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Veröffentlicht am 26.07.2023

Franken mit dem Herzen betrachtet

Lieblingsplätze in Franken
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In ihrem neuen Buch aus der Reihe „Lieblingsplätze“ beschäftigt sich die Autorin mit ganz Franken. Da ich in Oberfranken geboren bin und auch heute noch hier lebe, habe ich großes Interesse an meiner Region. ...

In ihrem neuen Buch aus der Reihe „Lieblingsplätze“ beschäftigt sich die Autorin mit ganz Franken. Da ich in Oberfranken geboren bin und auch heute noch hier lebe, habe ich großes Interesse an meiner Region. Hier geht es nun um Gesamt-Franken, und da gibt es so einiges zu entdecken. Das Gebiet, in dem sich die fränkischen Lieblingsorte befinden, erstreckt sich von Ost nach West zwischen Hof und Aschaffenburg und von Nord nach Süd zwischen dem Frankenwald und Coburg bis hinunter nach Dinkelsbühl.
Sehe ich mir die Karte an, finde ich, dass das Frankenland wie ein Herz geformt ist. Diese Erkenntnis zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht, und beim Lesen der Ausflugstipps von Friederike Schmoe komme ich zu dem Schluss, dass auch sie dieses schöne Land mit dem Herzen sieht.
Sie hat Franken zwischen Kunst und Kulinarik erforscht, und diese Punkte schlagen sich auch stark in der Auswahl der Lieblingsplätze nieder. Da sind Empfehlungen für Kunstsammlungen, beispielsweise in Coburg auf der Veste, für das Richard-Wagner-Museum in Bayreuth oder das Henkerhaus in Nürnberg. Kulinarische Tipps gibt es zahlreiche, und man hat die Qual der Wahl zwischen zünftigen Brotzeiten und fränkischer Haute Cuisine. Mit Wander- und Ausflugstipps wird nicht gespart, und es sind auch viele familienfreundliche Unternehmungen dabei, wo speziell für Kinder etwas geboten wird. Insgesamt hat die Autorin in diesem Buch 86 Lieblingsplätze gesammelt und übersichtlich aufbereitet. Zu jeder Station gibt es nicht nur eine ausführliche Beschreibung, sondern auch ein farbiges Foto für einen ersten Eindruck. Auch sind überall die Adressen und Websites angegeben, so dass man dort auf weitere Informationen zugreifen kann. Ich mag die Reihe „Lieblingsplätze“ allgemein sehr gerne, und auch dieser Band ist wieder richtig gut gelungen. Schon beim Blättern und Lesen bekomme ich Lust auf den einen oder anderen Ausflug, und mir kommt wieder der Spruch in den Sinn: „Wieso in die Ferne schweifen, sieh‘ das Gute liegt so nah…“ Das schöne Frankenland hat wirklich für jeden Anspruch etwas zu bieten, und dieses Buch hilft dabei, die fränkischen Schätze zu entdecken.

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Veröffentlicht am 17.07.2023

Fesselnder biografischer Roman über Marie Tussaud

Die Meisterin der Wachsfiguren
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Schon immer wollte ich gerne mehr über diese Madame Tussaud erfahren, denn ich hatte zwar vor längerer Zeit die Ausstellungen in London und Amsterdam besucht, aber über die Person, die den Wachsfigurenkabinetten ...

Schon immer wollte ich gerne mehr über diese Madame Tussaud erfahren, denn ich hatte zwar vor längerer Zeit die Ausstellungen in London und Amsterdam besucht, aber über die Person, die den Wachsfigurenkabinetten ihren Namen gab, war mir bis vor kurzem so gut wie nichts bekannt.
Dies konnte ich nun glücklicherweise ändern, denn im biografischen Roman „Die Meisterin der Wachsfiguren“ wird Marie Tussauds Leben und Werdegang sehr lebendig geschildert. Im Roman kommt Marie schon in jungen Jahren mit zahlreichen berühmten Zeitgenossen in Kontakt. Es ist die Zeit der französischen Revolution, und die damaligen Ereignisse und Begegnungen prägen Maries Lebensweg sehr stark. Auch wenn die Handlung fiktiv ist, so kommen doch sehr viele wahre Begebenheiten zur Sprache, die für Marie schicksalsweisend waren. Das beginnt schon mit dem großen Rätsel über ihre Herkunft, das sie bis zuletzt beschäftigt. Tiefgründige Freundschaften, eine unerfüllte Liebe und eine unglückliche Ehe sind die Eckpunkte, zwischen denen sich Maries Privatleben abspielt. Aber das Wichtigste in ihrem Leben ist die Wachsmodelierkunst, der sie sich verschrieben hat. Für ihre Zeit war sie allem Anschein nach eine sehr moderne und selbstständige Frau. Sie ließ sich nicht so leicht aus der Fassung bringen, und wenn sie während der Französischen Revolution die abgeschlagenen Köpfe nachbilden musste, brauchte sie stahlharte Nerven. Es ist faszinierend, mit der Autorin in die Geschehnisse dieser Zeit einzutauchen. Anna-Luise Melle schreibt sehr plastisch und lebendig, so dass man die Ereignisse quasi aus der Nähe verfolgen kann. Wie sich Marie Tussaud durchs Leben schlägt und nicht unterkriegen lässt, ist schon toll. Auch wenn vieles, vor allem aus ihrem Privatleben, nur vage bekannt ist, hat die Autorin ihre Geschichte doch wunderbar erzählt und die Lücken zwischen den historischen Tatsachen bestens aufgefüllt. Ich habe den Roman, mit all seinen Höhen und Tiefen, sehr gerne gelesen und bin dadurch der Meisterin der Wachsfiguren sehr viel näher gekommen.

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Veröffentlicht am 13.07.2023

Ein wichtiges, sehr lesenswertes Buch!

Der Einundzwanzigjährige, der freiwillig in ein Pflegeheim zog und von seinen Mitbewohnern mit Demenz lernte, was Menschlichkeit bedeutet
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Der Autor Teun Tobes ist gelernter Altenpfleger und gerade mal 22 Jahre alt. Eines Tages beschließt er, in ein Altenheim zu ziehen, nicht beruflich sondern als Bewohner. In diesem Buch beschreibt er den ...

Der Autor Teun Tobes ist gelernter Altenpfleger und gerade mal 22 Jahre alt. Eines Tages beschließt er, in ein Altenheim zu ziehen, nicht beruflich sondern als Bewohner. In diesem Buch beschreibt er den Alltag im Pflegeheim, das seine neue Heimat geworden ist. Er schließt Freundschaften und lernt die Menschen kennen wie kein anderer, denn es ist eine Sache, aus beruflicher Sicht Fürsorge für demenzkranke Menschen zu übernehmen, mit ihnen zusammen zu leben ist etwas völlig anderes. Er führt tiefgründige Gespräche mit seinen Mitbewohnern, teilt Freud und Leid mit ihnen, und er macht sich intensive Gedanken. Im Gegensatz zu ihm, der das Heim jederzeit verlassen kann, der außerhalb Freunde treffen und alles Mögliche unternehmen kann, sind die anderen Bewohner nicht frei. Sie müssen im Heim bleiben, ob sie wollen oder nicht. Klar, es ist einerseits zu ihrem Schutz, aber Teun Tobes stellt bald fest, dass zwischen Fürsorge und Bevormundung nur ein schmaler Grat besteht. Der Autor findet Mittel und Wege, die Situation seiner Mitbewohner zu verbessern. Sie schütten ihm ihr Herz aus und vertrauen ihm ihre Sorgen an. Was er hier an Schicksalen und menschlichem Leid erfährt, bringt den jungen Mann emotional oft an seine Grenzen. Aber er gibt nicht auf, sondern macht auf Missstände aufmerksam und bringt Verbesserungsvorschläge. Es sind oft nur die Kleinigkeiten, die man ändern müsste, um die Menschen glücklicher zu machen.

Diesem jungen Mann gehört meine ganze Hochachtung. Wie er sich für demenzkranke Menschen einsetzt, ist großartig. Er schreibt in seinem Buch, dass wir ja schließlich alle irgendwann davon betroffen sein könnten. Menschen, die im Alter an Demenz erkranken, standen viele Jahrzehnte mit beiden Beinen voll im Leben, haben ihren Beruf erfolgreich gemeistert, eine Familie gegründet und sich für vieles interessiert und eingesetzt. Der Einzug in ein Pflegeheim ist eine Art Selbstaufgabe, denn alles, was ihr Leben lebenswert gemacht hatte, gehört nun der Vergangenheit an.

Die Situationen und Zustände, die der Autor in seinem Buch schildert, haben mich betroffen gemacht und tief berührt.

Meine eigenen Erfahrungen mit einem Pflegeheim, die ich in den letzten Lebensjahren meiner Mutter machte, waren glücklicherweise nicht so dramatisch wie manches was der Autor schildert. Hier hatten wir wohl einfach Glück gehabt oder eine gute Wahl getroffen. Aber auch ich hatte in einigen Situationen das Gefühl, man könne manches besser, menschlicher lösen. Beim Lesen dieses Buches wurde ich von persönlichen Erinnerungen regelrecht überrannt, und ich habe immer wieder Vergleiche gezogen zu Situationen, wie ich sie erlebt habe.

Bücher wie dieses sind enorm wichtig und sollten von jedem gelesen werden, denn die Themen Demenz und Pflegeheim werden in Zukunft wohl noch präsenter, da immer mehr Menschen davon betroffen sein werden. Die Botschaft des Autors ist klar: wir dürfen Menschen mit Demenz nicht einfach aus unserem Leben ausschließen und sie isolieren. Auch sie haben das Recht, weiterhin am Leben teilzunehmen und andere Menschen aller Generationen kennenzulernen. Von einem unpersönlichen Nebeneinander sollten wir zu einem herzlichen Miteinander finden, das würde die Welt ein klein wenig besser machen.

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Veröffentlicht am 03.07.2023

Gegen das Vergessen

White Bird - Wie ein Vogel
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Das Hörbuch wird auf zwei Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart telefoniert die in Frankreich lebende Jüdin Sara mit ihrem Enkel Julian. Der Junge lebt in den USA und bittet seine Großmutter, ihm ihre Geschichte ...

Das Hörbuch wird auf zwei Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart telefoniert die in Frankreich lebende Jüdin Sara mit ihrem Enkel Julian. Der Junge lebt in den USA und bittet seine Großmutter, ihm ihre Geschichte zu erzählen, denn er möchte sie für ein Referat verwenden, und so beginnt Sara zu berichten, was damals geschah.
Schon als Kind lebte sie mit ihrer Familie in Frankreich, in der unbesetzten Zone. Im April 1943, Sara ist gerade in der Schule, werden auch dort alle Juden deportiert. Sara entkommt im letzten Moment und findet Hilfe bei einem Jungen, von dem sie es am wenigsten erwartet hätte. Julien, ihr Mitschüler, war in der Vergangenheit an Polio erkrankt und läuft an Krücken. Er wird in der Klasse nur gehänselt, und auch sie hat ihn eher mit Nichtachtung gestraft. Anfangs kommt Sara ziemlich eitel und überheblich rüber. Bis dahin hatte sie eine sorglose Kindheit und keine Ahnung davon, was einem Schlimmes widerfahren kann, aber als ihr Leben in Gefahr gerät und Julien sie rettet, ändert sich ihre Sichtweise, und sie erkennt, was wirklich im Leben zählt. Für Sara, getrennt von ihrer Familie, beginnt eine schwere Zeit voller Angst, Sorgen und Gefahr. Näher möchte ich auf die Handlung gar nicht eingehen, denn das muss man einfach selbst lesen oder hören.
Mich hat Saras Geschichte unwahrscheinlich berührt, und ich gestehe, dass ich manchmal den Tränen nahe war, was mir eigentlich bei Büchern eher selten passiert.
Sascha Icks ist die Sprecherin für den Part in der Vergangenheit, die Stellen, die in der Gegenwart spielen, werden von Hildegard Schmahl gesprochen, was alles sehr authentisch wirkt, denn die beiden Stimmen passen perfekt zur jungen und zur alten Sara.
Es ist eine Geschichte mit dramatischen Ereignissen und überraschenden Wendungen. Sie erzählt von Angst, Schrecken und Gewalt aber auch von Nächstenliebe, Menschlichkeit und Hoffnung. Der Schreibstil und somit auch die Sprache des Romans sind wunderschön und poetisch, vor allem wenn Sara in ihre Traumwelt der Vögel eintaucht. Ein kleiner, weißer Vogel bringt eine märchenhafte, teils magische Stimmung in die Geschichte. Mich hat dieses Hörbuch so gefesselt, dass ich es am liebsten in einem Stück durchgehört hätte.
Das erste Buch der Autorin „Wunder“ habe ich noch nicht gelesen, sondern kenne nur den Trailer zum Film. Nun habe ich erfahren, dass Saras Enkel Julian in diesem ersten Buch auch eine Rolle hat, wenn auch eine eher unrühmliche. Auf jeden Fall hat sich der Junge wohl sehr zum Positiven verändert, was sicher auf das intensive Gespräch mit seiner Großmutter zurückzuführen ist, denn das was ihm Sara erzählt, bringt auch seine bisherige Weltsicht ins Wanken und ihn zum Nachdenken.
Es ist ein Jugendbuch, aber ich denke, von dieser Geschichte können wir alle etwas mitnehmen, egal in welchem Alter. Auf jeden Fall wird Saras Geschichte noch sehr lange in mir nachhallen, und ich habe fest vor, mit einem gewissen Zeitabstand auch das Buch noch zu lesen, denn beim Lesen nimmt man wieder ganz andere Facetten einer Geschichte wahr als beim Zuhören. Dieser großartige Roman hat es verdient, in Erinnerung zu bleiben.

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Veröffentlicht am 04.06.2023

Ein großartiger Familienroman

Die Unternehmerin von Amsterdam
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Der Roman besteht aus zwei Teilen. Im ersten großen Abschnitt geht es um Lydia. Nach dem Tod ihrer Eltern entdeckt sie Pläne ihres Vaters, eine Käsefabrik zu gründen. Nun will sie sein Werk fortsetzen. ...

Der Roman besteht aus zwei Teilen. Im ersten großen Abschnitt geht es um Lydia. Nach dem Tod ihrer Eltern entdeckt sie Pläne ihres Vaters, eine Käsefabrik zu gründen. Nun will sie sein Werk fortsetzen. Da sie als alleinstehende Frau nicht die Möglichkeit hat, selbst ein Unternehmen zu gründen und zu leiten, findet sie in dem Bauern Huib einen guten und zuverlässigen Partner. Huib ist begeisterungsfähig und möchte sich weiterentwickeln. Zusammen gelingt es ihnen, eine gut gehende Firma zu gründen. Wie sie vorgehen und was alles an diesem Vorhaben hängt, wird im Buch sehr schön und ausführlich dargestellt. Der Schreibstil der Autorin gefällt mir sehr, denn sie erklärt alles detailliert und erzählt dabei so fesselnd, dass man immer weiterlesen möchte.
Im zweiten großen Teil geht es um Lydias Tochter Nora. Die junge Frau hat mit der Käseherstellung nichts am Hut und diesbezüglich auch wenig Verständnis für die Interessen ihrer Mutter. Als sie dann noch eine Entdeckung macht, die ihre Herkunft betrifft, bricht ihre Welt zusammen. Dieses neu gewonnene Wissen treibt einen Keil zwischen Mutter und Tochter. Nora stürzt sich spontan in eine Ehe mit dem Reedersohn Ralph aus Antwerpen und folgt ihm in seine Heimat. Aber ihre Ehe ist nicht glücklich, und da der Krieg ausgebrochen ist, hat sie keine Möglichkeit, nach Hause zurückzukehren. Steht im ersten Teil des Buches die Gründung der Firma im Mittelpunkt, so ist im zweiten Teil das Kriegsgeschehen im Vordergrund. Im Lauf der Handlung geht eine Wandlung in der Gesellschaft vor. Die Rolle der Frauen ändert sich. Wurden ihrer Mutter noch jede Menge Schwierigkeiten in den Weg gelegt, musste sie damals Rücksicht auf die Konventionen nehmen, so stellt sich das Leben für Nora ganz anders dar. Sie muss für sich selbst einstehen und ist viel freier in ihren Entscheidungen. Diese Änderungen sind auch zu einem großen Teil durch den Krieg bedingt, denn die Männer sind an der Front, also fahren die Frauen selbst Auto. Nora, die in einem behüteten Umfeld aufgewachsen ist, lernt den Ernst des Lebens kennen, macht sehr bittere Erfahrungen und gerät in gefährliche Situationen. Nach und nach beginnt sie, die früheren Entscheidungen ihrer Mutter zu verstehen. Gerne möchte sie sich mit ihr aussprechen, aber der Krieg macht ein Zusammenkommen unmöglich. Auch Lydia erkennt, dass sie damals einen schweren Fehler gemacht hat. Nun setzt sie alles auf einen Neuanfang.

Simone van der Vlugt hat für ihren Roman starke Frauencharaktere geschaffen, aber nicht nur die fiktiven Personen sind sehr plastisch und einfühlsam dargestellt, sondern man lernt auch einige Persönlichkeiten kennen, die damals real gelebt und gewirkt haben. Sie werden von der Autorin im Nachwort ausführlich vorgestellt. Da sind zum Beispiel die beiden Krankenschwestern Mairi Chisholm und Elsie Knocker, die im Krieg Großartiges geleistet haben. Noras Begegnung mit den beiden starken Frauen hinterlässt Eindruck. Auch Marie Curie hat eine Gastrolle in der Geschichte, und selbst Lydias Käsefabrik hat ein historisches Vorbild. Da der Roman im Präsens geschrieben ist, wirken die Situationen viel intensiver und kommen einem sehr nahe. Für mich war dies der erste Roman der Autorin, aber dabei wird es ganz sicher nicht bleiben.

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