine Frage! Aber sie haben daneben sehr viel Insiderwissen zu speziellen, brisanten Themen zu bieten. Nebenbei geht es diesmal auch noch um eine All-Inklusive-Ferienkarte und ihre Auswirkungen auf den Tourismus im Allgäu.
Wie man es von der Autorin kennt, ist auch ihr neuer Roman wieder randvoll gepackt mit Spannung, Scharfsinn, Emotionen und brisanten Infos.

Veröffentlicht am 30.07.2017

Literarischer Kurzurlaub auf Mallorca

Meeresblau & Mandelblüte
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Leonie fällt aus allen Wolken, als sie erfährt, dass ihre Tante verstorben ist und ihr eine Finca auf Mallorca hinterlassen hat. Eigentlich passt ihr das so gar nicht in den Kram, denn sie ist Geschäftsfrau ...

Leonie fällt aus allen Wolken, als sie erfährt, dass ihre Tante verstorben ist und ihr eine Finca auf Mallorca hinterlassen hat. Eigentlich passt ihr das so gar nicht in den Kram, denn sie ist Geschäftsfrau durch und durch. Ihr ganzes Leben hat sie auf ihren Job ausgerichtet. Freizeit und Freunde sind Fremdworte für sie.
Um an der Beisetzung ihrer Tante und der Testamentseröffnung teilzunehmen, fliegt sie nach Mallorca. Dort erlebt sie so manche Überraschung, denn nichts läuft so ab, wie sie es sich vorgestellt hat.
Wohl oder übel muss sie erst einmal auf der Insel bleiben, um die Finca renovieren zu können, denn ihre Tante hat ihr den Besitz nicht ohne spezielle Auflagen hinterlassen. Auch die Senioren-WG wird sie nicht so einfach los. Sie muss sich mit den Gegebenheiten und den Menschen arrangieren, und das fällt der jungen Frau nicht leicht. Auch weiß sie nicht recht, was sie davon halten soll, dass sich der attraktive Niklas so darum bemüht, ihr zu helfen.
Anfangs wirkt Leonie sehr kühl, und man tut sich schwer, sie zu mögen. Was dahinter steckt, wieso sie sich derart auf ihren Beruf konzentriert und zwischenmenschliche Kontakte scheut, wieso Niklas ihr hilft, das alles erfährt man so nach und nach in der Geschichte. Mit der Zeit gewinnt man an Verständnis für Leonie, und damit kann man dann auch gut nachvollziehen, was ihre Tante mit der Erbschaft bezweckte. Auch die Senioren lernt man im Verlauf der Handlung besser kennen und verstehen. Für sie steht ihr gemeinsames, gemütliches Heim auf dem Spiel, sollte Leonie die Finca verkaufen. Da ist es verständlich, dass sie manchmal ganz schön auf Krawall gebürstet sind. Aber sie sind clever und wissen, wann es von Vorteil ist, nachzugeben. Alt werden heißt ja schließlich nicht, irgendwann den Verstand abzugeben.
Kürzlich las ich, wie es der Zufall so will, einen Bericht, dass das Modell „Seniorenheim“ ausgedient hat, weil die „Alten von morgen“ sich nicht auf so etwas einlassen wollen, sondern ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen möchten. Wohnmodelle wie die hier beschriebene Senoiren-WG sind im Kommen. Es war für mich dann auch besonders interessant, dass dieser Aspekt im Roman behandelt wird. Ich finde es schön, wie die „Alten“ dieser Geschichte beschrieben sind, dass ihre Konflikte zur Sprache kommen und dass die Autorin in ihrer Phantasie so ein ansprechendes Wohnmodell für sie geschaffen hat. Wie die WG sich letztendlich mit Leonie arrangiert und wie deren Problem zur Sprache kommt, hat mir gut gefallen. Auch eine zarte Romanze entwickelt sich, steht aber nicht im Vordergrund.
Elke Beckers Schreibstil ist wunderbar locker, leicht und kurzweilig, und doch hat die Handlung viel zu bieten. Da werden auch alle möglichen Probleme gewälzt und dabei wird nicht nur an der Oberfläche gekratzt. Mit viel Lokalkolorit, eingebettet in die zauberhafte Atmosphäre Mallorcas, wirkt die Handlung mit all ihren Akteuren sehr authentisch. Es gibt ernste, traurige Momente, aber der Roman hat auch amüsante Passagen zu bieten. Wenn ich da an einen verliebten Pfau denke, muss ich immer wieder schmunzeln. Die Krönung der Geschichte stellt dann die einsetzende Mandelblüte dar, die in all ihrer Pracht beschrieben ist.
Ich hätte immer so weiter lesen können und war direkt traurig, als die Geschichte so schnell zu Ende war und ich Mallorca wieder „verlassen“ musste. Man merkt in jedem Satz die besondere Beziehung der Autorin zu diesem schönen Fleckchen Erde. Mit ihrem neuen Roman hat sie eine tolle Sommerlektüre geschaffen, die bestens für die Ferien geeignet ist, weil man sie am liebsten an einem Stück lesen würde, zumindest ging das mir so.