Die kleine Bäckerei am Strandweg
Die kleine Bäckerei am StrandwegNicht nur Pollys Beziehung zu Chris ist gescheitert, auch die gemeinsame Firma ist am Ende. Wegen der bestehenden Schulden mussten sie ihre Wohnung verkaufen, und Polly betreibt Schadensbegrenzung, indem ...
Nicht nur Pollys Beziehung zu Chris ist gescheitert, auch die gemeinsame Firma ist am Ende. Wegen der bestehenden Schulden mussten sie ihre Wohnung verkaufen, und Polly betreibt Schadensbegrenzung, indem sie ein möglichst günstiges Mietobjekt sucht. Dieses findet sie auf einer kleinen Insel vor der Küste Cornwalls. Was auf Mount Polbearne fehlt, ist eine gute Bäckerei, denn in dem kleinen Inselort gibt es nur fabrikmäßig abgepacktes und recht geschmackloses Brot zu kaufen. Kurz entschlossen macht Polly ihr großes Hobby zum Beruf und versorgt die Insulaner mit frischem, selbst gebackenem Brot. Allerdings ergibt sich ein Hindernis, denn ausgerechnet ihre Vermieterin ist auch die Inhaberin der bisherigen Bäckerei mit dem faden, gummiartigen Gebäck. Ihrem Einfluss können sich auch die anderen Inselbewohner nicht entziehen. Wieso die alte Dame derart biestig ist und Polly am liebsten von der Insel verbannen würde, erfährt diese erst nach und nach, während sie sich langsam aber stetig in Mount Polbearne einlebt. Dass sie sich mit der Zeit richtig heimisch fühlt, dafür sorgt auch der kleine Papageientaucher Neil, den sie kurz nach ihrer Ankunft verletzt gefunden und wieder gesund gepflegt hat.
Auf der Insel wohnen mehr Männer als Frauen, und für Polly ergeben sich einige Probleme, denn plötzlich gibt es nicht nur einen Mann in ihrem Leben, und die junge Frau muss schwierige Entscheidungen treffen.
Es hat viel Spaß gemacht, Polly bei ihrer Ankunft auf Mount Polbearne zu begleiten und mit ihr zusammen die Insel zu entdecken. Dass sie dabei nicht nur gute Erfahrungen macht, ist ganz normal und realistisch. Auch wenn Mount Polbearne anfangs sehr ungastlich wirkt und die Bewohner nicht allesamt freundlich zu Polly sind, so gewinnt man den Ort und seine Menschen doch sehr schnell lieb. Viele der Einwohner sind Fischer und fahren täglich zur See, was eine mühevolle Arbeit ist, die auch viele Gefahren mit sich bringt. Polly wird es erst hier bewusst, wie einfach vieles in der Stadt war, und doch liebt sie das Leben auf der Insel, denn zum ersten Mal verdient sie ihr Geld mit etwas, das sie mit ihren eigenen Händen selbst herstellt und das ihre Kunden zu schätzen wissen, weil ihr Brot von guter Qualität ist und viel besser schmeckt als das vorher gewohnte Industriebrot. Aus dem heruntergekommenen Laden macht Polly mit der Zeit eine schnuckelige kleine Bäckerei, und auch die Wohnung darüber hat, trotz aller Baufälligkeit, ihre Reize.Als sie den Imker Huckle kennenlernt, nimmt sie seinen feinen Honig mit ins Sortiment der Bäckerei auf, denn Huckles Honig bringt nicht nur Süße aufs Brot, sondern auch in ihr Leben.
Mir hat der Roman sehr gefallen, denn er hat einerseits Wohlfühlcharakter und vermittelt eine leichte, lockere Stimmung, ist dabei aber alles andere als oberflächlich. Das Leben auf der kleinen Insel, die Polly mittlerweile so lieb gewonnen hat, ist einerseits beschaulich und entbehrt auch nicht einer gewissen Romantik, aber es ist zugleich auch ein ständiger Existenzkampf, denn das Meer ist nicht nur wunderschön, sondern es hat auch die Kraft, alles zu zerstören, was sich die Menschen aufgebaut haben.
Ja, es ist ein Roman zum Wohlfühlen, mit vielen sympathischen Charakteren, aber die Autorin hat sich hier nicht auf Oberflächlichkeiten beschränkt, sondern tiefer geschaut und dabei auch die Probleme erkannt, die so ein Insel-Leben mit sich bringt.
Polly ist eine liebenswerte Protagonistin, die sich mutig und voller Tatkraft ihren Problemen stellt und sich quasi in die Herzen ihrer Mitmenschen bäckt. Daneben hat die Geschichte auch noch einen kleinen gefiederten Helden, denn Papageientaucher Nils ist immer mit von der Partie, und er ist einfach allerliebst.
Dass dieses Buch gerne dem Genre Chic Lit zugeordnet wird, hat es hauptsächlich Jennys bester Freundin Kerensa und dem Millionär Reuben zu verdanken. Diese beiden Charaktere fallen aus dem Rahmen und wollen auf den ersten Blick so gar nicht zu Polly und den Inselbewohnern passen. Auf jeden Fall bringen sie viel frischen Wind in die Geschichte und haben jede Menge außergewöhnlicher Einfälle. Andererseits könnte man das Buch auch gut den Liebesromanen zuordnen, wenn es auch kein typischer Vertreter dieses Genres ist, denn Pollys Erlebnisse und Erfahrungen sind nicht auf die Liebesgeschichte reduziert, und diese entwickelt sich eher so ganz nebenbei. Jenny Colgans Schreibstil ist erfrischend und schön, und ich habe den Roman richtig genossen. Er ist eine richtig schöne Sommerlektüre – nicht zu leicht aber auch nicht zu schwer, sondern schön luftig und locker und doch gehaltvoll, wie Pollys Brotteig, einfach wunderbar.
Zur Abrundung liefert Jenny Colgan im Anhang gleich noch ein paar Rezepte aus ihrer Backstube mit, so dass man sich so manche Leckerei, über die man im Buch gelesen hat, schnell selbst nachmachen kann.