Die Herzensammlerin konnte auch mein Herz erobern!
Ein Hotel mit dem Namen „Happy Scheidung“ klingt im ersten Moment schon etwas kurios, aber die Geschäftsidee stammt von Lauras Mann, denn der ist Scheidungsanwalt und hat so das Hotel und seine Kanzlei ...
Ein Hotel mit dem Namen „Happy Scheidung“ klingt im ersten Moment schon etwas kurios, aber die Geschäftsidee stammt von Lauras Mann, denn der ist Scheidungsanwalt und hat so das Hotel und seine Kanzlei unter einen Hut gebracht, indem er seine Klienten im romantischen Jagdschlösschen der Familie einquartiert und ihnen, da er sie auch vor dem Scheidungsgericht vertritt, quasi einen Rundumservice für die anstehende Trennung bietet. Allerdings geht der Plan immer öfter nach hinten los, denn viele Paare finden in der schönen Umgebung wieder zueinander und zu einem neuen Glück, woran die fürsorgliche Laura keinen geringen Anteil hat. Letztendlich ist es Ralf selbst, der seine Frau verlässt und sich nach Mallorca absetzt, während Laura verzweifelt zurück bleibt und nicht weiß, wie es mit dem Hotel weitergehen soll. Sie hat ja nicht nur die Verantwortung ihren Gästen gegenüber, sondern auch für ihre Großmutter Theodora. Die alte Dame ist lebensmüde und entwickelt eine allzu starke Vorliebe für Wacholderschnaps. Und dann ist da noch Lauras fünfzehnjährige Tochter Merle, die sich in letzter Zeit nur noch schwarz kleidet, die Haare schwarz färbt und sich blass schminkt. Als Goth will sich die Jugendliche von ihrer Familie abgrenzen. Als der attraktive Adrian im Jagdschloss auftaucht, sucht er eigentlich nur nach Lauras Schwester Nina, die spurlos verschwunden ist. Aber bald schon merkt man, dass die Dinge anders liegen und er ein starkes Interesse an Laura zeigt. Damit stürzt er sie in eine ziemliche Verwirrung, denn sie ist schließlich eine verheiratete (wenn auch verlassene) Frau und hält es schier für unmöglich, dass Adrians Besuche ihr gelten.
Da ich alle anderen Romane von Brigitte Kanitz kenne, war ich anfangs ein wenig überrascht, denn unter diesem Pseudonym erschienen bisher eigentlich die Romane, die unter der Kategorie „Humor“ einzuordnen sind und meist mit vielen kauzigen Charakteren und einer äußerst turbulenten, oft überspitzt geschilderten Handlung aufwarten konnten. Die romantischen Romane wurden eher unter dem Namen Brigitte Janson veröffentlicht. Der vorliegende Roman „Die Herzensammlerin“ passt nach meinem Eindruck eher in die letztgenannte Kategorie. Zwar haben auch hier die Protagonisten ihre Eigenheiten, aber sie kommen doch recht normal daher und könnten einem im richtigen Leben jederzeit so oder ähnlich begegnen. Es gibt auch hier humorvolle Passagen, denn die Autorin ist bekannt für ihre originellen Verwicklungen, die sie ihre Charaktere erleben lässt, aber dieser Roman bietet auch Nachdenkliches, denn für Laura bedeutet die entstandene Situation eine Neuorientierung. Sie muss sich ernsthaft überlegen, wie es mir ihr und dem Hotel weitergehen soll. Glücklicherweise ist sie stärker als sie denkt, so dass sie nicht an der Trennung von Ralf zerbricht. Laura, die Heldin der Geschichte, ist eine liebenswerte Frau, die wahrlich etwas Besseres verdient hat als den feigen Ralf, der nicht einmal den Mumm hat, sich mit seiner Frau auszusprechen, sondern klammheimlich die Flucht ergreift. Letztendlich fliegen ihr aber dann gleich mehrere Herzen zu, und sie muss eine wichtige Entscheidung treffen.
Auch Theodora habe ich gleich ins Herz geschlossen, denn im Verlauf der Handlung gewinnt sie neue Energie und setzt sich tatkräftig für ihre Enkelin ein.
Nicht zuletzt ist da auch Lauras Tochter Merle, die ihre wahren Gefühle hinter einer schwarzen Maskerade versteckt und im Lauf der Geschichte eine ungeheure Wandlung durchlebt.
Dieser Roman ist ganz nach meinem Geschmack. Er ist warmherzig, romantisch und mit viel Humor, dabei aber nicht überzogen komisch, sondern durchaus realistisch. In der Handlung werden viele ganz alltägliche Themen angesprochen. Hier geht es um Probleme, wie sie zwischen Müttern und Töchtern während der Pubertät unausweichlich in irgend einer Form auftauchen. Theodoras Beispiel macht nachdenklich und zeigt, wie schwer es ist, verwitwet und im Alter allein zu sein. Auch um Trennung und Verlassenheit dreht sich der Roman zwangsläufig, und doch hat die Geschichte stets einen positiven Grundton. Eingebettet in die zauberhafte Landschaft der Lüneburger Heide, über die man übrigens auch so einiges erfährt, mit viel Herz und Humor erzählt, verlieren die Probleme ihre Schrecken. Sieht Laura kurz nach ihrer Trennung nur noch alles grau in grau, so kehrt langsam aber sicher wieder Farbe und Freude in ihr Leben. Alles in allem ist dies ein wunderschöner, kurzweiliger Roman, mit vielen Facetten, und die Herzensammlerin konnte auch mein Herz gewinnen.